In München wurde gestern ein starkes Zeichen gegen Staat und Rassismus gesetzt. An die zehntausend Menschen sind in die Bayerische Landeshauptstadt gekommen, um den Opfern der „NSU“-Morde zu gedenken, und die Abschaffung des Verfassungsschutzes zu fordern.
Allein aus NRW sind vier Busse mit Demonstranten gekommen. Unterstützt wurde die Demonstration laut Veranstalter von über 200 Gruppen, Organisationen und Initiativen. Gleich zu Beginn der Veranstaltung wurden zwei Flüchtlingsaktivisten festgenommen, da sie, um an der Demo teilzunehmen, gegen die „Residenzpflicht“ verstoßen haben sollen. „Das ist nicht der richtige Ort, um rassistische Sondergesetze zu exekutieren!“ rief ein wütender Redner den Polizisten entgegen. Die Personen wurden später wieder freigelassen, sodass sich die Demo mit anderthalbstündiger Verspätung in Bewegung setzen konnte.
Ganze drei Lautsprecherwagen waren nötig, um den großen Protestmarsch zu beschallen. Rapper Pablo von der antifaschistischen Band „Irie Révoltés“ gab auf einem davon den Einheizer, indem er Parolen anstimmte und immer wieder live Songs seiner Band zum Besten gab.
Die Menge rief Parolen wie „Verfassungsschutz, NSU – den Rassisten keine Ruh‘!“. In verschiedenen, teils bewegenden Redebeiträgen, machten direkt und indirekt Betroffene immer wieder auf das skandalöse staatliche Verhalten im NSU-Fall, sowie auf das verlorengegangene Vertrauen aufmerksam. Es sprach etwa die Witwe eines Opfers der NSU, sowie eine Anwältin, die Hinterbliebene in einer Nebenklage vertritt. Auch zwei Brüder, die als Kinder den Brandanschlag von Mölln überlebt haben, sagten ein paar Worte. Zudem wurde auf das neu gegründete Forum „NSUWatch“ aufmerksam gemacht. Die Website soll den anstehenden Prozess investigativ begleiten.
Die Demo dauerte insgesamt knapp fünf Stunden, was auch dem Warten auf die anfangs festgenommenen Flüchtlingsaktivisten geschuldet war. Im Großen und Ganzen blieben alle Beteiligten friedlich, obwohl bei vielen Leuten Trauer und Wut vorherrschten. Am kommenden Mittwoch beginnt der Prozess gegen Beate Zschäpe und vier ihrer mutmaßlichen Unterstützer. Erst vor zwei Tagen wurde bekannt, dass das Gericht in München nun doch eine bestimmte Anzahl ausländischer Journalisten zulassen muss. Das Bundesverfassungsgericht hatte dies im Zuge einer Klage angeordnet. Zuvor hatten sich insbesondere türkische Medien darüber beschwert, dass sie bei der Platzvergabe für Journalisten nicht berücksichtigt wurden.