Madagaskar!? Und schon wieder so ein Reiseziel, dessen Namen man zwar gehört hat, aber irgendwie auch nicht mehr. Es gilt für viele als absolut exotisches Reiseziel. Madagaskar ist flächenmäßig nach Indonesien die zweitgrößte Insel der Welt, reich beschenkt von einer einzigartigen Natur. Die Insel ist der afrikanischen Ostküste vorgelagert und wird durch den Kanal von Mosambik vom Festland getrennt. Madagaskar hat neben seinen weltbekannten Lemuren viel zu bieten: großartige und herzliche Menschen, Palmen, weiße Strände, saftige Felder und fruchtbare Wildnis warten auf abenteuerliebende Reisende.
Unsere Gastautorin Franziska Krasnici hat das Land vor kurzem bereist und möchte Euch in ihrem Gastbeitrag die „Rote Insel“ Madagaskar vorstellen.
12 Tage Reiseroute:
Antananarivo – Nosy Be – Antananarivo – Nosy Bohara – Anjozorobe-Angavo
Mit dem Flugzeug geht es von London über Nairobi nach Antananarivo, der Hauptstadt Madagaskars. Der Name ist so kompliziert und fast unmöglich auszusprechen, dass ich sogleich die gängige Abkürzung „Tana“ in meinen Madagaskar-Wortschatz aufnehme.
Ich reise in ein Drittweltland und frage mich was mich erwartet. Mein Rucksack ist voll mit Verständnis für allerhand Unwägbarkeiten und technische Pannen. Dazu kommen noch 14, 2 Kilogramm leichte Sommer- und Wanderkleidung, diverse kleinere Reiseutensilien (Hygieneartikel, Taschenlampe, Moskitospray), Malaria-Prophylaxe, Powerbank (Aufladestation für meine technischen Geräte) und ein Paar Snacks für Zwischendurch, das ist mein Reisegepäck. So bin ich – und so lehren es mich meine Reiseerfahrungen und mein Reiseführer – bestens für meine 12tägige Abenteuerreise ausgerüstet.
Auf dem Flug von Namibia nach Madagaskar passieren wir das höchste Bergmassiv Afrikas, den Kilimandscharo. Das Weltnaturerbe ist mit seinen 5.895 Meter Höhe kaum zu übersehen und hervorragend für die Passagiere sichtbar. Es wirkt so großartig und wunderschön, sodass ich für einen Moment denke, mich auf einem nicht geplanten Werbeflug für mein nächstes Reiseziel „Traumhaftes Tansania“ zu befinden (sollte jemand von Euch Reiseempfehlungen für Tansania haben, bitte einfach gerne im Kommentarfeld des Beitrags veröffentlichen).
Ein wenig später schlängeln sich leuchtend rote Sandstraßen durch dunkelgrüne Wälder. Wir befinden uns über Madagaskar, der roten Insel. Der rote lateritische Boden sieht von oben nicht nur gut aus, sondern er dient auch als Grundmaterial für unzählige Häuser, die rot gefärbt inmitten von tropisch grünen Flächen stehen. Mich überraschen die großen, von der Regenzeit überfluteten Flächen und die unzähligen Reisfelder, die ich irgendwie nicht erwartet hätte.
Die Parfüminsel und der Überraschungsgast
In Tana gelandet, heißt es rennen, um die nächste Flugverbindung auf die Insel Nosy Bé zu bekommen. Fünf Minuten vor dem Ende des Check-In – perfektes Timing durch Glück und freundliche Beamte am Hauptstadtflughafen – gebe ich erneut mein Gepäck auf. Ursprünglich wollte ich in den Westen, doch Flüge dorthin gab es keine passenden, sodass ich kurzfristig die Reiseroute umwarf.
Mein erster Insel-Stopp ist eine der bekanntesten und am besten erschlossenen Inseln Madagaskars. Die im Nordwesten gelegene Insel Nosy Bé besticht durch weißen Sandstrände, tropische Bilderbuchlandschaft, versteckten Buchten und einer reichen Unterwasserwelt (von Juni – September kann man zudem Buckelwale beobachten). Durch verschiedene tropische Duftpflanzen wie Vanille, Pfeffer und Ylang Ylang ist die Insel Nosy Bé auch unter dem Namen „die Parfüminsel“ bekannt. 30 Prozent der Weltproduktion des Parfüms Ylang Ylang stammen von der kleinen Insel. Eine kleine Propellermaschine landet mit mir an Bord auf dem winzigen Inselflughafen. Mein Taxifahrer wartet schon und fährt mich auf der einzigen Straße gen Norden zu meinem Hotel, der Sangany Lodge. Ylang Ylang-Plantagen und dichtes Grün liegen an der Straße. Die Landschaft – eine traumhafte, sehr abwechslungsreiche, hügelige Natur mit herrlichen Ausblicken auf das Meer.
Die letzten sechs Kilometer verlassen wir die feste Straße und folgen einer Huckelpiste entlang kleiner Dörfer mit Holzhäuschen, auf der es sich mit dem Auto nicht mehr als 10-15 km/h fahren lässt. Ganze Familien sitzen nah an den offenen Feuerstellen, die Frauen kochen Abendessen, Strom scheint es nicht zu geben. Im Dunkeln komme ich abends um sechs Uhr nach gut einer Stunde Fahrt an. Yvonne, die Hotelbesitzerin begrüßt mich freundlich, zeigt mit meinen traumhaften Bungalow mit Meerblick und bereitet mir einen frischen Fisch vor. Im offenen Restaurant der Lodge erkundige ich mich über die Sehenswürdigkeiten auf der Insel und buche mir für den nächsten Tag ein Quad, um die Insel zu erkunden.
Nach einem wirklich köstlichen Frühstück mit Baguette (wohl auf die französische Kolonialzeit zurückzuführen) am Palmenstrand, führt mich mein Weg als erstes entlang der Küste in die Hafenstadt Andoany.
Die Straßen sind verstopft von den TukTuks, Sammeltaxis, welche die Stadt in alle Richtungen verlassen und hoffnungslos überfüllt sind, sowie von Ochsenfuhrwerken, die noch auf Holzrädern gezogen. Dafür lässt es sich hervorragend über belebten Markt und die wenigen kleinen Gassen bummeln. Anschließend besuche ich den Parc National de Lokobe.
Auf meiner zweistündigen Dschungelwanderung sehe ich besondere Frösche, mehrere knallroten Riesentausendfüßler, mache Begegnung mit einer 1,5 Meter langen Nördlichen Madagaskarboa (entdecke dabei ganz nebenbei mein Talent zum lauten Fluchen, als sie mir an meinem Fuß entlanggleitet) und beobachte Mohren- und Wieselmakis bei ihren waghalsigen Kletterübungen in den Baumkronen. Die Lemuren begeistern mit irgendwie am meisten. Die kleinen pelzigen Baumbewohner Madagaskars sind einfach bezaubernd. Ich werde ihnen auf meiner weiteren Reise noch des Öfteren begegnen.
Eine Herausforderung stellt die Kommunikation mit den Einheimischen dar. Ich stelle schnell immer wieder fest, dass mein Jahr Französisch-Unterricht nichts hängengeblieben ist. Englisch sprechen die wenigsten Madagassen, sodass die Gespräche eine herrliche Mischung aus Französischbrocken, Englisch und einer Kommunikation mit Hand und Fuß ist. Mit ein wenig Geduld funktioniert es jedoch ganz hervorragend.
Am nächsten Morgen heißt es früh aufstehen. Um 8 Uhr geht es zum ganztägigen Tauchausflug am neuen PADI Diving Center des Andilana Beach Resorts. Am Archipel von Nosy Bé gibt besteht die Möglichkeit Walhaien oder Schildkröten zu begegnen und die wundervollen biologische Vielfalt zu genießen. Wir sehen auf unseren zwei Tauchgängen dutzende bunte Fische, eine Moräne, Korallen. Mich begeistern die Dutzenden Feuerfische.
Auf der Rückfahrt vom Hotel werden wir von mehr als 20 Delfinen begleitet. Sie springen energiegeladen durch die Lüfte, wir genießen das lebhafte Tummeln mit ausgeschalteten Bootsmotor eine Weile bis sich ein Überraschungsgast in der Ferne ankündigt. Ein Omura-Wal taucht mehrfach vor uns auf. Es ist ein perfekter Tag.
Glücklich und erschöpft genieße ich den Abend am Strand im Hotel und lese gemütlich, bereite die weitere Reise vor. Letzteres stellt sich wieder schwieriger heraus, als gedacht. Erneut versuche ich in den Westen zu reisen, um mir die einzigartige Baobab-Allee sowie die Karstlandschaft des Nationalparks Tsingy de Bemaraha oder in den Osten, um im Masoala-Nationalpark wandern zu gehen. Nichts zu machen. Keine passenden Flüge, auf dem Landweg lässt sich nichts machen, dafür sind die Wege für die kurze Reisezeit zu lang, bzw. auch unpassierbar. Kurzfristig entscheide ich mich den einzigen Flug über Tana auf die Insel Nosy Boraha zu nehmen.
Zwischenstopp: ein Abend in Tana. In diversen Onlinereiseberichten ist zu lesen, dass die Stadt nichts zu bieten hat. Ich möchte mir selbst ein Bild verschaffen und laufe zu Fuß durch die Stadt. Vom Palace de l´Indépendance führt es mich entlang an diversen Geschäften, aufdringlich bettelnden Kindern, kleinen Marktständen und unzähligen Autos zum ehemaligen Königspalast Madagaskars. Er liegt auf der höchsten Erhebung der Hauptstadt und bietet einen wunderbaren Rundumblick über die Stadt.
Tana ist der administrative als auch industrielle Mittelpunkt und mit zwei Millionen Einwohnern die größte Stadt des Landes. Die wesentlichen Sehenswürdigkeiten in Tana sind der künstlich angelegte Anosy-See („Engelssee“), das historische Stadtviertel Analamanga mit dem historischen Königspalast Rova und dem Palast des Premierministers Rainilaiarivony. Bei meinem langsamen Herunterschlendern durch kleine Kassen des historischen Stadtviertels bin ich überrascht von Dutzenden Kindern, die gelbe Kanister durch die Gegend tragen. Ein paar Meter weiter komme ich an einer Wasserstelle vorbei und sehe wie dutzende Kanister mit Wasser gefüllt und dann in die Häuser getragen werden. Eine Knochenarbeit.
Ein wenig weiter komme ich an einem kleinen lokalen Lokal vorbei und entscheide spontan einzutreten. Zu meiner großen Überraschung hat der kleine Betonklotz es einen wirklichen Panoramablick über die Stadt zu bieten. Ich bestelle mir etwas zu trinken und möchte etwas madagassisches Essen. Von den Köstlichkeiten im Kioskschaufenster wird mir mit Händen und Füßen vom Inhaber abgeraten. Er bietet mir „bruschett“ an und vor meinem geistigen Auge erscheinen getoastete Baguettscheiben mit herrlich frischen Tomaten. Nach gut 30 Minuten erhalte ich einen kleinen Teller mit kleinen herzhaft gewürzten Fleischspießen, zubereitet in der kleinen Kochnische im selben Kioskrestaurant. Es sind sogenannte „Brochettes“. Sie werden überall im Land vorzugsweise mit Reis oder Kohl serviert gegessen. Nach der kleinen Vorspeise verschlägt es mich in das stadtbekannte Le Buffet du Jardin inmitten der Stadt. Es ist ein Treffpunkt von Expats, Touristen und Einheimischen. Im Außenbereich werden Fisch und Fleisch frisch gegrillt und auch das dünne Fladenbrot frisch zubereitet. Es gibt lokale und internationale Gerichte. Die große und schöne Terrasse und das Ambiente sind klasse und ich genieße einen frischen Fisch.
Mit positiven Erlebnissen in der Hauptstadt reise ich am nächsten Morgen weiter zu meinem nächsten Inselziel: Nosy Boaha.
Tabus und zwei Trauminseln
Einst als Pirateninsel, heute als eine wahre tropische Trauminsel vor der Ostküste Madagaskars bekannt. Ihre Regenwälder mit einer Vielzahl an tropischen Früchten, goldene Strände die von Kokospalmen gesäumt sind und einsame Buchten machen diese Insel zu einem besonders idyllischen und friedlichen Ort. Die leicht hügelige Landschaft führt über Wiesen und Regenwälder an wunderschöne, kilometerlange Sandstrände und eignet sich ganz ausgezeichnet für Tageswanderungen.
Ich miete mir einen Roller und erkunde die circa 60 Kilometer lange Insel. Das Wetter ist gemischt, ich werde des Öfteren von einem tropisch warmen Regenschauer überrascht. Es sind tagsüber 23-25 Grad, angenehme Temperaturen um direkt schnell wieder zu trocknen. Ich schaue mir ganz im Norden das „Heilige Wasserbecken“ an. Um keine der strengen Fadys zu verletzten, werde ich von einem Einheimischen begleitet. Er führt mich zu den drei sogenannten Wasserbecken, von denen zwei zum Schwimmen freigegeben sind, was ich auch direkt ausprobiere. Es sind eine Art natürlich geschaffene Schwimmbecken, die von einer Felsbrockenwand regelrecht vom Meer getrennt. Fadys sind eine Art sind traditionelle Tabus und Verhaltensegeln eines naturreligiösen Ahnenkults auf Madagaskar. Sie regeln vielerorts das tägliche Leben. Bevor man Grabstellen und andere historische Stätten besucht, sollte empfiehlt es sich, sich mit den Gewohnheiten/fadys vor Ort vertraut zu machen. Einheimische stehen jederzeit für Fragen zu Verfügung.
Der Rückweg führt entlang an vielen kleinen Dörfern. Die Inselbewohner leben in der Regel sehr einfach. Einfache Holzhütten, nur hier und da ein wenig Strom. Ab 17 Uhr herrscht reges kochen über den kleinen Holzfeuern an den Hütten, überall riecht es nach Essen, Kinder laufen überall umher, Frauen tragen Lebensmittel auf ihrem Kopf die Straße entlang, einige wenige Fahrräder und Roller kommen mir vollbepackt mit Waren oder Menschen entgegen.
In der Regel geht man auf der Insel zu Fuß, Barfuß natürlich. Kurz vor meinem Hotel halte ich an einem Fußballfeld an der Straße an. Ein ganzes Dorf hat sich für das Fußballspiel des Jahres versammelt. Groß und Klein, Alt und Jung. Alle fiebern mit und stehen wie die besseren Trainer am Rande. Es erinnert mich an die Fußballkultur im Ruhrgebiet. Kleiner Unterschied: der Rasen ist übersäht mit Hügeln und tiefen Pfützen. Nach kurzer Zeit kommt der Bürgermeister auf mich zu, wir unterhalten uns über Fußball – es gibt sogar eine Frauenmannschaft auf der Insel – und über die Insel an sich. Zum Beispiel dienen der Tourismus und die Fischerei als Haupteinnahmequelle der Inselbewohner. Ein herrlicher Austausch, ich lerne viel.
Ein wenig später im Hotel „Natiora Green Lodge“ angekommen, werde ich schon von den brüllenden und kreischenden Lemuren begrüßt. Fünf handzahme Kletterkünstler leben vor Ort. Neugierig erforschen sie alles, was nicht angebunden ist und lassen sich – wenn sie gut gelaunt sind – sogar ein wenig streicheln.
Fast alle Strände rund um die Insel sind durch Korallenriffe geschützt, was das Baden, Schnorcheln und Tauchen hier zum sicheren Vergnügen macht. Besonders beliebt zum Tauchen oder für einen ausgedehnten Spaziergang ist die nur wenige Meter entfernte kleine Insel Ile aux Nattes.
Mit einem Einbaum-Boot werde ich von einem Fischer für ein kleines Trinkgeld auf die Insel gebracht. Es ist nun wirklich paradiesisch. Ich starte von hier einen eintägigen Tauchausflug. Eine Mischung aus gesunden Korallen, einer Vielzahl tropischer Fische, Schildkröten und alten Piratenschiffe verwandelt die Unterwasserwelt in ein kleines Taucherparadies. Auf meinem Tauchgang sehe ich sogar einen Lobster. Meinen Tag lasse ich anschließend bei einem Tee in der Hängematte ausklingen.
Am nächsten Tag heißt es um 4 Uhr aufstehen. Mein Plan mit dem Boot ans Festland und dann mit dem gleichen Boot weiter in den Masoala-Nationalpark zu fahren wird um 5:30 Uhr kurzerhand aufgrund der schlechten Wetterprognose durchkreuzt. Da stehe ich nun. Mal wieder komplett nass vom Tropenregen, Rucksack auf dem Rücken – es kann nur ein Frühstück inklusive Kaffee helfen. Und siehe da, in der kleinen Hauptstadt hat bereits die einzige Bäckerei „Choco Pain“ geöffnet. Der Duft von frisch gebackenen Backwaren und Kaffee liegt in der Luft, eine perfekte Grundlage, um die verbleibende Reiseroute neu zu planen. Genauso ergeht es noch weiteren Touristen und man tauscht sich ein wenig aus. Alles scheint so, als wenn es noch am selben Tag einen Flug in die Hauptstadt gibt. Eine Gruppe von Touristen, mir eingeschlossen, schwingen sich in TukTuks-Taxi und fahren zum Flughafen. Menschenleer finden wir lediglich einen Sicherheitsmann vor, der uns erklärt, dass alle Flüge aufgrund der zu geringen Passagierzahl abgesagt wurden. Am darauffolgenden Tag würden allerdings zwei Flüge gehen. Also hieß es umkehren und ein Hotel in der Nähe des Flughafens suchen. Mit etwas Glück kann ich mir einen Bungalow in Le Libertalia ergattern, einem wunderschönen Hotel mit einem langen Steg, der zu einem Felsen im Meer führt.
Ich nutze die Zeit bis ich abends persönlich den Flug im lokalen Air Madagaskar Büro kaufen kann mit einem Besuch des botanischen Parks Endemica. Er liegt zwischen der Hauptstadt und dem Flughafen und stellt die Tier- und Pflanzenwelt in Tropeninsel in einem überschaubaren Maße da. Zu sehen gibt es Schlagen, verschiedene Lemurenarten, Schildkröten, Chamäleons und Vögel.
Mein anschließender Versuch die Insel von der Nord- zur Ostküste zu durchquerer stellt sich mal wieder als eine kleine Herausforderung heraus. Es regnet in Strömen, der Boden mit meinem Roller nahezu unpassierbar und ich entscheide mich eine halbe Stunde ohne Roller einfach ein wenig an der unbefestigten Straße entlangzuwandern und mir die Felder und Bäume anzusehen.
Den Nachmittag verbringe ich in der Hauptstadt. Parallel zur Hauptstraße laufe ich über eine Art Marktstraße und kaufe mir frische Litschis. Ich gehe entlang an unzähligen kleinen Obst-, Frucht-, Fleischständen. Zwischendrin immer ein Stand, der Handelswaren, Kleidung (viel Secondhand) oder andere Dinge für den Hausgebrauch verkauft. Attraktionen warten hier nicht auf einen, jedoch erhält man einen sehr guten Einblick in das Leben auf Nosy Boraha.
Im Dunkeln durch den Regenwald
Als ich endlich (ich wollte ja noch ein wenig mehr vom Land sehen) eine Flug in die Hauptstadt ergattert hatte, entschied ich mich aufgrund der fortgeschrittenen Reisezeit und der schier unberechenbaren Reisebedingungen, meine letzten Tage in einem Öko-Camp 100 Kilometer nördlich von Tana zu verbringen.
Das Saha Forrest Camp liegt direkt am Rande des Regenwaldes von Ajozorobe mit direkter Aussicht auf den Regenwald und die angrenzenden Reisterrassen der umliegenden Dörfer. Es ist eines der letzten großen intakten Waldgebiete des madagassischen Hochlandes und bietet einer großen Zahl von Lemuren, Vögel, Reptilien und Orchideen Schutz und Heimat. Touristen scheinen hier gerade eine seltene Spezies zu sein – ich bin der einzige Gast. Die Anreise war spektakulär. Die Fahrt aus Tana heraus war lang und beschwerlich. Mein Taxi-Jeep quält sich mehr als eine Stunde im Schritttempo durch die verstopften Straßen. Es folgt eine größtenteils angenehme Fahrt, nur ab und an von Schlaglöchern unterbrochen. Ich sammele unheimlich viele Eindrücke vom Umland. Die hügelige Landschaft ist eine Mischung aus grünen Feldern, rot-brauer Erde, einigen größeren Bäumen und Büschen.
Zehn Kilometer vor meinem Hotel zeigt der Wegweiser nach rechts, wir verlassen die befestigte Straße im Dunkeln. Der Untergrund wechselt prompt. Es ist rutschig, der rote lehmartige Boden aufgeweicht vom Regen und übersäht von tiefen Schlaglöchern. Zwei Kilometer vor der Lodge weigert sich mein Fahrer vehement auch nur einen Meter weiterzufahren. Ich habe wohl einen Stadtfahrer erwischt, dem das Fahren im Gelände nicht geheuer ist. Handyempfang gab es selbstverständlich auch mit der lokalen SIM-Karte nicht, sodass ich das Hotel nicht bitten kann, mich unterwegs einzusammeln.
Nach einem kurzen Outfitwechsel – das Strandkleid wurde gegen die Wanderkluft ausgetauscht – mache ich mich im Dunkeln mit meiner Kopflampe (endlich kann ich sie mal richtig verwenden) auf den Weg zu meinem Hotel. Nach circa einem Kilometer kommen mir zwei Taschenlampen entgegen. Zwei Hotelmitarbeiter wurden rausgeschickt, um nach dem einzigen Gast Ausschau zu halten und geleiten mich dann in meine Unterkunft. Ich bin erleichtert und ein leckeres Abendessen wartet schon. Es gibt ein Zebusteak mit grüner Pfeffersoße, ein traditionelles Gericht, einfach ein Genuss. Ich bekomme von dem Koch erklärt, dass Schweinefleisch, Zwiebeln, Knoblauch und Lauch in der Gegend fady sind. Sie dürfen und werden auf diesem Grund in keinem Gericht vorkommen. Für mich absolut fein.
Die nächsten Tage verbringe ich mit Wanderungen durch den Regenwald und tauche in eine vielfältige Pflanzen- und Tierwelt ein. Ich sehe bei Tag- und Nachtwanderungen unterschiedliche Lemuren, Chamäleonarten, Vögel und blattähnliche Gottesanbeterinnen und bin erneut mehr als begeistert von der Artenvielfalt Madagaskar.
Mein Kurzfazit
Madagaskar ist ein Tier- und Pflanzenparadies und absolut eine Reise wert, wenn man sich für Länder interessiert, die touristisch nicht ganz erschlossen sind. Zwar sind Unterkünfte, Flüge, Touren und Transfers überdurchschnittlich teuer, jedoch erhält man dafür einen wahrhaft einzigartigen Einblick in eine vielerorts nahezu unberührte Natur.
Madagaskar hat noch viele weitere einzigartige Sehenswürdigkeiten, die ich gerne gesehen hätte. So gibt es zum Beispiel die bekannte Baobab-Tree-Allee, einmalige Regenwälder und Nationalparks verteilt auf der ganzen Insel, ausgezeichnete Wanderwege im Süden und so weiter. Was man dafür benötigt ist definitiv mehr Reisezeit als 12 Tage.
Madagaskar ist eineinhalb Mal so groß wie Deutschland. Die Infrastruktur steckt in den Kinderschuhen, Inlandsflüge gehen in der Regel über die Hauptstadt (oder fallen gerne auch einfach aus), sodass man ganze Tage zum Reisen von A nach B benötigt. Die Anstrengungen werden definitiv mit unvergesslichen Eindrücken belohnt und ich werde noch mal hinreisen, um mir in Ruhe den Süden, Weste und Osten anzusehen.
Über mich:
Mein Name ist Franziska // 42 bereiste Länder // Flashbackerin // (Street-) Foodie // Abenteurerin // Digitaler Nomade // Sportskanone // naturverliebt // Couchsurfer // Dipl. Betriebswirtin // reiseverrückt // Festival-Fan // Strandliebhaberin //
Bei den Ruhrbaronen berichte ich von meinen Fernreisen, Städte-Trips, Outdoor-Erlebnissen und gebe Tipps für Reisebegeisterte. Ich freue mich auf Eure Fragen, Kommentare, geteilte eigene Erfahrungen. Direkt-Kontakt: franziskakrasnici@googlemail.com