Neue-Serie: Von der (Sehn-)Sucht nach Verboten: Halloween, Duftkerzen und Alkohol…


Politik hatte schon immer den Drang, ihre Macht auf  Kosten der individuellen Selbstbestimmung auszudehnen – neuerdings immer häufiger, um den Bürger angeblich vor sich selbst zu schützen. Dabei müssen die einschränkenden Regeln der Bevölkerung oft gar nicht eigens aufoktroyiert werden, vielmehr sehnen sich viele Menschen geradewegs danach, dass der Staat ihr Leben bestimmt und einschränkt. Von unserem Gastautor Nansy.

Ein bunter Strauß an Sicherheits- und Gesundheitsvorkehrungen begleitet unser privates und öffentliches Leben:  Kamera-Überwachung, Alkohol-Ausgabeverbote ab gewissen Uhrzeiten und an gewissen Orten,  Ess- und Trinkverbote in Bussen und Straßenbahnen, Rauchverbote, Heizpilzverbote, Bettelverbote, der Versuch die Helmpflicht für Radfahrer einzuführen. Die Liste der Vorschriften und Verbotsideen  im Namen der Sicherheit und Gesundheit wird täglich länger.

Mit jeder zu argumentierenden, möglicherweise vernünftigen Einzelmaßnahme, die scheinbar nicht das Geringste mit anderen Einzelmaßnahmen zu tun hat, vervollständigt sich ein Puzzle. Worauf es hinausläuft, will trotz deutlicher Konturen kaum jemand erkennen: der unmündige, seiner Grundrechte entledigte und vor sich selbst  geschützte Bürger.

Neben den uns allen bekannten Verbotsphantasien der Grünen in Deutschland und den Regulierungen der EU (auch als willfährige Ausführende der WHO-Gesundheitsvorstellungen), werden uns oft englischsprachige Länder wie Großbritannien, Neuseeland, Australien und Kanada als fürsorgende Supernanny-Staaten präsentiert werden (New York und seine „Nanny Bloomberg“  sind ein besonderer Fall).

Dabei bleibt es nicht aus, dass wir immer wieder auf einen besonderen „Hilfssheriff“ treffen werden, den ich mal die „Verbotsindustrie“ nennen möchte. Die Mitwirkenden ergänzen sich gegenseitig oder sind sogar voneinander abhängig:

–        Universitäten und Wissenschaftler – die Geld beschaffen müssen (Forschungsgelder, Regierungszuschüsse, Geld von der Pharma-Industrie) – die irreführende Studien oder Studien mit erwünschten Ergebnissen erstellen, um weitere Fördergelder zu generieren.

–        Die Pharmaindustrie – die Medikamenten gegen das Rauchen (Nikotin Pflaster und -Kaugummis, Champix-Impfung) oder gegen Alkohol (Campral) und Fettleibigkeit verkaufen will und bewirbt – Spenden und Zuschüsse an Universitäten und Wissenschaftler vergibt, um zielführende Studien zu erhalten

–        Presse und Medien – die über jeden Studienunfug berichten, WHO oder DKFZ-Pressemitteilungen ungeprüft übernehmen oder seriöse Studien irreführend kommunizieren – die auf die Werbeeinnahmen der Pharmaindustrie angewiesen sind.

1. Beginnen wir heute mit den in Deutschland immer wiederkehrenden Forderungen nach Alkoholverboten im öffentlichen Raum – die im Verein Haus & Grund Solingen zusammengeschlossenen Immobilienbesitzer fordern ein Alkoholverbot auf öffentlichen Straßen und Plätzen in Solingen:

http://www.rp-online.de/bergisches-land/solingen/nachrichten/hausbesitzer-fordern-alkoholverbot-in-der-city-1.3754061

2. Unser gar nicht mehr so stark der sogn. französischen Lebensart verhaftetes Nachbarland Frankreich, hat nun nach den jüngsten Gesundheitskampagnen mit höheren Steuern oder Verkaufseinschränkungen bei Energy-Drinks, künstlichen Süßstoffen und elektrischen Zigaretten, neue Ideen zur Gesundheitsrundumfürsorge entwickelt – die französischen Gesundheitsbehörden wollen nun auch Duftkerzen und Räucherstäbchen verbieten, weil ihr Aroma giftige Dämpfe überdecken könnte:

http://www.thelocal.fr/20131025/france-set-to-ban-scented-candles-and-incense

3. Und passend zur Jahreszeit – das jüngste Beispiel von Engstirnigkeit und Präventivstaat ist das Verbot von Halloween Kostümen und Süßigkeiten an vielen amerikanischen Schulen. Begründung: „Sicherheit ist unser oberstes Anliegen“ oder „Sorgen, dass einige Kinder mit Erdnuss-Allergien in Kontakt mit etwas auf Erdnussbasis bei den Veranstaltungen kommen könnten“:

http://ideas.time.com/2013/10/17/the-new-school-yard-controversy-canceling-halloween/#ixzz2iBcEmDqP

Von nun an in unregelmäßigen Abständen: Über Verbotswahn, Rundumfürsorge und die Ideen der Verbotsindustrie

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Peter Podewitz
Peter Podewitz
11 Jahre zuvor

Und jetzt haben sie auch den Extremsport entdeckt. Hier ein vorsichtiges Rantasten:
https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/immer-mehr-todesfaelle-bei-basejumps-und-wingsuit-fluegen-a-927530.html
Besonders interessant dabei, wie halbgar eine Fremdgefährdung konstruiert wird: ein Springer könnte beim Absturz auf einem Passanten landen. Ist noch nie und nirgends passiert, nicht einmal knapp, fast oder beinahe, ist auch ziemlich unwahrscheinlich, aber verbieten könnte man es ja trotzdem mal …

TuxDerPinguin
TuxDerPinguin
11 Jahre zuvor

Der Ausgangsbasis muss ich widersprechen: Die Verbote nehmen nicht zu.
Man kann allerdings eine Verlagerung sehen.

Wegen Sexualität, Geschlecht, Alter nehmen Vorschriften ab… Menschen werden weniger anhand von Eigenschaften diskriminiert, dafür stärker wegen Verhaltensweisen, wenn man sich die Entwicklung der letzten Jahre anschaut.

Dabei sind es nicht die Politiker, die sich sowas ausdenken. Die geben mehr oder minder den gesellschaftlichen Mainstream wieder. Der ist eben mal diffus.

Bspw. wird USA hier zwar zu recht als „Nanny-Staat“ angeführt, gleichzeitig wird etwa Schusswaffenbesitz mit Freiheit begründet und grad überall Marihuana legalisiert… der Mainstream ist nie eindeutig liberal oder konservativ.

Deshalb kann ich nicht zustimmen, dass es ein riesiges Puzzle gäbe, was vervollständigt würde. Ist eher ein Flickenteppich. Hier gewinnt man neue Freiheiten, und dort verliert man andere gleichzeitig.

Stefan Laurin
Admin
11 Jahre zuvor

@Tux:
„Zahlreiche Sexualstrafrechtsvorschriften wurden Anfang der 1970er liberalisiert. In diesem Bereich ist insbesondere das Vierte Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 23. November 1973 zu erwähnen sowie die Reform der Paragraphen 218 ff. durch das Fünfte Gesetz zur Reform des Strafrechts.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Sexualstrafrecht
Tja, und Diskriminierung mag ich nicht, auch wenn eine Mehrheit in der Gesellschaft dafür ist. Aber wir beide kommen da eh nicht zusammen.

Nansy
Nansy
11 Jahre zuvor

@TuxDerPinguin:

„Dabei sind es nicht die Politiker, die sich sowas ausdenken. Die geben mehr oder minder den gesellschaftlichen Mainstream wieder. Der ist eben mal diffus.“

Das ist richtig – die Gemengelage ist kompliziert: Organisationen (z.B. WHO), Forscher, Verbotsindustrie, nach absoluter Sicherheit strebende Menschen, Politiker, die ihre Chance sehen – alles wirkt zusammen…..

der, der auszog
der, der auszog
11 Jahre zuvor

Als leidenschaftlicher ‚Im Stehen Pinkler‘ und ‚Outdoor-Urinierer‘, habe ich vor Jahren in Münster nach einem feuchtfröhlichen Nachmittag im Kuhviertel die Erfahrung machen müssen, dass ein Entleeren der Blase am Stamm eines in der Öffentlichkeit stehenden Baumes (in meinem Fall war es eine Trauerweide an der legendären Fahrradpromenade), an dem jeder blöde Straßenköter und auch Omis Leckhündchen sein Geschäft verrichten darf, für mich als Mensch mit einem Bußgeld von 20 Euro geahndet wird, weil sogenanntes ‚Wildpinkeln‘ in der Stadt des Westfälischen Friedens verboten ist. Soweit ich weiß, verfährt man mittlerweile in anderen Städten ähnlich.

Seitdem warte ich gespannt darauf, wie man hinsichtlich der vielen ‚Manneken Pis‘ Figuren verfahren wird, die ihren Ursprung in Belgien haben und die es auch in Deutschland gibt, beispielsweise in Duisburg. Als Kunstwerk verpackt scheint das Pinkeln an öffentlichen Brunnen und auf Plätzen (noch) niemanden zu stören, aber vielleicht bringt diese Serie auch hierzu einiges interessante ans Tageslicht. Ich bin auf jeden Fall gespannt… 😎

Thomas
11 Jahre zuvor

Die äusserst belobigenswerten und niedlichen Halloweenkulte

wie etwa der vom grosse Kürbis –

https://de.wikipedia.org/wiki/Der_gro%C3%9Fe_K%C3%BCrbis

finden auch die hiesigen lutheranischen Griesnickel

– wie etwa die berüchtigte Margot Käßmann –

https://www.stern.de/panorama/tirade-von-ex-bischoefin-kaessmann-haelt-halloween-fuer-kommerziellen-humbug-2067890.html

jenseits von Eden.

Jan W.
Jan W.
11 Jahre zuvor

@Thomas
Da muss man aber auch hinzufügen, dass Käßmann einfach nur eine Meinung geäußert hat. „Sie sei aber dagegen, ‚mit moralisch erhobenem Zeigefinger gegen einen solchen Blödsinn anzugehen‘.“ heißt es in dem Artikel.
Und diejenigen, die tatsächlich von Halloween-Verboten träumen, sind da ein ganz anderes Kaliber. Stattdessen sollten die Kirchen, die glauben, der Tag würde nur ihnen gehören, mal über sinnvoller Veranstaltungen nachdenken.

keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
11 Jahre zuvor

Wer kann sich denn noch an die Bundeswehr und an die Voraussetzungen für Schwimmbewegungen erinnern?

Es gab also schon immer viele Menschen in Verwaltungen und großen Firmen, die gemerkt haben, dass man mit Regelungen, Verboten etc. wichtige Sitzungen und Jobs schaffen kann. Je banaler, umso einfacher ist es mitzureden. Heute werden für alle Entscheidungen alle Interessensgruppen etc. eingeladen. Das gibt viele Sitzungen, Spesen etc.. Das Ergebnis kann dann die zulässige Krümmung einer Banane sein oder eine andere Banalregelung, die dann noch so allgemein formuliert wird, dass auch die Gerichte für die nächsten Jahre beschäftigt sind.

Auffällig ist ja auch, dass nur noch Banalverbote, -Regelungen überwacht werden. Es gibt Blitzermarathons ohne Ende, aber um die steigenden Einbrüche oder die Überwachung von Arbeitnehmerrechten kümmert sich keiner. Das ist alles zuviel Aufwand, dafür ist man personell nicht ausgestattet. Es ist doch nicht nachvollziehbar, dass ein Kind unter 14 heute klauen kann, ohne dass es wirklich interessiert.

Der Weg geht also ins banale. Das passt vielleicht auch zu den Leistungsvergleichen im Bereich der Schulen und Erwachsenenbildung.

Wenn man sich die heute notwendige professionelle Betreuung mit mind. Uni-Abschluss für unsere Kinder anschaut, fragt man sich schon, ob damit nicht der Grundstein für eine möglichst unselbständige Entwicklung gelegt wird. Mama oder Papa trägt ja auch den Ranzen vom Auto zur Grundschule.

Peter Podewitz
Peter Podewitz
11 Jahre zuvor

@7
Käßmann kann gerne gegen den erhobenen Zeigefinger sein, aber leider läuft es so: der erste äußert sein Mißfallen über irgendwas, fünf andere klatschen Beifall und der sechste sieht schon ein „verbreitetes Problembewußtsein“ und fordert die Politik auf „endlich“ zu handeln.

TuxDerPinguin
TuxDerPinguin
11 Jahre zuvor

@Stefan: warum kommen wir da nicht zusammen? Bist du für Verbote?
Also ich wurde schon als „Anarchist“ von wahrscheinlich CDU-Wählern geadelt und fühle mich auf der richtigen Seite 🙂

ich stelle nur richtig, dass es keine Verbotswelle gibt. Man muss nicht so weit geschichtlich zurückgehen, wo es mehr Verbote gab. Und schaut man sich die Entwicklungen an, gibt es eben Bereiche, die grad stark reglementiert werden (alles, was mit „Gesundheit“ zu tun hat), während der gesellschaftliche Mainstream hingegeben z.B. Homosexuelle akzeptiert und es nur noch ne Frage der Zeit ist, bis sie auch offiziell das Adoptionsrecht bekommen.

@der, der:
20€ ist noch gnädig.
in den USA gibt es Fälle, wo Männer, die „wildgepinkelt“ haben, auf die „Sex Offender“ Liste kamen.
Wenn man auf der Liste steht, muss man mWn zu seinen Nachbarn gehen und sich als Sexualstraftäter vorstellen…

Stefan Laurin
Admin
11 Jahre zuvor
Reply to  TuxDerPinguin

@TuxDerPinguin: Was für Dich Regeln sind, sind für mich Verbote. Ich freu mich über jede Verbesserung für die Schwulen, seh es aber nicht ein, mich für den Abbau meiner Freiheiten auch noch bedanken zu müssen.

Helmut Junge
Helmut Junge
11 Jahre zuvor

@Tux
„…Also ich wurde schon als “Anarchist” von wahrscheinlich CDU-Wählern geadelt und fühle mich auf der richtigen Seite :-)“
Da würd ich mir nicht viel drauf einbilden. Es kommt immer auf den Umgang an, den man hat. Wenn Sie nämlich mit Linken Umgang hätten, könnten Sie sich auch leicht den Titel „Nazi“ einhandeln. Bei Konservativen wird man halt schnell als Anarchist, Kommunist usw. eingestuft. So ist das eben in der Wertung Anderer.
Hier bei den Ruhrbaronen aber, sind wir alle objektiv. Und zwar absolut! Und da fallen Sie nun mal als Befürworter von Zwangsmaßnahmen auf.
Es ist zwar nicht sichtbar, aber Ihr Hinweis an @der,der auszog, bezgl. des „wildpinkelns“ und seiner möglichen Konsequenz in den USA, haben Sie doch mit einem süffisanten Grinsen im Gesicht geschrieben. Oder?
Weil man Satire auch nicht aus dem Text herauslesen kann, bitte ich diesen Kommentar daraufhin abzuchecken.

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