Machtkampf um RWE

Ullrich Sierau

Private Investoren und die mächtigen Ruhrgebietsstädte kämpfen auf der Hauptversammlung am 20. April um die Macht bei RWE und den künftigen Kurs des Unternehmens.

Wenn alles glatt läuft,  wird Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) am 20. April in den Aufsichtsrat von RWE gewählt. Auf der Jahreshauptversammlung in der Essener Grugahalle steht er auf einer vom alten Aufsichtsrat vorgeschlagenen Liste mit Österreichs ehemaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, dem einstigen Vorstandsvorsitzenden von ThyssenKrupp, Eckhard Schulz und  Daimler-Chef Dieter Zetsche. Das Problem: Sierau wäre der vierte Vertreter der kommunalen Aktionäre auf Seiten der Anteilseigner im Aufsichtsrat des Unternehmens. Sie stellen zehn Mitglieder des 20köpfigen Gremiums. Die anderen zehn bestimmen die Arbeitnehmer. Gegen den vierten Kommunalvertreter hat sich nun Widerstand formiert. Eine Gruppe von Aktionären um die britische Fondsgesellschaft Legal & General und Hermes Equity Ownership Services sieht die Städte überrepräsentiert. Zumal die vor allem sozialdemokratisch gesinnten Kommunalvertreter zunehmend von ihren Parteien und Räten unter Druck gesetzt werden, sich für einen raschen Atomausstieg und die Rücknahme der Klage gegen die Abschaltung von Biblis A stark zu machen. Der Atomausstieg ist für RWE wirtschaftlich problematisch. Das Unternehmen ist stark von den Gewinnen abhängig, die seine Atommeiler einfahren. Die drohenden Konsequenzen aus der sich ändernden deutschen Nuklearpolitik sind heute schon für RWE schwierig. Die Rating-Agentur Moodys prüft eine Absenkung des RWE-Ratings. Gründe sind die Auswirkungen der Brennelementesteuer, gesunkene Strompreise und die mindestens zeitweise Abschaltung der Meiler Biblis A und B.

Auch dass Städte wie Dortmund und Bochum als RWE-Aktionäre durch den Kauf des Energieversorgers Steag durch ihre Stadtwerke RWE Konkurrenz machen, dürfte die Privatinvestoren nicht begeistern.

Immer mehr Sozialdemokraten stellen sich nun gegen die Firmenpolitik von RWE-Chef Jürgen Großmann. Ihr Vorwurf: Er habe die Zeichen der Zeit zu spät erkannt und zu lange auf Kohle und Atom gesetzt. Es sind zum Teil die gleichen Politiker, die sich noch vor wenigen Monaten für den Kauf des Kohlekraftwerkbetreibers Steag stark gemacht haben.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete und energiepolitische Sprecher  seiner Fraktion, Rolf Hempelmann, forderte im Handelsblatt sogar die Ablösung Großmanns.

Es ist ein Machtkampf: Um die künftige Ausrichtung von RWE, die Zukunft von Jürgen Großmann und den Einfluss der Kommunen. Und der ist noch hoch:

Die Kommunalvertreter stellen 40 Prozent der Aufsichtsräte der Anteilseigner, verfügen aber nur über einen Aktienanteil von 25 Prozent. Ungefähr. Denn genau weiß niemand, wie viele Aktien die Städte besitzen. Und ob sie die für die Sperrminorität benötigen mehr als 25 Prozent der Anteile besitzen, wie der Verband der kommunalen RWE-Aktionäre (VKA) sagt. RWE selbst äußert sich zurückhaltender. Man  wisse nicht genau, so erklärt der Konzern auf Anfrage der Welt am Sonntag, wie viele Aktien die Kommunen besitzen, da sich ihr Aktienanteil durch Ver- und Zukäufe ständig ändert. Gesichert sei ein kommunaler Aktienbesitz von 16 Prozent. So steht es auch im Geschäftsbericht für das Jahr 2010. Beteiligungen unter drei Prozent seien zudem nicht meldepflichtig.

RWE geht trotzdem davon aus, dass die vom Aufsichtsrat vorgeschlagene Liste unverändert gewählt wird. Bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrates komme es nicht auf eine exakte Abbildung der prozentualen Beteiligung an. Entscheidend sei vor allem die Qualifikation der vorgeschlagenen Persönlichkeiten.

Für Sierau nicht die beste Begründung für die Wahl in den Aufsichtsrat eines DAX-Konzerns. Der heutige OB Dortmunds beharrt darauf, in seiner Zeit als Stadtdirektor Dortmunds nichts von einem 100-Millionen-Euro- Haushaltsloch mitbekommen zu haben, das der damalige OB Gerhard Langemeyer (SPD), bis zur Hauptversammlung am 20.April selbst Mitglied im RWE-Aufsichtsrat, wenige Stunden nach der Kommunalwahl 2009 präsentierte. Zu seinen Perspektiven, in den Aufsichtsrat gewählt zu werden, mag sich Sierau nicht äußern.

Das tut der VKA. Er besteht auf das vierte Mandat. Die geschäftliche Verankerung der Städte, Gemeinden und Kreise mit RWE habe sich seit mehr als 100 Jahren bewährt und sei eine Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Nur der künftige Erfolg von RWE ist unsicherer als je zuvor.

Der Artikel erschien in einer ähnlichen Version bereits in der Welt am Sonntag.

 

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[…] Machtkampf um RWE (Ruhrbarone) – Siehe auch DerWesten. […]

RWE abschalten
13 Jahre zuvor

RWE-Jahreshauptversammlung am 20. April abschalten!

Es ist an der Zeit, den Druck auf die Atomwirtschaft zu erhöhen! Aktivist_innen der Kampagne „RWE abschalten“ kündigen an, erstmalig in der Geschichte der BRD die Jahreshauptversammlung eines DAX-30 Unternehmes zu blockieren. Am Mittwoch, den 20. April 2011 hält der RWE-Konzern seine Hauptversammlung mit mehreren tausend Aktionär_innen in der Essener Grugahalle ab. Diese soll durch Blockaden und Aktionen des Zivilen Ungehorsams verhindert werden.

Während die Meiler in Fukushima noch brennen, klagt RWE bereits gegen die vorübergehende Abschaltung seines berüchtigten Pannenreaktors in Biblis. Dieser hält mit insgesamt 843 registrierten Störfällen den traurigen Rekord als unsicherster Meiler der Bundesrepublik. Aus der Sicht von RWE ist dieser Schritt durchaus nachvollziehbar, stellt doch der marode aber bereits abgeschriebene Reaktor für den Konzern eine wahre Gelddruckmaschine dar. Für die Rendite seiner Aktionäre ist dem RWE-Konzern offenbar kein Risiko zu groß. Es reicht! Wir nehmen die machtbewusste Selbstinszenierung des RWE-Konzerns nicht weiter hin. Die Jahreshauptversammlung ist eine gute Gelegenheit, ein unmissverständliches Zeichen gegen die Atomwirtschaft zu setzen. Gemeinsam wollen wir an diesem Tag bewusst einen Schritt über den Straßenprotest der letzten Tage und Wochen hinausgehen, indem wir dieses Konzerntreffen mit den Mitteln des zivilen Ungehorsams stören und blockieren.

Der kompletten Aufruf: https://rweabschalten.blogsport.de/aufruf/

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[…] der morgigen Hauptversammlung von RWE geht es nicht nur um einen Machtkampf zwischen den privaten- und den kommunalen Anteilseignern, es geht auch um die künftige Ausrichtung […]

amo
amo
13 Jahre zuvor

Wenn es einer mit der Konkurenz auf dem Strommarkt ernst nehmen würde, dann wäre nach der Übernahme der Steag und dem Verkauf von RWE-Aktien durch einige Kommunen klar, dass man entsprechende Aufsichtsratmandate nicht mehr besetzen sollte.

#2
Warum nicht bein der EnBW anfangen, die sind doch jetzt wieder in staatlicher Hand?
Die Haltung von RWE ist folgerichtig. Nach dem Desaster der Bundesregierung zur Verlängerung der Laufzeit und entsprechender Gesetzesänderung kostet ein entsprechende Kehrtwende viel Geld.

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