MLPD: Vom Schnuller zum Megafon

"Rotfüchse" auf der Luxemburg-Liebknecht-Demo in Berlin 2012.
„Rotfüchse“ auf der Luxemburg-Liebknecht-Demo, Berlin 2012.

Bei der WAZ hat man offenbar seine Liebe zu Sekten entdeckt. In einem Artikel, der eher an einen Werbetext erinnert, wird die politische „Karriere“ eines Zehnjährigen nachgezeichnet – in der MLPD.

Sie beziehen sich auf die Theorien Stalins und Maos. Sie gründen Tarnorganisationen, um linke Gruppen zu unterwandern. Sie verbreiten wirre Verschwörungstheorien. Auf ihren Wahlplakaten grinsen Menschen mit irrem Blick im Nordkorea-Style einer strahlenden Zukunft entgegen. Ihr Parteichef Stefan Engel ist länger im Amt als Josef Stalin bei der KPdSU.

Und sie indoktrinieren bereits Kleinkinder. „Der zehnjährige Enrico Jacobs ist Leiter der Gelsenkirchener Rotfüchse. Er setzt sich für eine bessere Welt ein und wenn er zu alt für die Rotfüchse ist, möchte er in den MLPD-Jugendverband der Rebellen eintreten“, weiß die Waz aus Gelsenkirchen zu berichten. Geschildert wird ein schöner Tag auf dem Pfingstjugendtreffen der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands.

Vor dem Spielen: Agitation

Die Autorin findet offensichtlich nichts daran, dass Zehnjährige Parteitreffen organisieren, „Aktionen“ vorbereiten und Maikundgebungen durchführen. Das tut Enrico nämlich. Es kommt ihr nicht komisch vor, wenn Kinder zur Agitation eingespannt werden: „Jedes Treffen hat auch etwas von Schulung: Es beginnt mit einem Begrüßungsritual. Dann gehen die Kinder mit Plakaten und Handzetteln in die Stadt. Oft legen sie Zettel in Geschäften aus und laden andere Kinder ein, sich politisch zu engagieren. Anschließend wird, wie in jeder anderen Kindergruppe auch, gespielt.“

Selbst Vierjährige sind für die Autorin bereits voll bei Verstand und in der Lage, auf die MLPD „aufmerksam“ zu werden: „Enrico ist erst seit diesem Jahr Leiter der Füchse. Mit vier Jahren war er bereits Mitglied und wurde durch seine Eltern auf die Kinderorganisation der MLPD (Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands) aufmerksam. Dann wurde er Pressesprecher und ist zusätzlich von den Gruppenmitgliedern zum Leiter gewählt wurden.“

Kinder mit Plan

Und damit noch mehr Kinder die Segnungen der stalinistischen Kaderschmiede erkennen, endet der völlig unkritische Artikel mit einem Werbeblock: „Die Gelsenkirchener Rotfüchse gibt es seit 1986. Kinder von offiziell fünf bis 13 Jahren dürfen in den Verband eintreten. Neben Werbeaktionen werden auch Veranstaltungen organisiert und besucht. Demnächst wird ein Sommercamp stattfinden. Die Rotfüchse treffen sich immer donnerstags von 17 bis 19 Uhr im Jugendzentrum Ché (An der Rennbahn 2).“

Liebe Eltern, ihr wisst also Bescheid. Wenn euer Kind alt genug ist, sagen wir vier Jahre, bringt es doch im „Ché“ vorbei. Dort wird man sich sicher gut um die Kleinen kümmern. Vielleicht wird aus eurem Kind dann auch ein „Kind mit Plan“, genau so wie Enrico. Dann krabbelt es bald durch die Fußgängerzone und verteilt Flyer, tauscht den Schnuller gegen ein Megafon und nebenbei gibt es eine nette Homestory in der Lokalpresse.

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Jörg Weidemann
Jörg Weidemann
11 Jahre zuvor

Da ist jemanden aber mächtig der Hut hoch gegangen, dass einmal sachlich über die Kinderorganisation ROTFÜCHSE berichtet wird. Reflexartig beisst der Antikommunismus zu: Stalin, Mao, Sekte, Nordkorea, Tarnorganisationen, Verschwörungstheorien. Auf eine solche Summe antikommunistischer Reizwörter bringt es sonst nur der berühmte Verfassungsschutzbericht. Glückwunsch zu dieser journalistischen Meisterleistung an die Ruhrbarone. Frau Gerk von der WAZ hat sich selbst ein Bild gemacht und zum Entsetzen von Ruhrbaron Martin Niewendick fand sie die ROTFÜCHSE offensichtlich ganz pfiffig. Dafür trifft sie jetzt der Bannstrahl der Ruhrbarone.

der, der auszog
der, der auszog
11 Jahre zuvor

@Jörg Weidemann

Um Ihre Empörung über Martin Niewendick und die Ruhrbarone besser verstehen zu können, sollten Sie uns nicht vorenthalten, dass sie der Pressesprecher dieser sektenartigen Kaderpratei sind und vom Verfassungsschutz beobachtet werden.

Freidenker
Freidenker
11 Jahre zuvor

Gelungener Beitrag! So ist das eben, wenn Kinderkrankheiten nicht beizeiten behandelt werden. Aus jungen Neurotikern werden alte Soziopathen.

Jörg Weidemann
Jörg Weidemann
11 Jahre zuvor

@ Herr „der, der Auszog“

Schön, dass sie das ergänzt haben. Im Gegensatz zu Ihnen diskutiere ich eben auch mit meinem Namen, so dass sie mit einem google bescheid wissen. Andersherum geben sie diese Möglichkeit nicht. Wie war das noch mit Tarnorganisationen?

@ Martin Niewendick

Ich habe gar nichts zu (m)einem Kommunismus-Begriff geschrieben. Aber sie finden ihn schon mal „lächerlich“. Das habe ich mit antikommunistischen Beißreflex gemeint.

Helmut Junge
Helmut Junge
11 Jahre zuvor

@Jörg Weidemann,
ich vermute Sie haben keinen anderen Kommunismusbegriff, als die Partei, für die Sie Presseprecher sind. Wer deren Kommunismusbegriff kennt, kann dann folglich auch auf Ihren schließen. Oder haben in Ihrer Partei mehrer Kommunismusbegriffe Platz? Ich dachte immer, dass die sich nach innen und nach außen scharf abgrenzt.
@Martin,
Die frühe Indoktrination von Kindern erinnert mich übrigens an die religös begründete Kindertaufe, die allerdings noch früher ansetzt, damit da gar kein Spielraum bleibt, ist aber vermutlich genauso unumkehrbar. Aber das geht auf das Gewissen der jeweiligen Eltern. Freie Entfaltung der Persönlichkeit gibt es sowieso nicht. Was kann man schon dagegen tun, wenn die Eltern einen als Kind schon so erziehen? Die meisten kommen da nie mehr raus.

Bernd
Bernd
11 Jahre zuvor

Ob KJG, Pfadfinder, Falken, freiwillige Feuerwehr, Fußballclub, HJ oder Rotfüchse – die Methoden und Mittel der Jugendarbeit sind überall die gleichen. Ich kenne das aus meiner Zeit bei der KJG:

-Aufnahme-Ritual
-Fackeln im Feuerkreis
-gemeinschaftliche Zeltläger mit Bannern und Wimpeln
-einheitliche Kleidung / T-Shirts / Uniform / Armbinden
-Absingen fetziger Stammeshymnen, Parolen oder Gebete sprechen

Der Trick ist jedesmal, dass ein einmal Aufgenommener „zwangs-akzeptiert“ wird und man trotz eventueller persönlicher Defizite nach außen hin stets hinter ihm steht. Intern wird natürlich gehauen und gestochen.

Die Kehrseite der Geschlossenheit ist eine starke Abgrenzung nach außen und eine -wodurch auch immer geprägte- innere Homogenität, die sich durch Gruppenprägung verstärkt: Man tritt katholisch ein und ist nach fünf Jahren Fundamentalkatholik; man tritt als national ein und ist nach fünf Jahren Nationalist.

Daneben gibt es aber auch ein positives Korrektivmoment; die Gruppe vermeidet allzu schlimme Ausuferungen, um ihr Gesamtbild zu sichern. Schwache Charaktere profitieren massiv von einer solchen „bündischen“ Jugendclub-Struktur, während starke Charaktere nichts verlieren. Jugendliche (vor allem Jungs) ohne familiäre Sozialkontrolle und ohne Vaterfigur im häuslichen Umfeld klammern sich geradezu frenetisch an die Jugendleiter und ihre Gruppe.

Das böse Erwachen kommt dann oft mit dem Ausscheiden aus der Jugend-Organisation: Mit Studienbeginn und Fortzug verliert der, der 5 Tage die Woche im kirchlichen, städtischen oder parteilichen Jugendheim saß, plötzlich alle Bezugspersonen. Einige dieser Heranwachsenden spielen bis ins mittlere Alter hinein „Berufsjugendliche“ mit oftmals gestörtem Sexual- und Beziehungsverhalten, andere entwickeln sich normal, wieder andere besonders gut. Die Auswirkungen langer Jugend-Verbandsarbeit auf Erwachsene sind leider noch allzu unerforscht und Arbeiten dazu gehen oft nur in eine Stoßrichtung (Jungpioniere, HJ).

Wer die Rotfüchse derart kritisiert, hat also nicht ganz unrecht, muss jedoch fairerweise jede Pfadfinderschaft ebenso kritisch betrachten. Denn zumindest bei den St.-Georgs-Pfadfindern wird öfter gebetet als bei den Rotfüchsen gemarxt.

Thomas Nueckel
Thomas Nueckel
11 Jahre zuvor

Ein alter Freund, leider verstorben, sagte mal: „Die Dummheit der Kommunisten halte ich für kein Argument gegen den Kommunismus“ Ronald M. Schernikau

Karel Krtek
Karel Krtek
11 Jahre zuvor

Die WAZ berichtet von Tatsachen und das auch noch nicht wertend! Darf die Presse in Deutschland das denn, Herr Niewendick?

Olaf Swillus
11 Jahre zuvor

Ich war über den wohlwollenden und unvoreingenommenen Artikel in derwesten.de, der ohne antikommunistische Klischees auskommt, überrascht. Positiv überrascht ! Offenbar war die Jounalistin beim Pfingstjugendtreffen, und musste nicht in die antikommunistische Klamottenkiste greifen, wie jetzt wieder Martin Niewendick in einer Reaktion darauf.

blbla
blbla
11 Jahre zuvor

Hallo zusammen,
ich war jahrelang (10-17) selbst miedglied des jugendverbands, aus angst vor weiteren aktionen der Partei schreibe ich hier anonym! Ich kann nur betätigen das es sich bei den Rotfüchsen um einen fürchterlichen versuch handelt kleinen kindern nur einen lebensweg aufzuweisen und das wird mit allen mitteln verfolg,es ist schlimm leine kinder werden auf gefähliche Demonstrationen als schutzschild benutz und in Gefahr gebracht und und und ich könnte noch stunden so weiter machen. Diese Parte die ist eine Sekte die mit ausgetretenen mitgliedern aufs übelste verfährt und verssucht jungen menschen das leben zu verbauen nur damit sie aus Angst nicht mehr sprechen.

der, der auszog
der, der auszog
11 Jahre zuvor

@Olaf Swillus

Ich halte die Klamottenkiste von Martin Niewendick gar nicht für so antikommunistisch, zumindest zeigen seine Artikel hier bei den Ruhrbaronen, dass er die linke Szene recht gut zu kennen scheint und ihre verschiedenen Strömungen recht deutlich zu differenzieren weiß. Aber dafür muss man seine Beiträge gelesen haben, was man nicht kann, wenn man sich hier nur blicken lässt, um eine Lanze für den linken Extremismus zu brechen.

Wie albern Ihre Kritik an Martin ist, kann man auf der Homepage http://www.linksdiagonal.de erkennen, wo sie den Rurhbaronen indirekt unterstellen, ihren Kommentar (#14) zurückzuhalten, was ja absolut nicht der Fall ist, wie Sie hier sehen, was sie aber mit ihrem Beitrag dem Leser in einer, wie ich finde, frechen und unverschämten Art und Weise unterjubeln wollen

Hier ist der Link:
https://www.linksdiagonal.de/2013/05/30/ruhrbaron-entgleist-wegen-mlpd/

Zum eigentlichen Thema:
Der Bericht von Franziska Gerk ist einfach nur abartig. Hier wird ein Kind mit nur 10 Jahren in ein linksextremes Förmchen gepresst und die Zusammenhänge zur MLPD in keinster Weise gewürdigt. Der Artikel bestätigt meine Auffassung, die ich hier im Blog an anderer Stelle schon mehrfach vertreten habe: Der WAZ Gelsenkirchen ist nicht mehr zu helfen. Sie ist platt und kommt über das Niveau einer Schülerzeitung nicht mehr hinaus, seit dort Hobbyjournalismus Einzug gehalten hat und Freizeitreporter einen Großteil der Berichterstattung übernommen haben.

Für den kleinen Enrico kann ich nur hoffen, dass die Pubertät bei ihm später einmal mit voller Wucht zuschlägt und er die Ideen seiner Eltern in Frage stellt. Der Generationenkonflikt, den jedes Kind auf dem Weg zum Erwachsenen durchlebt, wirkt manchmal Wunder…

Stefan Wehmeier
11 Jahre zuvor

Der grundlegende Irrtum von Marx, der ihn vom Weg der klassenlosen Gesellschaft abirren und auf die schiefe Ebene des Kommunismus (Totalitarismus) geraten ließ, besteht darin, die Ursache der Ausbeutung im Privateigentum an den Produktionsmitteln zu suchen. In logischer Fortführung dieses Gedankens gelangt er dann zu seinem bekannten Vorschlag, dieses Privateigentum zu beseitigen, die Produktionsmittel zu sozialisieren, was lediglich auf eine Verstaatlichung hinausläuft. Wenn man, wie Marx, annimmt, dass das Privateigentum an den Produktionsmitteln den Zins bedingt, dann muss man von einer Beseitigung des Privateigentums auch die Beseitigung des Zinses, den er „Mehrwert“ nennt, erhoffen.

Die Überwindung des Kapitalismus ist daher für Marx lediglich eine Enteignungsfrage.

Marx erliegt dem optischen Eindruck und hält das Kapital in völliger Übereinstimmung mit der klassischen Nationalökonomie für eine Sache. Wer diese Sache zufällig besitzt, der vermag, nach Marx, andere auszubeuten. Für ihn ist der Unternehmer, weil er die Produktionsmittel in der Regel besitzt, kurzerhand der Ausbeuter.

Dieser Ansicht von Marx ist entgegenzuhalten: Nicht weil die Fabrik, das Mietwohnhaus, der Verkehrsbetrieb sich in privaten Händen befindet, vermag der Eigentümer einen Zins zu erzielen, sondern weil es zu wenig von diesen Sachgütern gibt, weil sie knapp sind. Die Knappheit bedingt also den Zins. Und diese Knappheit wird durch die Form des heutigen Geldes verewigt, das bei gesunkenem Sachzins die Investition verweigert; das sie verweigern kann, weil es streikfähig ist. Das Privateigentum an den Produktionsmitteln allein genügt keineswegs, um einen Zins zu erzielen.

Irrtümer des Marxismus

ostendfaxpost
11 Jahre zuvor

Die Überzeugungskraft der MLPD ist nicht allzu groß und so verirren sich Erwachsene nur noch selten in diesen Verein. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn die Sekte sich aus sich selbst reproduziert, wie das ja auch religiöse Sekten tun. Mit dem Unterschied, deren Zeugungsrate ist zumeist etwas höher.
Und wozu sind die Rotfüchse noch zu gebrauchen? Optisch erzeugen sie auf Demos (wenn sie kollektiv angekarrt wurden) den Eindruck von Jugendfrische. Sonst sähe der MLPD Block eher wie ein Rentnerausflug aus.

Peer
Peer
8 Jahre zuvor

Zum Thema Indoktrination: Was macht denn die Kirche in ihren Kindergärten? Da wird auch schon gebetet, Spenden gesammelt und für die Kirchen etwas gemacht. Bevor man das kritisiert, sollte man mal vor der Haustür schauen.
Allerdings ist die MLPD wirklich das letzte. Die gehen für den Islam auf die Straße und das als sogenannte Kommunisten. Das kann doch nicht sein, aber das ist generell ein großes Problem im linken Sektor in Deutschland. Momentan ist die MLPD aber nur eine Wohltätigkeitsorganisation. Deutschland interessiert sie nicht, alles Geld geht nach Rojava. Also wer etwas für Deutschland tun will ist bei denen falsch.

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