Neues Anti-Doping-Gesetz in Berlin vorgestellt – ‚Großer Wurf‘, oder einfach nur ‚dumm‘?

Das Berliner Olympiastadion. Foto: Robin Patzwaldt
Das Berliner Olympiastadion. Foto: Robin Patzwaldt

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) haben heute auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin ein Anti-Doping-Gesetz für Deutschland vorgestellt.
Spitzensportler, die beim Doping erwischt werden, müssen demnach zukünftig, neben einer drohenden sportlichen Sperre durch die Sportverbände, in Deutschland mit bis zu drei Jahren Haft rechnen. Das Gesetz, das auch den Besitz von Doping-Mitteln unter Strafe stellt, soll „zur Erhaltung der Integrität des Sports“ beitragen.
Doping-Ärzten und anderen Hintermännern drohen in Zukunft demnach sogar härtere Strafen als den Athleten. Der Entwurf sieht u.a. Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren vor, wenn jemand „die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet“.
Das Gesetz, welches erst noch gebilligt werden muss, hat aber auch schon einige wortgewaltige Kritiker.
So erregte sich u.a. der bekannte Doping-Experte Werner Franke mit von ihm bereits aus der Vergangenheit bekannt deutlichen Worten: Die erarbeitete Vorlage sei „nicht nur ein kleiner Wurf, sondern gar kein Wurf“, sagte der Wissenschaftler in einem Gespräch mit einem Radiosender „Das ist entweder total dumm oder total hinterhältig.“, so Franke.
Hintergrund ist, dass, wie auch der Innenminister in Berlin betonte, das Gesetz sich lediglich in Richtung des Spitzensports richte. Es sei, so De Maiziere, schlicht unmöglich den Breitensport in der für den Spitzensport zukünftig angedachten Weise zu überwachen. Als Beispiel nannte der CDU-Politiker auf Nachfrage den Berlin-Marathon mit seinen 10.000 Teilnehmern, wo es schlicht gar nicht machbar sei jeden Teilnehmer entsprechend streng zu kontrollieren.
Franke hingegen erweiterte seine Kritik auch auf die aktuellen Zustände in der Gesellschaft: „Wir haben einen Staat, der jede Art der Hilfe für junge Leute von der Zahl der Medaillen abhängig macht.“
Die Vereinigung führender Sportsponsoren in Deutschland (S20) hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung dagegen ausdrücklich begrüßt. „Die Unternehmen, die bei S20 zusammengeschlossen sind, haben sich stets klar gegen Doping ausgesprochen. Wir haben bei diesem Thema regelmäßig Kontakt zur NADA und finden, dass weitergehende Strafen auch durch den Staat ein wichtiger Schritt zur Abschreckung sein können“, betonte der S20-Vorsitzende Stephan Althoff in einer Mitteilung.
Auch Justizminister Maas legte auf der PK Wert auf die Feststellung, dass das Gesetz ein Zeichen an die Sponsoren sei, die einen sauberen Spitzensport zur Bedingung ihrer Sponsorentätigkeit machen würden.
Zudem sahen sowohl der Innen- als auch der Justizminister in der Vorlage auch keinen grundsätzlichen Nachteil für eine zukünftige Olympiabewerbung Deutschlands. Im Gegenteil. De Maiziere betonte, wenn dem so wäre, dass man seine Chancen als Bewerberland vergrößern würde, wenn man nicht so genau kontrollieren würde wie einer der Mitbewerber, dann würde er sogar dahin tendieren, sich gar nicht erst für so eine Großveranstaltung zu bewerben. Er sei aber sicher, dass dies so eben nicht der Fall sei, so der CDU-Politiker heute Vormittag in Berlin.
Wenn die nun anstehende Debatte rund um das neue Gesetz auch nun in den nächsten Tagen und Wochen wohl erst so richtig beginnen wird, eines wurde heute Vormittag auch schon ganz deutlich: An der grundsätzlichen Notwendigkeit einer solchen Regelung dürfte es keine Zweifel geben. Es wird um die Details gehen, welche nun vermutlich noch einmal mit neuem Schwung diskutiert werden. Und das kann dem grundsätzlichen Anliegen, die Einflüsse von Doping im Sport in Zukunft möglichst weit zurückzudrängen, eigentlich nur von Nutzen sein.

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WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

„Ein erster Schritt in die richtige Richtung“ -Phrase, aber m.E. durchaus passend.

Warten wir ‚mal die nächsten 2 Jahre ab, ob das Gesetz Wirkungne haben wird und ggfs. welche -noch gibt es nur einen Gesetzesentwurf.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
10 Jahre zuvor

@Robin: Dass eine Staatsanwaltschaft in einem Strafprozess einem Straftäter eine bewusst ausgeführte Straftat nachweisen muss, halte ich jetzt nicht für „neu“;-) Was die bislang allein zuständige Sportgerichtsbarkeit mit dem Bewusst/Unbewusst-Unterschied macht und wie sie deswegen Sportler sperrt, bleibt ihr ja weiterhin ungenommen. Der Vorsatz ist im Strafverfahren maßgeblich für Haftstrafen und deren Dauer. Das wird ja auch durch die Abtrennung der Strafbarkeit vom Amateur- und Privatsport, der sich ja nur selbst schädigen kann, klar verfestigt.

WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

Robin,
wenn der Staat der Auffassung ist, eine bisher strafreie Handlung zu einer Straftat machen zu sollen, dann muß für diese dasselben gelten wie für jede andere auch: Nicht der Verdächtige hat zu beweisen, daß er rechtens und ohne eigenes Verschulden gehandelt hat, sondern der Staat, der ihn mittels der Staatswanwaltschaf wegen einer Straftat anklagen will, muß rechtswidriges, schuldhaftes Handeln beweisen!

Also wird zukünftig auch jeder „verdächtige Sportler“ mittels seiner Anwälte alles tun, um gegenüber der Staatsanwaltschaft bzw.später in einem gerichtlichen Verfahren allen Vorhaltungen, allen Beweisen der Staatsanwaltschaft für ein rechtswidrig-schuldhaftes Handeln ials unbegründet, als nicht hirneichend begründet, als nicht hinreichnd belegt zu widersprechen.

Ich gehe aber davon aus, daß jeder Sportler, der dopt oder Doping in Erwägung zieht, diesbezüglich mehr Skrupel haben wird als bisher angesichts der Möglichkeit, sich deshalb zukünftig polizeilichen-staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ausgesetzt sehen und sich öffentlich als Angeklagter in einem Strafverfahren verantworten zu müssen und er evtl. danach ein „verurteilter Strafttäter“ sein könnte. Bei mir wäre das jedenfalls so.

keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
10 Jahre zuvor

Der Entwurf ist zu begrüßen.
Natürlich wird man nicht jeden Held der Kreisklasse, der sich mit Aufputschmitteln und Schmerzmitteln vollpumpt, erwischen können. Beim Spitzensport und insbesondere auch bei den Hintermännern muss der Staat aber Stellung beziehen. Das ist schon im Hinblick auf die Vergangenheit wichtig.

Bedenklich finde ich, dass ein Gesetzentwurf bzgl. einer möglichen Olympiabewerbung gesehen wird. Dann sollten wir uns Olympia schenken und dafür sorgen, dass weiter Diktaturen und Gesellschaften ohne große Bürgerbeteiligung bei Großveranstaltungen ganz weit vorne sind.

WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

-6- KeineEigenveranwortung

M.W. werden von dem Gesetz nur sog. Profi-sportler erfaßt, also nicht die sog.Hobby-Sportler.

Mittlerweile habe ich über den Beitrag von Robin hinaus von denjenigen, die für eine strafrechtlche Erfassung von Doping sind, einige kritsche Stimmen zum Gesetzentwurf gehört -unklar im Detail, nicht umfassend genug u.ä.mehr.

Das können alles berechtige Einwendungen sein.

Zu bedenken ist:
Es gibt a.) bisher lediglich einen Gesetzesentwurf, dh., da kann sich noch Einiges im Sinne der Kritiker in den Beratungen im Bundestag/in seinen Ausschüssen ändern und b.) läßt sich, z.B. nach zweijähriger Erfahrug mit dem neuen Gesetz, jederzeit Vieles „nachlegen“.

Mir ist es relativ egal, welche Motive es waren, die die Bundesregierungestag dazu gebracht haben könnten, jetzt den Gesetzesentwurf zu präsentieren. Olympia in Deutschland? Sollte man ‚mal gesondert diskutieren. Ich gehe nciht davon aus, daß ein „Bundes-Anti-Doping-Gesetz“ für eine Entscheidung über eine Olympiade in Deutschland relevant wäre.

.

yohak
yohak
10 Jahre zuvor

Ich halte es für völlig falsch, Doping bei Hobbysportlern zu kriminalisieren. Bei Profisportlern kann man argumentieren, daß Doping Betrug darstellt, aber wenn Hobbysportler dopen, denn schaden sie nur sich selber. Die eigene Gesundheit zugunsten eines Hobbys zu riskieren, ist zwar dumm, aber sollte in einem liberalen Rechtsstaat noch lange kein Grund zur Strafverfolgung sein. Ich finde, Hobbysportler, die Doping benutzen, sollten, ähnlich wie Raucher, Anhänger von Risikosportarten, Fast-Food-Fans, Leute, die bei Krankheiten auf Homöopathie setzen und andere ungesund oder riskant lebende Menschen vielleicht vom Staat vor den Folgen ihres Handelns gewarnt werden, jedoch keineswegs ins Gefängnis geworfen werden. Etwas Eigenverantwortung muß in einer freiheitlichen Gesellschaft schon sein.

der, der auszog
der, der auszog
10 Jahre zuvor

Macht es einen Sinn Sportler zu kriminalisieren nur weil sie Drogen nehmen?
Wäre es nicht angebrachter Fixerstuben an Marathon- und Radrennstrecken, sowie neben Sportstadien und Fitnessstudios einzurichten?

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
10 Jahre zuvor

: Das neue Anti-Doping-Gesetz verzichtet explizit auf eine Kriminalisierung von Hobby- und Breitensportlern, eben aus der Begründung heraus, dass diese sich mit den gesundheitlichen Folgen von Doping selbst und genug strafen. Da wird es also auch weiterhin keine Strafverfolgung geben.

Die Rede ist von ca. 7000 Spitzensportlern in Deutschland, die überhaupt in den „Genuss“ einer neuen Strafverfolgung kämen.

Helmut Junge
Helmut Junge
10 Jahre zuvor

Bundesregierungen, welcher Koalitionen auch immer, waren stets auf der Suche nach Vergehen, die noch nicht Straftatbestand waren. Glücklicherweise bleiben da wegen mangelnder Kenntnisse der jeweiligen Justizminister und natürlich auch Justizministerinnen, einige unentdeckte Möglichkeiten für die Nachfolger übrig. Was für ein Land!
Z:B. wachsen sowohl in Österreich, aber auch in Deutschland seit einigenen Jahren Trüffeln im Boden Wälder. Preisfrage: in welchem der beiden Länder ist das Sammeln von Trüffeln verboten worden?
Richtig!

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