Heute ist die Nokia Demo. Die Beschäftigten kämpfen um ihre Arbeit, um ihr Werk, um ihre Stadt, um ihre Zukunft.
Alle kommen. Alle. Nur Norbert Lammert nicht.
"Das sieht schlecht aus", heißt es aus dem Umfeld von Norbert Lammert, dem CDU-Bundestagsabgeordneten aus Bochum. Und das ist richtig, es sieht schlecht aus. Offizieller Grund: "unaufschiebbare Verpflichtungen in Berlin" Schlechter kann es eigentlich gar nicht aussehen, wenn die Menschen im eigenen Wahlkreis zur Solidarität aufrufen. Eine Steilvorlage für den politischen Gegner.
Aber: Norbert Lammert hat tatsächlich "unaufschiebbare Verpflichtungen". Denn Lammert ist nicht nur Bochums Delegierter im Parlament. Er ist auch Chef vom Ganzen. Als Bundestagspräsident muss er heute um 12:30 den irischen Parlamentspräsidenten John O’Donoghue empfangen. Was soll er dem sagen? "Sorry, Mann, ich muss nach Bochum, unaufschiebbare Verpflichtungen im Wahlkreis. Kommt doch morgen. Oder heute Abend, oder gar nicht?"
Der Termin mit O’Donoghue stand früher fest als die Werksschließung durch Nokias Konzernchef Olli-Pekka Kallasvuo. (Warum haben die eigentlich alle so seltsame Namen?)
Tatsächlich war aus Lammerts Umfeld zu erfahren, dass der CDU-Mann versucht hat, seinen irischen Kollegen zu überreden, doch einfach mit nach Bochum zu kommen. Man kann ja beim Demonstrieren plaudern. Wollte O’Donoghue aber nicht. Tja, so muss Lammert also in Berlin bleiben.
Seine Botschaft an die Nokianer lautet:
Der Belegschaft und dem Betriebsrat von Nokia in Bochum, die sich für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze sowohl in der Produktion als auch in der Forschung und Entwicklung einsetzen, sowie den Zulieferfirmen und den betroffenen Leiharbeitnehmern sage ich auch auf diesem Wege noch einmal meine Hilfe zu.
Das Unternehmen steht nicht nur gegenüber den eigenen Aktionären in der Verantwortung, sondern auch gegenüber dem Land und der Region, die durch das Zahlen von gewaltigen Subventionen und durch die Bereitstellung öffentlich finanzierter Infrastrukturmaßnahmen die gute Entwicklung von NOKIA mit ermöglicht haben.
Das Ruhrgebiet hat hinreichende Erfahrungen mit einem tief greifenden Strukturwandel und dem Verlust von hunderttausenden Arbeitsplätzen in nicht mehr wettbewerbsfähigen Produktionszweigen. Umso weniger können und dürfen wir hinnehmen, dass mit hohem Einsatz öffentlicher Mittel angesiedelte High-Tech-Unternehmen ohne zwingenden Grund allein zur Maximierung von Gewinnerwartungen wie ein Wanderzirkus durch Europa ziehen. Auch das Europa-Parlament und die EU-Kommission sind inzwischen mit dem Vorgang befasst.
Gerne beteilige ich mich an allen Bemühungen, die getroffene Entscheidung der Konzernführung zu korrigieren und unterstütze die entsprechenden Anstrengungen von Stadt, Land und Bund.
Das sagte Lammert. OK. Mit anderen Worten: Wenn der Ire seinen Kaffee leergetrunken hat, geht es weiter. Lammert schubst in den Kulissen.