MSV Duisburg: „Wir rufen den Verein, das Fanprojekt und alle MSV-Fans dazu auf, den Worten von einer bunten Kurve Taten folgen zu lassen…“

Das Stadion des MSV Duisburg. Quelle: Wikipedia; Foto: Sascha Brück; Lizenz: cc
Das Stadion des MSV Duisburg. Quelle: Wikipedia; Foto: Sascha Brück; Lizenz: cc

Am Samstag kam es nach dem Drittligaspiel des MSV Duisburg gegen den 1. FC Saarbrücken zu Gewaltausbrüchen zwischen einigen MSV-Anhängern und auch der Polizei. Was genau geschah, das ließ sich am gestrigen Samstag zunächst noch nicht so genau sagen. Auch die Polizei traf offenbar zunächst keine näheren Aussagen.

Inzwischen zeichnet sich ein Bild ab. Offensichtlich haben rechte Gruppierungen der MSV-Fanszene linksgerichtete Zuschauer attackiert. Die Polizei setzte Tränengas und Schlagstöcke ein um die Gruppen zu trennen. Es gab offenbar mehrere Verletzte.

Nach Augenzeugenberichten gegenüber der ‚WAZ‘ sollen ganz konkret rechte MSV-Anhänger der Gruppierung „Division Duisburg“ anti-faschistische MSV-Ultras der Gruppe „Kohorte“ angegriffen haben.

Die Gruppe ‚Kohorte‘ hat nun eine ausführliche Stellungnahme im Internet veröffentlicht und sie erhebt darin harte Vorwürfe:

„Kaum mehr als 90 Minuten hat es gedauert, bis der Wunsch von der Realität eingeholt wurde.

Die Antwort auf die Frage, warum sich die Fans, das Fanprojekt und der MSV Duisburg bei dem Heimspiel gegen Saarbrücken gegen Rassismus und Diskriminierung stellen und öffentlich äußern, wurde durch das Verhalten rechter und rechtsoffener MSV-Fans unmittelbar nach dem Spiel am Fanprojektcontainer geliefert. Mitglieder der Gruppen ‚Division Duisburg‘ und ‚Proud Generation Duisburg‘ attackierten unter Hinzuziehung von Mitgliedern des ‚Nationalen Widerstand Duisburg‘ und Führungspersonen des mittlerweile verbotenen ‚Nationalen Widerstand Dortmund‘ unsere Gruppe auf dem Parkplatz des Wedaustadions.

Während wir auf dem Weg zum vom Fanprojekt organisierten Kaffee und Kuchen mit den Rolliflitzern waren, wurde mit Betreten des Parkplatzes unvermittelt auf Personen unserer Gruppe eingeschlagen, ehe die Polizei dazwischen ging.

Auslöser des Angriffs war ein Spruchband von uns mit der Aufschrift „Täter-Opfer-Rolle vertauscht? Schäm dich Eintracht Braunschweig“. Hiermit haben wir Bezug genommen auf das Verbot der ‚Ultras Braunschweig‘, welche nach tätlichen Angriffen durch andere Eintracht-Fans durch den Verein verboten wurden. Eine Art der Konfliktlösung die wir für so nicht angemessen und geradezu irrsinnig halten, und zu der wir unsere Meinung als Fußballfans kundtun wollten, wie dies regelmäßig über Spruchbänder passiert.

Vor dem Spiel gegen Darmstadt kam es unter der seit Monaten stattfindenden Drohkulisse seitens der ‚Division‘ zu einem von dieser iniitierten Gespräch, in welchem uns klar gemacht wurde, dass zur Verhinderung einer weiteren Eskalation jegliches Engagement gegen Rassismus unsererseits in Zukunft zu unterlassen ist. Um weitere Auseinandersetzungen zu vermeiden fügten wir uns angesichts des deutlich einseitigen Kräfteverhältnis, hielten aber auch im Rahmen dieser Ansage fest, dass das Thema Antirassismus für uns wichtig ist und wir diese Arbeit für notwendig halten und uns der Verzichtsaufforderung nur angesichts der Konsequenzen, die uns beispielsweise in Leipzig durch den Angriff auf unseren Bus gezeigt wurden, beugen.

Trotz der Bauchschmerzen, uns unter Drohungen von Inhalten verabschieden zu müssen, die uns wichtig sind, haben wir uns an diese „Absprache“ gehalten, so auch beim Saarbrückenspiel. Dass wir uns jetzt mit bestimmten Ultrasgruppen nicht mehr solidarisieren dürfen wenn sie verboten werden, weil deren politische Einstellung nicht jedem gefällt, war zu keinem Zeitpunkt Teil des Gespräches.

Entsprechend der Ansage der ‚Division‘ haben wir, im Gegensatz zum letzten Jahr, keinen Beitrag zum Heimspiel in den FARE-Wochen geleistet, um erst gar keinen neuen Diskussionsstoff zu liefern.

Frei nach dem Motto „wer suchet, der findet“ wurde nun also das o.g. Spruchband als Anlass genommen, zum wiederholten Male an unserer Gruppe ein Exempel zu statuieren, wie man seitens der ‚Division‘ gedenkt mit Leuten umzugehen die nicht ins eigene Weltbild passen. Hätte es das Spruchband nicht gegeben, hätte man woanders was reininterpretiert – Solidaritätsspruchbänder für Ultras aus Siegen, Halle, Rostock oder sonstwen waren komischerweise nie ein Problem, keine politische Äußerung oder Provokation.

Wir rufen den Verein, das Fanprojekt und alle MSV-Fans dazu auf, den Worten von einer bunten Kurve Taten folgen zu lassen und dafür zu sorgen, dass sich beim MSV jeder Mensch wohl fühlt. Dass bestimmte Fangruppen den anderen Fans ihre Meinung gewaltsam aufzwingen wollen und gewisse Meinungsäußerungen Angriffe nach sich ziehen kann niemand der sich dem MSV verbunden fühlt tolerieren.

Wir wollen eine bunte und lebendige Kurve voller verschiedener Menschen mit verschiedenen Ideen und keine rechte Drohkulisse gegen Andersdenkende.

Für einen bunten Fußball – Für einen freien Fußball!

Kohorte Ultras

Jungspunde Ultras“

 

Nach den jüngsten Ereignissen u.a. in Aachen, Braunschweig oder nun auch Duisburg zeichnet sich aktuell eine Art Verdrängungswettbewerb auf vielen Fußballtribünen im Lande ab. Wenn man die Einzelfälle vielleicht auch nicht überbewerten und verallgemeinern sollte, so kann einem diese offenkundige Entwicklung doch größere Sorgen bereiten. Offenbar gelingt es vielen etablierten Vereinen aktuell nicht in ausreichendem Maße auf eine tolerante, weltoffene  und friedliche Fanszene hinzuarbeiten. In dieser Richtung herrscht, wie man die Einzelfälle auch bewerten mag, so oder so, aktuell offenbar großer Handlungsbedarf!

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Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
11 Jahre zuvor

@Robin: Vermutlich läuft es genau so wie bei RWE – die Polizei sieht keine rechtsbraune Szene, wird also auch nicht von sich aus aktiv (man muss sich ja auch wegen Aktionen gegen die braunen Ar…löcher der Dortmunder Desperados rechtfertigen – natürlich alles „Einzelfälle“, klar), die Ultras haben damit ihr Ziel erreicht, die Polizei weitestgehend aus den Stadien heraus zu halten. Alle glücklich, Fußball kackbraun… viel Spaß noch!

trackback
11 Jahre zuvor

Links anne Ruhr (21.10.2013)…

Bochum: NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin: "Investoren interessiert an Bochumer Opel-Gelände" (RP-Online) – Duisburg: „Wir rufen den Verein, das Fanprojekt und alle MSV-Fans dazu auf, den Worten von einer bunten Kurve Tate…

Zebravirus
Zebravirus
11 Jahre zuvor

Die 3. Liga ist nicht (mehr) die Regionalliga! Die Regionalliga ist die 4. Liga (da spielen dann so Granaten wie RWE, RWO und die SF Lotte).

Robin Patzwaldt
Robin Patzwaldt
11 Jahre zuvor

@Zebravirus: Ja, klar! 🙂 Sorry! Ich ändere es sofort in ‚Drittligaspiel‘ ab. Erstaunlich, dass das vorher noch niemanden gestört hat 😉

hans
hans
11 Jahre zuvor

vielleicht hat sich noch niemand an der formulierung „regionalligaspiel“ gestört, da es völlig unwichtig ist wie diese liga heißt.

das thema heißt: nazis verdrängen, mit gewalt, andersdenkende. armes deutschland, das kennst du doch schon…

wehret den anfängen!

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
11 Jahre zuvor

@#5 | hans: Sie hatten bestimmt nicht so viel Zeit, deswegen schreibe ich Ihren richtigen Gedanken mal ganz aus:

„Das Thema heißt: Nazis verdrängen wieder mit Gewalt Andersdenkende und weil wir das schon kennen, müssen wir Bürger uns dieser Anfänge aufs Heftigste erwehren!!!“

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