Zahlreiche freie Künstler haben sich mit einem offenen Brief an die nordrhein-westfälische Landesregierung gewandt. Sie beschweren sich darüber, dass die vom Land NRW bereitgestellte Soforthilfe für freie Künstler in Höhe von 2000 Euro schnell vergriffen war und ein Großteil der Antragsteller leer ausging. Das Land hatte für diese freiwillige Leistung Mittel in Höhe von fünf Millionen Euro bereit gestellt. Die Künstler wollen nun, dass die Mittel aufgestockt werden und wollen nicht zur Arbeitsagentur gehen, und dort um Unterstützung nachsuchen:
Der NRW-Soforthilfetopf für Kulturschaffende war eine gute Geste, die begrüßt wurde. Doch Fakt ist, dass die Allermeisten nun eine Absage erhalten haben. Dabei war bereits spätestens am 24. März, als mehr als 10.000 Anträge eingegangen waren, klar, dass das Geld nur für einen Bruchteil der AntragstellerInnen reichen würde. Es wäre Aufgabe der Verantwortlichen gewesen, das umgehend zu kommunizieren und nachzubessern. Stattdessen hat man das Problem schlicht ignoriert und erst am 14. April Absagemails verschickt – mit Verweis auf die Landesmittel für Selbständige.
Diese aber sind, wie die Landesregierung am 14.4. abermals bestätigte, nur zweckgebunden für Betriebsausgaben verwendbar – und nicht für die persönliche Lebensführung. Und das obwohl der Kulturrat NRW, der Verband deutscher Schriftsteller (VS) und weitere Institutionen seit Wochen mehrfach auf das Problem hinweisen, dass diese Regelung für die allermeisten Kulturschaffenden bedeutet, dass sie finanziell vor dem Nichts stehen. Im Gegensatz zu großen Unternehmen, die in den letzten Jahren riesige Gewinne einfahren konnten und nun trotzdem Staatshilfen bekommen, hat die Mehrheit der Kulturschaffenden keine nennenswerten Rücklagen.
Uns nun auf das ALG II zu verweisen ist indiskutabel. Wir sind nicht arbeitslos! Wir unterliegen aufgrund des Veranstaltungsverbots einem weitgehenden Berufsverbot, das bei vielen für weitgehende oder gar vollständige Einnahmeausfälle sorgt. Während Arbeitnehmer das Kurzarbeitergeld zur privaten Absicherung erhalten, sollen Kulturschaffende auf das Existenzminimum fallen. Noch einmal: Das ist indiskutabel!
Wir protestieren ausdrücklich nicht gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Diese sind notwendig und werden von uns mitgetragen. Aber wir dürfen erwarten, dass die Landesregierung, die uns untersagt, unseren Beruf auszuüben, uns in dieser schwierigen und für viele sogar existenziellen Lage unterstützt.
Unterschrieben wurde der Brief von 170 Künstlern, Musikern, Schauspielern, Übersetzern, und Journalisten aus NRW.
Die Situation verstehe ich nicht. Es sind Teilbereiche des öffentlichen Lebens eingeschränkt. Das wird immer so sein.
In solchen Situationen passt man das Geschäftsmodell an bzw. orientiert sich neu. Als Arbeitnehmer hat man in Versicherungen eingezahlt.
Ich bin sehr erstaunt, dass so viele freie/autonome Menschen immer so schnell nach dem Staat rufen, wenn sich etwas ändert. Wo bleibt die Eigeninitiative?
Aktuell entstehen doch sehr viele kreative Angebote/Modelle.
Ist es nicht auch so, dass Arbeitnehmer zuerst Urlaub etc. aufbrauchen sollen?
@ke ich verstehe den kommentar nicht.
Haben sie den Text nicht gelesen? Freie Künstler sind halt keine Arbeitnehmer im Sinne von Überstunden abbauen und Urlaub nehmen.
Und es ist nicht so dass "Es sind Teilbereiche des öffentlichen Lebens eingeschränkt. Das wird immer so sein.", nein. das ist eine vom Staat, bzw. Land so herbeigeführte Ausnahmesituation die Menschen die in Theatern, Clubs oder im Konzertbetrieb arbeiten einfach komplett die Arbeits-/Lebensgrundlage entzogen hat. Und das wird auch noch eine Weile so bleiben, Theater sind bestimmt nicht das erste was wiedereröffnet wird.
Verstehen sie das Konzept von "freischaffend" nicht? Man wechselt nicht einfach seinen Tätigkeitsbereicht als wäre nichts. Was sind denn die "sehr viele[n] kreative[n] Angebote/Modelle" die ihrer Meinung nach gerade entstehen?
@2 Nico
Wenn man seinen Tätigkeitsbereich nicht wechselt und sich nicht anpassen will, hat man keine Einnahmen.
Warum soll die Allgemeinheit diese Unflexibilität unterstützen?
Als Selbständiger muss man auch für schlechte Zeiten Rücklagen bilden. Nach Jahren des Booms sollen plötzlich alle kurz vor der Pleite stehen und UNterstützung brauchen?
Wie haben diese Selbständigen gewirtschaftet?
Genau dieses Vorsorge gibt es für viele Arbeitnehmer: Gleitzeit, Überstunden in guten Zeiten, Abbau in schlechten Zeiten, Versicherung gegen Arbeitslosigkeit etc. D.h. es sind viele Vorsorgemechanismen, die auch vom Einkommen der Arbeitnehmer abgehen. Als Selbständiger sollte man dann auch diese Rücklagen bilden.
Ebenso muss man schauen, wo aktuell Märkte sind, wenn man Geld braucht.
@ke:
"Ebenso muss man schauen, wo aktuell Märkte sind, wenn man Geld braucht."
Wovon reden sie? Wohin soll ein Schauspieler oder Musiker denn wechseln? Eine Sängerin wird nicht plötzlich Fliesenlegerin. Ich kenne kaum jemanden aus dem Bereich der wirklichlich Rücklagen bilden kann, die Bezahlung ist nicht sehr gut, boom geht anders.
Beten sie einfach blind das "ihr müsst alle flexibel sein" und "der Markt regelt alles" MAntra runter? So klingts.
@4 Nico
'Ich bin Schauspieler, geht ihr arbeiten und versorgt mich, bis ich etwas finde', kann es auch nicht sein.
@ Ke
du hast null Ahnung von "Kunst".
"Neoliberal" ist für dein Gerede noch zu positiv, es ist einfach nur "Unsinn".
Vielleicht ist jetzt die Zeit über ein bedingungsloses Grundeinkommen nachzudenken?
@7 Angelika
Warum?
Es hat sich bisher doch nirgendwo bewährt.
Wir haben doch bspw. den Bericht über die Kooperation mit RWE, in der es heißt, dass bspw. der Einzelhandel im Verkauf und in der Logistik sucht.
Wer in der Lage ist, Geld zu verdienen, sollte dies auch machen.
#8 ke
Nun mal sachlich, ke … Wieviele sollen im Einzelhandel Regale einpacken oder mit dem Gabelstapler in Lagern herumsausen oder per LKW Waren transportieren?
Sie wissen doch genau, dass Ihr Vorschlag keine Lösung ist. Reines Scheingefecht!
Wenn eine Tätigkeit kein sicheres Einkommen erwirtschaftet, sollte man sich eine andere suchen. Es scheint einigen Kommentatoren hier schwer zu fallen, sich mit dieser Realität zu konfrontieren. Dann auch noch ein „bedingungsloses grundeinkommen“ zu fordern, um dem eigenen Hobby weiter nachgehen zu können, ist dann aber schon etwas frech.
Wie wäre es denn mit einer Beschäftigung in der Pflege, die plötzlich so von allen wertgeschätzt wird? Diese Tätigkeiten sind dann wohl doch etwas wichtiger als die der hier jammernden. Leere Phrasen kann man leicht dreschen, eigenes Engagement ist dann aber wohl zu viel verlangt.
@ Daniel
schon allein diese Formulierung: "Wenn eine Tätigkeit kein sicheres Einkommen erwirtschaftet …"
geht’s noch ein wenig steifer? Ich bin zuversichtlich, dass du das hinbekommst …
Was machst du denn so beruflich?
#10 "…Wie wäre es denn mit einer Beschäftigung in der Pflege,…"
Ich weiß, wie es auf einer Pflegestation im Altenheim zugeht. Sie auch, #10?
Nach meiner 1. Staatsprüfung war eine Zwischenzeit bis zur Referendarzeit. In dieser Zeit habe ich über ein halbes Jahr als Stationshilfskraft gearbeitet (Anfang der 80ziger Jahre).
Mit Kulturbanausen über die Sorgen von Künstlern in der Coronoia zu diskutieren, ähnelt dem Versuch mit Grünen über Ökonomie zu fachsimpeln …
@#11: mit dem Inhalt überfordert? Oder warum arbeitest du dich an der Form ab?
Arbeitest du? ?
@#12: dann ist mein Erfahrungsschatz in der Pflege umfänglicher.
Und was soll mir deine Feststellung bzgl. der persönlichen Erfahrungen sagen? „Kenne die Arbeit, lobe ich gerne aber sollen andere machen, während ich meinem von anderen bezahlten Hobby nachgehe“!?
Das defizitäre Reflektionsvermögen, das sich hier zum Ausdruck bringt, ist schon besonders. 😉
Von 100 Künstlern kann vielleicht einer gut von seiner Kunst leben. Die Auswahl treffen nicht die Künstler, sondern ein irgendwie geartetes Publikum. Wer das ist und wie das geschieht, weiß ich nicht. Was ich aber weiß ist, daß ich trotz meiner seltenen Theaterbesuche, gerne hohe Qualität der Darstellungen wünsche. Um die zu kriegen, reicht aber die erwähnte Eine von 100 nicht aus. Die anderen 99, die nicht von ihrer Kunst leben können, gehören dazu. So ist das eben, wenn eine Auswahl getroffen werden soll. Wenn die Umstände dazu führen, daß diese 99 garnicht mehr von ihrer Kunst leben können, weil sie auch keine Unterstützung durch die Gesellschaft bekommen, verarmt sich auf ganz natürliche weise das kulturelle Angebot. Das kulturelle Angebot muß aber hoch sein, weil es unter den hart arbeitenden eine kulturell anspruchsvolle Elite gibt, die eben nicht mit dem seichten TV-Angebot befriedigt werden kann. Diese Leute erwarten in ihrem Wohnort ein ansprechendes Kulturprogramm. Wenn das fehlt, fehlen auch über kurz oder lang die Leute. Übrig bleiben dann die, die mit einenm abgespeckten bzw. schlechten Kulturprogramm auskommen. Und den Industriestandort möchte ich mal sehen, der das bei weltweit steigendem Konkurrenzdruck langfristig überlebt. Denn auch in den Betrieben werden immer neue Ideen, also Kreativität, gefragt. Und die braucht nun mal ab und zu Anregungen.