Mein erstes Mal

Umkleideraum (Symbolbild) Foto: Alex P. Kok Lizenz: CC BY-SA 4.0


Seit meinem Abitur etwa interessiere ich mich für alles, was mit Feminismus oder generell mit Frauenrechten zu tun hat. Weswegen mir auch der Transaktivismus und die daraus kollidierenden Interessen schon länger bekannt sind.

Ich verfolge die Debatten rund um das Selbstbestimmungsgesetz (SBG) und ich habe auch einen groben Überblick, was in den USA, Kanada und Großbritannien vor sich geht. Ich weiß, dass das SBG noch nicht in Kraft ist, und es höchstwahrscheinlich zu Zeiten der Ampel nicht in Kraft treten wird. Dieses Wissen müssten auch Transmenschen haben.

Letzte Woche war ich, wie so oft in meinem Fitnessstudio. Ich konnte meinen Augen nicht trauen, in dem Bereich bei den Duschen, wo ich mich gerne umziehe war ein Mann. Er hatte eine relativ enge Hose an, wodurch sich auch die typische Wölbung eines Penis abzeichnete. Mir schossen innerhalb einer Sekunde tausend Gedanken durch den Kopf.

Vielleicht ist es doch einfach nur eine sehr männliche Frau, mach hier nicht so die Welle. Aber nein, ich habe doch die Wölbung gesehen.

Ich entschied mich, einen Bereich weiter, außerhalb des Sichtfeldes des Mannes zu gehen. Zufällig zog sich dort eine Bekannte um und ich flüsterte ihr zu, dass sich hier ein Mann umzieht. Sie simulierte, dass sie sich am großen Spiegel betrachtete, und wusste ebenfalls nach einem kurzen Blick, dass wir uns mit einem Mann in der Umkleide befinden. Als sie laut „unangenehm“ sagte, pochte mein Herz nur noch mehr. Zu sehr hatten sich die Bilder von aggressiven Transaktvisten, von Slogans wie „Kill all Terfs“, „Terfs töten“ (an so einem Plakat musste ich vorbeigehen, als ich zu einer Veranstaltung von Terre de Femmes gehen wollte) oder auch den Rangeleien in Köln beim Lesbenmarsch oder in Leipzig am Conne Island in mein Hirn gebrannt. Was ist, wenn der Mann in der Umkleide ähnlich gewaltbereit ist?

Die Bekannte musste schnell weiter (typisch alleinerziehende) und ich war wieder alleine. Ich überlegte noch mal, ob ich nicht übertreibe, oder ob ich dem Personal Bescheid sagen soll. Nach einigem Zögern, entschied ich mich zum Personal zu gehen. Ich lief also wieder durch die komplette Umkleide und stellte fest, dass der Mann nicht mehr da war. Erleichterung. Ein Mann und eine Frau waren am Empfang, die Frau murmelte nur vor sich hin: „Ach der schon wieder.“ Sie versprachen mir, dass sie mit dem Mann reden werden und sperrten seinen Chip, so dass er nicht ohne Kontakt zum Personal ins Fitnessstudio gelangen kann.

Dieser kurze Vorfall hat mir gezeigt, wie vulnerabel man ist, wenn scheinbare Gewissheiten nicht mehr gelten. Und es hat mir selber ganz deutlich gezeigt, dass es keine theoretische Debatte mehr ist, wer eine Frau ist oder wer nicht. Ich möchte nicht sagen, dass der „Kampf“ nun draußen in der richtigen Welt begonnen hat und hoffe inständig, dass das ein einzelner Vorfall war, der nie wieder vorkommt. Und dass die Verfechter des SBG an das geltende Recht halten und einfach, die für sie vorgesehenen Räume nutzen.

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[…] Transhass kann gelten: Das Benutzen des Wortes „Frau“ ohne Sternchen, ein Unbehagen gegenüber Männern in der Umkleide, ein Eintreten für den Erhalt des Frauensports, selbst das Sprechen über die Monatsblutung. Das […]

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