Der Kreis Recklinghausen prüft die Einführung einer Produktionsschule. Auf ihr sollen Jugendliche einen Schulabschluss machen können, die Probleme mit dem herkömmlichen Schulsystem haben.
Die Situation ist fatal: Während in NRW 21.100 Jugendliche, Stand Ende August, auch in diesem Jahr keinen Ausbildungsplatz finden konnten, konnten 15.000 Ausbildungsstellen nicht besetzt werden. Oftmals genügten die Bewerber nicht den Ansprüchen der Betriebe, hatten schulische Defizite oder Lebensläufe, die Meister daran hinderten, sich auf Jahre zu binden. Der Mangel an ausreichend qualifizierten Lehrlingen ist gerade für kleinere und mittelständische Betriebe ein Problem. Sie setzen traditionell darauf, ihre Nachwuchskräfte selbst auszubilden. Fehlt der Nachwuchs, sinken die Zukunftschancen der Unternehmen.
Ein Schulmodell aus Skandinavien könnte bald für Abhilfe sorgen: Der Kreis Recklinghausen prüft die Einführung einer Produktionsschule. Für NRW hätte das Modellcharakter – staatliche Produktionsschulen nach dem Vorbild Dänemarks, dort gibt es über 100, gibt es bislang in NRW, im Gegensatz zu anderen Bundesländern, nicht. Über einzelne Experimente ist die Produktionsschule in NRW bislang nicht hinausgekommen. Produktionsschulen richten sich an Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 25 Jahren, denen es im klassischen Bildungssystem nicht gelungen ist, einen Schulabschluss zu erreichen. Und ohne den haben sie keine Chance auf dem Ausbildungsmarkt. Über die Produktionsschule sollen sie einen Abschluss machen können – und gleichzeitig praktische und persönliche Fähigkeiten erwerben, die sie fit fürs Berufsleben machen. In der Schule können sie berufsnah arbeiten und lernen, Aufträge in handwerklichen Bereich zusammen mit Meistern abarbeiten. Cay Süberkrüb (SPD), Landrat des Kreises Recklinghausen, will dass das Konzept in den kommenden Monaten geprüft wird: „Ich halte Produktionsschulen für eine gute Möglichkeit, benachteiligten Jugendlichen neue Chancen auf dem Ausbildungsmarkt zu ermöglichen.“ Süberkrüb kennt das Konzept aus Hamburg. Aber für den Landrat ist auch klar, dass es noch zahlreiche offene Fragen gibt: „Wir werden das Konzept jetzt prüfen und schauen, ob wir es in Recklinghausen realisieren können.“ Gesucht werden beispielsweise Unternehmen, die mit der Produktionsschule kooperieren, und auch die Kammern müssen von dem Konzept überzeugt werden – zum Beispiel davon, dass Aufträge, die an die Produktionsschule gehen, dem örtlichen Handwerk nicht fehlen. Franz Wegener, Sachkundiger Bürger desGrünen Wirtschaftsausschusses des Kreises, hatte die Idee zur Einführung der Produktionsschule: „Wir brauchen dringend mehr ausbildungsfähige Jugendliche. Die Produktionsschule kann da ein Weg sein, das Problem zu mildern und den Betrieben im nördlichen Ruhrgebiet die Zukunft zu sichern.“ Wichtig ist Wegener auch, dass die Produktionsschule reformpädagogische Ansätze aufgreift, wie sie auch die Waldorfschulen nutzen: „Im Gegensatz zu den Waldorfschulen gibt es bei der Produktionsschule allerdings keinen okkultistischen Überbau. Sie ist ein modernes Bildungsangebot mit dem wir Jugendliche erreichen, die sonst keine Chance mehr haben.“
Noch ist unklar, wann die erste öffentliche Produktionsschule in NRW starten kann. Aber die Erfahrungen in Bundesländern, in denen es bereits Produktionsschulen gibt, zeigen, dass hier ein Angebot geschaffen werden könnte, das sowohl arbeitslosen Jugendlichen als auch kleinen und mittelständischen Betrieben nutzt.
Passend dazu:
🙂
[…] NRW: Neue Schule für Problemfälle. (Ruhrbarone) – Der Kreis Recklinghausen prüft die Einführung einer Produktionsschule, auf der Jugendliche einen Schulabschluss machen können, die mit dem bisherigen Schulsystem Probleme haben. […]
Wo soll da jetzt der Unterschied zum BVJ (https://de.wikipedia.org/wiki/Berufsvorbereitungsjahr) sein, abgesehen davon, dass man das ganze gleich zur Schulform erklärt?
tja, da erfinden findige geschäftsleute das rad immer wieder neu. unter anderem auch um öffentliche gelder abzugreifen. geschuldet ist diese entwicklung einzig der verfehlten bildungspolitik und dem förderalismus. staatsversagen auf ganzer linie. das kommt davon, wenn man vor allem bei bildung, sozialem und gesundheit spart.
armes, dummes deutschland.
In einigen Berufskollegs (BK) wird schon in ausgesuchten Bildungsgängen im Sinne der Produktionsschule unterrichtet, meist in den Bereichen Produktion und Dienstleistung im hauswirtschaftlichen Bereich. Viele BK sind da schon recht kreativ. Kleiner Tipp an Stefan L.:
Alice Salomon Berufskolleg in BO.
Trotzdem halte ich die Idee der Produktionsschule für ausbauwürdig.