‚Mir geht diese ewige Lamentiererei von Favre in den Pressekonferenzen extrem auf den Geist!‘

Das Stadion in Bochum. Foto: Stefan Laurin

Auch in dieser Woche haben sich die Ruhrbarone-Autoren Peter Hesse und Robin Patzwaldt wieder am virtuellen Wasserspender in der Ruhrbarone-Redaktion getroffen und kurz ihre Gedanken zum aktuellen Geschehen im Profifußball ausgetauscht.

Heute ging es u.a. um den Nervfaktor von BVB-Coach Lucien Favre, alte Bochumer Recken und das Trainerdebüt des neuen Schalke-Coaches Manuel Baum:

Peter Hesse: Hi Robin, nach zwei Spieltagen schmeißen schon ganz schön viele Vereine ihre Trainer raus. Zuerst auf Schalke und Mainz, jetzt ziehen Würzburg und Kaiserslautern nach. Besonders die Lage auf Schalke ist prekär – sie haben mit 1:11 Toren den schlechtesten Saisonstart aller Zeiten hingelegt. Ist das erst die „Spitze des Eichbergs“ – oder welche negativ konnotierten Kapriolen wird uns königsblau noch liefern?

Robin Patzwaldt: Aus Schalke werde ich echt nicht schlau. Ausgerechnet mit Manuel Baum soll nun die Trendwende erfolgen? Zugegeben, der Trainermarkt ist leergefegt in diesen Tagen, zumal für Klubs, die wenig Geld und hohe Ansprüche haben. Aber ausgerechnet der Baum, der Augsburg nicht gut genug war und ansonsten keine Erfahrungen auf Top-Niveau hat? Da fällt es mir schwer an eine Verbesserung der Lage zu glauben. Das in Mainz war eine besondere Geschichte. Ein Spielerstreik ist natürlich ein absolutes Alarmsignal. Aber um das wirklich beurteilen zu können, fehlen mir beim FSV die Insiderinfos. Von außen betrachtet war die Trennung dort nachvollziehbar. Dass nur intern nachbesetzt wurde, mag Mainz-typisch sein, ist für mich aber auch ein hohes Risiko. Da wir beide Mainz aber ohnehin unter den Abstiegskandidaten hatten, hat man dort offenkundig auch nicht wirklich viel zu verlieren. In Schalke halt schon. Was sagst du zu den Trainerentlassungen der Woche?

Peter Hesse: In Mainz hat die „Fassnacht“ in diesem Jahr recht früh begonnen. Nach der streckenweise nicht nachvollziehbaren Schmierenkomödie um den suspendierten Stürmer Adam Szalai und der Trennung von Trainer Achim Beierlorzer stand in den vergangenen Tagen Sportvorstand Rouven Schröder sehr arg in der Kritik. Bei 05 setzt man nun auf erstmal mit Jan-Moritz Lichte auf ein relatives Nachwuchstalent, der an der Sporthochschule Paderborn sein Diplom mit einer sehr guten Note abgeschlossen hat. In Leverkusen bezeichnete Sportchef Rudi Völler ihn schon vor ein paar Jahren als ››hochbegabten Trainer‹‹ und in der Pillendreherstadt war Lichte schon im Jahr 2013 als möglicher Nachfolger von Sascha Lewandowskis ein Thema, als der zurück in den Nachwuchsbereich ging. Tja, und auf Schalke ticken die Uhren wie immer anders – das ist bekannt. Ralf Rangnick als neuer Trainer wäre für viele so etwas wie eine Lebensversicherung gegen den Abstieg gewesen – die Verpflichtung von Manuel Baum wirkt, als hätte man niemand besseren gefunden. Es ist seit dem Ende der goldenen Huub Stevens/Rudi Assauer Ära im Juni 2002 übrigens der 23. Trainer in königsblau – allerdings mit der Zusatzinfo, dass Stevens noch zweimal eingesprungen ist. Und wer in 18 Jahren alle paar Monate einen neuen Trainer einstellt, sollte wissen auf welchen auf welchen Feuerstuhl er sich setzt – da hilft auch kein Naldo als Assistenztrainer. Und der Kicker schrieb nicht umsonst: Baum statt Traum! Aber wechseln wir mal nach Dortmund – was die Borussen in Augsburg abgerissen haben, war auch noch nicht reif für die Champions League. Wie hast du das Spiel wahrgenommen – und wo klemmt der Schuh im Team Favre?

Robin Patzwaldt: Das BVB-Problem heißt Favre. Das habe ich im Blog ja schon häufiger thematisiert. Dieser Trainer hat nicht den Biss und die Ausstrahlung um große Sachen zu gewinnen. Das haben wir ja auch im Supercup wieder einmal sehen müssen. Seine Auswechselungen wurden ja nicht von wenigen für die spätere Niederlage mitverantwortlich gemacht. Willst du mit dieser jungen Mannschaft etwas gewinnen, musst du sie motivieren und ihnen den Glauben an Wunderdinge verleihen. Ich fürchte, das wird mit Favre nicht gelingen. Er ist sicherlich ein Fachmann und ein Tüftler, aber eben kein Motivator und keiner, der das Umfeld mitnimmt. In Dortmund ist so einer falsch.

Peter Hesse: Mir geht diese ewige Lamentiererei von Favre in den Pressekonferenzen extrem auf den Geist – er nutzt irgendwelche Worthülsen und verschwafelt mit seinem Luis de Funès-Kauderwelsch jede Antwort. Sicher: die Niederlage in Augsburg war bitter, weil sich der BVB keine wirklichen Konterchancen erspielen konnte. Favre wünscht sich, wie er in der heutigen Pressekonferenz sagte, „mehr Geduld“. Aber die ist bei vielen Anhängern aufgebraucht – und die beste Versöhnung wäre natürlich ein bockstarker Sieg gegen den SC Freiburg. Zugegeben: das Supercup Spiel gegen die Bayern war von Borussen-Seite streckenweise nicht schlecht, mit etwas mehr Glück hätte mehr drin sein können als eine Niederlage – gerade nach dem Ausgleich zum 2:2 war die Partie komplett offen. Doch vor allem die Auswechslung von der offensiven Wunderwaffe Erling Haaland war im Dortmunder Spiel folgenreich. Neuzugang Reinier, der noch Trainingsrückstand aufweist, fand sich im Spiel nicht zurecht, er wirkte wie ein Fremdkörper. Doch Coach Favre hat leider zu wenig Alternativen: Marco Reus ist nach seiner langen Verletzungspause immer noch nicht richtig fit, Reinier oder Thorgan Hazard sind im Sturm keine gleichwertigen Goalgetter. Ich würde mir auch wünschen, wenn Favre bessere Alternativen für den Sturm in der Rückhand hätte. Am Samstag würden drei Punkte und (sagen wir mal frech und frei aus der Hüfte) ein 4:1-Sieg helfen, damit Ruhe einkehrt – und die schwarzgelbe Sonne mal wieder aus jeder Pore lachen kann. Schauen wir mal – und kommen zum nächsten Thema:  In Liga 2 erwartet der VfL Bochum heute Abend den VfL Osnabrück. Was erwartest du dir von dieser Partie?

Robin Patzwaldt: Oh, da bin ich parteiisch. Ich bin seit knapp 40 Jahren auch Fan des VfL Osnabrück. Meine Großeltern wohnten früher in der Nähe des VfL-Stadions. Daher beobachte ich das Auf und Ab des Vereins immer mit, auch wenn man das nicht mit meiner Leidenschaft für den BVB vergleichen kann. Außer in den Spielen gegen den BVB wünsche ich dem VfL immer einen Sieg. So auch heute. Aber als klassischer Underdog ist das natürlich eher unwahrscheinlich. Mit einem 2:2 könnte ich mich da anfreunden. Trotzdem ist das natürlich ein Zweitligaspiel, dass ich mir auf jeden Fall über die volle Länge live anschauen werde. Osnabrück und St. Pauli sind in Liga 2 meine Lieblingsteams. Da schaue ich immer gerne zu. Welche Teams magst du eigentlich, neben dem BVB?

Peter Hesse: Ich habe ein Herz für Westfalia Herne, Eintracht Braunschweig und Preußen Münster. Aber weil ich 20 Jahre in Bochum gewohnt habe und viele meiner Fußballkumpels überzeugte VfLer sind hege ich auch ein paar Sympathien für die Bochumer. Sie hatten von Ata Lameck über Peter Közle bis Torhüter Manuel Riemann in der aktuellen Elf immer wieder herausragende Charakterköpfe in ihren Reihen – und sowas macht ja einfach Spaß.

Robin Patzwaldt: An die erinnere ich mich natürlich auch noch. Schade, dass der VfL in den letzten Jahren von den Unabsteigbaren zu einer Art grauen Maus in der 2. Liga geworden ist. Ich finde es generell sehr negativ, dass die Schere in Profifußball in den letzten Jahren so sehr auseinandergegangen ist. Früher waren der BVB und der VfL häufig auf Augenhöhe. Inzwischen ist Bochum total zurückgefallen. Aber das ist dann ja vielleicht noch einmal ein Thema für eines unserer nächsten Fußballgespräche. Zum Abschluss für heute hätte ich noch eine Frage an dich: Schlägt der BVB den SC Freiburg und was machen die Schalker bei der Baum-Premiere in Leipzig? Ich tippe auf ein 2:1 für den BVB und ein 1:3 für die Schalker beim Brauseklub.

Peter Hesse: Ich tippe, dass der BVB den Christian Streich-Club mit 4:1 nach Hause schickt, glaube an einen 2:1 Heimsieg von Bochum gegen Osnabrück. Und Schalke wird mit einem 2:2 für eine Überraschung sorgen und einen Punkt aus Leipzig mit nach Hause bringen. Denn einer muss es ja spannend halten!

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