Die schöne neue Medienwelt an den Schulen in NRW
Die wieder gewählte rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen will das Land zum „Medienkompetenzland Nummer Eins“ machen. Das soll schon im Kindesalter beginnen und deshalb wird an den Grundschulen der Medienpass eingeführt.
Luis ist neun Jahre alt, besucht die Dionysiusschule in Essen Borbeck und ist gerade mit einer kleinen Aufgabe beschäftigt: „Ich mache Fotos mit dem iPad und stelle einen Film zusammen. Wir haben schon mal Testfotos gemacht und es gefällt mir sehr“. In einer Unterrichtsstunde ist der Film fertig und kann den anderen gezeigt werden. An der Grundschule ist gerade Förderunterricht für die Drittklässler. Marie, Greta und Gianna stehen vor der interaktiven Tafel und die Gruppe ist mit Sortieren beschäftigt. Das Arbeiten mit der Tafel macht der 9jährigen Marie viel Spaß: „Das ist ein Smartboard und das haben wir gewonnen. Wenn wir Unterricht haben, dann kann unsere Lehrerin das speichern und das wieder aufrufen. Wir können das auch selber machen und mir gefällt vor allem das Malen“.
Wie 68 andere Grundschulen in Nordrhein Westfalen beteiligt sich die Grundschule in Borbeck an dem Projekt Medienpass. Mit dem Angebot sollen die Lehrer bei der Verankerung von Medien¬kompetenz im Unterricht unterstützt werden. Nach der Testphase wird das Angebot überarbeitet. Zum nächsten Schuljahr soll der Medienpass flächendeckend allen Grund¬schulen in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung stehen. Der eigentliche Medienpass für ein Klasse passt in einen kleinen Pappkarton. Darin enthalten sind eine Anleitung zum Einsatz in der Schule und die Pässe in der Größe eines Vokabelhefts. Hier werden je nach Lernerfolg fingernagelgroße Aufkleber eingeklebt. „Man schaut nochmal genauer auf die Kompetenzbereiche, aber letztendlich sind die Ideen schon im Kopf oder in der Umsetzung“, sagt die Lehrerin Stefanie Welzel. Sie ist seit drei Jahren an der Schule und vom Medieneinsatz in der Grundschule überzeugt. „Es ist ein netter Pass der dazu kommt, aber für uns hat sich erst mal nichts geändert“. Denn eine zusätzliche technische Ausstattung gibt es für die Schulen nicht. In dem Vorwort zum Pass wünscht Ministerpräsidentin Hannelore Kraft den Schülern viel Erfolg auf dem Weg zum Medienprofi und der kann ganz schön steinig sein.
Eine kleine Geschichte aus dem wahren Leben. Eine Schule in NRW bekommt eine interaktive Tafel – ein Smartboard – geschenkt und stellt es in der Klasse auf. Dazu braucht man jetzt noch einen Rechner, der das Board mit entsprechendem Inhalt versorgt. Ein PC aktueller Bauart wird von den Eltern mit einer kleinen Sammlung und dem Erlös vom letzten Schulfest finanziert. Um das Angebot abzurunden fehlt nur noch ein Anschluss an das Internet. Ein technisch versierter Vater zieht ein Kabel von dem vorhanden Anschluss im hinteren Teil des Klassenraums nach vorne zur Tafel – Kostenpunkt 20 Euro. Alle sind zufrieden, bis die Schulverwaltung von der Eigeninitiative erfährt. Zuerst wird die Verbindung gekappt und dann beginnt die Behörde mit ihrer Arbeit. Es wird die Einrichtung eines Internetanschlusses öffentlich ausgeschrieben und eine Firma ausgewählt. Es werden Wände aufgeschlagen und aus dem Keller ziehen die Handwerker viele Meter Kabel bis in die Klasse. Die Aktion ist laut, dauert mehrere Wochen und kostet ein paar Tausend Euro.
Die schulischen Aufgaben im Land NRW sind in innere und äußere Schulangelegenheiten aufgeteilt. Die äußeren Schulangelegenheiten werden von den Kommunen als Schulträger wahrgenommen – dazu gehört auch die Beschaffung der Geräte und Materialien. Das führt dann dazu, dass niemand bei der Landesregierung und im Bildungsministerium einen Überblick hat, wie die Schulen in NRW mit Medientechnik ausgestattet sind. So herrscht bei Einrichtungen wie der Medienberatung NRW das Prinzip Hoffnung. „Das wird sich für die beteiligten Schulen schon bald positiv auswirken. Sie vermitteln Medienkompetenz an die Kinder und können das gegenüber den Eltern auch deutlich machen“ sagt Pressesprecher Jürgen Otte. „Für die Schulen, die am Medienpass teilnehmen, wird sich das auch positiv auf die technische Ausstattung auswirken“. Die rasante Entwicklung der digitalen Möglichkeiten macht es den Schulen schwer hier Schritt zu halten – die Ausstattung mit neuen Medien ist in den Klassenräumen im Lande sehr unterschiedlich und vielen Kommunen fehlen die finanziellen Mittel.
Medienkompetenz kann nur vermittelt werden, wenn auch die entsprechende Technik vorhanden ist. Mit der Einführung des Medienpasses ist keine Verbesserung der technischen Ausstattung verbunden und nur vereinzelt investieren die Städte zusätzliches Geld. Die Landeshauptstadt Düsseldorf ist eine solche Ausnahme. Hier haben die elf am Medienpass beteiligten Grundschulen Netzwerke, mobile Endgeräte und Software für rund 500 000 Euro erhalten. Die Vermittlung von Medienkompetenz muss schon in der Grundschule anfangen – da ist Nordrhein Westfalen auf dem richtigen Weg. Die technische Ausstattung lässt viele Wünsche offen und die Lehrer brauchen auch mehr Zeit, um aus ihren Schülern wirkliche Profis im Umgang mit den neuen Medien zu machen. „Wir lassen kein Kind zurück“ hat die SPD im Wahlkampf plakatiert und daran muss sich Hannelore Kraft messen lassen.
Zu dem Thema Medienpass gibt es im Medienmagazin Töne, Texte, Bilder einen Radiobeitrag auf WDR 5
Na, Filme drehen ist sicher pädagogisch sinnvoll. Mit 14 können die Kids dann ihre Aktion im Bett aufnehmen und bei Y**-Po*** einstellen, den Personalleiter wirds freuen, wenn er fünf Jahre später das Vorleben der Auszubeutenden googelt….
Währenddessen lernen die chinesischen Kinder brav Mathe und Ingenieurswesen und bauen immer bessere Autos… (die wichtigsten Zulieferer sind bereits gekauft oder werden es bald)….
Aaaber : Mit der geballten Medien-KRAFT werden wir gegen diese asiatischen Horrrden anrrrreeeennnnen ! Jaarwooohl.. Leehnnnaaa vor, hau rein für Opel dann brummmts…
Nach Frei-, Fahrten- und Jugendschwimmer jetzt endlich auch der Medienpass für Kids – mit einem Vorwort von Landesmutter Beimer.
Ob es beim Vorwort bleibt, oder ob es auch eine Art Badehosenaufnäher im Seepferdchenstil mit dem Konterfei der Landesmutter gibt, wird demnächst im Kultusministerium des Landes entschieden…
… jetzt braucht es nur noch Lehrer, die dafür auch ausgebildet sind …
Medienkompetenz und Schulen, ein weites Feld. Hier einige Gedanken dazu:
-Im Sinne von @Norbert: Eine systematische Fortbildung von LehrerInnen im Bereich „Neue Medien“ hat es bisher in NRW nicht gegeben (in GB und den USA müssen Lehrer regelmäßig Fortbildungen besuchen).
– Der Umgang mit der Hardware an Schulen ist unprofessionell bis dilettantisch: Wenn Eltern für Geräte Geld sammeln, wenn Väter Kabel ziehen, wenn Firmen ausrangierte PCs spenden, wenn engagierte Lehrer daraus ein Netzwerk aufbauen und warten, dann ist all das unprofessionell.
– Der neueste Clou sind nun die Smartboards. In GB wurden diese unter Tony Blair flächendeckend an allen Schulen eingeführt. Das war damals Chefsache. Gleichzeitig gab es Fortbildungen und Schulen erhielten Technikabteilungen, die bis heute für die Wartung der Geräte zuständig sind.
In NRW werden die teuren interaktiven Tafeln angeschafft. Weder die Wartung noch die Schulung der LehrerInnen wird abgesichert. Wie immer ist dies kurzfristig kostengünstig, aber völlig unprofessionell.
NRW ist, was den Einsatz technischer Medien in Schulen angeht, ein Entwicklungsland. Daran ist nicht nur die schlechte Ausstattung der Schulen schuld, sondern auch die fehlende Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften sowie die unzureichende Wartung der ‚Medien‘. (Ich fürchte, diese Beobachtungen treffen ebenso auf die anderen Bundesländer zu.)
Darauf haben alle gewartet. Ganz bestimmt brauchen mündige Bürger eine Anleitung der Hannelore Kraft-Regierung, um sich auszudrücken. Die werden noch ihr blaues Wunder erleben, wenn die Kids, die mit DSL-Anschluss und >4 GB RAM aufwachsen, erst einmal
groß sind und neue Formen der Internetkommunikation auf breiter Front zum Einsatz bringen.
Leider werden die Lehrer mit entsprechenden Fähigkeiten und dem nötigen Engagement von der Schulbehörde regelmäßig ausgebremst. In dem von mir beschriebenen Beispiel bringt die Lehrerin ihre eigenen tragbaren Rechner/Tablets mit in die Schule.
@ Michael Voregger: Lehrer mit eigenem Engagement sind politisch verdächtig und daher auszubremsen. Wenn zukünftige Generationen vollständig in der Kraft-Löhrmann-Komsomolzen-Kita aufgezogen worden sein werden, dann wird es diese Staatsfeinde mit eigenem Engagement aber auch nicht mehr geben.
@Michael Voregger
Ich kenne Lehrer, die bringen ihren eigenen CD-Spieler mit in den Unterricht und viele nutzen in der Tat den eigenen Rechner in der Schule. Das ist aber doch genau die Falle, die für Lehrer immer wieder aufgestellt wird: Wer engagiert ist, muss eigene Geräte verwenden, denn der Arbeitgeber stellt diese einfach nicht zur Verfügung!
Kann man sich vorstellen, dass eine Bürokraft einen Arbeitsplatz ohne Rechner vorfindet und von ihr erwartet wird, dass sie ihr heimisches Notebook mitbringt, um ihre Arbeit zu verrichten? Wohl kaum. An deutschen Schulen hingegen ist das Alltag.
Es geht m.E. nicht nur um den Abbau bürokratischer Hindernisse, sondern insgesamt um eine zeitgemäße technische Ausstattung unserer Schulen. Davon sind wir weit entfernt.
Na so ein Pass aus Papier mit lustigen Aufklebern steht doch vollkommen für Neue Medien. Als ich in der Grundschule war gabs das gleiche, nur hieß das Sternchenheft. Ist ja nicht so, dass man schon digital online belohnen oder auszeichnen könnte…