Market Garden

Market Garden
Fallschirmjäger landen im Verlauf der Operation Market Garden in den Niederlanden


Market Garden – verewigt im Film-Epos „A Bridge Too Far“ (Die Brücke von Arnheim). Der heutige Griff in die Geschichte beschäftigt sich mit den Hintergründen der Schlacht und ihren Folgen. Ein Gastbeitrag von Manfred Barnekow.

Unternehmen Market Garden hieß die Codebezeichnung für das Großunternehmen der Alliierten im September 1944. Es legte Europas Karte für die nächsten 40 Jahre fest, wäre es anders ausgegangen, hätte vielleicht sogar Polen, um dessen Freiheit der Krieg begann, noch eine Chance gehabt, der sowjetischen Unterdrückung zu entgehen. Die Bedeutung jener 10 Tage zwischen dem 17.09 und 27.09.1944, vor 75 Jahren, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, auch wenn die Erinnerung hauptsächlich in den Niederlanden gepflegt wird und sie einem größeren Kreis nur durch einen monumentalen Film bekannt sind. Heute soll daran erinnert werden.

Die Idee

Anfang August 1944 war es gelungen, aus der deutschen Umklammerung der Invasionszonen nach hohen Verlusten und unter Einsatz der gesamten Luftmacht auszubrechen und den Einsturz der deutschen Westfront einzuleiten. Der deutsche Gegenangriff führte zur Einkesselung der Hauptmacht der Wehrmacht im Westen. Die Entkommenen fluteten anfangs ungeordnet zurück. Die noch am Kanal befindlichen Truppen der 15. Armee, die auf Hitlers Anweisung fast bis zuletzt ausharren mussten, weil dieser noch immer die zweite Invasion dort erwartete, räumten fluchtartig ihre Stellungen. Paris wurde am 25. August befreit, in Südfrankreich fand eine weitere Großlandung der Westmächte statt und zwang die verstreuten Besatzungstruppen sich nach Norden durchzuschlagen, hoffend, nicht eingeholt und überflügelt zu werden.

Ungehindert schoben sich Briten und Amerikaner nach Belgien hinein. Hier verlangsamte sich der Vormarsch, nicht durch die Deutschen, die Versorgungswege wurden einfach zu lang und in der Kürze der Zeit konnte nicht ausreichend aufgebaut werden. Zur selben Zeit brach der Südflügel der Ostfront nach dem Frontwechsel Rumäniens zusammen. Das Ausmaß der Vernichtung kam der vorherigen Zerschlagung der Heeresgruppe Mitte gleich. Die Deutschen hatten den Krieg vollständig verloren, aber kapitulierten nicht. Hingegen begannen die ersten Überlegungen, wo sich Russen und Westalliierte treffen könnten.

Während die Sowjets, deren Verluste auch bei ihren größten Siegen stets weit über denen der Deutschen lagen, sich konsolidieren mussten, begann Eisenhowers Stab zügige Überlegungen, in welcher Form der Feldzug weitergeführt werden sollte, um trotz der Nachschubprobleme den deutschen Zusammenbruch auszunutzen. Feldmarschall Bernard Law Montgomery, der britische Kommandeur, der Sieger von El-Alamein, legte eine ambitionierte Konzeption vor, die zu dem vorsichtigen, immer nur methodisch vorgehenden Engländer gar nicht zu passen schien. Seine Zielsetzung war nichts weniger als der Brückenschlag über den Rhein unter Umgehung der gerade instand gesetzten deutschen Verteidigungsanlagen des Westwalls und der Todesstoß ins Reich, das Ende des Nazireichs noch 1944; tunlichst zu versuchen, auf die Rote Armee an der Weichsel zu stoßen. Das war verführerisch, es musste versucht werden, ein schlichter Vorstoß Pattons im Oberrheingebiet und ins Saarland hinein war dagegen keine Alternative mehr.

Montgomerys Plan war eine Doppeloperation, wie sie die Welt noch nicht gekannt hatte. Er gründete dazu die 1. Alliierte Luftlandearmee, nominell unter dem amerikanischen General Lewis Brereton, die er seiner 21st Army Group unterstellte. Ihr gehörten die 101. (Gen. Maxwell D. Taylor) und die 82. (Gen. James Gavin) amerikanische Luftlandedivision an, die beide während der Landung in der Normandie zu Berühmtheit gekommen waren.

Die Hauptlast aber war durch die erste britische Luftlandedivision zu tragen, die noch nicht eingesetzt war, unter General Urquhart, unterstützt durch die polnische 1. Fallschirmjägerbrigade von Generalmajor Sosabowski. Den tatsächlichen Oberbefehl hatte der vor Ort befindliche Stellvertreter Breretons, General Frederick Browning, verehelicht mit der Autorin Daphne du Maurier. Diese Truppen sollten die Kanäle und Flüsse, die die Niederlande durchziehen, überqueren, in dem sie die Brücken sicherten. Taylor und die 101. im Raum Eindhoven, Gavin mit der 82. die Waal bei Nimwegen, Urquhart aber hatte die Rheinbrücke bei Arnheim zu halten, über die der finale Schlag gegen das Nazireich der Deutschen führen sollte.

Operation Market war der Tarnname der Luftlandungen, der Durchbruch durch die deutsche Front und Vorstoß bis Arnheim bekam den Namen Garden, was dem Gesamtunternehmen den Namen Market Garden einbrachte. Arnheim war über die Straße gut 160 km von Lommel entfernt, jenem Ort, wo Angriff des XXX. Britischen Korps unter dem General Horrocks beginnen sollte. Nach 48 Stunden, so hatte man Urquhart gesagt, würde es Arnheim erreichen, vier Tage, glaubte Browning, wären wahrscheinlich und könnte dieser sich halten. Das war ein optimistischer Gedanke. Er konnte nur umgesetzt werden, wenn die Deutschen tatsächlich aus demoralisierten, ungeordnet flüchtenden Hitlerjungen und alten Männern bestanden hätten, die sich mit den Resten der in der Normandie Geschlagenen heim ins Reich aufmachten, die 101. und 82. problemlos alle Brücken über Flüsse und Kanäle einschließlich der Waal bei Nimwegen besetzt hätten.

Die viel zu kurze Vorbereitung

Die größte Luftlandeoperation aller Zeiten, insgesamt 34.000 Fallschirmjäger würden abspringen oder in Lastenseglern hinter den deutschen Fronten niedergehen. Und es würde eine reine Improvisation werden. Ganze zwei Wochen nach dem Beschluss, Montgomerys Eingebung zu realisieren, sollte es beginnen. Die Landung in der Normandie, der Absprung der drei amerikanischen Fallschirmdivisionen nur wenige Kilometer hinter den Landungsstränden, war mehr als sechs Monate lang intensiv vorbereitet worden. Fehler waren vorprogrammiert.

Es gab keine Übersicht über die deutschen Truppenstärken, Einheiten, Sicherungen an den Brücken. Da man fälschlicherweise der Ansicht war, dass bei Arnheim starke Flakstellungen wären, wurde die Absprungzone für die Briten nicht weniger als 12 km westlich des Ziels eingerichtet. 12 km zu überwinden, um die Brücke zu erreichen und zu stürmen. Es waren zu wenig Transportflugzeuge verfügbar, die Landung bei Arnheim musste auf drei Tage aufgeteilt worden, nur ein Drittel der Truppen könnte am ersten Tag landen und auf Ihnen würde es lasten, den Auftrag zu erfüllen. Danach wäre das Überraschungsmoment verpufft. Die polnische Brigade war erst am Schluss vorgesehen. Browning, dem die Verantwortung zufiel, äußerte leise gegenüber Montgomery die Vorahnung, es könnte eine Brücke zu viel sein. Nur war dies jene, auf die es ankam.

Massive Bombenangriffe in der Nacht vom 16. auf den 17. September auf deutsche Stellungen sollten das Unternehmen erleichtern. Selbst Harris musste Lancaster dafür abordnen. Am Morgen flog die von Jägern begleite gewaltige Armada der Dakota-Transporter und der Lastensegler zu ihren Absprungzonen. Das XXX. Korps der Briten begann am Mittag den Durchbruch an der belgisch/holländischen Grenze. Market Garden startete, ohne eine detaillierte Vorstellung des Gegners zu haben.

Die Deutschen

Tatsächlich waren die deutschen Truppen zerschlagen und ungeordnet auf dem Rückzug gewesen. Aber sie wurden durch Neuaufstellungen verstärkt, Marine- und Luftwaffensoldaten, die nicht mehr gebraucht wurden. Hitlerjungen aus der Heimat, ihre Führung einmal mehr neu geordnet. Waren nach Rommels Ausfall im Juli die Heeresgruppe B, die den Kampf trug und der OB West zusammengefasst worden, so gab es nun einen neuen OB West. Der Feldmarschall Model behielt die operative Führung mit der Heeresgruppe, niemand anders als von Rundstedt, von Hitler im Juni als OB West entfernt, übernahm das Kommando wieder. Model war ein Nazigeneral, dem erst im April 1945 auffiel, dass er einer schlechten Sache dienen könnte, worauf er seine Soldaten entließ und sich erschoss.

Rundstedt war hingegen ein Opportunist, er hatte im Westfeldzug die Heeresgruppe geführt, die den Sichelschnitt durchführte, bei Dünkirchen versagt, im Osten die Heeresgruppe Süd kommandiert, in deren Bereich die Einsatzgruppen an der Schlucht von Babi Jar in bis dahin unbekannter Größenordnung mordeten. Zurück im Westen glaubte er bei totaler alliierter Luftüberlegenheit nach der Invasion einen Bewegungskrieg führen zu können und war alsbald wieder verrentet. Hitler wies ihm die widerwärtige Tätigkeit zu, die Soldaten des 20. Juli aus der Wehrmacht auszustoßen, damit Freisler sie an Klaviersaiten erwürgen konnte. Er tat es ohne Murren, unter seinen Opfern waren Feldmarschall von Witzleben, sein Vorgänger als OB West und der Major von Salviati, der eigene Adjutant, der ihn für den Widerstand zu werben versucht hatte. Rundstedt war ein Mitwisser, der sich als Täter reinwusch. Nun also war er wieder da.

Fähige Truppenführer zu sein, konnte man beiden nicht absprechen. Model galt als Hitlers Defensivfeuerwehr. Eine leichte Stabilisierung der Front gelang. Die Reste der Truppen aus der Normandie wurden mit der 15. Armee vom Kanal vereinigt. Das erste deutsche Fallschirmkorps unter General Student stand hinter der Frontlinie in Holland, genau dort, wo der Vorstoß stattfinden sollte. Das Verhängnis aber war die Entscheidung Rundstedts, das SS-Panzerkorps des Obergruppenführers Bittrich als Reserve in einen ruhigen Rückraum zu verlegen. Links und rechts von Arnheim, wo Model selbst in dem Ort Oosterbeek Quartier nahm. Das alles war den Alliierten nicht verborgen geblieben, sie hatten es nur nicht zur Kenntnis genommen. Die Vorbereitungszeit war zu knapp.

Market Garden

Schon die Durchbruchsschlacht dauerte zu lang. Überraschend heftig wehrten sich die Deutschen. Erst Typhoon Jagdbombern gelang es, die Verteidiger zur Aufgabe zu bringen. Horrocks Truppen mussten 23.000 Fahrzeuge über eine Straße 160 km nach Norden schaffen. Bei Eindhoven gelang es der 101., die Brücken zu sichern, nördlich davon aber, bei einem Ort namens Son, sprengten die Deutschen die Brücke über den Wilhelminakanal und sorgten für den ersten Stopp. Das deutsche Fallschirmkorps, das nun ausgerechnet am Boden gegen die westlichen Fallschirmjäger kämpfte, verzögerte erfolgreich.

Bei Nimwegen wurden die falschen Entscheidungen getroffen. Die Hauptmacht der Gelandeten sicherte nach Osten ab, wo Deutschland begann und man Vorstöße in die Flanke fürchtete, die Deutschen aber hatten dort keinerlei Kräfte. Zu spät und zu schwach erfolgte der Versuch die Brücke über die Waal einzunehmen, die den Weg nach Arnheim freimachen sollte. Die Fallschirmjäger der 82. scheiterten an ihrer Hauptaufgabe. Sie mussten auf das XXX. Korps warten, das sich mühsam über die eine Straße voran kämpfte. Von 48 Stunden bis Arnheim konnte schnell keine Rede mehr sein.

Zu allem Überfluss fiel den Deutschen bei Eindhoven ein abgestürzter Lastensegler in die Hände, der Offizier, der ihn durchsuchte, fand eine Mappe mit der gesamten Planung der Operation. Nun konnten die Deutschen ihre Verteidigung danach aufbauen.

Die Katastrophe spielte sich bei Arnheim ab. Während Model anfangs in grenzenlosem Narzissmus glaubte, die um ihn herum abspringenden Briten wären gekommen, um ihn persönlich festzusetzen, reagierte er dann sehr schnell. Ein innerhalb der Stadt liegendes SS-Bataillon leistete erbitterten Widerstand. Nur eine der drei britischen Gruppen, die die 12 km überwinden mussten, gelangte zur Brücke, wurde aber am Ufer festgenagelt. Die beiden anderen blieben liegen. General Urquhart wurde von den Deutschen umzingelt und brauchte mehrere Tage, um wieder das Kommando übernehmen zu können. Die beiden SS-Divisionen Bittrichs trafen ein. Eine Division verteidigte die Waalbrücke bei Nimwegen, die Model nicht sprengen wollte, weil er wie sein Führer von Gegenoffensiven träumte.

Mit der anderen bekämpfte Bittrich die 1. Britische Luftlandedivision; die Deutschen überrannten die Landungszonen. Tage dauerte es, bis die Briten bei Nimwegen waren. Nach erbitterten Kämpfen konnte die Waalbrücke weiterhin nicht genommen werden. Zeit, die in Arnheim nicht vorhanden war. Die Polen vermochten nur auf der anderen Rheinseite zu landen. Sie kamen lange nach dem Zeitplan, Nebel in England hatte die Abflüge verzögert. Ihr Verzweiflungsangriff, um den Briten zu helfen, wurde von den SS-Soldaten buchstäblich zusammengeschossen. General Sosabowski, der von Anfang an die Operation abgelehnt hatte, wurde nach dem Krieg dafür lange Jahre zum Sündenbock ernannt.

Tag für Tag wurde das Geschehen um Arnheim mehr zum Gemetzel. Die nur leicht bewaffneten Fallschirmjäger kämpften aussichtlos gegen die Panzer Bittrichs, aber sie kämpften heroisch ohne einen Gedanken an Aufgabe. Sie wurden buchstäblich aufgerieben. Zuerst das Bataillon des Oberstleutnant Frost, nach dem die heutige Brücke benannt ist, am Kopf der Brücke. Danach die einkesselten Truppen Urquharts in Oosterbeek, dessen Hauptquartier jenes Hotel war, aus dem er Model vertrieben hatte.

Mühevoll hatten die Briten schließlich Boote über die verstopfte Straße nach Nimwegen gebracht, mit denen sie ein verlustreiches Unterfangen der US-Fallschirmjäger ermöglichten, die den Rhein neben der Brücke überquerten, diese von beiden Seiten angriffen und nahmen. Auch wenn es dem deutschen Befehlshaber Harmel nicht mehr gelang, die Brücke gegen den Befehl Models in letzter Minute zu sprengen, es war zu spät. Horrocks Panzerabteilungen rollten hinüber, mussten aber auf die Infanterie zu ihrem Schutz warten, weil sie im offenen Gelände bis zu den Eingeschlossenen der 1. Britischen Luftlandedivision nur Zielscheiben gewesen wären. Währenddessen brach der Widerstand bei Arnheim zusammen. Es gelang einzig, etwa 1800 Überlebende über den Rhein herauszuholen, bevor die Deutschen es bemerkten. Ungefähr ebenso viele Verwundete wurden zurückgelassen. Mit mehr als 10.000 Mann war Urquhart nach Arnheim geflogen, zehn Tage hatten seine Soldaten der Übermacht vor Ort standgehalten.

Folgen und Wertungen

Es war ein glänzender deutscher Sieg von strategischer Bedeutung, der letzte des zweiten Weltkriegs. Die Frontlinie blieb etwa entlang der Waal bis zum Kriegsende, das nördliche Holland in deutscher Hand, mehr als 18.000 Niederländer starben deshalb an Entkräftung, Kälte und Krankheiten im Hungerwinter 1944/45. Erst im März 1945 gelang Amerikanern und Briten der Rheinübergang, dem der Verfall der Kampfmoral der Wehrmacht im Westen folgte.

Der Krieg wurde um ein halbes Jahr verlängert. Es starben weitere Millionen Menschen, die meisten Überlebenden von Theresienstadt konnten noch in Auschwitz vergast werden. Es begann das wilde Morden an den auf die Todesmärsche getriebenen KZ Häftlingen, das Grauen für die Juden in Budapest. Polen fiel an die Sowjets, die Rote Armee konnte bis an die Elbe vorstoßen, mit all den Konsequenzen für die Aufteilung Europas und die Bevölkerung Ostdeutschlands, die Opfer der Vergeltung der Rotarmisten wurde, die entsetzlich behandelt tausende Kilometer ihr von den Deutschen verwüstetes Land zurückerobert hatten und sich über Leichenberge nach Westen vorgekämpft hatten. Der eigentliche Sieger von Arnheim saß im Kreml. Die schlichte Wahrheit ist, dass vom Morgen der Invasion an, jeder Widerstand der Wehrmacht im Westen ein Kampf dafür war, die Sowjets möglichst tief ins eigene Land eindringen zu lassen.

Zu Anfang mag der einzelne Soldat es nicht gesehen haben. Die verantwortlichen Kommandeure aber waren so betriebsblind nicht. In Arnheim kommandierten Heerführer, die wussten, dass an der baldigen totalen Niederlage nicht zu zweifeln war. Rundstedt tat den berühmten Ausspruch, “den Krieg beenden”, als er gefragt wurde, was zu tun wäre. Model, hatte gerade sowohl die Auslöschung des entscheidenden Bollwerks der Ostfront, der Heeresgruppe Mitte selber als Oberbefehlshaber erlebt, als auch den Zusammenbruch im Westen. Der SS-General Bittrich war sich klargeworden, Verbrechern zu dienen und zweifelte. Rommel hatte er im Juli zugesagt, einem Befehl zur Kampfeinstellung folgen zu wollen.

Alle wussten von der Ermordung des Judentums, allen waren sehr wohl die eigenen Methoden bekannt, mit denen sie Krieg geführt hatten. Keiner ist auf die Idee gekommen, den Krieg selber zu beenden, nicht Rundstedt, der es doch ausgesprochen hatte, oder Model durch Kapitulation im Westen, nicht Bittrich, der nur die Brücke den Engländern hätte überlassen müssen.

Die Schlacht war sinnlos, sie diente der Verlängerung der Gräuel der Nazis. Millionen würden zusätzlich sterben. Sie kämpften in Stalins Interesse. Das alles wussten sie, das alles hielt diese Männer nicht davon ab. Sie nicht, ihre Soldaten nicht, die gerade in Frankreich unter hohen Verlusten geschlagen, sich wieder der Übermacht entgegenwarfen. Nichts könnte die Wehrmachtsoldaten besser darstellen, als diese Geschichte. Sie kämpften für das Grauen frei von jedem normalen menschlichen Empfinden von ihren Generälen geführt, die sich willig zum Handlanger der Nazis degradiert hatten, soweit sie sich nicht selber längst mit jenen identifizierten, ohne darüber nachzudenken, was sie taten.

Darin bestanden ihre „Leistungen“. Arnheim ist trefflich geeignet, ein Schlaglicht auf jene Aussage des Herrn Gauland zu werfen, der im Jahre 2017 meinte “Wenn die Franzosen zu Recht stolz auf ihren Kaiser sind und die Briten auf Nelson und Churchill, haben wir das Recht, stolz zu sein auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen.“ Die heutigen Deutschen also könnten genauso stolz auf die Leistungen der Wehrmacht sein, wie die Briten auf Winston Churchill, den Retter Europas? Es ist die Behauptung eines Verdrängers. Leistung wird sich nie von dem „Wofür“ trennen lassen.

Eine der besten Armeen in der furchtbaren Menschheitsgeschichte der Kriege ist diese Wehrmacht gewesen. Die fähigsten Truppenführer ihrer Zeit kommandierten beispiellos tapfere Soldaten gegen eine unvorstellbare Übermacht, eroberten fast ganz Europa und hielten sich noch beinahe dreieinhalb Jahre nach der kriegsentscheidenden Schlacht vor Moskau gegen alle Mächte der Welt samt deren unendlich scheinenden personellen und vor allem ökonomischen Ressourcen. Sie taten dies jedoch vollkommen skrupellos für das größtmögliche Verbrechen der Menschheitsgeschichte. Unbeirrt, in ihrer großen Mehrheit buchstäblich bis zum letzten Schuss. Sie verteidigten nicht ihr Volk, sondern trugen ihren Teil dazu bei, dass die Heimat ausradiert wurde, das Land aufgeteilt und über Generationen Deutschland mit seinen monströsen Untaten, von ihnen ermöglicht, von ihnen auch begangen, identifiziert würde.

Beides hat eine schaudernde Neugier bis heute auch und gerade in den Staaten ausgelöst, die sie niedergerungen haben. Ebenso wie selbst in Israel die nüchterne reine Analyse ihrer Kampfkraft Militärhistoriker und Generalstäbler lange beschäftigt hat. Wer aber Stolz empfinden will, der wird nicht dazwischen trennen können, wie einer kämpfte, welche Mittel er anwandte und vor allem, für welche Sache er es tat. Wer mit diesen Prämissen die Wehrmacht prüft, kann nur Entsetzen fühlen.

 

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