Nach der Generalprobe auf Schalke: Was kann man von diesem DFB-Team bei der EM erwarten?

Vor der Arena in Gelsenkirchen. Foto: Michael Kamps
Vor der Arena in Gelsenkirchen. Foto: Michael Kamps

Vom Ergebnis her war die Generalprobe der DFB-Auswahl, welche sich neuerdings aus Marketinggründen gerne etwas unbescheiden schlicht ‚Die Mannschaft‘ nennt, ein Erfolg. Mit 2:0 siegte man am Abend in Gelsenkirchen gegen Ungarn. Völlig ungefährdet, und ohne Gegentreffer. Liest sich auf dem Papier so eigentlich gut. War es aber bei näherer Betrachtung nicht wirklich.

Das Spiel bot den geneigten Zuschauern insgesamt höchstens einen durchschnittlichen Unterhaltungswert, und beide Treffer hätten aufgrund von eindeutigen Abseitspositionen während ihrer Entstehung gar nicht zählen dürfen. Die Stimmung auf Schalke war für Gelsenkirchener Verhältnisse zudem auch eher schlecht. Typische ‚Länderspielstimmung‘ halt im weiten Rund. Und nach diesem erneut ziemlich uninspirierten Auftritt der ‚Jogi-Auswahl‘ stellt sich einem danach nun mehr denn je die Frage: Was kann man von dieser Elf bei der nächste Woche beginnenden Fußball-EM in Frankreich eigentlich erwarten?

Ein mehr als diskutabler 23er-Kader, der auch eine Woche vor Turnierstart, noch immer Spieler mitführt, welche von ihrer körperlichen Top-Form weit entfernt sind. Das ist schon ungewöhnlich. Wann der noch immer nicht wieder ins Mannschaftstraining zurückgekehrte Mats Hummels letztendlich in das Turnier wird eingreifen können, das ist z.B. aktuell noch immer unklar. Auch Bastian Schweinsteiger ist derzeit, nach eigenem Bekunden, noch nicht fit genug um länger als eine Halbzeit durchzuhalten. Kann man sein Team mit solchen Spielern dann wirklich verstärken, wenn es ‚hart auf hart‘ geht in Frankreich? Das wird im Turnierverlauf noch spannend zu beobachten sein.

Sicher, die Vorrunde sollte für Deutschland sportlich kein Problem darstellen. Durch die jüngste Aufblähung der EM-Endrunde von bisher 16 auf nun 24 Teilnehmerländer, sportlich nur mäßig attraktiv, scheiden hier doch zunächst nur acht Teams am Ende auch wirklich aus, ziehen 16 Nationen nach zwei Wochen in die Achtelfinalspiele ein.

Und selbst bei dem einen oder anderen Ausrutscher gegen die Gruppengegner Ukraine, Nordirland oder aber Polen, dürfte an einem Weiterkommen der DFB-Auswahl eigentlich kein Zweifel bestehen.

Bei den erst einmal nur ausscheidenden acht Nationen dürften die ‚Großen‘, zu denen man natürlich auch den Weltmeister von 2014 zählen muss, vermutlich allesamt nicht mit dabei sein. Wirklich spannend wird es für die DFB-Truppe und die weiteren Favoriten auf den Titel also wohl erst mit Beginn der KO-Phase werden.

Die Zeiten in denen eine EM aufgrund ihrer hohen Leistungsdichte als schwieriger als ein WM-Turnier angesehen wurde, die sind spätestens durch die Ausweitung, und der damit einhergehenden Verwässerung des Turniers, wohl endgültig vorbei. So sicherlich schön für Außenseiter wie Malta, Nordirland, Österreich, Ungarn usw., welche aus ihrer Sicht auch endlich einmal wieder mit dabei sein können, wenn ein großer internationaler Titel vergeben wird, nur eben längst nicht so schön für die vielen zahlenden Kunden, welche sich in dieser Vorrunde so auch einige Spiele anschauen werden, welche man sonst sicherlich nicht mit so viel Aufmerksamkeit oder gar einem Stadionbesuch beehrt hätte.

Das Turnier teilt sich somit diesmal wohl ganz klar in zwei jeweils rund zweiwöchige Phasen. In der ersten Turnierhälfte werden sich die Favoriten zunächst quasi noch einspielen können, geht es hier doch in erster Linie darum in den Begegnungen gegen diverse Außenseiter, welche vermutlich allesamt sehr defensiv gegen die technisch deutlich überlegenen Teams agieren werden, zu ‚überstehen‘.

Richtig ‚los‘ geht das Turnier für alle Favoriten dann erst in der zweiten Hälfte. Die dann 16 verbleibenden Teams, somit die ‚alte Turnierstärke‘, gehen dann in die wohl deutlich spektakulärere KO-Phase.

Auch hier dürfte die deutsche Auswahl, egal gegen wen es im dann anstehenden Achtelfinale gehen dürfte, zunächst wohl noch der klare Favorit sein. Zumindest eben dann, wenn man nicht als Gruppendritter in das Achtelfinale einzieht.

Ab dem Viertelfinale ist das Abschneiden für alle Teams dann eigentlich nicht mehr ernsthaft zu prognostizieren. Diverse Teams dürften spätestens dann wohl spielerisch auf Augenhöhe sein. Mindestens, wenn man die letzten Auftritte mal als Messlatte zugrunde legt. Deutschland dürfte aktuell aber wohl zumindest nicht mehr der große Favorit auf den Turniersieg sein. Dafür war die Phase seit dem WM-Triumph von Rio einfach zu inkonstant. Aber ausschließen kann man den Turniersieg natürlich auch nicht. Wenn man seitens des DFB einen richtig guten Tag erwischt, dann kann man auch jede andere Auswahl schlagen. Nur hatte man diese zuletzt eben sehr selten. Schon gar nicht mehrfach in Folge.

Mit Manuel Neuer hat Deutschland vielleicht den stärksten Torhüter des Turniers in seinen Reihen. Bei denkbaren Elfmeterschießen sicherlich ein Trumpf. Die gesamte Abwehr ist hingegen aktuell noch eine Baustelle. Kein guter Zeitpunkt vor so einem großen Turnier. In der Offensive gibt es zahlreiche vielversprechende Alternativen. Irgendjemand ist da eigentlich immer für einen Treffer gut. Viel wird hier wohl auch über mögliche Einwechselungen entschieden. Mit Leroy Sane, Andre Schürrle, Lukas Podolski  & Co. hat Joachim Löw hier eine ungewöhnlich spannende Auswahl von ‚Jokern‘ in der Hinterhand, darf sich mit ihnen berechtigte Hoffnungen machen in engen Spielen den Siegtorschützen auch einmal erst spät im Spielverlauf einzuwechseln.

Spannender dürfte da tatsächlich die grundsätzliche Frage sein, ob der Bundestrainer denn die Abwehr entsprechend ‚dicht‘ bekommt. Gestern war es für den Weltmeister schließlich das erste Länderspiel ohne Gegentor seit rund einem Jahr. Und seien wir mal ehrlich, Ungarn kann und darf da nicht der Maßstab sein. Die kamen eigentlich nicht einmal wirklich gefährlich vor das Tor. Das dürfte bei der EM mit anderen Gegnern wieder deutlich anders aussehen, spätestens dann ab einem möglichen Viertelfinale…

 

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kassandro
kassandro
8 Jahre zuvor

Das ist die schwächste Nationalmannschaft seit langem. Der Absturz nach der WM ist eigentlich unerklärlich. Der schwache Eindruck, den das Team in EM-Qualifikation hinterlassen hat, konnte auch in den Vorbereitungsspielen nicht korrigiert werden. Verdient hätte die Mannschaft also nur ein möglichst frühes Ausscheiden, aber es gibt ja den Glauben, dass Deutschland eine Turniermannschaft sei, und der versetzt bekanntlich Berge.

Robert Müser
Robert Müser
8 Jahre zuvor

Hmmh, schwierige Frage.

Vielleicht diesmal das große Nichts?

Yilmaz
Yilmaz
8 Jahre zuvor

Özil war in der ersten Halbzeit wieder einmal der Totalausfall schlechthin. In Brasilien konnte man ihn noch mitziehen und trotzallem gewinnen, aber in Frankreich reichen 9 Feldspieler wohl nicht mehr aus.

Schade, dass Löw nicht dazu lernt…

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

Wer weiß denn schon, wieviel von den 80 Mille für div. FIFA-Funktionäre als Gegenleistung für einen EM-Sieg der Deutschen bestimmt war?? Den Rest machen gewiefte TV-Regisseure…

thomas weigle
thomas weigle
8 Jahre zuvor

Ein wenig mehr als von denen, die sonst in der Bierschüssel füßeln, doch wohl schon….

Helmut Junge
Helmut Junge
8 Jahre zuvor

Überzeugt hat mich dieses Spiel nicht. Aber irgendwie ist es dann zu Toren gekommen. Was wird sein, wenn der Gegner einen Touch stärker spielt? Ob diese Mannschaft dann auch stärker werden kann? Andererseits ist ein frühes echtes Tor nicht gegeben worden, was den Spielverlauf beeinträchtigt haben könnte. Nachbetrachtung: Der Gegner hat überraschend nicht gewonnen, sondern verloren.

thomas weigle
thomas weigle
8 Jahre zuvor

Zu Özil schreibt die "Neue Westfälische": "Man möchte immer so ein bisschen hinter ihm herlaufen und ihm seine Möglichkeiten ins Ohr flüstern." Immerhin in England hat er aber doch eine rechtgute Saison gespielt. Also abwarten und Tee trinken. Heut Nacht `hab ich mal Copa geguckt, Mex-Uru 3:1. Wenn`s bei der Euro auch in der Hauptsache so zugeht, werden wir viel Spaß und Diskussionsstoff haben. Falsche Nationalhymne(Uru), zwei Platzverweise, Eigentor, ein am Ende überforderter SR und viel Diskussionsbedarf bei den Urus mit dem Schiri am und nach Schluss.

thomas weigle
thomas weigle
8 Jahre zuvor

Und jetzt noch was aus der Rubrik IRREN IST SPORTLICH: "Rahn ist nicht länger tragbar…..Turek zu alt und zu schwer." ätzte das SPORTMAGAZIN im August 53, nachdem die DFB11 sich zu einem 1:1 bei den schon wieder unbequemen Norwegern in der WM-Quali gequält hatte. Bis auf Mai und Liebrich liefen die späteren Weltmeister auf.

Walter Stach
Walter Stach
8 Jahre zuvor

Robin,
"als nicht titelfähig"………

Nach der Weltmeisterschaft 2o14 scheinen viele Fans der Nationalmannschaft und -besonders bemerkens- und nachdenkenswert- auch die sog. Fußballexperten in den Medien bis auf den heutigen Tag völlig ausgeblendet zu haben, daß bis auf die Spiele gegen Portugal und Brasilien alle (!!)anderen Spiele -auch das Endspiel- hätten verloren gehen können; wir hatten eine Menge Glück.

Auch deshalb kann ich nicht nachvollziehen, warum die deutsche Nationalmannschaft durch die "deutschen Fans" und in den "deutschen Medien" zum Titelfavoriten der EM erklärt wird.
Das Niveau der Mannschaft "mahnt" diesbezüglich zur Zurückhaltung.

Aber….
Mit ähnlich viel Glück wie 2o14…..

Im übrigen bin ich "bekennender Nicht-Fan" der sogenannten National-Mannschaft und, gelinde gesagt, sehr distanzierter Beobachter des kommerziellen Spektakels, das "rund um die EM" durch die Werbewirtschaft und durch die Medien (ihrer Auflagen und ihrer Einschaltquoten wegen)
inszeniert wird.
Letzterem kann ich mich insofern nicht entziehen, weil ich als Opa durch meinen Enkel beauftragt bin, beim REWE-Einkauf unbedingt die Fußball-Bildchen mitzubringen, die es dort unentgeltlich beim Einkauf gibt -für den Einkaufswert von 1o € das Bildchen eines Mitgliedes des deutschen EM-Kaders.
Im übrigen habe ich die Gelegenheit, mir die ersten Spiele der EM in England im Familienkreise ansehen zu können, ähnlich wie die WM 2o14. Ich fand es 2p14 interessant, die Übertragung der deutschen Spiele durch englische Reporter mitzubekommen und die Halbzeit- bzw. die Schlußkommentare in einer sog. Expertenrunde -2o14 u.a. mit Linneker-.

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