Nahverkehr: Aus 3 mach 1

Essen, Mülheim und Duisburg legen ihre Nahverkehrsunternehmen zusammen. Für die Besitzstandswahrer brechen schwere Zeiten an.

Essen, Mülheim und Duisburg haben ihre  städteübergreifende Nahverkehrskooperation besiegelt. Unter dem etwas sperrigen Arbeitstitel rhein ruhr partner-Verkehr wird ein neues Unternehmen mit  3.400 MitarbeiterInnen entstehen, in dem das Nahverkehrsgeschäft der  DVG, EVAG und MVG für ca. 1,25 Millionen Einwohner gebündelt wird, und täglich rund 583.000 Fahrgäste befördert werden. Mitte nächsten Jahres startet das neue Unternehmen. Künftig werden die Fahrpläne aufeinander abgestimmt, gemeinsam Fahrzeuge gekauft, die gleichen Automaten verwendet und auch noch Geld eingespart. Duisburgs OB Sauerland in einer Erklärung: „Sehr wahrscheinlich werden die zur Verfügung stehenden öffentlichen Finanzmittel für den ÖPNV langfristig erkennbar zurückgehen und es ist weiterhin mit strengen Ergebnisvorgaben in allen drei Kommunen zu rechnen. Im Rahmen der Daseinsvorsorge ist es Aufgabe von Essen, Duisburg und Mülheim, die Mobilität ihrer Bürger durch ein quantitativ und qualitativ attraktives Nahverkehrsangebot zu gewährleisten. Die Gründung der gemeinsamen Gesellschaft ist richtig, denn alle bei rrp-Verkehr erzielten Effekte entlasten die kommunalen Haushalte der drei Städte und schaffen finanzielle Spielräume für den Nahverkehr.“ 

Fast noch wichtiger als die praktischen Seiten des neuen Unternehmens ist aber die Signalwirkung auf die anderen Nahverkehrsunternehmen im Revier. Hochdefizitär bieten sie zahlreiche ebenso lukrative wie überflüssige Jobs in Vorständen und Verwaltungen sowie ein breites Betätigungsfeld für Kommunalpolitiker. Der Preis ist ein zersplitterter und ebenso teurer wie schlechter Nahverkehr im Ruhrgebiet. Und dieses Wirrwarr aus unterschiedlichen Unternehmen, die oftmals kaum über ihren Sprengel hinausblicken, wird nun schwerer zu rechtfertigen. Duisburg, Essen und Mülheim werden nicht die einzigen sein, die sich zusammen schließen. Die oftmals schlechte Qualität des Nahverkehrs und seine hohen Kosten werden dafür sorgen, dass jetzt eine Diskussion über die künftige Struktur des Nahverkehrs im Ruhrgebiet beginnt. Am Ende dieses Prozesses wird es weniger Nahverkehrsunternehmen, aber einen besseren Nahverkehr gegen. Für die Besitzstandswahrer wird es eng.

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Frank
Frank
15 Jahre zuvor

Verkehrspolitik ist ein Politikfeld, unter dem jeder Wähler leidet. Egal ob man im Stau steht, oder auf seine S-Bahn oder den RE-Zug wartet. Es läuft nicht. Weder im Ruhrpott noch in Berlin. Noch sonst irgendwo. Überall merkt man, dass die Politiker, die uns hier die Ergebnisse ihres Dilettantismus zumuten, selbst Sonderregeln genießen. Minister und Bürgermeister oder Stadtdezernenten fahren nicht Bus und Bahn.
Auch ein Wowereit in Berlin nicht. Mehdorn hat die S-Bahn Berlin bis zum Geht-nicht-mehr ausgequetscht, durch Gewinnabführungsverträge, die keinen Cent für die Wartung übrig ließen. Heute sind die S-Bahn Züge nur noch halb so lang, weil die Hälfte in der Werkstatt steht.

Verkehrspolitiker wissen nichts vom Segen, den schon eine intelligente Ampelschaltung bringen kann, weil sie selbst auf der Busspur chauffiert werden.

Sie wissen nicht, wie nervend fehlende oder klein gedruckte Bahnfahrpläne sind. Wo der Anschlusszug abfährt, während man herauszufinden versucht, wo. Ganz zu schweigen von der Zumutung überfüllter Züge, oder der Streichung von Bahnhöfen aus dem Fahrplan.

Sie sind nur zur Stelle -wie Sie ganz richtig schreiben- wenn Vorstandsposten zu vergeben sind.

Grüße aus Berlin!

Guy
Guy
15 Jahre zuvor

Hat Oberhausen den Zusammenschluss mal wieder verschlafen? Oder versucht sich im Alleingang?

Arnold Voß
Arnold Voß
15 Jahre zuvor

@ Frank

Ich lebe im Ruhrgebiet und in Berlin. Keine Frage, der ÖPNV spielt nirgendwo die Hauptrolle.Aber es gibt auch in der Benachteiligung noch große Unterschiede. Berliner Bus- und Bahnbenutzer sind eindeutig besser dran als die Ruhrstadtbewohner die sich ohne privaten PKW von Ort zu Ort bewegen (müssen).

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