NoZeroCovid – Wie sich Sozialisten an der Freiheit vergehen wollen

Hat auch unterschrieben: Mario Sixtus Foto: Jasmin Schreiber Lizenz: CC BY 2.5


Der nachfolgende Text enthält, im notwendigen Maße, Polemik.

Eingeschränkte Bewegungsfreiheit, kaum noch Reisen, die gefühlte Rettung des Klimas, die Menschen lernen endlich, wo ihr Platz in der Gesellschaft ist und der Staat handelt mit harter Hand. Und das alles zu einem ganz kleinen Preis: der Freiheit. Wovon Generationen an Sozialisten nur zu träumen wagten, erledigt nun ein Virus innerhalb von wenigen Monaten.

Es ist eine historische Konstante, jede Krise wird von den extremsten Vertretern politischer Ränder instrumentalisiert. Auch die Corona-Krise hat ihre Weltuntergangspropheten gefunden, die ZeroCovid-Bewegung.

Nun könnte man über das hehre Ziel, die Infektionszahlen auf 0 zu sehen (was auch nach Ansicht der meisten Wissenschaftler völlig unmöglich und insbesondere in der Kontinentallage Europas begründet ist), durchaus diskutieren – versuchte man nicht im Subtext mal wieder, die große marxistische Weltrevolution anzustoßen. Wer die ZeroCovid-Ziele durchliest merkt direkt, es gibt einen Schuldigen – den Kapitalismus! COVID-19 ist hierbei nur ein billiges Vehikel, um endlich den großen Klassenkampf zu forcieren.

Die Forderungen der ZeroCovid-Bewegung sind derartig radikal und extrem, dass selbst die taz diese letzte Woche als „weltfremd und wenig zielführend“ bezeichnete. Mehr noch, sie könnten direkt aus einem kommunistischen Kampfblatt entnommen sein.

„Fabriken, Büros, Betriebe, Baustellen, Schulen müssen geschlossen und die Arbeitspflicht ausgesetzt werden.“ (Forderung ZeroCovid)

Die Wirtschaft in Deutschland und Europa ist eng verstrickt, es bestehen Lieferketten, die niemand wirklich überblicken kann. Natürlich dient dies alles nur einem einzigen Zweck: dem Schutz der Menschen.

Doch genau das erledigt eine freie Wirtschaft, sie schützt Menschen. Ob Beatmungsgeräte, Lebensmittel oder Kleidung, hinter jedem Produkt steht eine nahezu unendlich lange Lieferkette, die kein Mensch vollständig überblicken kann. Anders formuliert: Ein Beatmungsgerät funktioniert nur dann, wenn es Ersatzteile gibt. Ersatzteile gibt es nur, wenn die Logistik funktioniert, die Zwischenhändler arbeiten und die Produktion der Teile abgesichert ist.

Der beatmungspflichtigen Person ist es am Ende egal, ob diese stirbt, weil kein Beatmungsgerät frei ist oder aufgrund von Ersatzteilmangel funktionsunfähig.

Selbiges gilt für nahezu jeden Prozess und jedes Produkt. Selbstverständlich könnten wir aktuell auf neue Smartphones verzichten und die meisten von uns haben auch genügend Hosen im Schrank. Blöd wird es aber, wenn aufgrund von Ersatzteilmangel Kraftwerke ausfallen und die Wasserversorgung zusammenbricht. Es ist völlig unmöglich so fein auseinander zu dividieren, welche Produkte an welcher Stelle gerade benötigt werden – und welche eben nicht. Genau an dieser Aufgabe hat die Planwirtschaft noch immer Menschen in die Armut geführt.

Es gehört zur Eigenart autoritärer, sozialistischer Allmachtsfantasien zu glauben, dass die Wirtschaft ein bösartiger Tumor ist, der die Gesellschaft zerfrisst, während man am iPhone über Twitter in einer warmen Wohnung die Weltrevolution plant. Auch verkennt die ZeroCovid-Bewegung vollkommen, dass Arbeit Menschen Struktur gibt. Inhalt, Abwechslung und Sinn in einer Zeit, in der Menschen vereinsamen und am Sinn des eigenen Handelns zweifeln. Arbeit ist sinngebender Faktor. Menschen diesen so billigend zu nehmen und von einer „Aussetzung der Arbeitspflicht“ zu schwadronieren, ist sträflich. Wer eine Aussetzung im Sinne des Arbeitsrechts fordert, muss zeitgleich auch eine Aussetzung der Vergütungspflicht fordern, die der Arbeitspflicht im Gegenseitigkeitsverhältnis gegenübersteht.

„Öffentliche und private Unternehmen müssen umgehend die erforderliche Produktion von Impfstoffen vorbereiten und durchführen. Impfstoffe sollten der privaten Profiterzielung entzogen werden. Sie sind ein Ergebnis der kreativen Zusammenarbeit vieler Menschen, sie müssen der gesamten Menschheit gehören.“ (Forderung ZeroCovid)

Eine traumhafte Forderung mit der abgesichert wird, dass zukünftig niemand mehr Geld in Impfstoffentwicklung investiert. Weshalb sollte ein Unternehmen Geld riskieren, wenn es am Ende Schulden durch Enteignung einfährt?

Die Idee reflektiert das Urkonzept des sozialistischen Scheiterns, die Annahme, dass Menschen aus reinem Altruismus heraus handeln, ohne für ihre Mühen entlohnt zu werden – zeitgleich aber, im Falle des Scheiterns, auf ihren Kosten sitzenbleiben. Und auch ist es völlig verfehlt anzunehmen, dass Impfstoffe das Ergebnis kreativer Gemeinschaftsarbeit sein. Entwicklungen wurden, in der Geschichte der Menschheit, immer von einigen wenigen Genies angestoßen, die über jeden Widerstand hinweg einer Idee treu geblieben sind. Die Glühbirne war nicht das Ergebnis kreativer Arbeit, sie war das Resultat der besessenen Arbeit von Swan und Edison, die von ihren Zeitgenossen als „Verrückte“ bezeichnet wurden. Das Penicillin und mit ihm die Rettung von Millionen von Menschenleben verdanken wir nicht einer Diskussionsrunde, sondern der Beobachtungsgabe des genialen Alexander Fleming.

Ob sich die Welt eines Tages an den Namen des Corona-Impfstoff-Entwicklers Şahin erinnern wird, muss sich noch zeigen. Fest steht aber, dass seine Eltern nach Deutschland zogen, um Wohlstand zu erlangen und ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Es waren der Reiz der Freiheit und Marktwirtschaft, der sie nach Deutschland führte – keine sozialistischen Träumereien. Nehmen wir Menschen das Anrecht, aus ihrer Arbeit Profit zu schlagen, stellen wir schlussendlich sicher, dass niemand in diesem Land mehr Risiken bei der Entwicklung eingeht.

Als Cherry-on-top schließen die Vertreter des ZKs mit der Forderung:

„Darum verlangen wir die Einführung einer europaweiten Covid-Solidaritätsabgabe auf hohe Vermögen, Unternehmensgewinne, Finanztransaktionen und die höchsten Einkommen.“ (Forderung ZeroCovid)

Endlich. Wer Erfolg hat, wer für seinen Reichtum arbeitet, der muss bestraft werden. Dass hohe Einkommen bereits heute mit Steuern und Abgaben weit jenseits der 50% belegt sind (und Menschen somit bereits mehr als die Hälfte ihrer Zeit für „die Gemeinschaft“ arbeiten), wird geflissentlich ignoriert.

Alles zum Schutz vulnerabler Gruppen und nur zeitgleich begrenzt. So zeitgleich begrenzt, wie der geforderte, marxistische Umbau einer gesamten Gesellschaft eben sein kann.

Den Impfstoff verdanken wir dem Kapitalismus. Dass uns die aktuellen Einschränkungen belasten, verdanken wir den Menschenrechten und der Freiheit, der Hoffnung auf eine Zeit nach der Pandemie. Es ist richtig, dass nur ein geschlossenes Vorgehen weltweit die Pandemie besiegen kann. Nach der Pandemie möchte ich meinen Kindern aber eines Tages eine Welt hinterlassen, die noch freier und chancenreicher ist als jene, die ich als Kind vorgefunden habe. Wer sich aktuell ernsthaft aufschwingt, um aus der Angst der Menschen extremistischen Profit zu schlagen, vergeht sich an der Freiheit, die Milliarden Menschen gerade schmerzlich vermissen. Wer Menschen eine Perspektive geben will, der formuliert ein freies Zukunftsbild, keine Ideologie. Der Ökonom Rudolf Hickel gab als Grund für die Unterzeichnung „persönliche Verzweiflung“ an.

So düster die aktuelle Situation auch ist, Angst und Verzweiflung sind schlechte Berater. Und dunkle Epochen sind nicht geeignet, um als Lichtblick für die Zukunft zu dienen.

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Ingo
Ingo
3 Jahre zuvor

Auch wenn dieser ZeroCovid-Kram offensichtlich Quatsch ist, enthält der Artikel ebenfalls ein paar……ähem…….Merkwürdigkeiten. Mal abgesehen davon, dass eine "freie Wirtschaft" noch nie Menschen geschützt hat, zumindest nicht willentlich. Dass die Lieferketten "unendlich lang" seien und sie "kein Mensch" überblicken könne, ist auch höchst fraglich. Das klingt ein wenig nach einem selbstorganisierenden Rhizom, das die gesamte Welt auf rätselhafte Weise unterwandert und eisern im Griff hart. Genauso ist die (Lohn)Arbeit als (einzig) sinnsiftende Kraft natürlich ein zutiefst kapitalistischer Topos, der vor allem erfunden wurde, um den Arbeitnehmer zu domestizieren. Und dann kommt auch noch das "Genie" um die Ecke gebogen. Jenes von der Romantik erfundene Konstrukt, das dankenswerterweise seit 100 Jahren im Keller der Geschichte eingemottet ist.

Irene (München)
3 Jahre zuvor

Steuern und Abgaben sind keine Strafen, sondern Steuern und Abgaben.

Bevor wir aber die Finanztransationssteuer aufwärmen (die mehr die Kleinanleger treffen würde als die international mobilen Fondsgesellschaften und Zocker), könnte man mal drüber reden, wieso wir uns in der EU eigentlich Steueroasen leisten und man solchen Ländern in diversen Krisen auch noch einen Rettungsschirm bauen soll (Grüße nach Zypern).

Welche Arbeit man niederlegen könnte oder nicht, habe ich mich in diesen Tagen auch gefragt: Verwandte (Ehepaar um 80) haben einen Schaden in einer Abwasserleitung, jetzt können sie im eigenen Haus nicht duschen und Geschirr spülen, sondern müssen dafür zum Sohn auf der anderen Straßenseite. Sind die Reparatur und die Lieferung von Zubehör systemrelevant oder nicht? Was ist, wenn dafür die Eingangstreppe abgerissen und neu gemacht werden muss – kann das bis Ostern warten oder nicht? Vielleicht wissen es die Zero-Covid-Anhänger …

ccarlton
ccarlton
3 Jahre zuvor

So, so, die freie Wirtschaft schützt keine Menschen? Da gibt es sehr wohl einen Zusammenhang. Wirtschaftliche Freiheit erfordert Freiheit vor staatlicher Willkür und die schützt Menschen. Wie sieht es dagegen in Regimen aus, in denen es keine wirtschaftliche Freiheit gibt? Bescheiden!

skp
skp
3 Jahre zuvor

Wow, soviel esoterischer Unsinn in Artikelform.

bob hope
bob hope
3 Jahre zuvor

Ein "Wirtschaftsliberaler" schreibt über "Sozialisten" – finde den Fehler. Dass die vielen Toten in der Pandemie auch eine Folge einer Wirtschaft sind, deren oberstes Ziel die Profitmaximierung ist, dürfte mittlerweile bekannt sein und dass die Industrialisierung nur möglich war, weil hunderte Millionen dafür mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben bezahlt haben, ist auch kein Geheimnis. Ohne Widerstand hätte sich daran bis heute nichts geändert. In den Schwellenländern und in der "Dritten Welt" ist es übrigens immer noch so.

Das soll kein Plädoyer für die Planwirtschaft sein, sondern ein Hinweis darauf, dass der Markt es noch nie alleine gerichtet hat, weil er Menschenleben vor allem als Mittel zum Zweck betrachtet. Und wer schreibt, dass die "Menschen" die Hälfte der Zeit für die Gemeinschaft arbeiten, sollte nicht vergessen, dass Arbeitnehmer einen großen Teil ihrer Zeit für den Arbeitgeber arbeiten. Hat Marx bereits erkannt und man muss kein Kommunist/Sozialist sein, um das Wertgesetz zu verstehen. Freiheit muss man sich halt auch leisten können.

PS. Bin froh, dass ich nicht in der DDR lebe und werde den Aufruf auch nicht unterschreiben!

abraxasrgb
abraxasrgb
3 Jahre zuvor

Bob Hope … Um die etwas einseitige Argumentendiät in Sachen ökonomischer Theorie etwas mit Vitaminen anzureichern:
https://fee.org/media/14946/economicsinonelesson.pdf
Ist sogar kostenlos …

Helmut Junge
Helmut Junge
3 Jahre zuvor

haha, um diese Wirtschaftsliberalen ist es immer still, wenn die Kapitalisten beim Staat schlangestehen und um Staatshilfe betteln. Aber dann, wenn der Transfer gelaufen ist, kommen sie wieder ganz mit den Köpfen raus, und schimpfen auf die Keynesianer, die alles verfuschen. Dann gelten sie, die Wirschaftsliberalen, wieder als exelente Theoretiker. Gut daß es kein Beispiel für die Praxis von denen gibt. Gibt es deshalb nicht, weil es immer irgendwo an der Umsetzung der hehren Theorie gegeben hat, haben muß.
(Sonst hätte es ja geklappt Super geklappt sogar) Aus meiner Sicht sind die Wirtschaftsliberalen einfach nur wirtschaftsreligiös. Mit denen kann man auch nicht richtig über ihre Religion diskutieren, weil die sofort versuchen zu missionieren. Hayek, Hayek, 3mal Hayek und du bist raus. (Kinderabzählreim) Und ich hatte gedacht, daß der Nachmittag langweilig würde.

Skythe
Skythe
3 Jahre zuvor

Hey…. pssst…. Reiche haben in den aller-aller-aller-allerwenigsten Fällen "Erfolg gehabt" oder "für [ihren] Reichtum [ge]arbeitet". Die oberen 5-10% sind deshalb so reich, weil sie geerbt haben oder kriminell sind.

Aber dein komisches "Sozialisten"-Bashing mit Statements aus den 60ern mal Außen vor:
Marius Sixtus ist der schlimmste, kaputteste "Promi", den ich je kennen lernen durfte. Schon beim ersten Treffen beleidigte er reihenweise Anwesende als A***löcher, und von da an wurde es nur noch schlimmer.

Wenn der Rest der Unterzeichner also ähnlich gelagert ist, kann man erahnen, wo es hingeht.

Walter Stach
Walter Stach
3 Jahre zuvor

bob hope

Die " staatlich gelenkte Verkehrswirtschaft" -gleich der in Deutschland politisch sog. sozialen Marktwirtschaft –

(der Staat greift steuernd in den Markt ein, wenn….(z.B. dann, wenn durch Monopole der freie Wettbewerb be-/bzw.verhindert wird und z.B. (vor allem?) dann, wenn der total freie Markt zur sozialen Verlendung großer Teile der Gesellschaft führt, zu führend droht)

ist nicht nur ein Wirtschaftssystem, das m.E. mit dem Inkrafttreten des GG m.E. zwingend aus den im GG. verankerten gleichrangigen Verfassungsprinzipien Demokratie, Rechtstaat, Sozialstaat herzuleiten ist, also insofern für mich als Prinzip verfassungsfest ist, sondern ein System, das sich seit 1949 im großen und ganzen bewährt hat. "Selbstverständlih" ein System, das wie jedes andere auch immer wieder in seinen Ausformungen kritisch zu hinterfragen ist, das nie "vollkommen" , nie fehlerfrei sein kann und sein wird. Das zeigt sich vor allem dann, wenn immer wieder über das Ob und das Wie staatlicher Steuerung in konkreten Bereichen gesellschaftlichen/staatlichen Tuns/NIchttuns gestritten wird, und zwar in demokratischen Prozessen! Das gilt -exemplarisch/polarisierend- häufig dann, wenn z.B. Vertreter der LINKS-Partei mit Vertretern der FDP streiten über……….(Mindestlohn, Wochenarbeitszeit, Arbeitsschutzgesetze, Unternehmenssteuer pp.).
Soweit so gut und für mich selbstverständliche Normalität, ja eine insgesamt für mich erfreuliche Normalität, u.a. im Vergleich mit anderen Gesellschafts-(Wirtschaftsordnungen) "auf dieser Welt.

Ich gehöre folglich zu denjenigen, die sich dagegen wehren, wenn versucht wird, Einzelakte staatlicher Steuerung/staatlicher Lenkung des sog. Marktgeschehens, ja bereits die Diskussion über ihr Ob, als Akte staatlicher Planwirtschaft auf dem Wege in die Unfreiheit des Individuums in einer Diktatur -welcher Art auch immer und bgründet mit welcher Ideologie auch immer) zu diskreditieren.

PS
U. a. Friedrich-August von Hayek hat als radikaler Vertreter des sog. Neo-Liberalismus bekanntermaßen allen Erwägungen, wie ich sie kurz zu skizzieren versucht habe, heftig widersprochen (immerhin Träger des wirtschaftswissenschaftlichen Nobelpreises 1974). Ob der Kommentator Daniel Bleich zu seinen Jüngern zählt, weiß nicht; es wäre naheliegend. Erfreulich für mich, daß die Zahl, der Hayek-Jünger, besser wohl daß ihr gesellschaftspolitsicher Einfluß -zumindest in Deutschland-belanglos ist -jedenfalls momentan- Und gleichermaßen erfreulich für mich, daß der gesellschaftspolische Einfluß derjenigen, die einer "zentralistischen Planwirtschaft" a la DDR das Wort reden, in Deutschland ebenfalls ohne Belang ist.

bob hope,
Ich denke darüber nach, warum es immer wieder auch hier bei den Ruhrbaronen geboten zu sein scheint, Trivialitäten, wie die von mir Genannten/Benannten, aufzuzeigen.. Wer zweifelt hier warum am System oder geht es den Kritikern nur um kurzsichtiges parteipolitisches Kalkül oder um nur um mediale Aufmerksam nebst damit einhergehender Verdienstmöglichkeiten?

paule t.
paule t.
3 Jahre zuvor

Dass es die "freie Wirtschaft" allein sei, und erst recht einzelne "Genies", die Dinge wie Impfstoffe hervorbringen, ist einfach hanebüchener Unsinn.

Natürlich: Wenn die Pharmaindustrie privatwirtschaftlich organisiert ist, spielen private Unternehmen und darin tätige Spitzenleute bei der Entwicklung solcher Dinge eine wichtige Rolle. Das ist banal.

Aber die "Genies" könnten rein gar nichts erfinden ohne die Vorarbeit von und Zusammenarbeit mit hunderten anderen Forschern (von denen viele eben nicht in Privatunternehmen arbeiten), ohne die Zuarbeit von wissenschaftlichen und technischen Mitarbeitern, bis hin zu ganz banalen Dienstleistungen im Unternehmen. (Sogar Biontech hat im Betriebsrestaurant einen Koch bei sich!)
Ein Genie wäre keine Genie, seine Mitarbeiter keine Hilfe ohne ihre Ausbildung, die größtenteils an staatlichen Schulen und Universitäten stattfindet.

Überhaupt könnten die entsprechenden Unternehmen nicht arbeiten ohne staatliche Bildungseinrichtungen, staatliche bereitgestellte Infrastruktur und die durch den Staat hergestellte Sicherheit, auch in sozialer Hinsicht.

Und dementsprechend kann man bei jedem beliebigen, angeblich von einem Genie oder einem innovativen Unternehmen allein hergestellten neuen Produkt reichlich Komponenten, Verfahren, Vorprodukte, Maschinen etc.pp. finden, die woanders erfunden worden sind, oft genug in staatlichen Forschungseinrichtungen.

Und umgekehrt kann man sich bei sehr vielen neuen Ideen fragen, ob es sie ohne den speziellen Erfinder nicht auch gegeben hätte, weil einfach die Zeit reif dafür ist, indem vorhandene Möglichkeiten und Bedürfnisse zusammenkommen.

Helmut Junge
Helmut Junge
3 Jahre zuvor

@Paule T. zur Wissnschaftsentwicklung : "wir stehen auf den Schultern von Riesen"
https://de.wikipedia.org/wiki/Zwerge_auf_den_Schultern_von_Riesen
Einige der Impfstoffe sind sind durch allerjüngste Entdeckungen in der Gentechnologie erst möglich geworden. Und dadurch ist noch sehr viel mehr zu erwarten. Aber so einfach läßt sich die Leistung einzelner hervorragender Wissenschaftler nicht relativieren. Es gibt genügend Institute, in denen solche Leistungen noch nie vollbracht wurden und auch nie vollbracht werden, selbst wenn die Zeit dafür "reif" ist, kommen viele nicht auf die richtige Idee. Für die Flugmodelle des Herrn da Vinci war die Zeit noch nicht reif. Damit ein Gerät wirklich von A nach B fliegen konnte, mußte die Welt und die Erfinder auf einen Motorantrieb warten. Die Segler bringen das einfach nicht.

trackback

[…] Schon Meister Röhrich aus Rötger „Brösel“ Feldmanns “Werner”-Comics hatte regelmäßig Sorge, dass die Russen vor der Türe stehen. Ähnlich geht es den Proponenten einer kapitalistschen Weltordnung. Immer und überall wittern sie die sozialistische Weltrevolution und haben Angst, dass morgen die Rote Fahne auf dem Reichstag weht. Wobei rote Fahnen auf Reichstagen historisch gesehen ja nicht unbedingt negativ konnotiert sind. Erneut entbrannte die Sorge um den Verlust der Freiheit und des Freien Marktes, nachdem man die Ideen der #ZeroCovid-“Aktivist:innen” las. Manch einer interpretiert dort einen lupenreinen Angriff auf unsere Gesellschaft mit dem Ziel des so… […]

Werner
Werner
3 Jahre zuvor

@ Helmut Junge

"die Flugmodelle des Herrn da Vinci" waren einfach nicht flugfähig, so wenig wie dein spiessiger Geniekult tragfähig ist

Helmut Junge
Helmut Junge
3 Jahre zuvor

@Werner, mir fehlt es vielleicht nur an einer Idee, wie Erfindungen fortschrittlich so quotiert werden könnten, daß jeder mal eine Erfindung machen kann. Mach mal ein paar Vorschläge. Dann verschwindet jeder "spießige Geniekult" sofort. Wenn wir dann morgens sagen könnten: "Heute ist der Werner dran, eine Erfindung zu machen." Und abends liefert Werner eine Erfindung ab. Das wäre ganz toll.
Oder wie soll ich dich verstehen?

paule t.
paule t.
3 Jahre zuvor

@Helmut Junge: Ich will die Bedeutung von Einzelpersonen ja auch nicht völlig leugnen. Aber sie ist eben weitaus geringer, als es im obigen Artikel wirkt, während die allgemeine Entwicklung von Gesellschaft und Wissenschaft im Artkel weit unterschätzt werden.

Flo
Flo
3 Jahre zuvor

Dass bei der Entwicklung von Medikamenten, Impfstoffen, etc. nicht alles super toll glatt läuft, ist ja keine seher neue Erkenntnis. Oftmals öffentlich gefördert, die Gewinne später aber privatisiert.

Schade, dass die ZeroCovid-Forderungen hier komplett verworfen wurde, statt zumindest Anknüpfungen zu suchen. Ich muss den Aufurf nicht unterschreiben, kann aber trotzdem meine o. g. Tatsachen kritisch sehen.

Helmut Junge
Helmut Junge
3 Jahre zuvor

@paule t. die große Zeit der Einzelerfinder, die ihre Erfindungen selber patentieren lassen konnten, und sie selber vermarkten, ist vorbei.
Meist kann der Erfinder seine Idee gar nicht alleine umsetzen und benötigt Hilfe aus vielen Bereichen.
Dazu kommt, die jährlichen Patentgebühren sind sehr hoch.
Aus eigener Erfahrung kann ich dazu etwas sagen.
Die UNI-DUE hat mir, nachdem sie jahrelang für meine Erfindungen Gebühren gezahlt hat, und die Firma die die Patentrechte gekauft hatte, keine Gebühren mehr zahlen wollte, meine Patente zur eigenen Nutzung übertragen wollen, und ich habe abgelehnt.
Nurweil das Internet nichts vergißt, kann kann ich zumindest eines davon noch finden.
https://patents.google.com/patent/EP2435553A1/de?oq=helmut+junge+duisburg
Abgesehen vom komplizierten Patentrecht, das dem Arbeitgeber das Nutzungsrecht zusichert, hätte ich selber auch keine Geräte gehabt, diese Idee bis zur praxistauglichkeit umzusetzen.
Und insofern haben Sie Recht, ohne die gesellschaftliche Leistung vor meiner Zeit, hätte ich es auch nicht gekonnt. Die notwendigen Geräte gab es schon, und das notwendige Wissen war auch schon abrufbar. Nur die Idee das alles zu diesem Zweck zusammenzuführen, war neu.

Stefan Laurin
Admin
3 Jahre zuvor
Reply to  Flo

@Flo: Die Unternehmen zahlen Steuer, geben im Land Geld aus und schaffen Jobs.

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