Nach Neururer und Verbeek – Der VfL Bochum geht mit Ismail Atalan neue Wege

In Bochum war das Stadion zuletzt nur selten voll. Foto: Claudia Bender

Der VfL Bochum 1848 hat seit Jahren ein ziemlich grundlegendes Problem. Zwischen den beiden großen Revierclubs aus Schalke und Dortmund wird er gefühlt doch etwas arg ‚zerquetscht‘, häufig nur (noch) ganz am Rande von den Fußballfans der Region wahrgenommen.

Das ist auch bei uns hier im Blog nicht anders. Beiträge über die Jungs von der Castroper Straße finden fast ausnahmslos deutlich weniger Leser, werden sehr viel seltener kommentiert als Beiträge über die Nachbarn des VfL.

Klar, das ist für einen Zweitligisten im Wettstreit mit Clubs die regelmäßig auf der europäischen Bühne agiert haben logischer Weise eine schier unlösbare Wettbewerbssituation. Eine Möglichkeit diesem Image als ‚graue Maus‘ zu entkommen bietet neben mehr sportlichem Erfolg hierzu natürlich auch die Wahl des handelnden Personals.

In vorderster Front ist da natürlich die Besetzung des Cheftrainerpostens eine kritische Wahl. Einen echten sportlichen Fachmann zu wählen ist immer Grundvoraussetzung für diesen Posten. Davon gibt es inzwischen unbestritten sehr viele auf dem Markt. Es besteht jedoch die zusätzliche Möglichkeit durch eine medienwirksame Persönlichkeit die Außendarstellung etwas aufzupeppen. Und genau das hat man in Bochum mit der Präsentation der Cheftrainer Peter Neururer und Gertjan Verbeek zuletzt wohl auch versucht.

Neururer gilt als Kind des Reviers, verkörpert den hiesigen Menschenschlag unter den derzeit aktiven Fußballehrern wohl am besten. Den VfL hat er in seiner jüngsten Amtszeit an der Castroper Straße zunächst auch sehr erfolgreich befruchtet. Frühe Erfolge seiner Amtszeit ließen hier das sprichwörtliche Bild entstehen, der Trainer könne sogar über Wasser laufen. Manch einer erinnert sich vielleicht noch an den Cartoon von Oli Hilbring, der genau diesem Klischee Rechnung trug.

Doch der rasche sportliche Erfolg des Ruhrgebietstypen Neururer war, wie so häufig bei ihm im Laufe seiner Karriere, auch beim VfL eben nur von recht kurzer Dauer. Man trennte sich schlussendlich von ihm, da dauerhafter sportlicher Fortschritt am Ende eben doch nicht wirklich zu erkennen war.

Anfang 2015 kam dann Gertjan Verbeek an die Castroper. Der Niederländer war kurz zuvor in Nürnberg jedoch bereits an seiner scheinbaren Beratungsresistenz gescheitert, wie man aus dem Umfeld des dortigen Clubs hören konnte. Das dürfte auch den Bochumer Verantwortlichen eigentlich nicht verborgen geblieben sein.

Seine schillernde und unterhaltsame Persönlichkeit sorgten jedoch auch in Bochum zunächst für viele frische Sympathien. In letzter Zeit jedoch stagnierte der Bochumer Zweitligist sportlich erneut auffällig, belegte zuletzt nur einen tristen Mittelfeldplatz im Unterhaus.

Die Anfangseuphorie um die Person des Übungsleiters Verbeek war bald auch hier wieder verflogen. Zuletzt dann sogar ganz offener Ärger um die vom Coach eigenmächtig und arg kurzfristig verlegte Uhrzeit des von vielen Fans so sehr herbeigesehnten Saisoneröffnungstrainings.

Nun soll es auch im jüngsten Trainingslager in der letzten Woche vereinsintern wohl ordentlich ‚geknallt‘ haben. So sah sich der VfL heute gezwungen den Übungsleiter nach 88 Spielen in Liga 2 zu entlassen.

Verbeek ist in Bochum also, ähnlich wie zuvor in Nürnberg, wohl in erster Linie an seiner recht sturen Art gescheitert.

Der erst 37-jährige Ismail Atalan von den Sportfreunden Lotte aus der dritten Liga wird nun sein Nachfolger in Bochum werden. Die offizielle Bestätigung dessen seitens des VfL steht aktuell noch aus, doch der Drittligist aus Lotte hat bereits den Abgang seines bisherigen Coaches in Richtung Bochum bestätigt.

Wird er der neue Cheftrainer in Bochum, woran es nun wohl keine begründeten Zweifel mehr gibt, der 37-jährige würde im Gegensatz zu Neururer und Verbeek nicht aufgrund seiner etwas ‚schrägen‘ Persönlichkeit ausgewählt. Er gilt als großes Trainertalent und ist bisher ausschließlich durch seine gute Arbeit aufgefallen.

Das wäre dann mal wieder ein anderer Ansatz beim VfL Bochum. Und vielleicht würde gerade dieser Schritt dann den Erfolg zurück an die Castroper Straße bringen.

Der zwischen Schalke und dem BVB aktuell so arg eingeklemmte VfL hätte es verdient. Und dauerhafter sportlicher Erfolg wäre dann auf lange Sicht wohl auch wertvoller für die Außendarstellung des Clubs als eine auffällige bzw. medienwirksame Persönlichkeitsstruktur des Cheftrainers… Das wird spannend!

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otzenpunk
otzenpunk
7 Jahre zuvor

Nur ein kurzer, sinnloser Kommentar, um Satz4 dieses Artikels ein kleines bisschen entgegenzusetzen. Über die Bundesligaclubs wird anderswo schon viel zu viel berichtet.

Schönen Gruß aus Altona, gerade in Liga 4 aufgestiegen.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
7 Jahre zuvor

Mal im Ernst – dass der "Knöterkopp" Verbeek keinen historischen Job in Bochum hinlegen wird, war doch wohl schon in seiner ersten Saison so was von sonnenklar. Und eine "schillernde und unterhaltsame Persönlichkeit" war er vielleicht höchstens nach 10 Pils – zumindest bei der Arbeit war er in meinen Augen einfach nur mürrisch, autoritär und einfach sowas von 70er Jahre ("Fernet Branca" Zebec beim BvB, noch ein Begriff?;-), das geht auf Dauer gar nicht.

otzenpunk
otzenpunk
7 Jahre zuvor

@Robin Patzwaldt: Ein wesentlicher Grund, zu Amateurvereinen zu gehen, ist ja gerade, dass es familiärer abläuft als im großen Bundesliga- und Champions-League-Zirkus. Ich kann daher im Großen und Ganzen sehr gut mit den derzeitigen Kräfteverhältnissen leben, auch wenn man sich natürlich stets ein *kleines bisschen* mehr von allem wünscht und gelegentlich beleidigt ist, wenn man dann doch gefühlt zu wenig Aufmerksamkeit bekommt.^^

Ich vermute mal, einem Großteil der Bochum-Fans gefällt das Underdog-Image, das "Anderssein" und das irgendwie elitäre Gefühl, nicht bloß im Erfolgs-Mainstream mitzuschwimmen, ebenfalls.

bob hope
bob hope
7 Jahre zuvor

Die Entwicklung beim VfL ist durchaus positiv und im Umfeld wird das gewürdigt. Erkennt man am relativ ordentlichen Zuschauerschnitt und an den steigenden Mitgliederzahlen. Sportlich und wirtschaftlich hat der Verein sich stabilisiert. Außerhalb Bochums wird das leider wenig wahrhenommen. Das Problem haben andere Tradionsclubs wie Nürnberg, Kaiserslautern oder in der Nachbarschaft der MSV Duisburg auch. Es konzentriert sich halt alles die "Großkopferten". Anstoßzeiten und die Verteilung der Fernsehgelder werden entsprechend angepasst. Das Ganze entwickelt so eine Eigendynamik und Schere geht weiter auseinander. Keine gute Entwicklung, aber ok: Viele Fans von Zweit- oder Drittligisten interessieren sich halt auch nicht mehr für die 1. Liga.

Abgesehen davon: Verbeek war ein fachlich guter Trainer, menschlich aber ein *(vom Moderator editiert). Atalan dürfte bei letztgenanntem deutliche Vorteile haben, bei ersterem würde mir ein vergleichbares Niveau schon reichen.

Und noch was: Die Bezeichnung "graue Maus" ist jetzt nicht wirklich innovativ.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
7 Jahre zuvor

@#8 Wer aus schierer Arroganz und Wut über einen Journalisten im Alleingang die ganze Presse von Spieler-Interviews und Training ausschließt, ist fachlich genauso eine Niete, die einfach ihren Beruf im Kontext eines Profivereins nicht kann.
https://www.waz.de/sport/fussball/2-bundesliga/darum-hat-der-vfl-bochum-trainer-gertjan-verbeek-entlassen-id211207759.html

Selbst als Türsteher würde er dafür seine Papiere in die Hand bekommen.

b
b
7 Jahre zuvor

Der VfL soll mal schön so bleiben, wie er ist. Da kann man für kleines Geld viel Spass UND Fiege Bernstein bekommen… Was will man mehr!

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