Viele Gegendemonstranten, aber keine erfolgreichen Blockaden, eine eher schlappe Teilnehmerzahl bei den Nazis und ein Polizeikonzept, das aufging – das war der 3. Oktober in Hamm. Text: Stefan Laurin Fotos: Ruhrbarone
Ein Lied auswendig zu lernen ist nicht jedermanns Sache. Und Geografie ein unterschätztes Schulfach. Über beides legte gestern der bekannte Nazi Dieter Riefling ein beredtes Zeugnis ab. Als er versuchte, die erste Strophe des Lieds der Deutschen zu zitieren, ging das daneben: „Vom Rhein bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt“ beschrieb der seine territorialen Ansprüche und verzichtete ganz nebenbei auf Mainz, die Eifel, große Teile Kölns, die Pfalz, Xanten und Aachen. Im Riefling offenbar nicht geläufigen Original heißt es: „Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt“.
Mit seiner Rede setzte Riefling den Höhepunkt eines erfreulich schlecht besuchten Naziaufmarsches inHamm: Knapp unter 300 Teilnehmer kamen zur Nachfolgeveranstaltung des „Antikriegstages“ der Nazis – im vergangenen Jahr waren es noch über 400, vor ein paar Jahren kamen noch über 1000. Es geht bergab mit den eng miteinander verflochtenen Nazigruppen in Hamm und Dortmund. Von da an passt die gestern vorgestellte Billig-Parteistandarte sehr gut: Ein Plastiklappen mit einem Aufkleber.
Mit 1000 Gegendemonstranten haben sich überraschend viele gegen den Naziaufmarsch gestellt. Blockaden gab es mehrere im Bahnhof, die aber alle schon aufgelöst waren, als die Nazis eintrafen. Sie blieben ohne Wirkung. Nur an wenigen Punkten gestattete es die Polizei dann den Nazi-Gegners auf Hör- und Sichtweite an den Aufmarsch heranzukommen. Da hätte die Polizei großzügiger sein können, zumal die Gegendemonstranten durchweg friedlich waren. Aber in Hamm ging die Polizei auf Nummer sicher – und ihr Konzept ging auf und so war sie der eigentliche Gewinner des Tages : Sie ermöglichte und strengen Auflagen und nach peniblen Personenkontrollen, die den Nazis sichtlich den Spaß verdarben, den Aufmarsch, ermöglichte den Protest gegen die Nazis und hielt beide Gruppen voneinander getrennt.
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.. ob es für DO demnächst auch mal ein so polizeifreundlichen Artikel hier geben wird?
@Norbert: Parolen die in Dortmund am 1. Mai zu hören waren, wurden verboten. Und vieles andere auch: Provokationen der Anwohner etc. Die Nazis hielten sich daran – ich denke Mal, in den Vorbesprechungen wurde ihnen deutlich gemacht, dass sich das die Polizei nicht bieten lassen wird. Szenen wie am 1. Mai in Dortmund-Westerfilde gab es nicht. Die Polizei hatte die Situation zu jeder Zeit im Griff. Auch waren ausreichend Beamte vor Ort – was im August in Dortmund anders war.
Wären die Linken doch auch immer wieder in der Lage, ihren Spielraum bei Demos ausreizen aber nicht zu überschreiten …