Ob bei den Verhandlungen mit der Landesregierung oder dem Betriebsrat: Nokia gibt sich sehr zugeknöpft. Die versprochenen innovativen Lösungen sind nicht in Sicht – und auch der Betriebsrat hat sich damit abgefunden, kleinere Brötchen zu backen als ursprünglich versprochen.
Foto: Nokia
Heute Nachmittag wird der Nokia-Aufsichtsrat in Düsseldorf tagen und der Betriebsrat protestieren: Mit einer Informationsveranstaltung, an der zahlreiche Mitarbeiter des Bochumer Standortes teilnehmen sollen. Nokia Deutschland-Chef Klaus Goll hat den wissensdurstigen Nokianern daraufhin mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gedroht. Möglich wären Abmahnungen und Lohnkürzungen wegen des Fehlens am Arbeitsplatz.
Der Grund für den Protest: Nokia zeigt sich gegenüber dem Betriebsrat mehr als sperrig. Lange soll es gar keine Reaktionen von Klaus Goll gegenüber den Vorschlägen des Betriebsrates gegeben haben. Nun, indes hat es wohl eine erste Reaktion gegeben – sie soll sich an den Sozialplänen orientieren, die Nokia bei der Abwicklung der Netzsparte abgeschlossen hat. Klar ist schon heute: Die teuerste Werksschließung aller Zeiten wird der Nokia-Standort nicht werden, und auch von der Forderung, den Standort erst gegen Ende des Jahres zu schließen, ist der Betriebsrat in seinen Angeboten an die Unternehmensführung abgerückt. Doch bislang hat alle Kompromissbereitschaft der Belegschaft nicht zu entsprechenden Reaktionen aus Helsinki geführt – deshalb nun der eher verzweifelte Protest. Fragen zu Details der Verhandlungen will das Unternehmen auf Anfrage im Moment nicht beantworten.
Auch von den von Nokia angekündigten innovativen Lösungen ist schon lange nicht mehr die Rede. Ein Experte der Ruhr-Universität, der über Kontakte zum Top-Management von Nokia verfügt, schätzt die Lage wie folgt ein: "Die Nokia-Spitze besteht aus gut und kühl kalkulierenden Managern. Ich glaube nicht, dass sie deutlich über das hinaus gehen, was üblich ist.
Ich fände es sinnvoll mittels einer einstweiligen Verfügung das Vermögen von Nokia in Deutschland unter Kuratel zu stellen. Erst wenn der letzte Subventionscent zurückgezahlt und die betrogenen Arbeitnehmer abgefunden sind, die Folgekosten für das Sozialsystem beglichen wurden, können sie den Rest wieder haben, oder müssen halt noch was draufzahlen. Wir brauchen ein hartes Exempel.
@ Jochen: Mit welchem Recht willst Du das tun? Über so etwas sollte man doch lieber die Gerichte entscheiden lassen. Auserdem hat Nokia alle Subventionen mehrfach alleine durch die gezahlten Steuern zurückgezahlt. Und zum harten Exempel: Wir sollten auch daran denken, ausländische Investoren nicht durch teutonische Wut abzuschrecken. Nokia wird sich an die Gesetze halten – entscheiden werden Gerichte. Harte Exempel braucht in einem Rechtsstaat niemand.
Mal ehrlich: Nokia zahlt im günstigsten Fall ein paar Monatsgehälter Abfindung und stellt es als gewollt und sozial hin. Die Juristen streiten jahr(zehnt)elang vor Gericht und am Ende wird sehr wenig oder gar nichts zurück gezahlt. Reicher sein werden schließlich wieder die Aktionäre, Manager und Rechtsanwälte. Die Allgemeinheit (= the ordinary Steuerzahler) kommt für die Arbeitslosengelder, Frührenten, Umschulungsmaßssahmen etc. auf, die involvierten Politiker werden wiedergewählt oder finden ein warmes Plätzchen in Brüssel und in zehn, fünfzehn Jahren wiederholt sich das Spielchen auf ähnliche Weise in Rumänien. Ist doch immer dasselbe und findet nicht zum ersten Mal in Bochum statt, siehe Citibank Ende der 90er Jahre. Was ändern könnte nur eine weltweite Solidarität der Betroffenen, aber davon sind wir so weit entfernt wie die Reichen vom Wunsch, durch ein Nadelöhr zu passen.
Dieser Tage lief in der Glotze die feine kleine Tragikomoedie „Wolken ziehn vorueber“ von Aki Kaurismaeki, des wohl grossartigsten Finnen, der je auf diesem PLaneten wandelte. Komischerweise musste ich beim – zugegeben begeisterten – Zuschauen staendig an Nokia denken. Auch im Film wurde kaltschnaeuzig und hinterfotzig entlassen: als die Strassenbahnfirma des „Helden“ sich ans Rationalisieren sprich Entlassen macht, wollen sie sich vor der Verantwortung druecken und lassen die Karten sprechen: jeder vom Rausschmiss bedrohte Mitarbeiter muss aus einem vollen Blatt aus der Hand des Chefs eine Karte ziehen. Unser Pechvogel zieht irgendwas mit Kreuz und muss seine Sachen packen. Waere das nicht eine innovative Idee auch fuer den Umgang mit Nokia-Mitarbeitern vor Ort? https://www.aki-kaurismaeki.de/film_wolken.php. Den Film kann ich uebrigens waermstens empfehlen – ein schoenes Happy End gibt es auch,-).