Jüngere Berufstätige wollen weniger Zeit zu Hause und mehr Zeit im Büro verbringen, so neueste Forschungen aus den USA. Dort sagen Wissenschaftler, dass sich Homeoffice bei jungen Leuten auf dem Rückzug befindet. Je älter die Berufstätigen werden, desto mehr schätzen sie dagegen die Möglichkeit, remote zu arbeiten.
In einem Artikel von „Business Insider“ werden die neuesten Ergebnisse einer US-Studie zum Homeoffice
zitiert, die von Wirtschaftswissenschaftlern dreier Universitäten (darunter von der kalifornischen Stanford University), durchgeführt wurde und aus der hervorgeht, dass weniger als ein Viertel der Menschen in ihren 20ern, die von zu Hause aus arbeiten können, dies auch tatsächlich wollen.
Am anderen Ende des Spektrums wollen immerhin 41 Prozent der 50- und 60-Jährigen im Homeoffice arbeiten.
Bei den 30-Jährigen sind es 29 Prozent und bei den 40-Jährigen 33 Prozent, die am eigenen Schreibtisch zu Hause arbeiten möchten.
Die Studie stützt eine Untersuchung von LinkedIn aus dem Mai, die ergab, dass die Zahl der Arbeitsplätze im Homeoffice zwar weltweit zunimmt, die 20- bis 24-Jährigen sich aber nicht darauf bewerben. „Die Generation Z will persönlich zusammenarbeiten“, sagte Joe Du Bey, CEO von Eden, einem Unternehmen für Arbeitsplatzsoftware, zu „Business Insider“: „Wenn wir mit unseren Kunden sprechen, sagen sie uns dasselbe: Es sind die 20-Jährigen, die sie sehr stark dazu drängen, wieder ins Büro zu kommen.“
Zum einen lohnt es sich, immer mal zu schauen, was die Interessen der in solchen Artikeln referenzierten Personen und Unternehmen ist.
Eden, das Unternehmen des mehrmals zitierten Joe Du Bey bietet z.B. Software für das Buchen von Schreibtischplätzen und Konferenzräumen an. Dass die jetzt nicht unbedingt begeistert sind von der Perspektive, dass Homeoffice die Regel statt die Ausnahme wird, ist irgendwie nachvollziehbar.
Ansonsten kann man das Thema auch nicht einfach isoliert betrachten. Durch die staatlich auferlegten Einschränkungen in der Pandemie war für viele Menschen das Büro schlicht der einzige Ort, an dem sie noch andere Menschen physisch getroffen haben. Das wird bzw. sollte aber nicht der langfristige Normalfall sein.
Genauso, was den Stress angeht, den so mancher im Homeoffice empfand, weil er oder sie neben der Arbeit gleichzeitig Kinderbetreuung und Schulunterricht übernehmen musste. Das ist aber den sonstigen Effekten der Pandemie bzw. genauer gesagt den staatlichen Maßnahmen dazu geschuldet und nicht dem Arbeiten im Homeoffice als solchem.
Dass Argument „Das Büro ist doch aber so ein großartiger Ort, um Leute kennen zu lernen.“ ist jedenfalls ein ziemlich fadenscheiniges und trauriges zugleich. Sollte es nicht viel eher Ziel sein, Zeit, Möglichkeiten und Räume zu schaffen bzw. wiederherzustellen, an denen Menschen sich freiwillig treffen können?
@ 1: Björn Willsmann: : Dass Argument „Das Büro ist doch aber so ein großartiger Ort, um Leute kennen zu lernen.“ ist jedenfalls ein ziemlich fadenscheiniges und trauriges zugleich.“
Ich habe vor einigen Jahren mal gelesen, daß die meisten (Ehe-) Paare sich am Arbeitsplatz kennenlernen. Ich weiß nicht ob das heute auch noch so ist, denke jedoch, daß dies immer noch einen nicht unwesentlichen Anteil ausmacht. Denn dort verbringen immer noch viele Menschen einen Großteil ihrer Zeit, und dort kommen auch die Schüchternen, die weniger selbstbewußten, die die sich in öffentlichen Lokalitäten nicht wohl fühlen, die Alleinerziehenden mit wenig Zeit für sich selbst usw. zwangsläufig mit anderen Menschen in Kontakt. Ich kenne Menschen, die wegen der sozialen Kontakte arbeiten gehen, obwohl sie es nicht nötig hätten. Das wird auch mit ein Grund für die unglaublich vielen Menschen sein, die sich ehrenamtlich betätigen. Der Verein als Bureauersatz.
Und die Arbeit z.B. für Trainer im it-Bereich scheint mediengestützt ungleich anstrengender zu sein als in einer realen Unterrichtssituation. Das wurde mir von mehreren Kunden überzeugend vermittelt.
#2 @SvG:
> Ich kenne Menschen, die wegen der sozialen Kontakte arbeiten gehen, obwohl sie es nicht nötig hätten.
Ich denke auch, dass dem für manche durchaus so ist. Nur sollte das eben nicht der hauptsächliche Zweck des Arbeitslebens sein oder als Argument gegen Remote Work bzw. Homeoffice dienen.
> Und die Arbeit z.B. für Trainer im it-Bereich scheint mediengestützt ungleich anstrengender zu sein als in einer realen Unterrichtssituation. Das wurde mir von mehreren Kunden überzeugend vermittelt.
Dem kann ich aus eigener Erfahrung nur deutlich widersprechen. Ich bin u.a. als Trainer im IT Bereich tätig. Schulungen per Zoom o.ä. zu geben, ist deutlich effektiver und entspannter als früher vor Ort.
Nicht nur musste man früher oft bereits einen Tag vorher anreisen, um morgens rechtzeitig am Schulungsort zu Sinn, sondern auch recht häufig mit der in externen Schulungsräumen bereit gestellten und oft nicht wirklich adäquaten Technik kämpfen, was für alle Beteiligten unnötigen Stress bedeutete.
Hinzu kamen die logistischen Herausforderungen und Kosten, die sich durch diese an sich eben unnötigen Reisetätigkeiten ergaben.
Per Videokonferenz hingegen kann jeder die ihm gewohnte und für die Schulung geeignete und funktionierende Technik verwenden. Nicht zuletzt kann auch eine gewohnte Umgebung ein nicht unwichtiger Faktor für Wohlergehen und damit Lernerfolg sein.
Zudem erlaubt die Arbeit per Zoom und Co. – auf den ersten Blick vielleicht paradoxerweise – deutlich bessere und intensivere Interaktion als vor Ort. Wenn man sie denn richtig gestaltet und nicht einfach versucht, alte Muster aufs Online Setting zu übertragen. In Videokonferenz Tools kann z.B. jeder Teilnehmer einmal seinen Bildschirminhalt und seine Ergebnisse präsentieren, was vor Ort meist doch eher schwierig ist oder nur recht zäh funktioniert.
Insgesamt ist die Dynamik bei Online Schulungen eine andere als vor Ort. Wenn man sich auf das Medium einlässt, ergeben sich dadurch wirklich neue Möglichkeiten.
Unter den von Ihnen geschilderten Umständen werden Sie recht haben. Bei meinen Kunden ist dies teils anders: Zum Schulungszentrum reisten früher die Kunden an. Die Räume sind technisch hervorragend ausgestattet und sehr großzügig geschnitten, die Verpflegung üppig und abwechslungsreich. Die hatten ein Rundumsorglospaket. Jetzt fehlt vielen der Kontakt zu den Kollegen, die Technik zuhause ist nicht gleich gut, und einige sprachen es ganz offen aus: Sie wollen nicht 24/Tag mit ihren Familien zusammen sein und hatten früher Beruf und Privat als zwei parallel existierende Lebenswelten sehr genossen. Und der eine oder andere hat meinem Eindruck nach durchaus den Zwang zum Brausen über die Autobahn im hochwertigen Dienstwagen auch geschätzt…