Merz gewinnt und Oskar muss Tomatensuppe kochen

Friedrich Merz, CDU (Foto: Roland W. Waniek)

Die Union gewinnt mit Friedrich Merz die Bundestagswahl mit dem zweitschlechtesten Ergebnis ihrer Geschichte. Die SPD liegt zerstört am Boden, die grüne Hegemonie ist gebrochen, und die FDP ist vollkommen untergegangen. „Putin ein Drittel der Stimmen. Hamas stärkste Kraft bei den Jungwählern“, fasste der Soziologe Ruud Koopmanns in einem Tweet die Ergebnisse von AfD, Linken und BSW zusammen. Dass Wagenknecht denkbar knapp an der 5-Prozent-Hürde scheiterte, ermöglicht nun Schwarz-Rot und verhindert Kenia. Wären alle drei im Bundestag verbliebenen demokratischen Parteien gezwungen gewesen, die Regierung zu bilden, während die Feinde der Republik die Opposition gestellt hätten, wäre die Katastrophe komplett gewesen. So weit ist es zum Glück nicht gekommen.

Wahlergebnis zeigt eine tief gespaltenes Land. Der Wunsch nach einem Regierungswechsel ist klar erkennbar.  Ob Schwarz-Rot langfristig zu mehr Stabilität führt oder nur für ein vorübergehendes Durchatmen reicht, werden die nächsten Jahre zeigen. Dabei kommt es auf die SPD an. Die muss sich von den grünen Spinnereien trennen und um ihre einstige Kernklientel kümmern. Die steht morgens früh auf und hat ein Recht darauf, ein größeres Stück vom Kuchen abzubekommen, die Miete bezahlen zu können, sich vielleicht auch ein Haus leisten zu können, ein Auto zu haben und in den Urlaub zu fliegen. Dafür braucht es Wirtschaftswachstum und keine gesellschaftspolitischen Spielereien.

CDU: Merz kann ein wenig „mehr Sauerland für Deutschland“ wagen

Zugelegt, aber nur das zweitschlechteste Ergebnis in der Geschichte der Union. Friedrich Merz hat gewonnen, aber ein Triumph ist es nicht. Es reichte nicht einmal für 30 Prozent. Und mit dem eher mauen Ergebnis wird er gegenüber Koalitionspartnern nicht allzu bestimmend auftreten können. Aber immerhin reicht es für eine Zweierkoalition. Merz muss nun liefern um die Republik zu sichern, die AfD zu begrenzen und die Reste des Westens zu bewahren. Große Aufgaben warten auf den Arnsberger, der nach Konrad Adenauer der zweite Kanzler aus NRW sein wird.

Grüne: In Bullerbü brennt noch Licht

Wirtschaftskrise, Arbeitsplatzabbau, Inflation… Die Wähler der Grünen halten der Partei weitgehend die Treue. Für sie ist die Republik eine große Petra-Kelly-Gesamtschule, in der Leistung nichts zählt. Von allen Ampel-Parteien mussten die Grünen die wenigsten Federn lassen. Aber die Hegemonie ist weg. Das Führungsduo Habeck und Baerbock, die ersten Grünen im Bund mit Ausstrahlung über ihre Kernwählerschaft hinaus seit Joschka Fischer, hat seine besten Zeiten hinter sich.

SPD: Absturz in die Regierung

Als die SPD zuletzt bei einer nationalen Wahl ein Ergebnis unter 17 Prozent hatte, hieß der Kanzler Fürst Otto von Bismarck. Bei den Reichstagswahlen 1887 erreichten die Sozialdemokraten 10,1 Prozent der Stimmen. Unter Kanzler Olaf Scholz nun immerhin 16,4 Prozent. Sogar bei der katastrophalen Europawahl 2019 waren es immerhin noch 15,8 Prozent. Andrea Nahles übernahm damals die Verantwortung und trat als Parteivorsitzende zurück. Lars Klingbeil hat so viel Format nicht und will Fraktionsvorsitzender werden. Die Ampel endete für die SPD mit starken Verlusten. Aber wie seit 1998 mit vier Jahren Ausnahme werden die Sozialdemokraten Teil der Bundesregierung sein. Und Olaf Scholz? Hat fertig.

AfD: Blauner Durchmarsch

Die AfD ist die zweitstärkste Partei und hat die 20 Prozent-Marke knapp geknackt. Das Chaos der Ampel und die wachsende Unzufriedenheit hat sie über das immer schon vorhandene Potenzial rechtsradikaler Wähler hinauswachsen lassen. Sollte die künftige Bundesregierung nicht erfolgreicher sein, wird die AfD in vier Jahren noch stärker sein als heute.

FDP: Langer Vaterschaftsurlaub

Auf FDP-Parteichef Christian Lindner wartet ein langer Vaterschaftsurlaub. Die FDP scheidet wie schon 2013 erneut nach einer Regierungsbeteiligung aus dem Parlament. Atomausstieg mitten in einer Energiekrise, woker Stuss wie das Selbstbestimmungsgesetz und ein verpatzter Ampel-Ausstieg haben die Liberalen das Vertrauen ihrer Wähler gekostet. Nach Zahlen von Infratest Dimap attestierten am Ende die Wähler sogar den Grünen – wenn auch auf niedrigem Niveau – eine höhere Wirtschaftskompetenz. Lindner kann schon mal damit beginnen, Habecks Kinderbücher zu lesen.

BSW: Oskar muss Tomatensuppe kochen

Immer wenn Sahra Wagenknecht „richtig müde und ausgepowert“ ist, sagte sie der Bunten, kocht ihr Mann Oskar Lafontaine ihr Spaghetti mit seiner „einmaligen Tomatensoße.“ Für Lafontaine wird es jetzt Zeit, Zwiebeln und Knoblauch zu schälen und ein paar Dosen Mutti-Tomaten zu öffnen. Das BSW hat nicht in den Bundestag geschafft. Auch Putins Macht hat Grenzen. Wagenknecht hat angekündigt, auch in diesem Fall aus der Politik zurückzuziehen. Ihr dürften so fragwürdige Gestalten wie Sevim Dagdelen, Klaus Ernst und Christian Leye folgen.

Linke: Roter Zombie

Abgeschrieben, begraben und von den Toten auferstanden. Die Linke ist wieder da und stieß in die Lücke, die BSW, SPD und Grüne hinterlassen haben. Keine Milliardäre, Frieden schaffen ohne Waffen und offene Grenzen – mit diesem Programm stieg die Linke aus dem feuchten Grab. Mehr Lifestyle als Realpolitik, aber das ist bei anderen Parteien auch nicht anders.

 

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thomas weigle
thomas weigle
1 Monat zuvor

Die Linkspartei nur auf die Ukraine und Blutin zu reduzieren, scheint mir zu kurz gedacht. Ihr Wahlergebnis hat auch mit der sozialen Lage zu tun. Junge Menschen sehen ihre Zukunft zerbröseln. Ein Land, in dem um die 20% der Kids an oder unter der Armutsgrenze leben, sollte sich nicht wundern, dass eine linke Partei solchen Zuspruch erhält. Natürlich leben Arme in anderen Ländern viel schlechter als „unsere“ Armen, aber Armut definiert sich nun mal sozusagen vor Ort. Wenn nicht mal mehr ein Kino-oder ein Zoobesuch, eine Klassenfahrt drin ist, dann ist das Armut angesichts des überbordenden Reichtums am anderen Ende der sozialen Fahnenstange.Und nicht jeder Rentner bspw.kann es sich leisten die Ruhrbarone zu unterstützen. Ich kann und mache das. Ich muss beim Lebensmitteleinkauf auf nicht auf die Preise schauen, sondern schaue bei Milch-und Fleischprodukten auf die Herkunft und greife so zu Produkten der
„Brockhagener Dorfmilch“ und bei Eiern und Fleisch auf die Haltungsbedingungen.

hase12
hase12
1 Monat zuvor

Meines Erachtens nach ist es nicht nur wichtig die Wahlergnisse der einzelnen Parteien zu betrachten, sondern auch die Wahlbeteiligung. Diese dürfte bei ca. 83% gelegen haben. Die letzten Male, dass die Wahlbeteiligung bei einer nationalen Parlamentswahl in Deutschland so hoch lag, war bei der Bundestagswahl 1998 (82,2%), bei der Reichstagswahl im Juli 1932 (84,1%) und bei der Reichstagswahl im März 1933 (88,7%).

vormals SvG
vormals SvG
1 Monat zuvor

@ thomas weigle: Ich stimme Ihnen insoweit zu, daß die Linke die Rolle des sozialen Kümmerers (die während meiner Jugend im Rheinlanddie die SPD bis weit in die 80er ausgefüllt hatte) neu besetzt hat. Und daß dies auch mit ursächlich für das Wahlergebnis ist. Etwas, das die AfD in ländlichen Räumen des Ostens mit ähnlichem Erfolg praktiziert. Allerdings ändert das alles nichts an den in meinen Augen teils kruden Positionen, die diese Partei einfach nicht koalitionsfähig machen; zumindest auf Bundesebene.

thomas weigle
thomas weigle
1 Monat zuvor

@ vormals SVG Da stimme ich ihnen in Sachen Linkspartei voll zu.Was die SPD angeht, so bin ich im ehemals rotem Musterland Hessen in einer sozialdemokratischen Musterkommune bei FFM geboren und groß geworden, so wie dort für 12 Jahre mit 19 Mitglied geworden.

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