Linnemann-Listen können Therapien verhindern

Wenn der Staat sich anschickt, sich die Psyche des Menschen gläsern zu wünschen. (Symboldbild: Sebastian Bartoschek/ Midjourney)

Die Debatte um ein Register für psychisch Kranke geht weiter. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN) hatte die Idee dieser Linnemann-Listen deutlich kritisiert. Die Fachgesellschaft warnt: Eine solche Erfassung könne nicht nur nutzlos sein, sondern sogar Behandlungen verhindern.

Statt Überwachung brauche es bessere Therapien. Gerade für Menschen mit Psychosen oder Suchterkrankungen sei eine frühe und intensive Behandlung entscheidend. Ein Register aber könnte Betroffene abschrecken – aus Angst vor Stigmatisierung.

Zudem weist die DGPPN darauf hin, dass bereits jetzt rechtliche Möglichkeiten bestehen, um im Einzelfall einzugreifen. Die Psychisch-Kranken-Gesetze (PsychKG) der Bundesländer erlauben es schon heute, Menschen in psychiatrischen Einrichtungen unterzubringen, wenn eine akute Gefährdung, für andere oder sie selbst, vorliegt. Das Problem liege nicht in fehlenden Vorschriften, sondern in ihrer konsequenten Anwendung.

Um fundierte Alternativen zur Diskussion beizutragen, kündigt die DGPPN ein eigenes Positionspapier an. Darin sollen konkrete Vorschläge für den Umgang mit psychisch kranken Menschen erarbeitet werden, die ein Gefährdungspotenzial entwickeln könnten.

Besonders schwerwiegend wäre nach Einschätzung der DGPPN der langfristige Vertrauensverlust in das psychiatrische Versorgungssystem. Die Angst, in ein Register aufgenommen zu werden, könnte Menschen mit psychischen Erkrankungen davon abhalten, sich überhaupt in Behandlung zu begeben. Eine solche Entwicklung wäre nicht nur ein Rückschlag für die Gesundheitsversorgung, sondern könnte paradoxerweise das Risiko unerkannter und unbehandelter Krankheitsverläufe erhöhen. Wer eine tatsächliche Verbesserung der Situation wolle, müsse psychotherapeutische und psychiatrische Angebote ausbauen, statt Hürden für Betroffene zu schaffen.

Die Fachgesellschaft macht damit klar: Nicht fehlende Überwachung ist das Problem – sondern fehlende Ressourcen für eine konsequente und gut erreichbare Therapie.

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