Michael Ott: Der Katar-Jäger

Michael Ott. Foto: Michael Ott
Michael Ott. Foto: Michael Ott


Mit seinem Antrag zur Beendigung des Katar-Sponsorings brachte der Jurist Michael Ott die Chefetage des Rekordmeisters Bayern München in die Bredouille. Im Gespräch mit den Ruhrbaronen spricht er über die Hintergründe und was er als nächstes plant. Das Interview führte Robert Herr.


Ruhrbarone:
Aus unserer gemeinsamen Zeit an der Uni kann ich mich erinnern, dass du ein riesiger Bayern-Fan und vor allem auch Oliver Kahn-Fan warst. Wie hat sich das angefühlt, Oliver Kahn jetzt so in die Beine zu grätschen?

Michael Ott: *lacht* Ja, da erinnerst du dich richtig. Es ist ja tatsächlich nicht die originäre Verantwortung von Oliver Kahn gewesen, dass die Katar-Verträge geschlossen wurden, er ist ja erst nachher gekommen. Ich habe mich auch tatsächlich sehr gefreut, dass er zurück nach Bayern gekommen ist, das hatte ich mir auch erhofft. Bisher hat er sich auch noch nicht umfassend dazu geäußert, aber man muss schon davon ausgehen, dass er das auch stützt. Klar ist es nicht so schön, dem eigenen Idol aus der Kindheit in die Beine zu grätschen, aber bei diesem Thema kann man halt auch nicht auf persönliche Befindlichkeiten Rücksicht nehmen.


R:
Du hast gemeinsam mit Mitstreitern schon im Vorfeld transparent und öffentlichkeitswirksam euren Antrag und euer Anliegen vorgestellt. Wenn man sich allerdings die Jahreshauptversammlung des FC Bayern angeschaut hat, konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Bayern-Bosse komplett überrascht wurden von diesem Antrag und auch von der Emotionalität, mit der dieses Thema auf der Versammlung von den Fans behandelt wurde. Warum waren die Bayern-Bosse so aus dem Häuschen?

M: Der Antrag lag denen seit 5 Wochen vor, die wussten was auf sie zukommt. Auch Medien haben schon seit Wochen darüber berichtet. So wirklich kann ich mir also auch nicht erklären, wie man auf den Gedanken gekommen ist, dass man die ganze Diskussion auf der Jahreshauptversammlung einfach unter den Tisch kehren könnte. Das hat mich selbst sehr gewundert.

R: Im Fußball sind problematische Sponsorings ja nicht unbedingt etwas Ungewöhnliches, man denke nur an Gazprom. Kannst du für unsere Leserinnen und Leser vielleicht noch mal zusammenfassen, was gerade bei dem Katar-Sponsoring das Problem ist?

M: Zum einen ist es der Umstand, dass es ein katarisches Staatsunternehmen ist, dass zu 100% im Besitz des Staates Katar ist. Da steht komplett der katarische Staat dahinter und dieser Staat ist verantwortlich für systematische Menschenrechtsverletzungen von einer ganz besonders starken Qualität. Das ist schon recht einzigartig und ist auch im Vergleich zu anderen Sponsoren durchaus herausragend. Dazu kommen insbesondere auch Vorwürfe in Bezug auf Korruption im Sport. Gerade als Sportverein sollte man sich da die Frage stellen, ob man sich mit so einem Sponsor einlassen kann. Gazprom sehe ich in der Tat auch sehr kritisch, aber das betrifft zum Glück den FC Bayern nicht und ich kann als Mitglied des FC Bayern nur Einfluss auf den FC Bayern nehmen.


R:
Gibt es denn Hinweise darauf, dass Katar dieses Sponsoring nutzt um Einfluss auf den FC Bayern zu nehmen oder dieses Sponsoring dafür nutzt um den eigenen Ruf aufzupolieren?

M: Wissen kann man da nichts, die Verträge sind schließlich geheim, aber es würde mich schon sehr wundern, wenn in den Verträgen nicht vereinbart worden wäre, dass man keine Kritik äußern darf. Alles andere würde dem Sinn eines Sponsoringvertrages völlig zuwiderlaufen, wenn der Sponsoringpartner öffentlich den Sponsor kritisiert. Einblick habe ich in die Verträge keinen, aber das könnte einen Anhaltspunkt dafür liefern, warum der Verein sich so verhält, wie er sich verhält. Da hätte man sich allerdings vor Abschluss des Vertrages darüber Gedanken machen müssen, ob man sich auf sowas einlässt und das Schweigen erkaufen lässt, oder nicht. Es ist auf jeden Fall offensichtlich eine klare „Sportswashing“-Strategie die Katar verfolgt, die wissen genau was sie tun.

R: Abgesehen von den Menschenrechtsverletzungen wird Katar auch immer wieder als großer Player bei der Finanzierung von Staatsterrorismus genannt. Hat man seitens der Bayern-Bosse vielleicht wenigstens menschlich irgendein Anzeichen davon gesehen, dass das für sie ein Problem darstellt, vielleicht aus denselben Töpfen finanziert zu werden, wie Terrororganisationen?

M: Die Vorwürfe bezüglich der Finanzierung von Staatsterrorismus sind natürlich sehr schwerwiegend. Dass man sich gerade als Club von Kurt Landauer, des von den Nazis verfolgten ehemaligen jüdischen Präsidenten des FC Bayern, mit einem Land einlässt, dem die Finanzierung der Hamas nachgesagt wird, das sendet völlig widersprüchliche Botschaften. Einerseits setzt man sich gegen Antisemitismus ein, andererseits lässt man sich von solchen Leuten sponsern. Damit hängt man ein Preisschild an die Werte, die man vertreten will und macht sich leider völlig unglaubwürdig. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass diesbezüglich ein Problembewusstsein im Verein besteht. Aber ganz offensichtlich hat man daraus bislang jedenfalls noch nicht die richtigen Schlüsse gezogen.

R: Ist der FC Bayern München aus wirtschaftlicher Sicht denn überhaupt angewiesen auf dieses Sponsoring?

M: Ich habe natürlich keinen Einblick in die Sponsoring-Angebote, welche die Vereinsführung erhält. Man liest da unterschiedliche Sachen. Die einen sagen man könnte die 20 Millionen von Qatar Airways 1:1 ersetzen, die anderen sagen, man hätte eventuell ein bisschen weniger Einnahmen. Letztendlich denke ich, selbst wenn man etwas weniger einnimmt, selbst wenn es 10 oder 15 Millionen weniger an Einnahmen sind, fällt es beim Gesamtumsatz des FC Bayern nicht so stark ins Gewicht. Und diese 10 oder 15 Millionen mehr schließen auch nicht die Lücke zu Vereinen wie PSG oder Manchester City mit ihren unbegrenzten Geldquellen. Das Einzige was dem FC Bayern langfristig hilft ist striktes Financial Fair Play und das ist etwas, woran Katar definitiv kein Interesse hat. Stattdessen Geldstreben um jeden Preis zu verfolgen, noch die letzte Million rauszuquetschen, halte ich nicht für sinnvoll.


R:
Bei Bayern-Größen wie Oliver Kahn zum Beispiel war im Anschluss an die Diskussion viel zu hören von den Emotionen auf der Jahreshauptversammlung, aber wenig von den Fakten eures Antrages. Ist das der Versuch das Thema abzumoderieren oder werdet ihr noch versuchen weiter dagegen zu halten?

M: Ich bin vorsichtig optimistisch, dass das nicht der Fall sein wird. Es stehen Gespräche mit der Vereinsführung an und ich bin gespannt, was dabei herauskommt. Wichtig wäre für mich, dass man es nicht dabei belässt, sondern auch tatsächlich Argumente austauscht, auch öffentlich und dass sich die Mitglieder einbringen können. Es muss ein Diskussionsformat gefunden werden, in dem das Thema auch ausführlich diskutiert werden kann. Das hat der Verein in der Vergangenheit versäumt. Sie werden aber nicht drum herumkommen. Das Thema wird heiß bleiben und es wird noch heißer werden kurz vor der WM. Deswegen wäre es eigentlich sogar im Sinne des Vereins, wenn man jetzt versucht, den Dialog mit den Fans zu führen.

R: Es sieht so aus, als hätte es dieses Antrages und auch deines Engagements bedurft, um das Thema nochmal auf den Tisch zu bringen. Auf der anderen Seite liest man aber auch in Kommentarspalten und sozialen Medien, dir ginge es nur um Profilierung und Selbstdarstellung. Wie geht es dir eigentlich persönlich mit der Diskussion und damit, so in der Öffentlichkeit zu stehen?

M: Leute, die das für Selbstdarstellung halten, sollen mir mal erklären, wie man einen Antrag denn sonst einbringen soll. Völlig anonym geht es halt nicht. Die Medienaufmerksamkeit war einfach auch sehr wichtig, um ein gewisses Kräftegleichgewicht herzustellen, zwischen mir und dem Verein. Der Verein kann schließlich jederzeit mit extremer Reichweite reagieren, wogegen ich sonst machtlos wäre. Es war natürlich aber auch mein Ziel mit dem Antrag Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken, Öffentlichkeit herzustellen, weil der Verein das in der Vergangenheit vermieden hat. Aber ich bin auch froh, wenn das Thema irgendwann vorbei ist und ich auch wieder aus der Öffentlichkeit raustreten kann. Es war notwendig, aber auch sehr stressig für mich und natürlich sind auch Hassbotschaften, die man teilweise erhält, nicht schön. Alles in allem habe ich es aber bisher gut verkraftet, weil die Unterstützungsbotschaften, die ich bekommen habe, viel stärker überwogen haben. Es ist definitiv nicht mein Ziel mich dauerhaft in der Öffentlichkeit zu etablieren, das wäre mir eher unangenehm.

R: Mit dem Antrag hat sich auch bei den Fans eine breitere Unterstützungsbasis gefunden. Wie geht es jetzt konkret weiter, was sind die nächsten Schritte, die ihr unternehmen wollt, um das Katar-Sponsoring zu beenden?

M: Wir warten zunächst mal die Gespräche ab und werden uns dann in Ruhe besprechen was man macht. Die Entscheidung des Landgerichtes München, das der Ansicht war, die Mitglieder hätten gar keine Befugnis auf das Fußballgeschäft Einfluss zu nehmen, hat uns da natürlich nicht in die Karten gespielt. Der unvermeidbare nächste Schritt wäre, auf der nächsten Jahreshauptversammlung die Satzung zu ändern, um uns die Beschlusskompetenz wieder zurückzuholen. Was ansonsten noch für Aktionen folgen werden hängt auch davon ab, wie der Verein weiter reagieren wird und welche konkreten Formen ein angekündigter „intensiverer Dialog“ mit den Mitgliedern dann tatsächlich annimmt.


R:
Weiterhin viel Erfolg und vielen Dank für das Gespräch!

M: Sehr gerne und vielen Dank!

 

 

 

 

 

 

 

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Thomas
Thomas
2 Jahre zuvor

Danke für das Interview.
Grundsätzlich sollten sich DFL und DFB ernsthaft Gedanken machen was sie wollen.
Menschenrechte werden nicht dadurch erkämpft Sponsoring von Staaten zu erhalten die diese mit Füßen treten. Ein "Human rights" Banner des DFB entschuldigt nicht die Umstände unter denen die Fremdarbeiter in Katar die Stadien für die kommende WM hochziehen. Durch das Sponsoring von Bayern München wird das System dort weiß gewaschen.

WM Katar wird ohne mich stattfinden diese WM steht gegen alles wofür ich stehe .

Manni
Manni
2 Jahre zuvor

"Abgesehen von den Menschenrechtsverletzungen wird Katar auch immer wieder als großer Player bei der Finanzierung von Staatsterrorismus genannt. "

Das ist für mich der ausschlaggebende Grund, diese WM völlig zu ignorieren. Da ist es egal, in welcher Jahreszeit sich die Protagonisten verlustieren möchten.
Und wenn Gazprom, Katar & Co ihren Einfluss weiter ausbauen, dann werde ich auch ohne Bedauern auf die Bundesliga verzichten.
Irgendwo ist schließlich eine Grenze von Moral und Ethik … und die ist überschritten.

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