NRW: Diffamierungen wegen Enthüllungen über Kita-Imam?


Als alle lokalen Medien informiert wurden, dass der Düsseldorf „Kita-Imam“ auf seiner Facebook-Seite Inhalte von Hasspredigern und antisemitische Karikaturen geteilt hat, wurde das nur von einem konservativen Regionalportal aufgegriffen. Alle anderen Medien schwiegen dazu. Der Imam reagierte, indem er die Überbringerin der Nachricht als „AfD-Gutachterin“ diffamierte – eine nachweislich falsche Darstellung. Ein lokal bekannter Polizist markierte das trotzdem mit „Gefällt mir“. Eine kritische Betrachtung fragwürdiger Strukturen in der Landeshauptstadt.

Sigrid Herrmann-Marschall
Sigrid Herrmann-Marschall

Träger der Kindertagesstätte in der Steubenstraße in Düsseldorf-Reisholz ist die Diakonie. Dort wird nach eigenen Angaben ein religionspädagogisches Konzept umgesetzt. Am 8. März wurde medienwirksam berichtet, dass nunmehr auch ein Imam darin eingebunden werden soll. Die Diakonie schrieb dazu: „Ein evangelisch-muslimisches Kita-Projekt in Düsseldorf soll Toleranz und gutes Miteinander der Religionen fördern. In der evangelischen Kita Steubenstraße im Stadtteil Reisholz kommt neben dem zuständigen Diakoniepfarrer Thorsten Nolting in Zukunft auch ein Imam regelmäßig zu Besuch. Das religionspädagogische Modellprojekt ist eine Kooperation der Diakonie Düsseldorf mit dem Kreis der Düsseldorfer Muslime (KDDM).“

Der Kooperationspartner KDDM ist ein Dachverband, in dem sich neben natürlichen Personen vor allem Gemeinden und Vereine organisiert haben. Welche Binnenstruktur der KDDM hat, also welche Moschee-Vereine dort Mitglied sind, ist auf seiner Internet-Seite inzwischen nicht mehr einsehbar. Von Seiten des Landesinnenministeriums hieß es im Juli 2018, man führe Gespräche mit dem KDDM, „weil auch der Verfassungsschutz den Verein nicht insgesamt als extremistisch einschätze, sondern einzelne Mitglieder“. Welche Mitglieder extremistisch sind, blieb jedoch offen.

Seitens des KDDM wurde zur Kooperation der Imam Asmer U. empfohlen. Der Begriff des Imams ist nicht geschützt; insbesondere erfordert er keine spezifische oder nachweisliche formale Ausbildung. Medienberichten zufolge arbeitet Asmer U. als Busfahrer bei der Rheinbahn. Er hat aber nach eigenen Angaben Islamwissenschaften studiert, wohl noch in Bosnien, bevor er vor etwa 20 Jahren nach Deutschland gekommen ist. Von dem bosnischen Islamischen Kulturcentrum (IKC) Düsseldorf wird U. als Imam aufgeführt.

Der „Kita-Imam“

Auf seiner Facebook-Seite war bis vor kurzem eine starke Verbundenheit zu seiner Herkunftsregion erkennbar. Deutsche Bezüge hingegen waren nur selten zu sehen – und die wenigen Beiträge in deutsch erschienen eher ungelenk. Viele religiöse Beiträge und geteilte Inhalte waren in der Sprache seiner Heimat.

Quelle: Facebook-Profil Asmer U., Abruf 12.3.2019

Die Diakonie gibt an, sie habe nach der Ankündigung des Kita-Imams Hassmails erhalten, Art und Umfang dieser Mails sind jedoch unbekannt. Eine solch pauschal-ablehnende Haltung ist fragwürdig, Hass gar ist inakzeptabel. Landesintegrationsminister Joachim Stamp (FDP) stellte sich hinter die Diakonie – völlig zu Recht, wenn die Autorin nicht kurz zuvor Pressemitteilungen verschickt hätte, die Zweifel an der Eignung eben dieses konkreten Imams belegt haben.
Neben den kulturellen Inhalten waren auf der Facebook-Seite von Asmer U. nämlich noch reichlich geteilte Beiträge von diversen Hasspredigern, von einem radikal-salafistischen bosnischen Magazin und sogar anti-israelische Schmäh-Karikaturen, dir durchaus als antisemitisch bewertet werden können.

Auch einem Laien hätten diese Beiträge und insbesondere ein von Asmer U. geteiltes Bild auffallen müssen, das Männer mit kleinen verschleierten Mädchen zeigt. Einer davon ist vermutlich Asmer U., der ein etwa zweijähriges Mädchen hält. Das streng gebundene Kopftuch lässt nur knapp das Gesicht frei. Über alle diese Dinge wurden die Medien in der Region Düsseldorf informiert, entsprechende Screenshots waren der Pressemitteilung beigefügt.

Berichterstattung bleibt aus

Trotzdem reagierten die angeschriebenen Medien nicht. Lediglich ein kleines konservatives Regional-Portal hielt es für berichtenswert, dass der „Kita-Imam“ Islamisten-Inhalte verbreitet und antisemitische Karikaturen teilt. Die Informationen, die nachweislich zutreffen und von den Redaktionen auch hätten überprüft werden können, wurden schlicht boykottiert.

Imam löscht alles – und erfindet sich neu

Quelle: Facebook-Profil Asmer U., Abruf 12.3.2019

Asmer U. hingegen reagierte noch am selben Tag: Er löschte die fraglichen Inhalte. In einem neuen Facebook-Beitrag bezeichnete er die fachlich korrekte Zuordnung von Hasspredigern als Hassprediger sowie die Frage, ob jemand, der solche Inhalte teilt, zur Kindererziehung tauge, als „denunzierend“ und „hetzerisch“. Er behauptete in seiner Stellungnahme, er habe „Seiten und Posts im Internet und auf Facebook, die möglicherweise problematisch sind“, verfolgt, um sich „auch inhaltlich und theologisch mit den Inhalten auseinanderzusetzen“. Warum er diese „möglicherweise problematischen“ Inhalte dann unkommentiert teilt, bleibt unbeantwortet.
Da er alles gelöscht hat, hat er dies auch der direkten Überprüfung durch Journalisten entzogen. Nichts hindert nunmehr das Erfinden einer eigenen neuen Legende zum Sachverhalt. Zu dem Mädchenbild und den antisemitischen Karikaturen äußert er sich erst gar nicht, wohlweislich, dass diese wohl kaum mit theologischer Auseinandersetzung begründet werden können, sondern nur seine Haltung aufzeigen.

Die Autorin aber bezeichnete er als „AfD-Gutachterin“. Eine Zuschreibung, die nachweislich falsch ist. Aber wie kommt Asmer U. überhaupt dazu, eine solche Behauptung aufzustellen? Was hat er irgendwo aufgeschnappt, um frei Erfundenes dazuzudichten? Am 17. Januar gab es im Landtag eine Anhörung zur Ahmadiyya Muslim Jamaat Gemeinde und deren Antrag auf Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Gutachten der drei Sachverständigen lagen dem entsprechenden Ausschuss bereits vor. Aber am Nachmittag vor der Anhörung musste eine Sachverständige ins Krankenhaus, woraufhin die Verfasserin gefragt wurde, ob sie dafür einspringen könnte, damit die Anhörung trotzdem wie geplant stattfinden könne.

Die Autorin half aus und sagte in der Anhörung ausdrücklich, dass sie einen anderen Ansatz vertrete als die Gutachterin, aber aus religionspolitischen Gründen zum gleichen Ergebnis komme. Alle Fraktionen im Ausschuss hatten die Möglichkeit, die Verfasserin zu befragen; enttäuschenderweise machte von diesem Fragerecht aber nur die AfD-Fraktion Gebrauch. Daraus machte Asmer U., die Verfasserin sei eine „AfD-Rednerin“. Hinzu kommt, dass Asmer U. in seiner Stellungnahme Absurditäten unterstellt wie: „Sie unterhält nicht nur freundschaftliche Kontakte zu Berliner AfD-Größen wie Lutz Urbanczyk“ oder „unterhält selbst Kontakte zu bewaffneten Kombattanten im Ausland“.

Stadtbekannter Polizist unterstützt Falschdarstellung

Interessant ist nun, wer sich diese unwahren Tatsachenbehauptungen zu eigen macht und Asmer U. damit bei seiner Legende unterstützt. Neben Asmer U. selber und einer weiteren Person ist es der Kontaktbeamte der Düsseldorfer Polizei, Dirk Sauerborn, der diese wüste Beschimpfung mit „Gefällt mir“ markiert hat. Sauerborn ist seit mehreren Jahren in dieser Funktion und steht auch als erster Vorsitzender dem Verein „Düsseldorfer Wegweiser e.V.“ vor. Ob er daraus – der Verein wird öffentlich gefördert – weitere Bezüge zu Wegweiser hat, ist offen.
Weitere Projekte wurden auch von ihm mitgegründet, woraus sich die Frage ergibt, ob das wegen des Themenfeldes nun sein berufliches oder sein privates Engagement darstellt. Das ist jedoch nicht der einzige hinterfragungswürdige Vorgang dieser Art. Schon als vor Jahren über die Umtriebe des vom Verfassungsschutz der Salafisten-Szene zugerechneten Hilfsvereins Ansaar Düsseldorf berichtet wurde, trumpfte dieser mit seinen Kontakten auf: „Bei einem gemeinsamen Treffen erklärte man uns unlängst das man genau wisse das diese alte Einschätzung auf uns nicht gut zutrift, aber auf unseren Köpfen Politik gemacht wird. Es wird sich mit den Jahren bessern prophezeite man uns… Wir haben also ganz im Gegenteil sogar Polizisten oder den Integrationsbeauftragten im Auftrag des Verfassungschutz unseren Respekt gezollt aufgrund der gemeinsamen Gespräche, es waren harmonische Gespräche in denen man uns offen zugab zu Wissen das die damalige Einstufung als ‚radikal‘ so nicht zutrifft. Desweiteren haben wir damals gemeinsam ein Abkommen geschlossen keine Benefiz Veranstaltungen mehr zu machen welches wir bis heute seit ca. zwei Jahren eingehalten haben (grammatikalische und andere Fehler im Original belassen, SHM).“

Das Landesinnenministerium bestätigte seinerzeit gegenüber einem Journalisten die Gespräche zwischen Sauerborn und Ansaar. Gegenleistungen für den Verzicht auf Benefiz-Veranstaltungen seien nicht vereinbart worden. Damit stellt sich die Frage, ob die Gegenposition zum Verfassungsschutz aus der Düsseldorfer Polizei von Ansaar nur behauptet wird – oder nicht doch eine Portion Wahrheit dahintersteht. Mit einer solchen Einstellung nämlich ließe sich auch die aktuelle Haltung Sauerborns erklären, die nicht mehr Faktisches sieht, prüft und einordnet, sondern persönliche Kontakte zentriert. Da ist dann der Imam mit der Neigung zu Hasspredigern, den man kennt, näher als die Fakten von Dritten. Üble Nachrede wird ungeprüft gutgeheißen. Da gelingt dann nicht mal mehr die ausreichende Abgrenzung zu antisemitischen Inhalten, von denen man annehmen muss, dass sie Sauerborn zur Kenntnis gelangt sind. Wie kann es sein, dass der Kontaktbeamte der Düsseldorfer Polizei sich durch diese Unterstützungshandlung gemein macht mit einem, der Antisemitismus verbreitet?

Die heile Welt wird immunisiert

Was Diakonie, KDDM und auch Dirk Sauerborn aber in all ihren Bestrebungen und Interessenbekundungen zu vergessen scheinen, sind die muslimischen wie auch die nicht-muslimischen Kinder in der Kita in Düsseldorf-Reisholz. Um deren Schutz muss es gehen. Nicht der Imam ist die zu schützende Person. Es geht auch nicht um einen schönen Traum von Dialog, nicht um ein Wunschbild von einem Imam, nicht um die Schwierigkeit, die man haben mag, wenn Fehler gemacht wurden. Am Ende des Tages wollen diese ganzen Institutionen und Personen ihre eigenen Wünsche über den maximalen Schutz von Kindern setzen, denn die Haltungen von Asmer U. sind belegt. Er gibt von sich selber an, er sei „ehemaliger JVA-Imam“. Warum er ein ehemaliger JVA-Imam ist, offenbart er nicht. An der Zeit kann es nicht liegen, denn nun will er in Kitas gehen. Warum er nicht mehr in der JVA ist, bleibt also offen.

Quelle: Facebook-Profil Asmer U., Abruf 12.3.2019

Letztlich verantwortlich für diesen Vorgang ist der KDDM-Vorstand. Zeigte dessen Vorsitzender Dalinc Dereköy beim letztjährigen Vorfall um den Salafisten-Prediger Abu Jibriel beim KDDM-Cup nach einem Bericht des WDR noch eine gewisse Einsicht, so scheint dies beim aktuellen Sachverhalt nicht der Fall zu sein. Eine Stellungnahme von Dereköy zu den Versäumnissen, einen Imam mit derartigen Haltungen einem Kooperationspartner angedient zu haben, liegt auch eine Woche später noch immer nicht vor. Eine solche ist aber erforderlich, um die Sichtweisen des KDDM-Vorstandes zu Hasspredigern und auch zu Antisemitismus zu erfahren.

Schutzraum für antisemitische Haltungen – nicht für Kinder

Sonntagsreden oder „Freitagsgespräche“ helfen da nicht – die Haltung zeigt sich in der konkreten Herausforderung, sich im Zweifelsfall von Personen mit fundamentalistischen oder gar antisemitischen Haltungen zu distanzieren. Eine solche Distanzierung gibt es bislang weder von der Diakonie noch vom KDDM. Es gibt nur das „Gefällt mir“ des Dirk Sauerborn. Das lässt vermuten, dass Sauerborn eine Distanzierung des KDDM vom „Kita-Imam“ auch nicht fordern wird, wenn er schon den Imam selber in seinem Eigenmarketing, in einer sachlich falschen und diffamierenden Stellungnahme unterstützt.

Der Boykott durch die Medien mag da eine Rolle spielen. Wenn sich alle einig sind, über Problematisches nicht zu sprechen, wenn problematische Imame so schön vernetzt sind, dass sie ohne Folgen Antisemitisches posten und ein archaisches Frauenbild in Kitas tragen dürfen, dann ist die Realität nicht mehr im Diskurs, sondern nur noch das Wunschbild. Das Schöne wird berichtet, das Schlechte nicht. Wenn Medien sich Wunschbilder zu Eigen machen, wenn sie berechtigte Fragen erst gar nicht mehr stellen, hat die Vernetzung einen Grad erreicht, der auch Extremisten schützt. Alle schweigen, stattdessen wird nur noch das schöne Bild gezeigt. Damit entsteht ein sicherer Ort für Extremisten und Antisemiten, umgeben von dem Kokon einer Stadtgesellschaft, die sich nicht mehr traut, das Wichtigste zu schützen, das sie hat: ihre Kinder. Alle Kinder.

 

Sigrid Herrmann-Marschall ist Islamismus-Expertin. Die Ergebnisse ihrer Recherchen veröffentlicht sie unter anderem auf ihrem Blog „Vorwärts und nicht vergessen“. Sie ist seit mehr als 28 Jahren SPD-Mitglied, bekleidet aufgrund ihrer umfangreichen Tätigkeit zu islamistischen Strukturen jedoch kein Parteiamt mehr.

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Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
5 Jahre zuvor

Wenn stimmt, was die Autorin schreibt, dann wird in D'dorf vorgeführt, wie man es nicht macht.
Wer integrativ mit Immigranten oder dem Umfeld arbeitet, kann sich seine Dialogpartner zwar nicht selber backen und wird mit befremdlichen Ideen konfrontiert werden, aber grenzenlos darf die Toleranz schon dabei nicht sein.
Die Anforderungen steigen, wenn aus dem Dialog eine Kooperation werden soll. Ideologien, die dem eigenen Menschenbild entgegen stehen, können dann kein Gesprächsthema mehr sein. Hier wurde scheinbar der dritte Schritt vor dem zweiten gemacht.

Kowalski
Kowalski
5 Jahre zuvor

Was hat Walraff gesagt nachdem er den Ko. gelesen hat?Na,wer weiss es?

Gerd
Gerd
5 Jahre zuvor

Wen überrascht das? Hier gilt der, der auf Problem hinweist als gefährlicher, als er der Probleme macht.

Das erinnert mich auch an den Artikel über Fake News von vor ein paar Tagen. Hier haben wir ein Paradebeispiel dafür. In der Form, dass die alten Medien echte News vorsätzlich unterdrücken und einzig und allein Dank des Internets mit ihrem Vertuschungsversuch scheitern.

Ellen Widmaier
5 Jahre zuvor

Sigrid Herrmann-Marschall ist Mitglied der SPD und eine ausgewiesene Islamismus-Expertin, sie hat bei der Pressearbeit alles getan, um auf dieses jüngste Beispiel hochgefährlicher islamistischer Basisvernetzungen hinzuweisen und die Medien haben versagt. Ja, komplett versagt! Ich sehe ein Foto mit kleinen vermummten Mädchen, das Kinderkopftuch soll auch in Deutschland salonfähig gemacht werden, wer es wissen will, weiß es. Aber unsere Medien wollen es nicht wissen. Ich sage schon länger nicht mehr "unfassbar", denn die Inflation des Unfassbaren ist weit fortgeschritten. Hallo SPD, wo seid ihr, um Sigrid zu schützen und die Bevölkerung aufzuklären? Und euch habe ich mal gewählt – nie wieder!!

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[…] in NRW, z.B. in Düsseldorf, ist diese Problematik aktuell (NRW: Diffamierungen wegen Enthüllungen über Kita-Imam?). In den Medien wird diese Thematik bisher eher stiefmütterlich behandelt bzw. schlichtweg […]

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