Aktuell gibt es wahrlich viele politische Brennpunkte: Die Corona-Krise, bürgerkriegsähnliche Zustände in den USA, Kommunalwahlen in NRW im Schatten von COVID-19, Demos von Corona-Leugnern und – innerparteilich – die abgewiesene Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht und den 100tägigen Aufnahmestopp für Männer.
Die Ruhrbarone hatten ein paar Fragen an Martin Sonneborn, Mitglied im Europäischen Parlament und Vorsitzender der Partei DIE PARTEI.
Das Vorsommerinterview zu den Krisen dieser Zeit
Ruhrbarone: Das EU-Parlament hat, wegen COVID-19, pausiert. Es gab ein Verbot von Versammlungen mit mehr als zwei Personen. Wie kann man sich, in dieser Zeit, den normalen Tagesablauf eines Satirikers und PARTEI-Vorsitzenden vorstellen?
Martin Sonneborn: Nicht sehr anders als sonst, ich arbeite eh viel am Schreibtisch. Plenar- und Ausschusssitzungen werden zur Zeit gestreamt, manchmal schaue ich sie mir auch im Parlament an. Außerdem setzen wir uns gerade intensiv mit der Parlamentsverwaltung auseinander.
Ich habe eine kleine Rede zur Hufeisentheorie gehalten, die Parlamentspräsident Sassoli offensichtlich verfolgt hat. Der wunderte sich, dass ich rechts Hammer und Sichel und links eine Hakenkreuz-Armbinde trug, und danach wurden plötzlich Rechnungen nicht mehr bezahlt, meine parlamentarische Assistentin gekündigt und Redezeit ist für mich noch schwerer zu erhalten.
Ruhrbarone: Das Bundesverwaltungsgericht hat Mitte Mai die Klage der Bundesrepublik Deutschland, wegen des Geld-Verkaufs der PARTEI, abgewiesen. Schlafen Sie jetzt ruhiger?
Martin Sonneborn: Es ist natürlich beruhigend, dass damit die existenzbedrohende Strafzahlung in Höhe von fast einer halben Million abgewendet werden konnten. Es wäre aber auch eine lustige Volte gewesen, wenn ausgerechnet Wolfgang Schäuble, der trotz seiner Lügen und Geldschiebereien weiten Teilen der Öffentlichkeit offenbar als Ehrenmann gilt, mit seiner stumpfen Strategie, sich auf Kosten des Steuerzahlers für 100.000 Euro einfach mal durch die Instanzen zu klagen, durchgekommen wäre. Schön auch, dass dem „Spiegel“ zufolge der Geldverkauf der PARTEI die verf’ckte AfD weit über 2 Millionen Euro gekostet hat. Kein Wunder, dass Meuthen immer so böse guckt im Plenum.
Ruhrbarone: Sie sind als Satiriker bekannt – über die Heute Show, das Titanic-Magazin und als Vorsitzender der PARTEI. Wir sind jetzt seit Monaten, dank COVID-19, in einer Ausnahmesituation. Satire soll ja auch unterhalten. Wie kriegt man, angesichts der derzeitigen Nachrichtenlage, den Spagat zwischen Ernsthaftigkeit und Satire überhaupt hin?
Martin Sonneborn: Das ist kein Spagat. Wir arbeiten zwar mit satirischen Mitteln, aber der Ansatz war und ist ja zumeist ein ernster. Allerdings hat sich unsere Realität in den letzten Jahren derart ins Absurde verschoben, dass es mitunter reicht, Fakten und Vorgänge zu beschreiben. Und wenn man das nicht überzogen langweilig gestaltet, wird eine Rede an Frau von der Leyen zwangsläufig so unterhaltsam, dass sie auch mal über eine Million Youtube-Abrufe hat.
Ruhrbarone: Was kann Satire in dieser Krise leisten?
Martin Sonneborn: Nicht viel. Wenn sie gelingt: Ein befreiendes Lachen, ein kleines bisschen Aufklärung.
Ruhrbarone: Sie wohnen in Berlin. Dort, und anderswo, finden seit einigen Wochen Demonstrationen von Gegnern der Corona-Maßnahmen statt. Ist es für einen Satiriker wie Sie schwer diese, teilweise vollkommen abstrusen Verschwörungstheorien die dort Thema sind, überhaupt noch satirisch zu toppen?
Martin Sonneborn: Schwerlich. Aber die Auseinandersetzung damit ist mittlerweile auch reizlos. Die Positionen sind klar, die Dummheit ist offensichtlich.
Die Frage zu Attila Hildmann, die uns seit Wochen bewegt
Ruhrbarone: Können Sie – exklusiv im Blog der Ruhrbarone – bestätigen, dass Attila Hildmann und Xavier Naidoo keine langfristig geplanten Satire-Projekte der PARTEI oder der TITANIC sind?
Martin Sonneborn: Darüber möchte ich nicht sprechen. Und die beiden dürfen nicht.
Engagierte Frauen in Frankfurt/Main gesucht
Ruhrbarone: Demnächst, Mitte Juni, endet der 100tägige Aufnahmestopp für Männer in der PARTEI. Was hatte der für Auswirkungen und was ist weiterhin geplant um Gleichberechtigung in der PARTEI zu forcieren?
Martin Sonneborn: Corona hat sich etwas lähmend ausgewirkt. Wir erhielten in den drei Monaten 440 Aufnahmeanträge von Frauen, die 188 von Männern wanderten direkt in den Schredder. Bei etwas über 45.000 Mitgliedern konnten wir damit den Frauenanteil in der PARTEI auf 21,31 Prozent steigern – damit liegen wir vor CSU und AfD, direkt hinter an der doofen FDP – und haben jetzt außerdem eine Frauenquote von 100 Prozent bei den 87jährigen.
Derzeit suchen wir übrigens eine weibliche Spitzenkandidatin für die „Titanic“-Hochburg Frankfurt/Main. Nach den Kommunalwahlen 2021 können wir dort ein oder zwei engagierte Frauen in die Stadtverordnetenversammlung schicken. Hat jemand Bock?
Ruhrbarone: Die, vom Verfassungsschutz beobachtete, AfD macht Front gegen die Maßnahmen der Regierung. DIE PARTEI und Sie als Vorsitzender und Mitglied des europäischen Parlaments geht nicht den Weg der Totalopposition. Haben Sie keine Angst, dass DIE PARTEI zwischen SPD und CDU als Krisenmanager untergeht?
Martin Sonneborn: Nein. Solange es eine Groko Haram und eine EU gibt, so lange Tüpen wie Friedrich „FTZNFRTZ“ Merz, Julia Klöckner und Jens Spahn politisch tätig sind, wird es für Die PARTEI genug zu kritisieren geben.
Es gibt Hoffnung für das Ruhrgebiet: Endlich ein Spaßbad
Ruhrbarone: Eine letzte Frage zur Innenpolitik. DIE PARTEI ist eine junge Partei und hat noch keine logistischen Strukturen in den allen Kommunen, wie man sie bei der CDU, den Grünen und sogar bei der SPD sieht. Wir haben demnächst Kommunalwahlen in NRW. Unterschriften müssen gesammelt werden. Haben Sie Einblicke in den Wahlkampf vor Ort? Corona dürfte diesen ja, besonders beim Sammeln von Unterstützerunterschriften, erheblich erschweren.
Martin Sonneborn: Wie hart das Sammeln von ein paar Tausend Unterstützerunterschriften schon unter normalen Umständen ist, wissen die etablierten Parteien gar nicht. Ich bedanke mich bei allen PARTEIlern, die das mitmachen und kann nur darum bitten, wenn Sie in Ihren furchtbaren Fußgängerzonen Leute in fiesen grauen Polyester-Anzügen herumlungern sehen: Gehen Sie hin und geben Sie ihnen eine Unterschrift. Sobald wir an der Macht sind, bauen wir Ihnen dafür ein tolles Spaßbad in Ihr hässliches Ruhrgebiet.
Ruhrbarone: Kommen wir zur Außenpolitik. Aktuell eskaliert die Lage in den USA. Donald Trump gießt trotzdem weiter Öl ins Feuer. Sogar ein Verbot „der Antifa“ ist geplant. Was kann Europa in diesen Krise leisten?
Martin Sonneborn: Nicht viel. Die EU ist wie die PARTEI – eine große Klappe und wenig dahinter. Die 27 Staatschef im Rat sind überwiegend nationalen und wirtschaftlichen Interessen verpflichtet. Ich wünschte, der greise, vorbestrafte Multimillionär Sepp Borrell, Außenbeauftragter der EU, würde sich im Falle der USA nur halb so selbstbewusst positionieren wie gegenüber Russland und China.
Ruhrbarone: Während der sowjetischen Besatzung Afghanistans haben die USA die Rebellen im Kampf gegen die Sowjets unterstützt. Wie kann eine Hilfe für moderate Freiheitskämpfer in den USA aussehen?
Martin Sonneborn: Marschflugkörper, gezielte Tötungen per Drohne, Bodentruppen nur im äußersten Notfall. Zuallererst aber Waffenlieferungen, denn die Polizei in den USA verfügt über Restbestände der US-Army aus dem Afghanistan-Krieg: Bajonette, gepanzerte Fahrzeuge, Granatwerfer.
Ruhrbarone: Vielen Dank für die Antworten auf die Probleme und Krisen dieser Zeit.
Martin Sonneborn: Immer gern.
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