letzte Woche / diese Woche (kw5)

Letzte Woche wurde an dieser Stelle einmal mehr einiges an Antipathie gegenüber diesem ganzen Medienwust und Informationsterror zum Ausdruck gegeben. Etwas paradox, oder? Jedenfalls hat der Autor dieser Zeilen dann mal nicht weiter Žižek, Diederichsen, Theweleit oder sonst eines LSD-Beatniks Buch gelesen, sondern mal ganz einfach „Exploding“, die Geschichte der Warner Music Group, erzählt von Stan Cornyn. Ab Sinatra und bis zu The Doors zumindest war das dann übrigens auch ganz interessant. Das waren noch Booms damals in den 50ern und 60ern! Da gab es noch dolle Produkte zu konsumieren und nicht nur einfach Strom schluckende New Economy!

Und irgendwie hatte sich meiner das Thema „New Labour“ bemächtigt. Begonnen hatte das wohl schon nach einem Treffen mit u.a. Dieter Gorny und als ich hinterher zu Kollege Hillenbach sagte: „Der klang, als hätte er damals bei Blair und Schröder permanent mit am Tisch gesessen.“ Aus der beliebten Reihe „Ideologien fix und verständlich erklärt“ also in dieser Woche: „Wer und was ist eigentlich die Neue Mitte nochmal?“

Begriffstrennung: New Labour, altes Proletariat, Prekariat, Mittelstand. Dann: Wer dienstleistet und sich dabei eher am Mittelstand orientiert, ist Neue Mitte. Wer beständig für ein und dieselben schuftet und sich auch ansonsten am alten Proletariat orientiert, darf sich wenigstens noch dem Prekariat überlegen fühlen. (Wer nicht nach oben will oder sich gern „unten“ fühlt, darf NPD oder Linke wählen.) Das Gros „dienstleistet“ (teils schuftend) – und bekommt z.B. als Freiberufler natürlich meist weniger Geld als die Festangestellten, darf sich aber unabhängiger fühlen und sich sogar selbstständig nennen. Man hat ja eine „Existenz gegründet“. Permanent Angestellte identifizieren sich halt mit „ihrer“ kleinen Firma und freuen sich, in einer Nussschale zu schippern und nicht auf einem Konzerndampfer – wobei sie diesen natürlich zuarbeiten, aber das fühlt sich halt nicht wirklich so an. Gute Miene, böses Spiel. Die Neue Mitte ist also die neue Dienstleistungsarbeiterklasse. Und speziell im Ruhrgebiet haben besonders die trotz Arbeiterklassenherkunft Studierten dann immer so ein erleuchtetes Funkeln in den Augen, ganz besonders wenn sie „noch wo untergekommen“ sind. War ja auch wirklich wild, die Jugend. Und jetzt, also heute: New labour, ja wow! „Verschwende Deine Jugend!“ bzw. „Wasted german youth“ war schon immer ein SPD-Slogan! Da freuen wir uns doch diese Woche mal ganz besonders drüber!

Wissen Sie was? Ich mache diesmal keine Vorhersagen zu dieser Woche. Die von letzter Woche sind mir nämlich allzu sehr eingetroffen.

Foto: Jens Kobler (feat. „Different Class“ von Pulp. Auch gut von denen: „Cocaine Socialism“ und „Party Hard!“)

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Thomas
13 Jahre zuvor

Wacky wacky, Deine neue Kolumne. Die nimmt echt Fahrt auf.

Aber weil und weswegen von New England die Rede ist, warum tauchen Billy Bragg und Ken Loach eigentlich da nicht auf?

(-:

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