Die Universität Kiel hat die Vollverschleierung im Hörsaal verboten. Unsere Schweizer Gastautorin Anastasia Iosseliani findet die Entscheidung richtig.
Wie verschiedene Medien berichteten, hat die Leitung der Universität von Kiel beschlossen verschiedene Gesichtsschleier wie Niqabs und Burkas in Lehrveranstaltungen zu verbieten. Dies ist zu begrüssen, wenn es mir persönlich auch nicht weit genug geht: Denn meiner Ansicht nach sollte ein generelles Burka-/Niqabverbot in der Öffentlichkeit und nicht nur für Lehrveranstaltungen gelten. Zumal der Niqab und andere Formen des Gesichtsschleiers nicht nur für absolute Regression und Frauenverachtung stehen, sondern auch Betrug Tür und Tor öffnen.
Aber lassen sie mich meine Position weiter elaborieren: Wie der Hijab, das islamische Kopftuch, stehen Niqab und Burka, meiner Meinung nach, für Frauenverachtung, Regression und eine Täter-Opfer-Umkehr bei sexueller Gewalt gegenüber unverschleierten Frauen. D.h. durch die Idee, welche hinter Schleiern, wie dem Niqab steht, werden Frauen in ehrbare, verschleierte Frauen und nicht ehrbare, unverschleierte Frauen eingeteilt. Bei Gesichtsschleiern, wie dem Niqab und der Burka, kommt noch die totale Auslöschung der Frau als Individuum hinzu und somit eine Dehumanisierung der Frau als solche. Deshalb bin ich der Meinung, dass Gesichtsschleier, wie Niqabs und Burkas aufgrund des ersten Artikels des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland («Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.») in Deutschland verboten werden sollten. Denn wie oben schon erwähnt, steht hinter solchen Gesichtsschleiern eine menschen- und vor allem frauenverachtende Ideologie. Eine Ideologie, die sich nicht hinter dem Recht auf Religionsfreiheit verstecken darf! Denn ich dürfte ja zum Beispiel auch nur in meinen vier Wänden nackt sein und nicht im Adamskostüm auf der Strasse in Deutschland rumrennen, wenn ich einem bizarren Nudisten-Kult beitreten würde.
Aber kommen wir zurück zur Universität von Kiel: Für mich ist es nur logisch, dass an einer Universität, wie auch anderswo in der Öffentlichkeit, Gesichtsschleier verboten werden sollen, denn durch Gesichtsschleier weiss man nicht genau, wer sein Gegenüber wirklich ist. Nicht nur sind Gesichtsschleier wie Niqabs und Burkas im schlimmsten Fall ein Sicherheitsrisiko, sondern sie erleichtern Betrug im akademischen Rahmen. Denn wie schon erwähnt, kann man nicht sagen, wer genau unter dem Niqab oder der Burka ist, die Mutter, die Tante, die Schwester oder der Hausmeister. Summa summarum gehören Gesichtsschleier, meiner Meinung nach, in der Öffentlichkeit sanktioniert, so wie man den Exhibitionismus von wirren Nudisten in der Öffentlichkeit sanktionieren würde. Auch und gerade deshalb, um ein Mindestmass an Zivilisation aufrecht erhalten zu können.
Da schlägt der Nanny-Staat wieder zu, und das für Menschen, deren Anzahl in Prozent, im Promillebereich liegen dürfte.
Jedes Mitglied einer offenen Gesellschaft hat im öffentlichen Raum ein doppeltes Anrecht auf das Gesicht. Zum ersten, seines zu zeigen, und zum zweiten das des anderen zu sehen. Das Gesicht ist beim Menschen die zentrale kommunikative Schnittstelle. Mit seiner Sichtbarkeit wird zwischenmenschliche Verständigung in ihrer ganzen Fülle überhaupt erst möglich. Wer sein Gesicht im öffentlichen Raum dauerhaft nicht zeigen will, will auch keine offene Gesellschaft. Dass es Situation / Aufgaben gibt, bei denen auf Zeit die Gesichtsverschleierung /Bedeckung praktisch notwendig ist, ändert nichts an dieser Grundtatsache zwischenmenschlicher Kommunikation.
Verschleierung ist eine Privatangelegenheit. Keine Frage. Das heißt für mich, daß sich jeder Mensch in seinem privaten Umfeld voll verschleiern darf. Geht dieser Mensch raus in die Öffentlichkeit, gelten Regeln, die dem gemeinsamen Leben mit anderen Menschen, die auch ihre private Umgebeung verlassen haben, ermöglichen. Ich denke, daß sich draußen, in der Öffentlichkeit, jede Form von Gesichtsverschleierung von allein verbietet. Ich habe das Recht zu erkennen, wer vor mir steht, mit wem ich rede, Verträge abschließe, etc.
Also, Gesichtsverschleierung in der eigenen Wohnung ja, draußen aber nicht. Muslima machen es genau anders herum. Das ist falsch.
Egal ob Kopftuch oder andere Verschleierungen! Es sind Frauenunterdrückungssymbole, die ich nicht mehr sehen will! Ein Anfang ist, sie in Schulen und allen übrigen staatlichen Einrichtungen zu verbieten! Wir haben schon Parrallelgesellschaften genug! Fördern wir nicht noch weitere! Das sieht übr die EMMA genauso!
#1: Beitrag nicht verstanden? Die Autorin hat alle wesentlichen Argumente genannt. Ob Promille oder Prozent, spielt hier keine Rolle.
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Ein Aspekt fehlt noch. Nämlich der Respekt vor dem Gastland. Die Betreffenden scheinen sich nicht die geringste Mühe zu machen herauszufinden, welche Gepflogenheiten hier herrschen noch sind sie bereit, diesen Rechnung zu tragen. Hier mit der Burka rumzulaufen zeigt im Gegenteil eine abgrundtiefe Verachtung für das aufnahmebereite Land, seine Menschen, seine Kultur und seine Freiheit.
Auch wenn bigotte Antirassisten jetzt ausflippen: Respekt geht nicht nur in eine sondern auch in die andere Richtung.
So sehr es hier offensichtlich manchen ärgern mag, aber um in einem freiheitlichen, demokratischen Rechtsstaat etwas zu verbieten, muss man sehr gute Gründe haben.
Ich Schule und Universität ist Kommunikation zentral, ohne Kommunikation können diese Institutionen ihre Aufgaben gar nicht erfüllen. Und zur Kommunikation gehört – jedenfalls hierzulande – in der Tat ganz eindeutig auch die Möglichkeit, die Mimik des Gegenübers wahrzunehmen.
Damit lässt sich in diesem Bereich das Verbot stichhaltig begründen. Man muss dazu noch nicht mal auf evtl. Betrugsmöglichkeiten bei Prüfungen o.Ä. verweisen (das Problem ließe sich ja auch anders lösen).
Im öffentlichen Bereich ist das anders. Und da sind die im Artikel und in mehreren Kommentaren genannten Begründungen wieder mal samt und sonders persönliche Meinungen und Befindlichkeiten, die juristisch einfach für die Tonne sind:
– Nein, es gibt in der Öffentlichkeit kein Recht, das Gesicht anderer Leute zu sehen. Wie sollte das auch begründet sein?
– Man mag die Vollverschleierung für würdelos halten, aber wenn man das selber tut, darf man das. Punkt.
– Dito Frauenunterdrückungssymbol, Täter-Opfer-Umkehr, usw-: Mag man ja so sehen, ist aber, wenn's freiwillig getragen wird, auch wieder irrelevant.
– Das etwas eine "Privatangelegenheit" ist, heißt, dass man selbst darüber entscheiden darf. Es heißt nicht, dass man es nur im Verborgenen tun darf.
Ein paar Leute müssten echt noch lernen, dass persönliche negative Wertungen, so berechtigt sie sein mögen (und ich selbst finde Burka und Niqab natürlich auch überhaupt nicht gut), für ein Verbot einfach keine Bedeutung haben.
@ Paule t
Es geht mir nicht um ein juristisch einklagbares Recht auf die Gesichtswahrnehmbarkeit im öffentlichen Raum. Deswegen ist es mir auch egal ob ein juristisches Verbot rechtlich durchsetzbar ist/wäre, oder nicht. Es geht um die Forderungen, die der, der eine offene Gesellschaft will, politisch zu stellen hat. Dazu gehört für mich eindeutig das Recht, im öffentlichen Raum das Gesicht eines jeden Menschen sehen zu können. Politisch will und wünsche ich mir eine Gesellschaft in der die Menschen zu jeder Zeit offen miteinander öffentlich kommunizieren können, und das geht nicht, bzw. nur sehr, sehr eingeschränkt mit Gesichtsverschleierung.
@Arnold Voss, #7:
OK, wenn es Ihnen nicht um durchsetzbare Verbote geht, sondern um ein rechtlich unverbindliches "Es wäre schöner, wenn …", bin ich voll bei Ihnen. Ich fände es auch schöner, wenn keine Frauen die Vollschleierung trügen.
Nur war es dann mehr als missverständlich, im Kontext eines Artikels, in dem es um ein rechtlich durchsetzbares Verbot ging, von einem "Anrecht" darauf zu sprechen.
@ Pauke t
Aber sie verstehen, dass ich deswegen nichts dagegen hätte, wenn ein solches Gesetz rechtlich möglich, bzw. politisch durchsetzbar wäre, wie z.b. in Frankreich. Ich halte die gesichtsfreie öffentliche Kommunikation für Jeden für einen großen gesellschaftlichen Fortschritt, den es gegen alle zu verteidigen gilt, die ihn zurückdrehen wollen. Dabei ist es mir völlig egal ob die Gesichtsverschleierung freiwillig ist oder nicht. Es geht mir um den Geist der dahinter steht. Den werde ich auch in Zukunft mit allen demokratischen Mitteln bekämpfen.
@Nussknacker 56 Völlig richtig! Respekt zeigen und einfordern kann nicht nur in einer Richtung funktionieren.
Nein, das kann ich nicht verstehen. Ich halte das Recht anderer, etwas zu tun, was mir nicht gefällt, für ziemlich wichtig – solange dabei keine Rechte anderer Personen verletzt werden. Und Kommuikationsverweigerung, auch durch Vollverschleierung, verletzt eben keine Rechte anderer. Sie tut es nur in Kontexten, wo Kommunikation zwingend nötig ist, wie eben in der Universität. Da habe ich in der Tat das Recht, das Gesicht der Kommilitonin zu sehen, die am Seminar teilnimmt, und also mit mir kommunizieren muss. Einfach so auf der Straße, wo sie jedes Recht hat, die Kommunikation zu verweigern, habe ich dieses Recht nicht. Ganz egal, wie wenig es mir gefällt.
Wie sieht es eigentlich mit dem Uniformverbot aus juristischer Sicht aus, wenn es um Gruppen im öffentlichen Raum geht, die bspw. alle ihre Konturen unter schwarzem Stoff verbergen?
@11 paule t. "Sie tut es nur in Kontexten, wo Kommunikation zwingend nötig ist, wie eben in der Universität. Da habe ich in der Tat das Recht, das Gesicht der Kommilitonin zu sehen, die am Seminar teilnimmt, und also mit mir kommunizieren muss."
Das ist Quatsch. Du bringst die verschiedenen Ebenen von Recht ja selbst total durcheinander. Du hast kein verbrieftes Recht, das Gesicht einer Kommilitonin zu sehen, das Du einfordern kannst. Anstand und Sitte würden dazu führen, dass jemand den Schleier in dem Kontext abnimmt. In Bayern sieht dies glaube ich anders aus.
Es ist möglich, ein Vollverschleierungsverbot im öffentlichen Raum durch den Gesetzgeber zu schaffen und ich persönlich bin der Meinung, dass dies ein gutes Zeichen wäre. Das ist hier Deutschland und nicht Iran oder Afghanistan. Es reicht schon, dass "wir" das Christentum zähmen und zurückdrängen mussten, da muss mir keiner mit Streicheleinheiten für den Islam kommen. Ich mach ne Flasche Sekt auf, wenn das bundesweite Vollverschleierungsverbot endlich kommt.
@#13 Nina
Zitat: "Du hast kein verbrieftes Recht, das Gesicht einer Kommilitonin zu sehen, das Du einfordern kannst." —
Stimmt, ich war unpräzise. Ich persönlich habe dieses Recht nicht. Aber die Universität hat das Recht, die Vollverschleierung zu verbieten, um die für ihren Zweck notwendige Kommunikation zu gewährleisten. Und das finde ich in diesem Kontext auch richtig.
Zitat: "Es ist möglich, ein Vollverschleierungsverbot im öffentlichen Raum durch den Gesetzgeber zu schaffen und ich persönlich bin der Meinung, dass dies ein gutes Zeichen wäre. " —
Nun, ich halte es im Rahmen unserer Verfassung für zweifelhaft, ob das möglich wäre, und hielte es auch wegen der genannten Gründe (Freiheit des Andersdenkenden und so) für kein gutes Zeichen.
Zitat: "Das ist hier Deutschland und nicht Iran oder Afghanistan." —
… und damit sind wir auf dem argumentativen Niveau von "Da könnte ja jeder kommen", "Das haben wir noch nie so gemacht" und "Wo kämen wir denn da hin".
Zitat: "Es reicht schon, dass "wir" das Christentum zähmen und zurückdrängen mussten, da muss mir keiner mit Streicheleinheiten für den Islam kommen." —
Hu, und jetzt sind wir wieder mal da, dass die total aufgeklärten und freiheitsliebenden Atheisten meinen, andere Leute "zähmen" zu dürfen und zu müssen, statt in einen gleichberechtigten Diskurs mit Ihnen zu treten (denn natürlich sind "das Christentum" und "der Islam" nicht reine Gedankenkonstrukte, sondern bestehen auch aus Menschen, die von derartigen Zähmungsideen betroffen sind). Gruselig.
Um es mal noch moderat zu sagen: Du bist weder meine noch irgendeines anderen Menschen Dompteuse, und solche Gedanken sind eine verdammte, freiheits- und demokratiefeindliche Anmaßung.
@14 paule t.
Du nimmst die Dinge, die ich sage, persönlicher, als es notwendig ist.
Es ist nunmal ein Fakt, dass das hier Deutschland ist und nicht Iran oder Afghanistan. Ich kann mir auch nur schwer vorstellen, dass Du gerne zu der Hochzeit eines durch Gewalt, Drangsalierung und Machtmissbrauch gekennzeichneten Christentums gelebt hättest. Kreuzzüge, Judenverfolgung im Mittelalter, Folter und Gewalt gegenüber Menschen, die man Hexen und Magier nannte.
Die Frage "Wo kämen wir denn da hin?" ist interessant in Bezug auf die Akzeptanz und Duldung von Religionsausübung im öffentlichen Raum. Wieviel soll/kann/muss ein säkularar Staat aushalten?
Zitat: "Stimmt, ich war unpräzise. Ich persönlich habe dieses Recht nicht. Aber die Universität hat das Recht, die Vollverschleierung zu verbieten, um die für ihren Zweck notwendige Kommunikation zu gewährleisten. Und das finde ich in diesem Kontext auch richtig." Das sehe ich anders-Kommunikation in der Uni erfordert in unseren Zeiten nicht mehr, dass man jemanden ins Gesicht sehen kann. Wenn es darum ginge… das geht auch mit Verschleierung. Z.B. wäre es denkbar, dass in Zukunft bei Prüfungen die Identität mittels Prüfung des Fingerabdrucks oder Augenscan sicher bestimmt werden kann. Aber darum geht es nicht. Das hier ist nicht der Iran und ich mag mich nicht an die Burka als Symbol strenggläubiger und radikaler Muslime gewöhnen.
@ Paule t # 11
Die permanente Gesichtverschleierung hat sehr wohl negative Folgen für andere Menschen im öffentlichen Raum. Feiheit ist für mich, dass ich frei kommunizieren kann, und dazu gehört für mich die freie Gesichtswahrnehmung bei den mich umgebenden Menschen. D.h. nicht, dass ich ein Recht dauf hätte, dass sie mit mir kommunizieren, wenn sie das nicht wollen. Aber das Verbergen des Gesichtes ist nichts anderes als eine Einschränkung meines Rechtes, zu sehen wer mit mir den öffentlichen Raum teilt. Ohne ein Gesicht zu sehen habe ich nicht mal die Möglichkeit überhaupt zu entscheiden, wem ich mich annähern möchte oder nicht. Ich will in keiner Gesellschaft leben, in denen es im öffentlichen Raum Menschen ohne Gesicht gibt.
@ Nina
Zum Identifizieren reicht auch der Fingerabdruck. Der allerdings dann auch von allen irgendwo gesammelt existieren müsste. Aber er reicht nicht zur gelungenen zwischenmenschlichen Kommunikation, die über eine einfache Frage hinausgeht. Gefühle sind nun mal ein wesentlicher Teil menschlichen Daseins und die drücken sich vor allem im Gesicht aus. Gesichtsausdruck nennt man das entsprechend. Ohne den kann eine ernsthafte Auseinandersetzung mit einem anderen Menschen nicht gelingen. Aber selbst bei einem schlichten Gruß gibt das Gesicht über ein Lächeln mehr bekannt als viele Worte.
@ #15 Nina
Zitat: "Du nimmst die Dinge, die ich sage, persönlicher, als es notwendig ist."
— Nun, dazu zunächst mal vorweg: Wenn von einer "Zähmung" des Christentums die Rede ist, dann _bin_ ich als Christ objektiv betroffen. Dann wird damit gesagt, dass meine Weltanschauung unter dem Vorbehalt eines andersdenkenden Dompteurs stünde. Und das ist nun mal eine Anmaßung.
Die Ausübung meiner wie jeder anderen Weltanschauung wird durch genau eine Sache eingeschränkt, nämlich durch die Rechte meiner Mitbürger, die diese und ich genau gleich besitzen – und nicht durch eine von sich überlegen dünkenden Anderen beschlossene Grenzsetzung.
Dass ich solche Aussagen auch subjektiv persönlich _nehme_, liegt übrigens daran, dass ich dich als Gesprächspartnerin ernst nehme. Achselzuckend darüber hinweggehen würde ich bei Leuten, deren Aussagen ich sowieso gar nicht ernst nehmen kann.
Zitat: "Ich kann mir auch nur schwer vorstellen, dass Du gerne zu der Hochzeit eines durch Gewalt, Drangsalierung und Machtmissbrauch gekennzeichneten Christentums gelebt hättest. Kreuzzüge, Judenverfolgung im Mittelalter, Folter und Gewalt gegenüber Menschen, die man Hexen und Magier nannte."
— Richtig. Ich bin natürlich froh, dass sich die Gesellschaft insgesamt und das Christentum speziell in der Hinsicht weiterentwickelt haben. Das ist aber eben eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung, die mindestens genauso im und durch das Christentum stattgefunden hat wie gegen es. Ja, die Konfrontation mit anderen Ideen hat auch dazu beigetragen – aber in Diskursen und Konflikten, die beide Seiten verändern, und nicht in der "Zähmung" der einen Seite durch die andere.
Genauso froh, wie nicht in einer Zeit und an einem Ort zu leben, wo sich die Religion (bis auf extreme Minderheiten) der Gewalt bedient, bin ich übrigens, nicht in einer Zeit und an einem Ort zu leben, wo sich die Gegnerschaft zur Religion der Gewalt bedient. Das war in den historisch bisher sehr wenigen Gesellschaftsformen, wo die herrschende Ideologie religionskritisch war, ja nun auch nicht selten der Fall …
Zitat: "Die Frage "Wo kämen wir denn da hin?" ist interessant in Bezug auf die Akzeptanz und Duldung von Religionsausübung im öffentlichen Raum. Wieviel soll/kann/muss ein säkularar Staat aushalten?"
— Das ist ganz einfach zu beantworten: Ein säkularer – im Sinne von weltanschaulich neutraler – Staat kann und muss alles aushalten, was nicht die Rechte anderer einschränkt.
Bezüglich der Vollverschleierung heißt das: Ich mag diese noch so sehr ablehnen – meine Rechte schränkt sie nur da ein, wo ich das Recht und/oder sogar die Pflicht zur Kommunikation mit anderen habe, die dadurch behindert wird. In der allgemeinen Öffentlichkeit ist das nicht gegeben.
Zitat: "Das sehe ich anders-Kommunikation in der Uni erfordert in unseren Zeiten nicht mehr, dass man jemanden ins Gesicht sehen kann."
—- Doch, das gehört m.E. schon zur Universität dazu. Zu jedem Studium gehört notwendig auch die mündliche Kommunikation mit KommilitonInnen und Lehrenden, und dazu gehört – in unserem Kulturkreis wenigstens – auch die Wahrnehmung des Gesichts. Die Notwendigkeit mündlicher Kommunikation ist sogar bei Fernstudien gegeben, weil es auch dort i.d.R. Präsenzphasen gibt.
Und wo das nicht der Fall sein sollte – nun, da stellt sich die Frage nach der Vollverschleierung ja auch gar nicht.
Zitat: "Wenn es darum ginge… das geht auch mit Verschleierung. Z.B. wäre es denkbar, dass in Zukunft bei Prüfungen die Identität mittels Prüfung des Fingerabdrucks oder Augenscan sicher bestimmt werden kann."
— Ja, da stimme ich wieder zu – zur Betrugsverhinderung bei Prüfungen u.Ä. wäre das Verbot nicht notwendig (das schrieb ich auch oben schon). Das ist aber auch nicht mein Punkt, sondern eben die mündliche Kommunikation.
Zitat: "Aber darum geht es nicht. Das hier ist nicht der Iran und ich mag mich nicht an die Burka als Symbol strenggläubiger und radikaler Muslime gewöhnen."
— Ja nun. Damit weist du ausdrücklich eine Argumentation zurück, die sich – wie es sich rechtsstaatlich gehört – an den Rechten anderer orientiert, zugunsten einer Argumentation, die allein auf deinen weltanschaulichen Präferenzen fußt. Für deine persönliche Meinung dazu ist das ja auch völlig ausreichend, als Grundlage für eine gesetzliche Regelung hingegen völlig irrelevant.
@ #16 Arnold Voss
Zitat: "Die permanente Gesichtverschleierung hat sehr wohl negative Folgen für andere Menschen im öffentlichen Raum. Feiheit ist für mich, dass ich frei kommunizieren kann, und dazu gehört für mich die freie Gesichtswahrnehmung bei den mich umgebenden Menschen. D.h. nicht, dass ich ein Recht dauf hätte, dass sie mit mir kommunizieren, wenn sie das nicht wollen."
— Richtig – ein Recht zur Kommunikation mit einer Person, die das nicht will, haben Sie eben nicht. Dann verstehe ich aber auch nicht, wie Sie auf das Folgende kommen.
Zitat: "Aber das Verbergen des Gesichtes ist nichts anderes als eine Einschränkung meines Rechtes, zu sehen wer mit mir den öffentlichen Raum teilt."
— Wie kommen Sie denn darauf, dieses Recht zu haben? Sogar die Polizei hat ja nur unter bestimmten Bedingungen das Recht, festzustellen, wer sich im öffentlichen Raum aufhält. Und dafür würde der Blick ins Gesicht ja auch nicht ausreichen – auch dann wüssten Sie ja nicht, wer das ist. Mit dem Blick ins Gesicht haben Sie nur eine bestimmte einfache, basale Form der Kommunikation mit der jeweiligen Person – auf die Sie (s.o.) im öffentlichen Raum nun einmal kein Recht haben.
Zitat: "Ohne ein Gesicht zu sehen habe ich nicht mal die Möglichkeit überhaupt zu entscheiden, wem ich mich annähern möchte oder nicht."
— Natürlich haben Sie diese Möglichkeit. Sie haben die Möglichkeit, zu entscheiden, ob sie sich einer vollverschleierten Person annähern möchten. Ich wollte – in den extrem seltenen Fällen, wo ich einer solchen Person begegnete – nicht.
Zitat: "Ich will in keiner Gesellschaft leben, in denen es im öffentlichen Raum Menschen ohne Gesicht gibt."
— Ja nun, ich will auch so manches. Ein Recht darauf, es durchzusetzen, habe ich zum Glück nur bei sehr wenigen Dingen davon. Bei den anderen muss ich eben versuchen zu überzeugen.
@Paule t. Ihre Vorstellung von der Unveränderbarkeit des Grundgesetzes teile ich nicht. Es hat während meiner Lebenszeit schon sehr viele gravierende Veränderungen im Grundgesetz gegeben.
Natürlich sind weder Sie noch ich Gesetzgeber, sondern bürgerliche Beobachter mit persönlich bedingten Vorstellungen bzw. Vorlieben.
Sie argumentieren Ihre Ansicht aber zu schwach, als daß sie mich überzeugen könnten. Das ist der Punkt. Ich kann mir nach wie vor vorstellen, daß das Tragen eines Vollgesichtsschleiers im Rahmen des GGs verboten werden könnte, und daß die dann zu erwartenden Klagen allesamt scheitern würden.
Das Problem für diesen Diskurs ist aber, daß ich eine Vorstellung, die ich nicht selber umsetzen kann, auch nicht wirklich diskutieren könnte. Selbst wenn ich wollte. Ihre juristische Argumente sind schwach, meine aber auch. Sie glauben etwas, ich glaube etwas anderes. Da gibt es keine Einigungsmöglichkeit. Was Sie machen indem Sie diskutieren, klingt für mich wie eine Werbung, obwohl Sie in (8) andeuten, daß Sie eigentlich auch nicht für diese Vollverschleierung sind
""Es wäre schöner, wenn …", bin ich voll bei Ihnen. Ich fände es auch schöner, wenn keine Frauen die Vollschleierung trügen."
Worum geht es dann noch? Ist es Besserwisserei? Dürfen Sie! Ich lasse Sie. Viel Spaß dabei.
@ Paule t
Es geht mir nicht darum, dass ich Namen, Adresse usw. von Jemandem im öffentlichen Raum wissen will. Natürlich habe ich dazu nicht das Recht. Ich will mich aber sozial orientieren können. Ich will wissen, was um mich passiert. Dazu gehört im Ernstfall auch das Gesicht eines Menschen sehen zu können, um mit ihm zu kommunizieren.
Der öffentliche Raum ist nicht privat. Er ist kein geschlossenen sondern ein offener, den man auch mit den Menschen zu teilen hat, die man nicht persönlich kennt. In einer offenen Gesellschaft bedeutet das, dass dort eine freie Kommunikation auch zwischen einander Unbekannten möglich ist, und die geht nicht ohne Gesicht.
Natürlich gehört dazu in einer freien Gesellschaft eine gewisse Gesichtsdramaturgie, einschließlich der verspiegelten Sonnenbrille oder dem Trauerschleier, oder dem gesichtsverdeckenden Kälteschutz.Aber alle diese Kleidungselemente haben nicht die Funktion einer permanenten Gesichtsverschleierung aus Prinzip.
Sie sind das Private im öffentlichen Raum, sind flexibel und abnehmbar. Sie sind Teil einer frei kommunizierenden Gesellschaft. Der Geist, der hinter der Gesichtsverschleierung aus Prinzip steht, ist die Gegnerschaft zu einer frei kommunzierenden Gesellschaft.
Nach alldem, was wir in den letzten Jahren über die verschiedenen Ausformungen des Islam gelernt haben, ist die Vollverschleierung ein Zeichen für die Hintansetzung der Frauen. Ob sie nun freiwillig getragen wird oder nicht. Also weg damit, ohne Wenn und Aber. Zumal sie ja auch eine provokante Ablehnung der allgemeinen Werte der westlichen Gesellschaften darstellt.
Schon der hinkende Vorzeigearier vom Niederrhein hat die Demokratie verhöhnt, weil sie ihren Feinden die Freiheit gelassen hat, an der Aufhebung der Freiheit zu arbeiten. Daraus sollten wir eigentlich strenge Lehren zu ziehen gelernt haben. Nicht nur in Bezug auf fragwürdige Religionsausübung.
Man kann nicht nicht kommunizieren und die propagierte Ideologie der Trägerinnen – freiwillig oder nicht – sollte bekannt sein.
Die These von Fr. Iosselani, eine Vollverschleierung stehe im Gegensatz zur Menschenwürde, scheint mir wenig begründet.
Wenn wir sinnvoll von Menschenwürde sprechen wollen, kann dies nur die Rede gemäß der UN-Charta der Menschenrechte sein. Was dort die Würde ausmacht, ist in den unveräußerlichen Rechten näher ausgeführt. Diesbezüglich sind die Ausführungen der Autorin aber viel zu wage, um als Diskussionsgrundlage zu dienen. Wer dennoch die im Artikel vertretene Meinung unterstützend teilt, müßte diesen argumentativen Anschluss an die UN-Charta selbst herstellen. Dies ist bislang unterblieben und ein echter Gedankenaustausch ist darum bislang nicht wirklich möglich gewesen.
Eine direkte Herleitung aus den Menschenrechten halte ich für nicht möglich. Indirekt kann dies aber vermutlich gelingen. Die Pointe dabei ist, argumentativ lässt sich die Position der generellen Unvereinbarkeit auch mit dem Koran belegen. Der Koran verlangt von Anhängern der Religion beiderlei Geschlechts, besonders aber von Frauen, eine züchtige, irgendwie erotische konnotierte Reizzonen bedeckende Kleidung. Schon in vorislamischer Zeit bedeutete dies bei EINIGEN Völkern in der Region für Frauen die Vollverschleierung. Im Koran wird jedoch unmißverständlich klar, diese Bekleidungsvorschrift wird in dem Augenblick, indem die Frau als Rechtsperson in der Öffentlichkeit auftritt ist der Gesichtsschleier abzulegen, als da wäre die gebotene Wallfahrt und insbesondere auch vor Gericht. In 1001 Nacht kann man nette Geschichten dazu nachlesen, wie Zeuginnen begleitet vom Austausch von Höflichkeiten vor (dem männlichen) Gericht den Schleier fallen lassen und ihre Aussage machen. Auch der Koran hält es für selbstverständlich, ein anonymisierter Kartoffelsack-Sprecher, eine anonymisierte Kartoffelsack-Sprecherin kann keine öffentlichen Rechte vertreten.
In Anspruch nehmen, kann sie diese hingegen sehr wohl. Der Koran hätte also keine Probleme mit einer verhüllten Studentin, aber sehr wohl mit einem verhüllten Prüfling.
In der Schule, in der auch mündliche Noten vergeben werden, wäre der Gesichtsschleier untersagt. In einer Vorlesung ohne Anwesenheitspflicht wäre es koranisch gleichgültig, bei Pflichtübungen und Praktika sähe es schon wieder anders aus.
Es ist also auch in einem fast 1500 Jahre alten Regelwerk selbstverständlich, Rechte vertreten können nur identifierbare Personen, Kartoffelsäcke mit Sprachöffnung können dies nicht. (Aktuell bedeutet dies analog auch, Personen haben ein Recht auf freie Rede, Bots z.B. nicht.)
In Anbindung zurück zu einem modernen Verständnis von Menschenwürde und Recht bleibt einiges zu klären.
Inwieweit kann eine Person sich selbst ihrer Rechte entledigen (z.B. selbst als Sklave verkaufen) und ab wann müsste der Staat initiativ einschreiten. Der Kaufvertrag eines Sklaven wäre sittenwidrig und nichtig, aber eine Interventionspflicht gibt es meines Wissens nicht.
Bei konkurrierenden Rechten wie dem auf körperliche Unversehrtheit und dem Wunsch nach einer Zahnspange, deren Nutzen durch Nichts belegt ist, aber wohl doch der freien Entfaltung der Persönlichkeit dienen soll, hält sich der Staat konsequent heraus. Wieso bei einem Dress, der eine gewisse Exklusivität schafft, und u.U. so durchaus Handlungsoptionen beeinträchtigt, der Staat handeln muss und mit welcher Zielrichtung, wäre zu begründen. Faulheit in der Schule als Ausdruck der Persönlichkeit wird immer noch mit entsprechenden Noten sanktioniert, besondere Antidiskriminierungsmaßnahmen werden nicht besonders erwägt. Was heißt das bei exklusiven Kleiderwünschen? Nackt wurde bereits angesprochen.
Fragen nach einem geregelten Betrieb bei angemessenem Aufwand sind, mit Blick auf Ressourcen, die durch Dritte bereitgestellt werden müßten und so deren Entfaltung einschränkt, ebenso legitim.
Das Problem ist nicht die UN-Charta und ihr Wortlaut, sondern diejenigen, die ihre Auslegung des Korans für allein verbindlich halten und diese Einstellung anderen aufzwingen wollen. Es ist auch nicht unsere Aufgabe, diese oder jene Differenzierungen islamistischer Auslegungen vorzunehmen. Dieser vollverschleierte-politische Islam wirft uns um Jahrhunderte zurück, in Zeiten als man Hexen und Ketzer hierzulande verbrannte.
Da der Islam dort, wo er herrscht, Christen, Juden u.a. unterdrückt, gibt es auch deshalb keinerlei Grund hierzulande dem politisch-vollverschleierten Islam auch nur einen Millimeter entgegen zukommen. KEINE FREIHEIT FÜR DIE FEINDE DER FREIHEIT!!
Die naive Anschauung, dass Feinde der Freiheit zur Freiheit erzogen werden können, indem man ihnen alle Freiheiten lässt, ist hochgefährlicher Unfug, der nur ins Unheil führt. Das isollte unser aller Lehre aus den 1000 Jahren sein.
@Thomas Weigle,
Zitat: "KEINE FREIHEIT FÜR DIE FEINDE DER FREIHEIT!!"
Schreien bzw. Großschreibung macht das nicht kompatibler mit den gängigen Verständnissen der Menschenrechte, zB in unserem Grundgesetz. Selbstverständlich haben auch Gegner der freien Gesellschaftsordnung die in dieser garantierten Freiheitsrechte. Sie dürfen sie nur nicht dazu nutzen, die entsprechenden Rechte anderer einzuschränken (und wenn doch, dürfen ihre Rechte dann mit dieser Begründung soweit notwendig eingeschränkt werden), aber damit hat es sich auch.
Da noch fast jeder Feind der Freiheit sich als Vorkämpfer der Freiheit ausgibt, ist das auch ganz gut so. Sonst könnte praktisch jeder seine (des selbstverstandenen Freiheitsvorkämpfers) Gegner als Feinde der Freiheit kennzeichnen und schwups, hat man die Begründung, Jan und Jedermann nach Belieben die Freiheitsrechte zu entziehen.
Dass sich ein freiheitlicher Rechtsstaat damit ein Stück scheinbar hilflos gegen seine Gegner macht, ist kein Fehler, sondern sein Merkmal und seine inhaltliche Stärke. Er bekämpft sie eben nicht als Feinde, sondern nur und insoweit sie gegen für alle geltende Gesetze verstoßen. Diese wiederum können nicht beliebig aufgestellt werden, sondern müssen mit dem Schutz der Rechte anderer begründet werden.
Dafür habe ich hier mit bezug auf Vollverschleierung in der normalen Öffentlichkeit noch keine plausiblen Begründungen gesehen, nur solche neuerfundenen Phantasierecht wie das, das Gesicht anderer Leute zu sehen, die gar nicht mit anderen kommunizieren wollen oder müssen.
@ paule t. Der" Fehler" kann tödlich sein, wie die 1000 Jahre zeigen. Diejenigen, die wie Sie argumentierten, konnten ihre Diskussionen dann im KZ oder in der Emigration fortführen. Das sollte uns mehr zu denken und zu handeln geben als feinsinnige Differenzierungen, die nur den FEINDEN DER FREIHEIT dienten.
Eines fällt mir noch zur UN-Charta ein: sie hat nicht verhindert, dass das demokratische Israel x mal resolutionsmäßig angeklagt und niedergemacht wurde, Kopfabschneiderstaaten wie der Iran u.a. und Mordorganisationen wie die Hamas dagegen kein einziges Mal, so weit ich weiß. Was ist sie also wert?
@ Paule t # 25
Apropos "Phantasierecht wie das, das Gesicht anderer Leute zu sehen,.." ein Zitat aus ihrem ersten Posting: "In Schule und Universität ist Kommunikation zentral, ohne Kommunikation können diese Institutionen ihre Aufgaben gar nicht erfüllen. Und zur Kommunikation gehört – jedenfalls hierzulande – in der Tat ganz eindeutig auch die Möglichkeit, die Mimik des Gegenübers wahrzunehmen."
Das ist nicht nur hierzulande so, sondern das gilt für die meisten demokratischen Länder und das nicht nur in den Universitäten sondern im ganzen öffentlichen Raum. Dahinter steht eine lange Geschichte der demokratischen Emanzipation. Ein Phantasierecht scheint mir in diesem Zusammenhang da eher die Vollverschleierung zu sein.
Arnold zum "Phantasierecht" brauchst du nur gucken, in welchen demokratischen EU-Ländern bereits ein Verschleierungsverbot gilt. @Paule müßte dann nachweisen, daß das alle keine demokratischen Länder sind.
https://de.wikipedia.org/wiki/Verschleierungsverbot#Zur_rechtlichen_Situation
Paule pocht auf eine GG-version, die ich nicht kenne, und die es auch so nicht gibt. Ich bin diese Diskussion mittlerweile so ziemlich leid.
Helmut, sowas hat Paule t noch nie interessiert. Aber andererseits interessieren die Richter, die diese Entscheidungen gegen das Vollverschleierungsrecht gefällt haben, sich auch nicht für die Meinung von Menschen wie Paul t. Für die Zukunft der Demokratie scheint mir das die bessere Lösung.
"Das Problem ist nicht die UN-Charta und ihr Wortlaut, sondern diejenigen, die ihre Auslegung des Korans für allein verbindlich halten und diese Einstellung anderen aufzwingen wollen. Es ist auch nicht unsere Aufgabe, diese oder jene Differenzierungen islamistischer Auslegungen vorzunehmen."
Natürlich ist geltendes Völkerrecht für die Rechtsprechung in D relevant (Paragraph 25GG, wenn mich nicht alles täuscht), natürlich ist für Gerichte in D eine verfassungsfeindliche Ideologie bei entsprechenden Handlungen relevant und natürlich berücksichtigen Gerichte in D den ideologischen Hintergrund einer Tat, wenn der Zusammenhang erkannt ist. Ihre Ängste mögen berechtigt sein, Radikalenerlässe müssen bei uns darum trotzdem juristisch gut begründet sein. Ihre Erregung ist allein ihr Privatvergnügen und in einem Rechtsstaat zunächst einmal völlig irrelevant.
Der Clou meiner Ausführungen, der Ihnen entgangen ist, ist der Umstand, daß sich die Muslima nur mit Problemen auf ihre Religion berufen kann, die Herkunft ihrer Kleiderordnung ist tribaler, vorislamischer Art. Die Motivation der jungen Frau könnte viel mit der von El-Mafaalani beschriebenen Punk-Attitüde zu tun haben.
Es kann natürlich auch die Einhaltung des Dresscodes eines mörderischen Killerislam sein.
@ Arnold Voss #27:
Ja, ganz richtig. Ich unterscheide zwischen der Universität, wo Teilnahme an der Kommunikation für jeden Beteiligten notwendig ist, und der allgemeinen Öffentlichkeit, wo das nicht so ist, sondern im Gegenteil jeder und jede das gute Recht hat, nicht kommunizieren zu müssen, wenn er oder sie nicht will.
Im ersten Fall halte ich das Verbot der Vollverschleierung an dieser und vergleichbaren Institutionen mit der Notwendigkeit der Kommunikation für gut begründbar. Im zweiten Fall nicht, insbesondere, weil ich das angebliche Recht, das Gesicht anderer zu sehen, auch wenn diese – wie sie es ja auch von Ihnen eingeräumt dürfen – weder kommunizieren wollen noch müssen, für pure Erfindung halte. Sie könnten ja mal zu erklären versuchen, auf welchem Grundrecht dieses "Recht" denn hervorgehen soll.
@ thomas weigle, #26
Erstens: Godwin, Sie haben die Diskussion verloren. Geht's denn wirklich nicht ohne?
Zweitens: Der Fehler vor den 1000 Jahren war nicht, dass man die Feinde der Freiheit (kriegen Sie bei der Floskel eine Fingerlähmung auf der Großschreibtaste?) nicht rechtzeitig ihrer Rechte beraubt hat. Der Fehler war vielmehr, dass man sie nicht gehindert hat, genau das bei anderen zu tun; und außerdem, dass es nicht genug Freunde der Freiheit gab, die das überhaupt hätten tun wollen.
Drittens: Sie wollen bestimmte Leute ihrer Freiheit berauben, weil sie behaupten, dass diese Feinde der Freiheit seien. Wie begründen Sie, dass diese Leute nicht genau dasselbe von Ihnen behaupten und mit Ihnen machen dürfen? Feind der Freiheit zumindest dieser Leute sind Sie ja ganz eindeutig.
@ #28 Helmut Junge
Zitat: "https://de.wikipedia.org/wiki/Verschleierungsverbot#Zur_rechtlichen_Situation
Paule pocht auf eine GG-version, die ich nicht kenne, und die es auch so nicht gibt. "
Nun, laut Ihrem (!) Link beruft sich dann wohl auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags auf diese GG-Version, die Sie nicht kennen und die es Ihrer Meinung nach auch so nicht gibt. Ausführlich:
https://www.bundestag.de/blob/419496/00f00954574cba407959a8aae2a82caf/wd-3-302-14-pdf-data.pdf
Zugegeben: Der EGMR sieht es anders und gesteht – nach dem er, wenn ich das beim Überfliegen des Urteils richtig sehe, sehr viele andere Argumente des französischen Staats verworfen hat – zu, dass (laut verlinktem Guitachten) "die Gewährleistung der Einhaltung von Mindestanforderungen des Zusammenlebens in der Gesellschaft als Bestandteil des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer" ein berechtigtes Anliegen sei, dass "es zu den Aufgaben des Staates gehöre, die Voraussetzungen für das Zusammenleben der Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit zu garantieren" und dass es als Grundlage dafür nachvollziehbar sei, wenn "ein Staat in diesem Zusammenhang den zwischenmenschlichen Beziehungen besondere Bedeutung beimesse und der Meinung sei, diese würden, wenn einige Personen ihr Gesicht in der Öffentlichkeit verschleierten, beeinträchtigt werden."
Ich kann diese Begründung in der Tat nicht nachvollziehen. Ich kann nicht erkennen, inwiefern es zu den Rechten anderer gehören würde und für die demokratische Gesellschaft notwendig wäre, dass eine Person in irgendeiner Weise an zwischenmenschlichen Beziehungen teilnimmt, an denen sie gar nicht teilnehmen _will_ (am Universitätsstudium will eine Studentin ja teilnehmen, insofern ist das etwas anderes) und dafür ihr Gesicht zeigen muss. MMn dürfen sich Bürger eines demokratischen Staates allen und jeden zwischenmenschlichen Beziehungen entziehen, wie sie Lust haben.
Man kann das ja auch durch Übersteigerung ad absurdum führen: Natürlich entzieht sich eine Person durch die Verhüllung des Gesichts der Teilnahme an zwischenmenschlichen Beziehungen. Nur: Eine Person, die überhaupt gar nicht erst in die Öffentlichkeit geht, sondern sich 24/7 in ihrer Wohnung aufhält, entzieht sich dem ja noch viel deutlicher. Man sieht nicht nur das Gesicht mit Mimik nicht, man sieht überhaupt gar nicht und also auch nicht Körperhaltung, Gestik usw. Wenn also eine Person nicht ihr Gesicht verbergen darf – warum darf sie sich dann noch viel vollständiger dauerhaft in ihrer Wohnung verbergen? Müsste aus dem Burkaverbot also nicht eine Pflicht zum regelmäßigen Verlassen der Wohnung folgen? Natürlich ist das absurd (wie hoffentlich jedem einleuchtet), aber es folgt mE demselben Argument.
Außerdem: Wenn das angebliche Recht, das Gesicht anderer zu sehen, so wichtig ist, dass es die Rechte aufheben kann, sich zu kleiden, wie man will, und dadurch auch die eigene Religion auszudrücken – warum ist dieses ach so wichtige Recht dann auf einmal völlig egal, wenn Leute aus _anderen_ Gründen ihr Gesicht verbergen wollen, zB im Karneval? Der einzige Unterschied ist doch wohl, dass es dann viele in Ordnung finden – Masse ist für Grundrechte aber kein Argument.
An diesen Punkten sieht man mMn, dass es gar nicht um den Schutz eines angeblichen Rechts anderer geht, sondern nur darum, eine sehr fremdartige kulturell-religiöse Praxis zu verbieten, und man dafür mit der Brechstange menschenrechtskonforme Gründe sucht.
@ Paule t
Wenn sie schon von kulturellen Praktiken sprechen und diese verteidigen, warum gilt das dann für sie nicht auch für die kulturellen Praktiken des Einwanderungslandes, die sie ja selbst als generell üblich uns sozial verfestigt beschreiben. Warum verlangen sie dann nicht auch, dass eben diese Praktiken zu schützen sind, sprich sich andere Praktiken daran anzupassen haben und nicht umgekehrt bei den Einwanderern als fremde Praktiken akzeptiert werden müssen?
Wenn sie das dazu noch mit Religion verbinden, warum unterschlagen sie dabei systematisch, dass die von ihnen verteidigte religiös-kulturelle Praxis nur für Frauen gilt? Und dass das, ob freiwillig oder nicht, sehr wohl der Gleichberechtigung von Frauen und Männern widerspricht, was wiederum im Einwanderungsland auch einer kulturellen Praxis entspricht, die sogar grundgesetzlich verankert ist?
Die Aufteilung in öffentlich und private Räume basiert auf einer langen Geschichte der demokratisch verfassten Öffentlichkeit, in der andere Gesetze gelten als in privaten Räumen. Dorthin kann sich jede(r) zurückziehen und im Prinzip machen was er/sie will. Dort muss auch niemand mit Unbekannten kommunizieren. Es ist also völliger Nonsens das mit dem öffentlichen Raum zu vergleichen.
Wer sich in den öffentlichen Raum begibt, begibt sich dagegen unausweichlich in Kommunikation, weil er von anderen, ob verschleiert oder nicht, wahrgenommen und auf ihn/sie ragiert wird. Und sei es nur durch das Ansehen. Im Ernstfall ist jedoch auch die verbale oder nonverbale Verständigung unausweichlich, weil der öffentliche Raum ein mit vielen geteilter Raum ist. Sprich er ist ein Raum über den auch einander unbekannte Menschen zwecks kooperativer Nutzung ständig miteinander verhandeln müssen.
Das geht vom schlichten körperliche Ausweichen über nonverbale Gesten des Willkommens oder der Abweisung bis zu Gesprächen, die im Ernstfall auch zum Streit führen können. Es geht von spontane Hilfeleistungen über bewusster Zusammenarbeit bis zum gemeinsames Spiel und Spaß. Es geht um das gesellschaftliche Leben was einen demokratischen Staat erst ausmacht. Wer das alles nicht will, und sei es nur auf Zeit, kann sich in einer demokratischen Gesellschaft ins Private, bzw. in die eigenen vier Wände zurückziehen.
Diese Dialektik von Privat und Öffentlich ist ein Grundbestandteil demokratischer Kultur und deswegen für mich auch nicht verhandelbar. Dem haben sich auch kulturell-religiöse Praktiken zu fügen. Erst recht wenn sie aus einer Tradition kommen, die (nur) bei den Frauen die Teilhabe an dieser Öffentlichkeit per Vollverschleierung massiv einschränkt oder ganz unmöglich macht. Das es Frauen gibt die sich freiwillig in eine solchen Tradition begeben, ändert nichts daran, dass diese Tradition frauen- und freiheitsfeindlich ist. Sie können dann diese Tradition gerne zuhause und/oder in ihren religiösen Räumen pflegen, aber nicht in der Öffentlichkeit.
paule t. Nicht ich habe die Diskussion "verloren", sondern wir haben sie beide "verloren", wenn diejenigen, die anderen mit Gewalt ihre Lebensweise und Ansichten aufzwingen wollen und werden (da wird es dann sicher nicht um das Tragen von Kleidungsstücken gehen), die Agenda bestimmen.
Ihre feinsinnigen Differenzierungen haben u.a. nach 45 in derSBZ/ DDR, 59ff in Kuba, 79ff im Iran oder auch in Nicaragua nicht gegriffen, sondern es wurde mit Macht und Gewalt 1 Richtung die alles bestimmende . Sie wollen das nicht wahrhaben. Aber wer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht, heißt es nicht ganz zu Unrecht. Das wäre nicht weiter wild, wenn nicht auch andere den Preis dafür in aller Regel mit zu bezahlen haben. Ich will das nicht, ohne Wenn und Aber.
Eines noch: wir sehen ja am Beispiel jener freisinnigen Moschee in Berlin, dass diejenigen, deren Freiheit hier so vehement verteidigt wird, überhaupt nichts von der Freiheit anderer Muslime halten, eine etwas andere Art des Islam zu leben.
@paule t verteidigt hier also nicht zum ersten Male die Freiheit dieser muslimischen FEINDE DER FREIHEIT!! Warum nur tut er das?
Bor, Diskussionen, die derart persönlich werden, sind sooooo langweilig. Wenn ich n Kerl wäre und Ihr Jungs hier die Frauen, dann würde ich sagen… aber nein, ist umgekehrt. xD
Nina, meines wissens nach ist Paule t eine Frau.
37 Kommentare, kein einziges Gesicht, dennoch eine gute Diskussion in aller Öffentlichkeit: Die Frage, ob und wie weit öffentliche Selbstverschleierung tolerabel ist, hat ganz offenbar mit Virtualität zu tun. Hier, zumindest auf diesem Blog, funktioniert mit großer Selbstverständlichkeit, was sich auf der Straße nicht versteht.
@ Arnold Voss Tatsächlich? Umso unverständlicher die Argumentation für dieUnterdrückung von Frauen durch und mit Hilfe der Vollverschleierung.
Im Spektrum der Wissenschaft ist ein Artikel zum Thema veröffentlicht.
https://www.spektrum.de/news/verhuellung-in-der-forschung/1626560?utm_source=zon&utm_medium=teaser&utm_content=news&utm_campaign=ZON_KOOP
Unter unterschiedlichen Blickwinkeln wird Befürwortung, Ablehnung, Fallunterscheidungen und praktische Auswirkung eines Verbots der Vollverschleierung dargestellt. Eine Infragestellung der Menschenwürde wird im Artikel nicht verhandelt.
Ich bin zwar etwas spät dran, aber egal.
Im Artikel wird behauptet, dass Burka, Niqab und die Verschleierung einer Frau an sich frauenverachtend sei. Das einzige was hier frauenverachtend ist, ist so einen Text zu verfassen.
Erst mal zu dem Punkt, dass eine Verschleierung einer Frau ihre Würde verletzte würde. Es verletzt die Würde einer Frau, wenn man ihr verbietet sich zu verschleiern (egal welche Art der Verschleierung), obwohl sie sich selber dafür entscheidet! Das ist entwürdigend.
Dann zu behaupten, dass es ein Risiko für die Gesellschaft darstellen würde, ist ja das lächerlichste, was ich je gehört habe. Man kann ALLES zum negativen nutzen! Karneval beginnt im November und geht bist zum Februar/März. In der Zeit kostümieren sich viele, verdecken oder schminken sich ihre Gesichter, sodass man sie nicht mehr wieder erkennt. Trotzdem kam keiner auf die Idee Karneval oder diese Art von extremer Verkleidung abzuschaffen. Aber sobald es um die islamische Verschleierung einer Frau geht, wird es als riskant abgestempelt. Zumal sich heute viele Menschen so sehr schminken, dass sie ungeschminkt ganz anders aussehen. Darauf kam
auch niemand auf die Idee das zu verbieten.
Und so ein Recht wie, in der Öffentlichkeit von jedem zu erwarten sein Gesicht zu zeigen, gibt es nicht.
Dann zu dem Punkt an der Universität erkannt zu werden. Es gibt ganz viele andere Möglichkeiten, um dieses Problem zu lösen, als den Muslima ihre Vollverschleierung zu verbieten. In den Vorlesungen generell gibt es weder Anwesenheitspflicht (in den meisten Fällen) noch muss man seine Identität beweisen. An einer Vorlesung dürfen auch Leute teilnehmen, die nicht einmal für den Studiengang eingeschrieben sind. Dann die Vollverschleierung einer Frau zu verbieten, ist sowas von unnötig.
Und in Veranstaltungen, wie Seminaren, Prüfungen, Praktika, etc. kann eine Frau ihre Gesichtsverschleierung kurz abnehmen und gut ist. Noch schöner wäre es diese Damen in einen separaten Raum zu beten, wo eine andere Dame ihre Identität überprüft. Und bevor einer jetzt behauptet, dass sei viel zu umständlich, von einem Staat, der die Würde des Menschen so sehr hochpreist, erwarte ich solch eine Einstellung/ Handlung. Aber selbst, wenn dies trotzdem zu umständlich ist, kann eine Frau ihren Gesichtsschleier kurz ablegen und gut ist. Wofür dieses ganze Drama?
Und die Aussagen, dass man in der Öffentlichkeit nicht nackt laufen darf, kann man nicht mit der Verschleierung/ Vollverschleierung einer Frau vergleichen. Ersteres ist verboten, weil es als unanständig gilt, sich komplett nackt zu präsentieren. Sich zu verschleiern fällt nicht in diese Kategorie. Im Gegenteil früher trugen auch im Westen viele Frauen ein Kopftuch.
Keiner zwingt irgendjemanden zum
Islam zu konvertieren oder gar nach ihm zu leben. Aber wenn sich Frauen selber dafür entscheiden, hat auch keiner das Recht ihnen das zu verbieten. Wie ich schon genannt habe, gibt es ganz viele Wege, um das Studium für solche Frauen trotzdem zu ermöglichen.
Und Punkte, wie es sei zu riskant, es ist entwürdigend, etc. sind nur Ausreden, um dieses Verbot zu verwirklichen.
Ich selber als Kopftuchträgerin fühle mich durch diesen Artikel und die Behauptungen extremst in meiner Würde verletzt und in meiner Freiheit eingeschränkt. Es entsteht so ein Bild, als ab verschleierte oder vollverschleierte Frauen „gerettet“ werden müssen. Ich kann ganz klar versichern, dass dieses nicht der Fall ist! Mein Kopftuch, mein Niqab, meine Burka, etc. ist für mich keine Unterdrückung, es ist meine Freiheit, meine Krone. Das muss nicht jeder so sehen, jede Denkweise hat meinen Respekt.
Ich wünsche euch allen noch eine schöne Woche und an meine muslimischen Geschwister, die dies lesen, einen gesegneten Ramadan!