Shopping Malls sind mittlerweile ein weltweites Phänomen. In den USA, in denen sie „erfunden“ wurden, gelten sie seit vielen Jahren als eine der sichersten und profitabelsten Investitionen und damit auch als beliebte Geldanlagen.
Limbecker Platz. Foto: Görges
Es gibt weit mehr als 30.000 davon und beim Größenvergleich läge das CentrO selbst in der erweiterten Fassung in Nordamerika gerade mal in der „unteren Mittelklasse“. Das ist im Land des Automobils, in dem es so etwas wie eine „Innenstadt“, die eben nicht mit einer „Downtown“ zu vergleichen ist, nur in wenigen Ausnahmefällen gibt, nicht verwunderlich.
Das solche Anlagen jedoch in Europa einen solchen Siegeszug antreten konnten, ist im ersten Moment erstaunlich. Bei näherer Betrachtung hat sich dieses Konzept aber erst nach einer Anpassung an die „europäischen Bedürfnisse“ flächendeckend durchsetzen können. Am CentrO, einem der ersten größeren Projekte dieser Art in Europa, kann man dass schon studieren. Die „ Außenpromenade“ wurde von dem hinzugezogen deutschen Architektenteam den angelsächsischen Promotoren förmlich aufgedrängt und erst in der Kombination mit dem Druck der Stadt Oberhausen möglich.
Aus dieser „Zuwendung“ zur städtischen Umgebung wurde bei zunehmendem generellen Protest gegen die Einkaufszentren auf der „grünen Wiese“ stufenweise das „integrierte Citymall“, wie es vor allem der Großentwickler ECE seit Jahren propagiert und realisiert. „Integration“ bezieht sich dabei aber nicht nur auf den Standort der Mall sondern auch auf seine äußere Erscheinung. „Fassade“, ein Fremdwort für die meisten amerikanische Malls, bei denen es vor allem auf das Innenleben ankommt, ist in Europa und vor allem in Deutschland zunehmend ein Schlüsselbegriff. Genauer gesagt müsst man von einer attraktiven Hülle sprechen, denn das Innenleben einer Mall richtet sich jenseits des jeweiligen Designs ausschließlich nach dem ausgesprochen erfolgreichen Geschäftsprinzip.
Da dies im wesentlichen gleich geblieben ist, haben alle Malls aber einer bestimmten Größenordnung im Inneren eine erstaunliche räumliche Ähnlichkeit genauer gesagt fast immer die gleiche Raumstruktur. Diese „strukturelle Langeweile“, die sich nach dem Besuch mehrer dieser Konsumtempel automatisch einstellt, wird mit immer aufwendigerem Interieur, erweiterter Möblierung, Naturversatzstücken, „Platzgestaltung“ und „Themendesign“ quasi zu vertuschen versucht. Das Ergebnis ist, im Verhältnis zur ersten Generation, zumindest wenn man im System denkt, eine ausgesprochen anspruchsvolle Architektur im Innen- und Außenbereich, erstaunlichen Aufenthaltsqualitäten und die zunehmende Verwendung anspruchsvoller Materialien. Alles zusammen erst macht den Januskopf dieser neuen „Innenstadtkathedralen“ aus. Sie haben einerseits das Potential zur überstädtischen Attraktion und andererseits ziehen sie alleine so viele „Konsumgläubige“ an, dass für die anderen Anbieter häufig weniger überbleiben.
Malls haben deswegen eine ganze andere Wirkung als die früheren „Kaufhäuser“. Sie sind nicht mehr nur die unverzichtbare „neuen“ Attraktoren bzw. Ankerpunkt der „neuen“ Innenstadt sondern sie haben zugleich einen enormen und beabsichtigten „Staubsaugereffekt“. In Oberhausen hat dieser der ehemalige Innenstadt zumindest als Einkaufsort jede Luft zum atmen genommen. Auch die Untersuchungen für andere Städte zeigen nur in weniger als der Hälfte der Fälle einen Kaufkraftgesamtzuwachs für die betroffenen Zentren. Mal sehen was in Essen passiert.
Meine Hypothese: Das neue „State of the Art“ Mall wird nicht so erfolgreich sein wie es sich die Investoren vorgestellt haben und die Stadt Essen es sich wünscht. Es steht nämlich, eben weil es eine Mall ist, auch in direkter baulich-räumlicher 1:1 Konkurrenz mit dem CentrO. Während dieses vor allem davon profitierte, dass es das erste in der gesamten Region war, ist das bei der Karstadtmall eben nicht der Fall. Gleichzeitig und aus gutem Grund rüstet das CentrO weiter auf während die Stadt Oberhausen sein Umfeld um weitere Attraktion bereichert.
Es kann aber auch sein, dass die enge räumliche Kombination der Karstadtmall mit der Essener Innenstadt einen Effekt erzeugt, den ich als die Kombination von räumlich geschlossener und räumlich offener Zentralität bezeichnen würde. Allgemeiner verständlich: Das Mall wird deswegen so interessant, weil es in direkter Kombination mit „echter“ Stadt „benutzt“ werden kann, was in Oberhausen nach wie vor nicht der Fall ist. Dort hat die Stadt es bis heute nicht geschafft, den Eindruck eines „Flughafenumfeldes“, wenn auch auf gestalterisch höherem Niveau zu vermeiden bzw. es entsprechend zu verändern.
Wenn man allerdings die bislang ungebrochen Autoorientierung der Deutschen insbesondere beim Einkaufen mit in Betracht zieht, halte ich das eintreten der zweiten Möglichkeit für eher unwahrscheinlich. Obwohl es der Stadt Essen ausdrücklich zu wünschen wäre. Aber selbst bei einem solchen eher unwahrscheinlichen „Erfolg“ würde auf Grund der nach wie vor sinkenden Gesamtkaufkraft in der Region dann eben andere Zentren den Preis dafür bezahlen.
sehr informativer artikel…malls gehören einfach ins das bild einer agglomeration dazu und es ist bequem dort einzukaufen… mexiko city hat mindestens 12 davon und in anderen amerikanischen metropolen sieht es nicht anders aus…
den limbecker platz finde ich sehr gelungen, von der a40 kommend fährt man direkt auf dieses gigantische „schiff“, den riesigen schriftzug „limbecker platz“ vor augen. gefällt mir…
als ich vor zwei wochen auf dem barcampruhr im unperfekthaus war, just am eröffnungstag des mall, habe ich kurzerhand im parkhaus geparkt…ich habe noch nie eine derart breite auffahrt gesehen…das innenleben des mall selbst ist hell ausgestaltet, was sehr an die amerikanischen malls erinnert…
ich mag die teile anschauen, ich mag ihren flair…ein großer mall-konsument bin ich trotzdem nicht. eigentlich findet man in allen malls eh immer die gleichen filialen großer ketten, die im übrigen auch in allen großstädten zu finden sind…
die einkaufsqualität unserer innenstädte können sie letztlich nicht ersetzen: kleinere, spezielle läden, cafes im freien und vor allem: freunde, die man auf der straße trifft…oder habt ihr jemals bekannte gesichter in einem mall gesehen?
Eigentlich sind die Malls nicht wirklich den USA erfunden worden. Die Prinzipien der Mall-Gestaltung sind mehr oder weniger universell gültige Prinzipien der strategischen Dramaturgie, die man z.B. auch am Wallfahrtsort in Lourdes oder anderen religiösen Stätten nachweisen kann. Dazu gibt es ein empfehlenswertes Buch von Christian Mikunda.
In den USA ist die Gestaltung derartiger konsumistischer Räume vmtl. perfektioniert worden. Themen- und Freizeitparks funktionieren ebenfalls nach diesen Prinzipien, aber auch jedes IKEA-Haus. Interessant ist, dass die Leute glauben durch „regionale Anpassungen“ wie in Deutschland (s. CentrO) würde daraus etwas Authentischeres. Schöne Illusion, die beruhigt. Motto: Vielleicht sind wir ja doch anders als die da drüben.
Im übrigen sind diese Prinzipien meiner Meinung nach nicht zu verdammen: Denn im Grunde dienen sie dazu ein gutes Gefühl und Aufenthaltsqualität zu erzeugen, und dies führt dann dazu, dass wir mehr Geld ausgeben. Es gibt Schlimmeres, z.B. die Manipulation aus politischen Gründen.
Stimmt nicht ganz. Die ursprüngliche Mall ist von außen gesehen eine typische Container-Architektur und viele davon sind es heute noch. Außen Pfui, innen Hui sozusagen. Kirchen u.ä. religiöse Einrichtungen und Ensembels haben immer und aus gutem Grunde (auch) auf ihre Außenwirkung allerhöchsten Wert gelegt. Sie unterlagen auch keinem expliziten „ökonomischen Kalkül“ bzw. wurden sie in einer bis heute beeindruckend verschwenderischen Weise ausgestattet und „designed“, weil die Verantwortlichen mit „Gottes Lohn“ oder auch Strafe bezahlen oder drohen konnten.Es gibt per Definitionem keine Mall, die „für die Ewigkeit“ gebaut werden könnte oder sollte. Ganz im Gegenteil, sie muss das Investment in sehr begrenzter und genau fest gelegter Zeit wieder eingespielt haben. Ansonsten stimme ich zu. Die Religionen waren von Anfang an Meister der Dramaturgie und der Illusionsproduktion.
Und wie unterscheiden sich die Angebote von CentrO, Limbecker oder dem antiquierten Rhein Ruhr Zentrum? Überall gibt es das gleiche zu kaufen, überall sind die Ketten vorhanden, und es ist ein furchtbar langweiliges Einerlei, das eine Vielfalt nur vortäuscht.
Wenn ich eine Mall bauen müsste, würde ich darauf Wert legen, dass es dort zugeht wie in einem Bazar: große und kleine Handwerker und Händler mit einem individuellen Angebot, eben echter Vielfalt. Das darf gern auf engem Raum sein, damit man beim Einkauf nicht unnötig herumrennen muss.
Manch einer erinnert sich an die großen Passagen, die es in einigen europäischen Städten auch noch gibt: enge Straßen mit Überdachung. So sah auch die Limbecker Straße in Essen in den 1930ern aus, das gab’s also schon einmal.
Der Vorteil, den ich beim „Limbecker Platz“ sehe, ist der: er ist an die City angebunden, und er hat mit Colosseum, IKEA, Weststadt und Cinemaxx ein paar Nachbarn, die sich sehen lassen können. Fehlt nur noch die Überdachung des Berliner Platzes, damit die einzelnen Gebäude verbunden sind.
Sie unterscheiden sich im Angebot eben nicht oder nur minimal.Genauso wie bei den Multiplexkinos.Und das ist Absicht.Diese Einrichtungen sind auf den Mainstream und nur auf diesen gerichtet, weil damit das meiste Geld (pro Quadratmeter Verkaufsfläche)zu verdienen ist. In einer Mall ist die „Vielfalt der Ketten“ plus ein paar „Kaufhausanker“ das Prinzip. Sie besteht also im Wesentlichen aus einer Ansammlung von Anbietern, die schon am Markt etabliert sind.(Und die Reserven haben, wenn es am Anfang nicht gleich läuft.) Dazu Ambiente, Sauberkeit, Überdachung und Sicherheit. Darin ist, alles in allem, auch die Überlegenheit dieses Angebotskonzeptes, sprich der kaufkraftbezogene „Staubsaugereffekt“ begründet.
Es geht zuvorderst nicht um die Bereicherung der Stadt sondern um die der Investoren. Im Einzelhandel besteht seit einiger Zeit massiver Verdrängungswettbewerb, was kein Wunder ist, wenn die Gesamtkaufkraft eher sinkt als steigt. Eine der großen Gewinner sind die Malls und das fast immer auf Kosten der anderen Anbieter und Standorte. So ist das nun Mal in einer Marktwirtschaft und daran ist im Prinzip nichts auszusetzen.
Mit einem Bazar im klassischen Sinne oder dem eurpäischen Äquivalent der Markthalle hat eine Mall allerdings rein gar nichts zu tun. Schon eher mit den klassichen Passagen der europäischen Stadt. Aber auch die waren als Gesamteinrichtung keineswegs Privateigentum und hatten auch (noch) kein entsprechendes und allmächtiges „Centermanagement“ das einzig und allein auf die Gewinnsteigerung eben dieser Einrichtung bzw. ihrer Besitzer gerichtet ist. Auch dagegen ist im Prinzip nichts zu sagen. Man muss es allerdings ins Kalkül ziehn, wenn man eine Mall und ihre Wirkung auf die Stadt richtig einschätzen möchte.
ein sehr schoener, intelligenter und denkanstoessiger beitrag. ich bin in essen aufgewachsen, und die gute alte „limbecker“ als eine der ersten „einkaufsmeilen“ des ruhrgebiets ist mir noch in bester erinnerung; sie war zwar sehr eng, hatte frueher aber auch einen gewissen charme: der gelungene mix aus kaufhaeusern, den ersten ketten, alteingesessenen fachgeschaeften verschiedener groesse und gastronomie. die alte limbecker hatte ein unverwechselbares profil, das koennen die malls mit ihrem kettendominierten angebot natuerlich nicht bieten. und fuer klassische einkaufsstrassen wie die limbecker bedeutet das natuerlich den finalen niedergang, fuerchte ich. aber das ist eine andere ebene der debatte. juengere konsumenten haben mit den neuen shopping malls sowieso weniger probleme: meine tochter und ihre freundinnen lieben z.b. das centro und gehen dort gerne shoppen. auch, weil sie sich dort als maedels abends noch sicher fuehlen. der standort auf der gruenen wiese ohne soziale brennpunkte drumherum wird von ihnen als positiv bewertet. der limbecker platz mit seinen hoechst problematischen und alles andere als wirtlichen strassen ringsum bietet das nicht. die city-anbindung vor allem in dieser gegend koennte ein bumerang fuer essen werden, auch wegen der schon jetzt heftig diskutierten parkplatzprobleme. abwarten, sich entwickeln lassen und nicht gleich verteufeln, meine ich. ein fortschritt gegenueber den ueblen „city centern“ der 1970er jahre (essen am porscheplatz; uni-center bochum) sind diese neuen wallfahrtsorte des konsums allemal, finde ich. nicht zu vergessen scheusslichkeiten wie rhein-ruhr-zentrum essen/muelheim, das schreckliche gebilde am muelheimer hauptbahnhof, das einkaufscenter in altenessen und last but not least der schauerliche ruhrpark bochum. uebrigens: waren die ersten „konsumtempelstrassen“ europaeischen zuschnitts nicht diese wunderhuebschen und aesthetisch ansprechenden glasueberdachten galerien bzw. passagen um die wende zum 20. jahrhundert wie die in bruessel?
Ja, wo laufen sie denn …?…
… die künftigen Einzelhandelskundenströme im östlichen Revier?
Dortmund macht sich seit Jahren Gedanken um eine Shopping-Mall am Bahnhof. Es gab die Ufo-Pläne, es gab 3Do und jetzt das Einkaufszentrum auf dem Areal der Tier-B…