Da war also nun in den letzten Tagen, zwischen Festtagsbraten und Familienbesuchsmarathon sozusagen, für Politikinteressierte zu vernehmen, dass der ehemalige FDP-Chef, Ex-Gesundheits- und Ex-Wirtschaftsminister Philipp Rösler künftig nun für das renommierte Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum) in Genf arbeiten wird.
„Meine aktive Zeit als Politiker ist beendet“, sagte der 40-Jährige am Wochenende der „Welt am Sonntag“. Eine Nachricht, die viele Deutsche zunächst einmal (zumindest kurzfristig) ziemlich glücklich gemacht haben dürfte.
Ab dem 20. Februar 2014 werde er für die weltweiten Regierungskontakte der Stiftung zuständig sein. ‚Schön für Rösler!‘, könnte man zunächst spontan dazu meinen. Sein kürzlich erfolgter politischer Absturz wird offenbar weich aufgefangen. Sehr weich, wenn man sich den Gedanken einmal auf der sprichwörtlichen Zunge zergehen lässt. Denn seine berufliche Bilanz der letzten Jahre und Monate war ja doch eher arg bescheiden, um nicht zu sagen ziemlich ‚erschreckend‘.
„Damit bin ich künftig verantwortlich für die regionalen Aktivitäten des ‚World Economic Forums‘ außerhalb der Schweiz“, wird Rösler in diesem Zusammenhang zitiert. Der Chef des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, kommentierte das lt. Focus u.a. so: „Für mich war weniger wichtig, dass er FDP-Chef oder Wirtschaftsminister war, sondern wichtig war die Frage: Bringt er die menschlichen und beruflichen Fähigkeiten mit, diese wichtige Funktion im Weltwirtschaftsforum auszuüben“. Und weiter zitiert das Blatt ihn: „Ich habe seither seine (Röslers) Entwicklung verfolgt, und jetzt war eine gute Gelegenheit, ihn für das Forum zu gewinnen.“
Zur Erinnerung: Der 40-jährige Philipp Rösler war zuletzt als FDP-Vorsitzender zurückgetreten, nachdem seine Partei bei der zurückliegenden Bundestagswahl im Herbst durch ein historisches Debakel den Wiedereinzug in das Parlament verpasst hatte.
Schon eine ziemlich bemerkenswerte Tatsache, wenn man sie mal in Verbindung mit den Aussagen seinen zukünftigen Chefs bringt.
Als Beobachter fragt man sich zudem welche Qualitäten und Qualifikationen Rösler denn genau und konkret für seinen neuen Job in der Schweiz befähigen?
Wer beispielsweise einmal als Durchschnittsbürger in den letzten Jahren versucht hat eine attraktive, neue Stelle zu finden, die vielleicht auch nur ein paar Prozent neben der eigenen, ursprünglichen beruflichen Qualifikation gelegen hat, der musste sicherlich häufig genug miterleben an der eben nicht 100%-igen Übereinstimmung seiner beruflichen Vorgeschichte mit dem Profil der angestrebten neuen Tätigkeit zu scheitern.
In gewissen Kreisen, mit bestimmten Verbindungen, da scheint das Alles aber gar kein Problem (mehr zu sein). Ein gelernter Mediziner der Wirtschaftsminister wird. In Deutschland offenbar kein Problem! Eine Anschlussbeschäftigung, nach nur wenigen Jahren im Amt, beim Weltwirtschaftsforum in der Schweiz? Wo ist das Hindernis? Offenbar gibt es keines…
Aber versuchen Sie in Deutschland mal z.B. als Reiseverkehrskaufmann eine Anstellung in der Verwaltung einer Schrauben- oder Schuhfabrik zu bekommen, oder ähnliches. Es wird Ihnen in der heutigen Zeit nur höchst selten gelingen, da ihr Profil nicht in Gänze mit der Ausschreibung der Stelle übereinstimmt.
Und eine Sachbearbeiter-Tätigkeit ohne vorherige kaufmännische Ausbildung, sondern vielleicht stattdessen mit einer handwerklichen? Im beginnenden 21. Jahrhundert in Mitteleuropa ist ein solches Vorhaben nahezu ausgeschlossen.
Ähnliches dürfte aktuell wohl nur funktionieren, wenn Sie bereit sind Hilfsarbeiten zum Mindestlohnniveau auszuführen. Dann sind Arbeitgeber schon mal nicht ganz so kleinlich.
In der Praxis wird man Ihnen auf der Suche nach einer auch nur durchschnittlichen, mittleren Tätigkeit nämlich stets vorhalten, dass es in ihrem Fall leider etliche Bewerber gibt, die dem Stellenprofil ein paar wenige Prozente besser entsprechen.
Bei der Besetzung von Führungspositionen durch ‚verdiente Ex-Politiker‘ scheint dies, erstaunlicher Weise, so nicht der Fall zu sein. Hier gelten scheinbar noch ganz andere Gesetze!
Da reicht es häufig genug scheinbar schlicht aus, wenn man selber in der Vergangenheit schon einmal zu den oberen 10.000 im Lande gehört hat. Diese simple Tatsache ist dann manchmal anscheinend schon Qualifikation genug, für einen lukrativen neuen Job, wie es scheint. Und da spielt es dann auch kaum eine Rolle welche persönliche Qualifikation man für den Jab hat, ob man Mediziner, Wirtschaftswissenschaftler, oder Jurist ist…
Oder haben Sie schon einmal von einem ehemaligen Minister oder gar Kanzler gehört der anschließend mal als ‚Kunde‘ zum Arbeitsamt gehen musste?
Und dann schadet es manchen Leuten aus den gesellschaftlichen Eliten eben auch scheinbar überhaupt nicht nachhaltig, wenn Sie bei ihrer letzten Tätigkeit nur eine Bilanz des Misserfolges vorzuweisen haben, ihr Unternehmen bzw. ihre Organisation in die schwerste Krise seit Jahren geführt haben. Auch Arbeitszeugnisse scheinen nur für ‚einfache Leute‘ eine Bedeutung zu haben.
Das Alles zeigt aktuell auch wieder das Beispiel Philipp Rösler. Schon bedenklich! Oder?
Nicht verwunderlich also, aus meiner Sicht, wenn sich immer mehr Leute frustriert von diesen Geschehnissen und damit auch ein Stück weit von dieser Gesellschaft abwenden…
Glückwunsch! Damit hat er es wohl geschafft.
Spezielle Qualifikationen werden in vielen Bereichen sowieso überbewertet, und Politiker sind generell Universaltalente.
Wenn man sich die Qualifikationen vieler Politiker anschaut, ist man ja doch erstaunt wie wenig sie mit dem Job zu tun hat. Auch gibt es sehr häufig die Formulierung „hat studiert“. Abschlüsse sind damit klar überbewertet.
Da wird man auch zum Minister/zur Ministerin nur weil man das geforderte Geschlecht hatte und aus der bisher noch nicht versorgten Region stammt.
Wenn es dann noch um gut bezahlte Jobs in öffentliche kontrollierten Unternehmen geht ….
Aber jeder Wähler hat ja die Möglichkeit zumindest ein wenig zu beeinflussen. Bei der Kommunalwahl verzweifelt man dann doch schnell.
Welcher (Lokal-) Politiker hat eigentlich schon mal richtig im Unternehmen gearbeitet?
Im Lebenslauf gibt es oft folgende Formulierungen:
Sie/Er arbeitet bei der abc-Stiftung
Sie/Er arbeitete im Büro des Abgeordneten …
Städtischer Angestellte(r)
..
Robin,
Rösler ist ein intelligienter Mensch, eine Person mit einer wissenschaftlichen Ausbildung/Qualifikation als Mediziner, mit nachhaltiger Erfahrung in der Politik, u.a. ausgestattet mit dabei gewonnen sehr, sehr umfassenden Erkenntnissen über Menschen, über ihren Ehrgeiz, ihre Rücksichtslosigkeit, wenn es um ihr Ego geht, und dementsprechend auch mit vielfältigen Erkenntnissen über die Führung von Menschen in einer Organisation, z.B. in einer Partei, in einer Fraktion, in einem Ministerium.
Das alles kann ihn m.E. für den neuen Job bestens qualifizieren;nicht zu vergessen sein weltweites Netzwerk, das ihm bzw. seinem neuen Arbeitgeber sehr von Nutzen sein kann.
Und detailiertes Fachwissen kann in Unternehmen, Banken,Verwaltungen, Ministerien usw. gelegentlich einer guten Führung durchaus im Wege stehen, dafür gibt es hinreichend Beispiele, auch in der sog.Privatwirtschaft.
Also
1.
im Gegensatz zu „Eigenverantwortung“ -1- kann ich nicht erkennen, daß hier einer nicht qualifizierten, einer ungeeigneten Person aus bloßer Gefälligkeit eine Führungsaufgabe übertragen worden ist und insofern die Pro-Rösler-Entscheider im Welt- Wirtschaftsforum in Genf wider die Interessen ihres Forums gehandelt haben könnten und
2.,
wenn eine aus meiner Sicht qualifizierte Persönlichkeit in eine solche Führungsaufgabe berufen wird, die ich zudem menschlich stets als sympatisch empfunden habe, ohne ihre politischen Ziele zu teilen, dann habe ich diesbezüglich „nichts zu meckern“.
Ich nenne so etwas „Graue Korruption“ – nicht strafbar wie die echte, die „schwarze“ Korruption, aber hier fährt trotzdem jemand gerade sein Dankeschön ein.
Das Problem: Möglicherweise kosten uns diese massenhaften Versorgungsposten am Ende mehr als es der eine oder andere Koffer mit Geld kosten würde. Diese Frühstücksdirektorinnen und Frühstücksdirektoren kosten nämlich jeden Monat unser Geld – auch in unternehmensnahen Stiftungen usw.
Wobei ich ja die Befürchtung habe, dass die Posten doch langsam knapp werden – deswegen ja auch die Frauenquote, um auch Politikereinnen und ihre Hofstaatsmitgliederinnen zu versorgen.
Politiker kann man erst dann aus der Politik abwerben, wenn sie ganz sicher zu wissen glauben, dass sie dort (erst einmal) keine Chance mehr haben. Hätte die FDP die 5% Hürde übersprungen, wäre Rösler auf keinen Fall nach Davos gegangen, sondern hätte stattdessen wieder ein Ministeramt angestrebt und sehr wahrscheinlich auch bekommen.
Insofern ist der Job beim Weltwirtschaftsforum ein, wenn auch gut dotierter, Abstieg. Allerdings einer, der die Rückkehr in die Politik nicht grundätzlich verbaut, denn diese Institution ist ein weltweites Lobbyistenzentrum mit einem einflussreichen Netzwerk. Dort zählen Kontakte mehr als Fachwissen, und genau die hat sich Davos mit Rösler eingekauft.
@2:
Ich habe Herrn Rösler zu seinem Job gratuliert. Das war es.
Er ist ausgebildeter Mediziner und hat in jungen Jahren viel erreicht. Das ist unbestritten und erfordert auch viele Fähigkeiten. Seine politische Gesamtbilanz ist weniger gut. Ob er der richtige Mann am richtigen Ort ist, werden seine Chefs beurteilen können.
Ich persönlich finde es nicht gut, dass sich jetzt einige FDP-Politiker auf die Tätigkeit in Stiftungen und bei Organisationen konzentrieren. Als liberale Markt-Partei sollte man doch eigentlich den rauhen Wind der Wirtschaft lieben. Auch als Politiker muss man den Markenkern glaubhaft transportieren können.
Natürlich kann man Unternehmen mit Menschenkenntnis oder als Controller führen. Das ist aber häufig für das Unternehmen wenig sinnvoll. Irgendwann muss man einfach wissen, was man macht. Auch ist eine Begeisterung notwendig, um langfristig erfolgreich zu sein.
Insbesondere in der Politik mit den kurzen Perioden ist auch ein Fachwissen notwendig, wenn man etwas erreichen will, was nicht nur im Absitzen der Regierungszeit besteht.
Ich erwarte bspw., dass sich eine Verteidigungsministerin mit den Dienstgraden auskennt. Notfalls müssen sie vor der Ernennung schnell gelernt werden.
Wie will man Kindern vermitteln, dass man eine Ausbildung braucht, wenn Politiker damit hofieren gehen, dass sie auch nur unverhofft ins Amt gekommen sind.
Da tropft noch Geifer und Missgunst aus dem Artikel heraus, kann da jemand mal trocken wischen?
@Walter: Dann haben wir hier einen der eher seltenen Fälle wo sich unsere Meinungen gründlich unterscheiden. Ich bin der Meinung, dass sowohl die Qualifikation als auch die verheerende Bilanz seines letzten ‚Jobs‘ gegen eine so herausragende Tätigkeit im Bereich der Wirtschaft sprechen.
Es gibt hierzulande sicherlich etliche ‚echte‘ Wirtschaftsfachleute, mit langjähriger Berufserfahrung in der Wirtschaft und auch über die notwendigen Kontakte verfügen, die wesentlich geeigneter für eine solche Tätigkeit wären als Rösler.
Ich kann mich da nur wiederholen: Einem ‚normalen Arbeitnehmer‘ wäre bei der großen Abweichung in der Berufsausbildung und mit der doch ziemlich traurigen Bilanz seiner letzten Tätigkeit mit einiger Sicherheit lediglich ein neuer Job auf einem wesentlich niedrigeren Niveau (im Vergleich zu seiner letzten Tätigkeit) angeboten worden.
Diese Regeln gelten auf dieser gesellschaftlichen Ebene anscheinend aber nicht (mehr). Das stimmt mich doch ziemlich nachdenklich. Anscheinend sind manche eben doch gleicher als andere….
-5-KeineEigenverantwortung
1.
„Ich habe Herrn Rösler……..“; Ihre weiteren Aussagen im Beitrag zu -1- sind allerdings ganz und gar nicht dazu angetan, diese Gratulation argumentativ zu untermauern;im Gegenteil. Daraus reslutiert meine Replik auf Ihren Beitrag; und „das war es.“
2.
„Daß sich die Verteidigungsministerin mit den Dienstgraden auskennt“……
Dass lernt von Frau von der Leyen in wenigen Minuten, falls sie es bis dahin nicht gewußt haben sollte, was ich bezweifle.
Von der Leyen ist eine der Führungspersönlichkeit aus Poltik, Privatwirtschaft,öffentlicher Administration, die nachdrücklich beweisen, daß man hervorragend eine Führungsaufgabe wahrnehmen kann, ohne den Nachweis einschlägigen detailierten Fachwissens. Und nur das wollte ich mit meinem Beitrag zu Rösler und seinem neuen Job deutlich machen.
Im übrigen kann ich ihrer Argumentation in einigen Passagen des Beitrages -5- leider nicht folgen, so beispielsweise die Feststellung im letzten Satz.
Dass viele Führungspersönlichkeiten in der Wirtschaft, in der Politik, in der öffentlichen Adminstration oftmals unverhofft, überraschend,unerwartet eine Führungsaufgabe angetragen bzw. übertragen bekommen, ist doch ncihts Ungewöhnliches und kann doch in keiner Weise als Beleg herangezogen werden, um die Auswahl, die Bestimmung, die Ernennung solcher Führungspersönlichkeiten bzw. deren Qualifikation kritisch zu hinterfragen.Das gilt im Falle Rösler, das gilt im Falle der neuen Verteidigungsministerin, das gilt…………………
Ich werde mich in Sachen Rösler im Zusammenhang mit seinem neuen Job nicht mehr melden;meine Meinung habe ich unter -2- dargetan und versucht, sie hinreichend zu begründen.
@8:
Frau von der Leyen ist für mich die Politikerin, die im Wesentlichen von ihrem Faktenwissen lebt. Dass sie sich das kurzfristig anlernen kann/muss ist klar. Mich erstaunt es immer wieder, welche Hintergrundinformationen sie verfügbar hat.
Umso verwunderlicher ist es für mich, dass jetzt der Eindruck entstand, dass das Verteidigungsministerium für sie übrig geblieben ist.
Dass Frau von der Leyen hervorragend eine Führungsaufgabe wahrnehmen kann, kann ich jetzt nicht sehen. Hier sehe ich die Fähigkeit Richtungen zu bestimmen und umzusetzen.
Aus dem Arbeitsministerium hätte man auch was machen können, und die Bildungsgutscheine sind eine Katastrophe. Da hätte ich mehr erwartet. Im Bereich der Job Center gibt es ja genügend Optimierungsbedarf.
Bzgl. der unerwarteten Ministerjobs musste ich jetzt an Frau Fischer als Gesundheitsministerin und an Herrn Glos denken.