Foto: Peter Paziorek, Regierungspräsident von Münster
Um kurz nach 23:00 Uhr war es soweit. Der Gelsenkirchener Stadtrat hat mit breiter Mehrheit beschloßen, über die Tochterfirma GEW den Fussballclub Schalke 04 zu retten. Am Ende war es eine Formalität. Unterdessen erklärte sich der Münsteraner Regierungspräsident befangen. Als Schalkes Ehrenrat könne er den Deal nicht unvoreingenommen prüfen.
Im Kern soll die GEW nun ihre Beteiligung an der Schalke Arena aufstocken. Dafür zahlt die GEW dem Club 15 Mio. Euro für 40 Prozent an der Arena Besitzgesellschaft. Weitere 5 Mio. Euro wird die GEW der Arena Gesellschaft leihen, sagte GEW-Geschäftsfüher Ulrich Köllmann am Rand der Veranstaltung. Insgesamt zahlt damit die Stadt Gelsenkirchen über die GEW für die Schalke-Rettung 20 Mio. Euro. Zusätzlich wird eine nicht genannte Bank – unabhängig von der GEW – der Arena-Gesellschaft 5,5 Mio Euro leihen. Damit bekommt Schalke insgesamt 25,5 Mio. Euro, um die Saison zu Ende spielen zu können.
Da die GEW das Geld nicht hat, muss sie sich die Millionen "überwiegend" selber leihen, sagt Köllmann. Die städtische Tochter macht also Schulden, um den verschuldeten Verein Schalke zu retten. Interessant ist, dass Schalke die Arena-Anteile später wieder zurückkaufen will und darf. Die GEW soll dann einen Betrag von 15 Mio. Euro plus X für die nun gekauften Anteile bekommen. Es heißt, die Stadt mache damit nur eine Art Kreditgeschäft mit Schalke. Mehr nicht.
Für die Stadt sei das ein gutes Geschäft, hieß es am Rande der Ratssitzung. Für den Rückkauf gebe es einen schönen Nachschlag. Und zudem werde die Arena Dividenden ausschütten. Zumindest an letzter Stelle bin ich allerdings ein wenig skeptisch, dass dies wie geplant passieren wird. Denn zunächst ist der einzige Zahler für die Arena der Verein Schalke 04. Laut Pachtvertrag muss Schalke jährlich 17,219 Mio. Euro an die Arena Gesellschaft zahlen. Dazu sollen 100.000 Euro für jede Veranstaltung kommen. Allerdings sind die ersten 25 Veranstaltungen frei. Aber selbst dann ist nicht damit zu rechnen, dass der Verein besonders viel zusätzliches Geld an die Arena Gesellschaft überweisen kann. Denn die Investoren in die so genannte "Schechter-Anleihe" bestanden bisher darauf, dass Schalke nicht mehr als 17,219 Mio. Euro an die Arena-Gesellschaft überweisen darf. Der Rest soll im Verein bleiben, um die Schulden bezahlen zu können. Im Jahr 2008 etwa bekam die Arena nur 125.611,32 Euro für alle Veranstaltungen in der Halle. Zusammengefasst heißt das: Die Einnahmen der Arena Gesellschaft sind kaum steigerungsfähig. Der Gewinn wird in diesem Jahr laut Plan bei 1,2 Mio. Euro liegen. Mehr wird auch in Zukunft kaum drin sein. Es wird allenfalls kleine Steigerungen geben.
Das ist spannend, wenn man sieht, dass die Arena Gesellschaft einen Verlustvortrag von 30,97 Mio. Euro vor sich herschiebt. Es wird also ein paar Jährchen dauern, bis mal eine Dividende kommt.
Von der aktuellen Finanzspritze in Höhe von insgesamt 25,5 Mio. Euro fließen nur die 15 Mio. Euro für die Stadionbeteiligung direkt an Schalke. Der Rest nimmt einen Umweg. Und zwar gehen die 5 Mio. von der GEW und die 5,5 Mio. von der Bank zunächst als Darlehen an die Arena Gesellschaft. Diese zahlt damit andere Darlehen an den Verein Schalke 04 zurück. Damit hat der Schalke e.V. das ganze Geld und die Arena Gesellschaft neue Schulden. (Klarstellung: Die Arena hat nach der Aktion neue Schulden bei einem anderen Schuldner. Insgesamt erhöhen sich die Schulden nicht, mit den neuen Schulden werden alte Schulden an den Verein bezahlt – es findet also eine Umschuldung statt. DANKE an für den Hinweis an Rolf Kommentar #3)
Interessant ist noch, dass die Arena Gesellschaft nach dem Geschäft nicht mehr in der Bilanz des Firmengeflechts von Schalke 04 auftauchen muss. Damit verschwinden die Schulden der Arena in Höhe von rund 100 Mio. Euro aus den Vereins-Büchern. Sogar die Überschuldung des Schalke-Konzerns könnte damit aufgehoben werden.
Bei der GEW und der Stadt werden die Arena-Schulden auch nicht auftauchen, da die Gemeinde nicht die Mehrheit an der Arena übernimmt. Hier werden maximal 45 Prozent der Schulden oder 45 Mio. Euro in der Bilanz auftauchen, je nachdem, wie die Arena in der Bilanz der GEW verbucht wird. Sollten die Schulden in der Bilanz auftauchen, würde auch das Vermögen der Arena Gesellschaft in der GEW-Bilanz aufgenommen. Wieviel dies im Fall der GEW ausmacht, ist unklar. GEW-Chef-Köllmann sagte aber, die Arena-Gesellschaft werde gar nicht voll in die Bilanz integriert, sondern nur als Beteiligungswert geführt.
Das ganze muss von der zuständigen Bezirksregierung in Münster unter dem Regierungspräsidenten und Mitglied des Schalker Ehrenrat Peter Paziorek geprüft werden. Dabei muss überwacht werden, ob bei dem Stadionkreditgeschäft gegen die Gemeindeordnung NRW verstoßen wurde. Hier hat sich nun Paziorek für befangen erklärt. Sicher nicht zu unrecht, hatte er doch erst vor wenigen Wochen versucht, selber noch einen neuen Namenssponsor für die Arena zu finden. An seiner statt soll nun in Zukunft seine Stellvertreterin Dorothee Feller-Elverfeld über Schalkes Wohl und Wehe entscheiden.
Gut so. Trotzdem denke ich, wird die Sache durchgewunken. Die GEW ist seit Jahren an der Arena beteiligt und übernimmt nicht die Mehrheit.
[…] Schalke 04: Münsteraner Regierungspräsident Paziorek erklärt sich in Sachen Schalke f… – Für den GEW-Deal, der von der Kommunalaufsicht geprüft wird, erklärt sich Regierungspräsident Peter Paziorek für befangen. […]
Elegant gelöst. Oder nur ein bisschen aufgeschoben.
Wem gehört noch mal die Arena, und damit die Schulden in Höhe von 100 Mio. Euro?
@ Herr Schraven
eine kleine Korrektur. Die Arena Gesellschaft erhält 10 Millionen neuen Kredit über GEW und der ominösen Bank. Damit werden aber alte Schulden getilgt. Somit hat die Arena selber keinen Cent höhere Schulden. Es ist eine Umschuldung.
Lediglich der Gläubiger hat gewechselt.
Das ganze Konstrukt wird es noch schwieriger machen, etwas zu sehen, wenn die Arena Schulden zumindest laut Bilanz nicht mehr direkt einem zugeordnet werden können.
@ Rolf,
Danke für den Hinweis, hab es im Text klar gestellt.
Sehr geehrter Herr Schraven,
damit kein falscher Eindruck entsteht möchte ich korrigieren: Regierungspräsident Dr. Peter Paziorek hat sich nicht für „befangen“ erklärt – es gibt keine Interessenkollision. Vielmehr wird sich der Regierungspräsident jeder Tätigkeit und Einflussnahme in dieser Angelegenheit enthalten, schon um jeglichem Misstrauen vorzubeugen und jeden Anschein einer Interessenkollision zu vermeiden.
Außerdem handelt es sich hier nur um ein Anzeigeverfahren nach der Gemeindeordnung und nicht um ein Genehmigungsverfahren.
Sehr geehrte Frau Rittrich
danke für Ihren Kommentar. Aber ich kann nicht wirklich die Unterschiede erkennen zu dem was ich geschrieben habe.
Sie sagen, Herr Paziorek möchte den Anschein einer Interessenkollision vermeiden, deswegen nimmt er an dem Verfahren nicht teil.
Ich sage, Herr Paziorek erklärt sich für befangen.
Vielleicht bin ich begriffsstutzig aber das ist doch das Gleiche oder? Jemand der sich für befangen erklärt, möchte an einer Entscheidung nicht teilnehmen, um den Anschein von Interessenkollisionen zu vermeiden. Nur so kann es ja eben keine Interessenkollision geben. Nur wenn sich einer NICHT für befangen erklärt, kann es Interessenkollisionen geben.
Zum Prüfverfahren. Ich habe nicht geschrieben auf welchen Vornamen das Verfahren hört, lediglich, dass geprüft wird. Aber auf jeden Fall Danke für Ihre Klarstellung.
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