Máximo Líder Nicolás Ernesto

Máximo Líder Nicolás Ernesto - Bildquellen: Wikipedia (beide); Montage: caro

Das waren die Nachrichten. Und nun kurz eine Durchsage für unser spanisch-sprachiges Publikum:

Compañeras y compañeros,
Me complace anunciar a usted lo que he aprendido aquí de AFP:
Comunistas alemanes saludaron a Fidel Castro
BERLÍN, 20 agosto 2011 (AFP) – El partido de izquierda alemán Die Linke, que reúne a comunistas y desencantados socialdemócratas, felicitó a Fidel Castro por su „éxito“, que ha hecho de Cuba un „ejemplo“, en una carta al líder de la revolución cubana con motivo de su 85 cumpleaños, informó este sábado el diario Bild. 

Ein Dank an dieser Stelle an unsere Kollegas latinas. Die deutschen Hörer, die von ihrem letzten Ballermann-Trip ein paar Fetzen Spanisch mit nach Hause gebracht haben, darf ich darauf aufmerksam machen, dass mit dem este sábado freilich der sábado pasado gemeint ist. Denn die AFP-Meldung ist ja vom 20 agosto, und heute ist ja schon der agosto 27. Anders ausgedrückt: es ist also schon eine ganze Woche her, dass el diario Bild informó gemacht hatte.
Und soll ich Ihnen mal erzählen, an welchem Tag der líder de la revolución cubana Geburtstag hatte?! Noch eine Woche früher! Richtig, am 13 agosto, also heute vor zwei Wochen, hatte er seine 85 cumpleaños voll gemacht. Der Máximo Líder. So ganz genau weiß man heute natürlich auch nicht mehr, wie oder vor allem wann da was vor 85 Jahren im Osten Kubas vor sich ging. Das spielt jetzt aber auch keine Rolle mehr: der 13. August 1926 ist offiziell festgelegt. Ende aus, Micky Maus …

Das ist doch heute eine ganz andere Zeit, sollte man meinen. 1926, Kuba, Provinz Oriente – da wird es wohl auf eine Woche mehr oder weniger nicht angekommen sein. 85 Jahre später, nichts mit Zuckerinsel, Berlin mitten im Internetzeitalter – da sieht die ganze Sache natürlich schon ganz anders aus. Da sind zwei Wochen – gerade auch politisch betrachtet, manchmal sogar im Sommer – …
Andererseits lese ich heute früh beim gemütlichen Studium der WAZ eine AFP-Meldung zu dieser Sache. Heute! Ein kurzer Blick in den Webspace, tatsächlich: alle kommen gestern mit diesem Ding auf die Datenautobahn. Heute auf Holz. Zwei Wochen nach dem Geburtstag, eine Woche nach dem informe pasado sábado el diario Bild. Ich weiß nicht: richtig guter Stil ist das ja nun alles nicht.

Vielleicht dürfte ich die Kollegas latinas aus unserer Redaktion für die iberische Halbinsel und Lateinamerika kurz bitten, uns darüber aufzuklären, was die denn nun geschrieben hatten, die beiden Comunistas alemanes in ihrem saludaron a Fidel Castro? Bitte sehr:
„Puedes estar orgulloso de esta vida de combates y de tu actividad coronada de éxito a la cabeza de la revolución cubana“, afirman Gesine Lötzsch y Klaus Ernst, los dos líderes de esta formación que reúne a antiguos comunistas de la difunta RDA y socialdemócratas desencantados.”
Danke sehr! Ouh, ganz schön schwer! Was heißt denn eigentlich “orgulloso”? Ach, “stolz”, “orgulloso” heißt also stolz – na, Ihr seid ja lustig! So, und la cabeza ist der Kopf; dann haben wir es ja schon. Du kannst stolz sein auf das Leben der Kämpfe und auf Deine Aktivität, die Dich als Kopf der kubanischen Revolution … – oder so ähnlich. „Voller Stolz auf ein kampferfülltes Leben zurückblicken” schreiben die Anderen. Ist wahrscheinlich besser.

So, und jetzt das Neueste: gestern, also am Freitag, morgens um fünf Uhr, also in der Herrgottsfrühe, kommt die Süddeutsche in den Cyberspace gewackelt und verkündet, was ihnen der líder de esta formación DIE LINKE gesteckt hat. Ich lese mal kurz aus der WAZ vor:
„Es ist einfach ein Fehler passiert“, sagte Ernst der Süddeutschen Zeitung. Grundsätzlich halte er die Gratulation zum 85. Geburtstag Castros zwar für richtig, falsch gewesen sei aber der Stil.
So etwas hatte ich mir ja auch schon gedacht. Aber schlechter Stil – warum eigentlich, Comandante Nicolás Ernesto? Hä?! – Oh, Verzeihung. Da war ich jetzt ein wenig ungeduldig. Das kommt ja hier direkt schon im nächsten Satz; weiter in der WAZ: „Seine Unterschrift und die von Ko-Parteichefin Gesine Lötzsch stammten aus einem Unterschriftenautomaten.“

Ja gut, ey, ich sach mal: das sehe ich ein: Geburtstagswünsche zum 85., und dann kommen sie aus dem Unterschriftenautomaten! Kein Thema, brauchen wir gar nicht groß drüber zu reden, geht irgendwie gar nicht! Und dann hat sich Máximo Líder Nicolás Ernesto diesen Scheiß für den Unterschriftenautomaten noch nicht einmal so genau angesehen!
Aber hallo, verdammt schlechter Stil! Der arme Fidel! „Es ist einfach ein Fehler passiert“, Compañero socialdemócrato desencantado Nicolás Ernesto, hast Du sonst nichts zu Deiner Selbstkritik vorzutragen?! Ja Genossen, Fehler werden gemacht, das ist klar. Alle Menschen machen Fehler, auch die größten Revolutionäre, und ich bekenne freimütig: sogar ich!
Aber Gott verdammt noch mal: nicht mit einem Unterschriftenautomaten!!! Ja, ich weiß, Compañera Gesina Lötzscha, dass diese doofe Maschine diesen beknackten Text nicht geschrieben hatte. Was soll das heißen? “Die Grußadresse hätte ’schöner formuliert‘ werden können”, Compañera Gesina Lötscha?! Von Dir etwa, Du antigua Comunista?! Dann mal raus mit der Sprache, Gesinchen! Was hättest Du denn geschrieben, wenn Dich irgendjemand gefragt hätte? Hä?

Etwa: “Lieber Fidel. Die Revolution war eine super Sache. Auch von wegen gegen den US-Imperialismus und all den Scheiß – das fand ich echt stark. Wo ich aber gerade über verschiedene Wege auf dem Weg zum Kommunismus nachdenke, großer Máximo Líder, ist mir jetzt die Idee gekommen, dass ich es echt dufte fände, wenn Du ein paar politische Gefangene weniger …, vielleicht nicht immer im Keller …, oder nicht mehr ganz so feste Hauen … – Nur so als Idee. Schönen Geburtstag noch!”

“Hätte ’schöner formuliert‘ werden können” – Gesinchen, Gesinchen. Ja, ich habe das gehört Commandante Ernesto, dass Du den Stil rücksichtslos als “falsch“ kritisiert hast. Nein, nein, keine Sorge: es wird niemand erschossen.

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Hannes
13 Jahre zuvor

Erinnerst Du Dich an Walther Leisler Kiep, den „Stammvater“ aller Unterschriftenautomaten-Skandale?

„Doch auch der Einsatz des Automaten will sorgsam überlegt sein, das beweist schon der Klassiker des Genres, Walther Leisler Kieps „Ich war es nicht, es war mein Unterschriftenautomat!“ Den Gang der Flick-Spendenaffäre vermochte dies nicht zu ändern, und der einzig knackige Bonus bestand seinerzeit in einer „Titanic“-Karikatur, in der die Säuglingsschwester Kiep einen plärrenden Sohn hinhält, aber der wehrt ab: „Ich war das nicht, es war mein F…automat! ““

https://www.tagesspiegel.de/politik/-wir-das-endgueltige-geschenk-finden/572564.html

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