NRW: Berlin-Bonn-Gesetz – Die ganz große Koalition der Besitzstandswahrer

Bonn im Winter Foto: Matthias Zepper Lizenz: CC
Bonn im Winter Foto: Matthias Zepper Lizenz: CC

Heute hat sich der Landtag Nordrhein-Westfalens einstimmig für die Beibehaltung des Bonn-Berlin-Gesetzes ausgesprochen. Dabei ist Bonn als Nebenregierungssitz nicht mehr als ein überflüssiger Luxus.

Peer Steinbrück hatte Recht, als er am 6. Januar dem Tagesspiegel sagte:

„Die Zeiten von doppelten Standorten der Ministerien werden irgendwann zu Ende gehen. Der bereits beschrittene Weg, Ministerialverwaltungen in oberste Bundesbehörden zu überführen bietet sich als Lösung an, unter Beachtung der den Beschäftigten gegebenen Zusagen. Bonn bleibt Bundesstadt und UN-Standort, aber der Platz der politischen Entscheider ist Berlin.“

Bonn geht es blendend, die Stadt wächst, in den vergangenen 20 Jahren haben sich zahlreiche Institutionen und Unternehmen dort niedergelassen. Sechs Ministerien haben noch ihren Hauptsitz in Bonn, aber die Musik spielt längst in Berlin. Der Doppelt-Regierungssitz kostet Geld, führt zu vielen überflüssigen Reisen und längst ist klar, dass wer was werden will in Berlin präsent sein muss.

Das muss Bonner nicht freuen, aber die Wirklichkeit ist bekanntlich kein Ponyhof und Steinbrück drückte eigentlich nur eine Selbstverständlichkeit aus.

In NRW sorgten seine Worte für viel Aufregung in allen Parteien. Heute nun hat der Landtag die Landesregierung aufgefordert, alles gegen eine Änderung des Status Quo zu unternehmen. Der Antrag stammte von der FDP, alle Abgeordneten stimmten ihm zu.

Das mag man als regionalpolitische Geste sehen, aber im Kern ist es wie mit den Zechen-Subventionen: Die Politik versucht. die Vergangenheit zu konservieren. Klüger wäre es, loszulassen und in die Zukunft zu blicken. Das in 20 Jahren noch ein Ministerium in Bonn sein wird, ist kaum vorstellbar. Symbolpolitik wie sie heute der Landtag betrieben hat wird daran  nichts ändern.

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Mao aus Duisburg
Mao aus Duisburg
11 Jahre zuvor

Ich sehe das, naturgemäß, anders. Vermutlich genauso zu erwartend gewesen, wie der Text gegen den Mainstream von Stefan. Ein Schelm, der darin eine gewisse Strategie von Stefan sieht. 🙂

Föderalismus bedeutet auch, dass sich nicht alles in einem UFO namens Berlin konzentriert, wo Politiker, Lobbyisten und Journalisten glauben, alles, was sich in Berlin abspielt, würde auch für den Rest der Republik gelten.

Schönes Beispiel: Als vor einigen Jahren in Berlin die S-Bahn für mehrere Tage zusammenbrach, berichteten nicht nur die regionalen Berliner Medien darüber (was richtig ist). Auch die überregionalen Medien, die in Berlin ihren Sitz oder eine starke Korrespondenten-Vertretung haben, waren voll damit.

Außerhalb Berlins interessierte das keine Sau, weil gleichzeitig im Westen der Republik wichtige ICE-Verbindungen zusammenbrachen. Die wurden aber medial kleiner gefahren als die Berliner S-Bahn.

Das mag für viele ein lächerliches Beispiel sein, es ist aber symptomatisch für die Wahrnehmung, die Denke und das Handeln……. und daher halte ich auch die Aufteilung zwischen Berlin und Bonn richtig. Bonn ist weder eine „Nebenregierung“, noch ein zweiter Regierungssitz, sondern ein zweiter Verwaltungssitz. Und wenn wir in einem föderalen System leben und dies so wollen, ist eine solche Aufteilung richtig.

TuxDerPinguin
TuxDerPinguin
11 Jahre zuvor

Die Landespolitiker sollen sich wie jetz geschehen für NRW einsetzen. Ein Bonn mit Ministerien ist besser als eines ohne.
Aber der jetzige Beschluss greift zu kurz. Man stoppt den schleichenden Umzug nach Berlin nicht.

Besser wäre es daher, sich das einzugestehen, und das Berlin-Bonn-Gesetz teuer zu verkaufen. Irgendwelche Fördergelder oder Projekte wird man schon abgreifen können, dafür dass die Ministerien ohne Protest umziehen dürfen.

Walter Stach
Walter Stach
11 Jahre zuvor

„Wir haben’s ja“.

Immer, wenn es darum geht, das eigene Interesse zu befrieidigen, spielen finanzielle Belastungen der öffentlichen Haushalte, spielt das ansonsten immer ins Spiel gebrachte Geld der Steuerzahler keine Rolle, und -ganz selbstverständlich- auch nicht für diejenigen, die permanent dem Sparen in den öffentlichen Haushalten das Wort reden (CDU/FDP) oder für diejenigen (SPD, Grüne,Linke), die bei jeder Gelegenheit „den richtigen Einsatz öffentlicher Mittel“ fordern, z.B. für kindliche Früherziehung, für mehr Pädagogen, für mehr und besser bezahlte Altenpfleger usw.

Ich rede erst gar nicht davon, was an Effektivität und Effizienz infolge der Beibehaltung „eines zweiten Regierungssitzes in Bonn“verloren geht. Insbesondere die FDP läßt ja ansonsten keine Gelegenheit verstreichen, mehr Effektivität, mehr Effizienz des gesamten öffentlichen Dienstes zu fordern.

-Eine Föderalismusdebatte, wie sie jetzt hier anklingt, ist in diesem Zusammenhang absolut fehl am Platze;sorry.
Das föderale System unseres Bundesstaates wird „so oder so“ vom Bestehen bzw.Nichtbestehen des „zweiten Regierungssitzes in Bonn“ überhaupt nicht tangiert.

Und wenn für einen Mann wie Steinbrück solche Erwägungen Anlaß waren, das Festhalten am „dem zweiten Regierungssitz“ kritisch zu hinterfragen, dann beweist das neben vielem Anderen, daß Steinbrück bereit und in der Lage ist, politisches Handeln rational zu begründen und das dann auch öffentlich so zu sagen, selbst dann, wenn ihm klar ist, daß er damit so manchem Lokalpatrioten -in NRW,im Rheinland,in Bonn-auf die Füße tritt.
-„Wir brauchen mehr Steinbrück, nicht weniger“!!-

-Was ist denn eigentlich Inhalt der rationalen Argumentation der „Bonn-Fans“ für das Festhalten an dem „zweiten Regierungssitz in Bonn“? Bei mir ist jedenfalls davon bisher nichts angekommen.-

Arnold Voss
Arnold Voss
11 Jahre zuvor

Es gibt keinen, Walter. 🙂

Mao aus Duisburg
Mao aus Duisburg
11 Jahre zuvor

@Stefan: Dann tausche ich gerne das Saarland, Bremen und Brandenburg als Land ein und behalte Bonn als zweiten Verwaltungssitz. Reicht das?! 🙂

Nansy
Nansy
11 Jahre zuvor

@Walter Stach

Zitat: „Wir haben’s ja. Immer, wenn es darum geht, das eigene Interesse zu befrieidigen, spielen finanzielle Belastungen der öffentlichen Haushalte, spielt das ansonsten immer ins Spiel gebrachte Geld der Steuerzahler keine Rolle..“

Wo Sie recht haben, da haben Sie recht – finanzielle Belastungen der öffentlichen Haushalte und das Geld der Steuerzahler spielen keine Rolle, wenn es um die Hauptstadtphantasien unserer Politiker geht. Das war schon beim Bonn-Berlin Umzug so, und so wird es auch bleiben. Der Bundesnachrichtendienst ist ein gutes Beispiel für die angeblichen Notwendigkeiten der erforderlichen Nähe zur politischen Führung und die Belastung der Haushalte. Jahrzehntelang war der BND in Pullach fern der politischen Führung in Bonn und hatte keine Probleme mit der Entfernung. Nachdem Berlin Hauptstadt wurde, ist diese Entfernung offenbar sehr hinderlich geworden und muss nun nach und nach auf Kosten der Steuerzahler verringert werden. Die Großkopferten in unserer politischen Führung fühlen sich in München offenbar abgehängt – macht ja nichts – Geld ist ja genug da!

Zur Infragestellung des Bonn-Berlin-Gesetzes fällt mir eigentlich nur eines ein: Alle Jahre wieder…..

Erfahrener
11 Jahre zuvor

Es wäre nach der „Wiedervereinigung“ besser gewesen, man hätte sich für Kassel oder Göttingen als ganz neuen Regierungssitz im geografischen Mittelpunkt der Republik entscheiden, mit einer inhaltlichen Unbefangenheit von der zwiespältigen Hiostorie, und nicht für die alte „Reichshauptstadt“ nahe der polnischen Grenze im Nordosten Deutschlands. Diese hätte als rein historische Hauptstadt fungieren können und Bonn würde eine Auszeichnung als Nachkriegs-Provisorium für den Aufbau der Demnokratie symbolisch erhalten.
Viel wichtiger wäre aber eine Debatte um eine Länderreform mit Reduzierung der 16 teuren Bundesländer auf nur noch 5: „Bundesland Nord“ mit Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, „Bundesland 0st“ mit Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg, Bundesland „West“ mit NRW, Rheinland-Pfalz und Saarland“, Bundesland „Süd“ mit Baden-Württemberg und Bayern sowie Bundesland „Mitte“ mit Hessen, Thüringen, Ostwestfalen und Südniedersachsen. Das wären etwa glieche Einwohnerzahlen und eine sinnvolle föderalistische Verwaltungsgliederung, auch geografisch gut darstellbar.

Martin Böttger
Martin Böttger
11 Jahre zuvor

Hier eine Meldung aus Bonn:
1. Komplettumzug nach Berlin ist definitiv teurer, als Einhaltung des Bonn-Berlin-Gesetzes.
2. Die Beschäftigten des Bundes haben Anspruch auf Vertrauensschutz, dass beschlossene Gesetze auch gelten. Auf was soll man sich sonst heute noch verlassen können?
3. Allein die Preissteigerungen des Berliner Flughafens sind höher, als was Bonn jemals an Ausgleichszahlungen aus dem Bonn-Berlin-Gesetz erhalten hat. Allein die Hälfte dieser Ausgleichszahlungen machte eine ICE-Schleife am Köln-Bonner Flughafen aus – die wäre sogar verzichtbar gewesen.
4. Wahr ist, dass der bereits vollzogene Umzug Bonn nicht schlecht, sondern gutgetan hat. Eine große Menge unproduktiver Politiker, Beamten und Lobbyisten wurde ausgetauscht durch junge Familien, deren Elternteile in kreativen und produktiven Branchen arbeiten und ein Umfeld von hoher ökologischer und kultureller Lebensqualtität haben wollen. Die Metropole in Köln in 18-Minuten-IC-Entfernung, das Ruhrgebiet eine Stunde, Brüssel 2 Stunden, London und Paris näher als Berlin, Weinberge in Sichtweite. Wärmer ist es hier auch. Ja, insofern gehts einem gut in Bonn.

Walter Stach
Walter Stach
11 Jahre zuvor

1.
Nancy -8-, hier vergleichend den BND heranzuziehen -sh.Pullach-Berlin- erscheint mir falsch.
Die Bundesregierung“ ist e i n Bundesorgan mit enigen diesem Organ zugehörigen Behörden/Ministerien .
Und allein das führt zwangsläufig, weil logisch, immer wieder dazu, darüber nachdenken zu müssen, ob und wie den Effektivitäts- und Effizienzeinbußen begegnet werden kann, begegnet werden sollte, die sich logischerweise dadurch ergeben, daß sich Teile einzelner Behörden , die zu e i n e m Bundesorgan, der Bundesregierung mit dem Sitz in Berlin, gehören, an zwei Standorten befinden.

Also…alles Jahre wieder?
-Ja,wenn das nicht so wäre, hätte ich Probleme bezüglich der Managmentqualitäten der Verantwortlichen -der Kanzlerin, der Minister- in Sachen Efffektivität und Effizienz „ihrer“ Behörden. Und wenn „die“ sich nicht trauen, ihren Schlußfolgerungen entsprechend eine Änderung des derzeitigen Zustandes zu fordern, dann gibt es ja den Steinbrück.Der „traut“ sich eben, nicht nur hier.

Martin Böttger -10-:

Ja, ich habe jetzt verstanden, warum Teile von Bundesministerien, besser deren Belegschaften, in Bonn zu bleiben haben -sh.Ihr letzter Satz:

„Wärmer ist es hier auch.Ja, insofern geht es einem gut in Bonn:“

Einverstanden,aber es kann ja den „Bundesbediensteten in Bonn“ nicht schaden, wenn ein Steinbrück sie ‚mal wieder aufgeschreckt , wenn er sie in ihrem „wärmenden Wohlbefinden “ erschreckt hat. Das kann ja schon ein „Wert an sich sein“, auch wenn Steinbrück -und andere-am Zustand „der Bundesstadt Bonn“ vorläufig nichts ändern werden.
Und da das so ist, leider,wie ich finde, führen wir hier eine „Phantom-Debatte“.

Nansy
Nansy
11 Jahre zuvor

@Walter Stach -11-

Man kann diese Diskussion um den Regierungssitz mit guten Argumenten auf beiden Seiten führen – ist auch nichts dagegen einzuwenden. Nur das Kostenargument macht mich wirklich böse (ich bitte um Verzeihung). Was der Regierungsumzug bisher gekostet hat und jetzt dann noch zusätzlich weiter kosten soll, bloß damit einige Leute aus der Führungsebene sich näher an der „Sonne“ der Regierung wärmen können, ist nun wirklich kein Pappenstiel. Dabei sind die Beschäftigten der unteren Ebenen nun wirklich nicht diejenigen, die es nach Berlin zieht – ich kann da mitreden. Dabei sitzen die meisten aus der Führungsebene sowieso schon in Berlin. In Zeiten der elektronischen Vernetzung werden die Argumente für den Komplettumzug knapp.

Walter Stach
Walter Stach
11 Jahre zuvor

Nansy -12-:

Kein Widerspruch, wenn Sie abschließend feststellen, daß die „elektronische Vernetzung“ mehr und mehr im privaten wie im öffentlichen Sektor gegen eine bisher häufig naheliegende und regelmäßig praktizierte Zentrierung operativer Geschäfte sprcht, eben auch im Bereich der Bundesministerien, der obersten Bundesbehörden.

Ich bleibe aber dabei, daß derzeit noch Vieles dem verantwortlichen Managment in den Bundesministerien recht zu geben scheint, letztlich also den Ministern, bzw. der Bundesregierung in Gänze, wenn dort der Effektivität und der Effizienz wegen mehr und mehr kritisch über das Weiterbestehen der Berlin- Dependancen in Bonn nachgedacht wird.

Mir ging es mit meinem Beitrag allerdings ganz und gar nicht darum, meine Auffassung in der Sache als „die einzig richtige“ zu verkaufen;will ich nicht und kann ich nicht.

Mir ging es in erster Linie darum, aus konkretem Anlaß wieder einmal anzumerken, daß es m.E. dem politischen Diskurs, der Diskussionskultur in der Politik nicht gut tut, wenn immer wieder und immer häufiger reflexartig auf jeden „drauf gehauen wird“, der sich traut, etwas anzusprechen, was er und was viele andere denken, was aber „die Anderen“ aus politischem Opportunismus nicht zu sagen wagen.

( Stets mit dem Strom schwimmen -mainstream gemäß-„, war nie und ist bis heute „nicht mein Ding“, also z.B. hier nicht, wenn „meine“ SPD unbedingt die Berlin-Dependancen in Bonn erhaltn will.
Ich neige unbestritten im Zweifelsfalle emotional ehe dazu, von vornherein mit dem zu sympatisieren, der gelegentlich gegen den Strom schwimmt, der nicht um jeden Preis „mainstream gemäß“ plädiert, der sich im Bewußtsein zu erwartender öffentlicher Schelte „‚was traut“, der sich dann etwas zu sagen „traut“, wenn alle Umfrageerbenisse zeigen, daß die Mehrheit das anders sieht. Damit erklärt sich zum Teil meine hier mehrfach bekundete Sympathie für die Person Peer Steinbrück und das eben auch aus Anlaß seiner hier kommentierten und diskutierten Meinung .)

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