Zuletzt war er durch ungewohnt harsche Kritik am DFB und seinen führenden Köpfen aufgefallen (wir berichteten). Jetzt wird die öffentliche Schelte von Ex-Nationalspieler Philipp Lahm doch tatsächlich durch einen neuen Top-Job beim DFB belohnt.
Was in der freien Wirtschaft so wohl ziemlich undenkbar wäre, das ist im größten Sportverband der Republik offenbar möglich: Erhält Deutschland am 27. September den Zuschlag für die Ausrichtung der EM 2024, wird Weltmeister Philipp Lahm nämlich Chef der Turnierorganisation. Dies gab der DFB am heutigen Donnerstagmorgen bekannt.
„Es war von Beginn … an mein Wunsch, langfristig Verantwortung zu übernehmen“, wird Lahm in einer Mitteilung des DFB zitiert. „Die neue Aufgabe als Turnierchef bietet mir eine sehr interessante Möglichkeit dazu. Als Nationalspieler und zuletzt in meiner Rolle als EURO-Botschafter habe ich den DFB stets als sehr professionell kennengelernt. Deshalb freue ich mich, Teil dieses Teams zu werden. Gemeinsam mit dem Bewerbungsteam werde ich in den kommenden Wochen alles daran setzen, die EURO 2024 auch tatsächlich nach Deutschland zu holen.“ Doch damit nicht genug. Denn während seiner Tätigkeit wird Lahm zudem dem DFB-Präsidium als kooptiertes Mitglied angehören.
Noch einmal kurz zur Erinnerung:
Im Juli erst war es eben dieser Lahm, der kein gutes Haar an den handelnden Personen rund um DFB und Fußball-Nationalmannschaft ließ. Im Vormonat wurde er u.a. noch mit folgenden Worten zitiert: „Ich bin überzeugt davon, dass Jogi Löw seinen kollegialen Führungsstil der letzten Jahre ändern muss, wenn er mit der neuen Generation von Nationalspielern wieder Erfolg haben möchte.“
Um dann noch weiter gegen seinen ehemaligen Chef abzuledern. Löw müsse den Individualisten des Teams klar machen, dass sie „Verantwortung für die gesamte Mannschaft tragen“. Dies sei kein Zeichen der Schwäche, sondern der Weiterentwicklung. „Er muss eine Kultur strafferer, klarerer Entscheidungen etablieren.“
Auch an der Führungsspitze des Verbandes und ihrer Arbeitsweise ließ Lahm damals kein gutes Haar. Und das nachdem er als WM-Experte der ARD zuvor während des WM-Turniers überaus blass blieb, kaum ein kritisches Wort vor laufender Kamera absetzte.
Erst Mitte Juli nach dem Turnier ‚traute‘ er sich das. Schon damals sahen Kritiker in dem Manöver Lahms eine leicht durchschaubare Taktik. Er habe es schlicht selber auf einen Posten beim DFB abgesehen. Allerdings dachte die Mehrzahl der Beobachter dabei damals wohl noch an eine Funktion in einem zukünftig ganz neu strukturierten DFB, in einer personellen Neubesetzung, die den angekündigten Neuaufbau einmal entschieden mit voran treiben will.
Jetzt hat der Ex-Nationalspieler diese Position allen Ernstes tatsächlich sogar innerhalb der ‚alten‘ Riege der zuletzt vielfach (auch von ihm selber) harsch kritisierten Akteure gefunden.
Das sagt zweierlei aus: Zum einen wird ein wirklicher Neuaufbau rund um die Nationalmannschaft nach dem frühen scheitern in Russland damit immer Unwahrscheinlicher. Zum anderen haben Reinhard Grindel und Jogi Löw mit dieser Entscheidung einen ihrer zuletzt meistzitierten Kritiker mit ins eigene Boot geholt. Nicht ungeschickt aus ihrer Sicht, denn weitere öffentliche Kritik durch Lahm ist damit zukünftig wohl so gut wie ausgeschlossen.
Beides sind für einen kritischen Beobachter, der womöglich noch immer auf einen wirklichen Neuanfang beim DFB gehofft hatte, keine allzu schönen Erkenntnisse. Denn dieser ist damit vom heutigen Tage an wohl endgültig so gut wie ausgeschlossen…