Wie soll das Ruhrgebiet künftig heissen? Mit einer Blitzumfrage des Instituts für Medienwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum fragten Studierende 3.128 Personen im Ruhrgebiet nach ihrer Meinung zu einer "Umbenennung" des Reviers. Das Ergebnis hat mich überrascht.
Hier die Pressemitteilung der Ruhr Uni zur Umfrage:
Im Ruhrgebiet steckt das Interesse an einem einheitlichen bzw. neuen Namen für die Region noch in den Kinderschuhen – und damit auch die Chance auf ein Zusammenwachsen der Kommunen zu einer Stadt. In einer Blitzumfrage des Instituts für Medienwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum fragten Studierende 3.128 Personen im Ruhrgebiet nach ihrer Meinung zu einer "Umbenennung". Das Verhältnis zwischen Akzeptanz und Ablehnung ist mit 45 zu 42 Prozent relativ ausgeglichen. Lediglich 1.201 Befragte sprachen sich entweder für die vorgegebenen Vorschläge "Metropole Ruhr" (davon 42%) und "Ruhrstadt" (17%) aus oder brachten das "Ruhrgebiet" (41%) als persönlichen Favoriten ins Spiel – eine Bezeichnung für die Region, die zwar gebräuchlich ist, aber auf keiner Landkarte auftaucht.
Konkretes statt Etiketten
Wachsen die verschiedenen Kommunen unter einem gemeinsamen Namen tatsächlich zusammen? Es scheint ein langer Weg zu sein, bis die Ruhrgebietler ihre Region als eine Stadt empfinden. Typische Antworten in der Befragung lauteten, dass vor einer Namensänderung erst Infrastrukturänderungen nötig seien, dass man keinen Namen brauche, sondern nur mehr Selbstvertrauen, oder schlicht: "Alter Inhalt, neue Verpackung, Erfolg fraglich." Prof. em. Franz R. Stuke hatte seine Studierenden im Seminar "Kulturhauptstadt 2010 – kulturelle Kommunikation im Ruhrgebiet" zum Ende des Wintersemesters losgeschickt, um das Stimmungsbild auf der Straße einzuholen. Er resümiert: "Dem Ruhri geht es nicht um Etiketten, sondern um Konkretes: Wenn es denn endlich einen funktionierenden öffentlichen Nahverkehr in der Region gibt, dann wird auch die Frage nach dem einheitlichen Namen relevant für die Alltagskommunikation."
Die Älteren bevorzugen "Ruhrstadt"
Wer dafür ist, den Namen "Ruhrgebiet" zu erhalten und ihn auch zur offiziellen Bezeichnung der Region zu machen, beruft sich häufig auf die traditionelle Verankerung. 42 Prozent derer, die sich einen gemeinsamen Namen für die Region wünschen und "Metropole Ruhr" bevorzugen, begründen die Namensauswahl mit einem Identitätsgewinn für die Region. Vorteile für die globale Vermarktung sehen 27 Prozent. Einen durch die Namenswahl nach außen kommunizierten Modernisierungseffekt erhoffen sich 18 Prozent, während für 13 Prozent eine verbesserte kommunale Kooperation auf der Verwaltungsebene ausschlaggebend ist. Die Wahl des Begriffs "Ruhrstadt" hingegen wird nicht argumentativ begründet. Auffällig ist, dass 58 Prozent der über 50-Jährigen sich für die "Ruhrstadt" aussprechen. Die unter 30-Jährigen hingegen sind mehrheitlich dafür, alles so zu lassen, wie es ist: 60 Prozent von ihnen sehen keinen Handlungsbedarf bei der Namensgebung, jeweils etwas mehr als 16 Prozent plädieren für "Metropole Ruhr" oder "Ruhrgebiet", nur knapp sieben Prozent bevorzugen "Ruhrstadt".
Frischer Stoff für die Namensdiskussion
"Dieses Ergebnis dürfte bei den Aktivisten der betroffenen Bürgerinitiativen für frischen Diskussionsstoff sorgen und kann allgemein als enttäuschend gewertet werden", sagt Valeria Geritzen, Masterstudentin am Institut für Medienwissenschaft. Gemeinsam mit ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen hat sie die Leute im Revier und in angerenzenden Städten befragt und die Antworten ausgewertet. "Dass mit 42 Prozent fast jeder zweite Befragte einen offiziellen Namen für die Region ablehnt, hatten wir so vorher nicht erwartet." Nicht nur mit Blick auf das Kulturhauptstadtjahr 2010 weist Prof. Stuke auch auf mögliche Chancen und Vorteile für die Region hin: "In den üblichen Städterankings wird zum Beispiel Berlin mit Oberhausen verglichen – das kann ja nicht gutgehen. Von Oberhausen aus ist man aber binnen kurzer Zeit in Essen im Theater oder auf Schalke beim Fußball. Ein gemeinsamer offizieller Name wäre hilfreich, um zu vermitteln, welch vielfältige Kultur- und Freizeitangebote es hier gibt, aber zum Beispiel auch, welche Standortvorteile Unternehmen hätten."
Die Initiative Stadt Ruhr hat ihre nun fast 1000 Mitglieder kürzlich auch über die Namensfrage abstimmen lassen. Dort votierte eine Mehrheit für Ruhrstadt.
Ist „Metropole Ruhr“ nicht eine Spur zu sperrig? Das sind immerhin fünf Silben. Klingt ein wenig nach „Colonia Dignidad“ …
Ich glaube die jüngeren Leute haben heutzutage einfach andere Probleme. Und sie sind pragmatischer, denn nur ein neuer Name für ihren Lebensraum ändert für i h r Alltagsleben in Ruhr rein gar nichts.
Wenn man sie dagegen gefragt hätte, ob die Grenzen zwischen den Ruhrstädten für sie noch eine praktische Rolle spielen, hätte die Mehrzahl wahrscheinlich mit Nein geantwortet.
Klar: Visionen Namen zu geben ist nicht unbedingt schlecht. Aber letztendlich ist es doch im jetzigen Stadium völlig gleich, wie man das Ruhrgebiet nennt. Das Revier braucht mehr Arbeit und ein bessere Infrastruktur. Sonst ziehen die befragten jungen Leute nämlich einfach weg. Machen ja eh die meisten von ihnen. Müssen sie, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt. Pragmatismus geht schließlich manchmal auch mit der Not einher. Wer darum fürchten muss, nichts mehr vom großen Kuchen der Wohlstandsjahre abzubekommen- der hat andere Sorgen als z.B. die satten RWE-Vorstandsvorsitzenden, die ihren Wohnort gern noch vor der Rente mit der schicken Metropolenkrone schmücken wollen.
Die jungen Ruhrgebiets-Bewohner gehen eh stadtgrenzen-übergreifend weg, pendeln zwischen den Städten und nutzen den gesamten Raum. Ist ihnen völlig gleich, ob Bochum zu Westfalen oder Essen zum Rheinland gehört. Genau wie die Frage ob die Region „Metropole Ruhr“ oder „Ruhrstadt“ heißt. Wer zum Beispiel nach Köln zieht, zieht ja auch nicht in ein Geschichtsbuch, sondern in einen pulsierenden Raum. Wichtig ist nur, dass man dabei ist. Mittendrin. Da, wo die anderen sind. Und wo es Arbeit gibt.
Doch so lange es im Ruhrgebiet für Nokia keinen Ersatz gibt – und die Opel-Rettung weiterhin einer der wenigen Strohhalme der Regon bleibt, geht es mit dem Ruhrgebiet sowieso den Bach runter. In zehn Jahren leben dann vielleicht noch vier Millionen in der Gegend, dann geht der Zähler langsam runter auf drei Millionen… Und irgendwann wird man sich augenzwinkernd erzählen, dass sich der verwilderte, menschenleere Beton-Park zwischen Duisburg und Dortmund mal „Metropole“ nennen wollte – dabei jedoch den dummen kleinen Fehler gemacht hat, andere weitaus wichtigere Baustellen zu übersehen. 😉
Ich bin für Wanne-Eickel für Alles. 🙂
Wanne-Eickel ist gut, aber bitte in seiner berühmten hoch-kulturellen lateinischen Übersetzung: Castrop-Rauxel.
Wir brauchnen wirklich keine Ruhrstadt. Auch diese Diskussion ist überflüssig. Für mich gilt: In einer Ruhrstadt gibt es keine Idenfikation und fehlende Bürgernähe. Außerdem möchte ich Gelsenkirchener und somit auch Westfale bleiben
Die Mehrheit dieser Umfrage stimmt mir ja zu.
Die Organisatoren haben ja wohl mit einer anderen Antwort gerechnet.
Das so viel beschworene Einheitsgefühl im Revier gibt es -Gott dei Dank- wohl doch nicht.
@DK: es ging bei der Umfrage nur um den Namen, nicht um die Frage der Zusammenarbeit – und in Gelsenkirchen dürften sie mit der Meinung die Stadt würde zu Westfalen gehören zu einer kleinen Minderheit gehören.
@ DK
Wenn ich sie richtig verstanden habe, möchten sie in Gelsenkirchen bleiben, oder? Da kann ihnen doch egal sein, wie das Ganze heißt, denn konkret verändert sich an ihrer Umgebung rein gar nichts,wenn sich der Name ändert. Oder geht es ihnen um den Namen Gelsenkirchen? Dass der nicht verschwindet? Auch wenn sie z.B. nach Essen oder Düsseldorf ziehen sollten, was sie zwar nicht möchten, aber wozu sie aus irgendeinem Grund vielleicht doch gezwungen sein könnten?