Gerade haben SPD und Grüne den Haushalt für das Jahr 2011 dank Enthaltung der Linkspartei durch den Landtag bekommen. 4,8 Milliarden neue Schulden wird das Land machen.
Dafür bekommt die rot-grüne Minderheitsregierung nicht nur schlechte Noten von CDU und FDP, sondern auch von Seiten der Wissenschaft. Das RWI-Essen, dessen Präsident Christoph M. Schmidt zum Kreis der Wirtschaftsweisen gehört, wirft der Landesregierung in einer Pressemitteilung mangelnden Sparwillen vor:
Auch die in der aktuellen Beschlussfassung des Haushaltsgesetzes 2011 geplante Nettokreditaufnahme verstößt gegen die Landesverfassung, die nur eine Kreditaufnahme in Höhe der im Haushalt veranschlagten eigenfinanzierten Investitionen in Höhe von 3,8 Milliarden Euro gestattet. Der Verfassungsgerichtshof des Landes hatte im Dezember nochmals festgestellt, dass Ausnahmen von dieser Regel grundsätzlich nur zur „Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ oder zur „Bewältigung exzeptioneller Sondersituationen“ gestattet sind. Beide Voraussetzungen sind nach Einschätzung des RWI derzeit nicht gegeben.
Aus ökonomischer Sicht für noch wichtiger hält das RWI aber die seit Mitte 2009 im Grundgesetz verankerte „Schuldenbremse“. Sie schreibt den Ländern vor, ab 2020 ihre Haushalte grundsätzlich ohne Kreditaufnahme auszugleichen. Erlaubt sind Kreditaufnahmen dann nur noch zur Gegensteuerung bei konjunkturellen Schwächephasen, die allerdings in konjunkturell guten Zeiten wieder ausgeglichen werden müssen. Dies bedeutet auch für NRW, dass es bis Ende 2019 sein strukturelles Defizit abgebaut haben muss, das im Jahr 2010 nach Berechnungen des RWI über 10% der bereinigten Ausgaben betrug. Spätestens im Haushalt 2020 müssen dann auch „Zukunftsinvestitionen“, beispielsweise in Bildung, Forschung oder Kinderbetreuung, aus den laufenden Einnahmen finanziert werden.
Derzeit beträgt die NRW-Landesverschuldung rund 130 Milliarden Euro, im laufenden Jahr muss NRW mehr als 11% des Steueraufkommens für Zinsen auf Landesschulden aufbringen. Die durch die derzeit gute Konjunktur anfallenden Steuermehreinnahmen sollten daher nicht für zusätzliche, den Landeshaushalt dauerhaft belastende Ausgabensteigerungen, sondern für eine konsequente Rückführung der Nettoneuverschuldung verwendet werden. Positiv zu bewerten ist, dass dies von der Landesregierung in Ansätzen im aktuellen Haushaltsentwurf für 2011 umgesetzt wird. Allerdings sollte eine wirksame Konsolidierung nach Auffassung des RWI viel entschiedener bei den Ausgaben ansetzen. Hier gibt es noch eine Reihe von Einsparmöglichkeiten. So könnte die Landesregierung das Volumen zur Verbesserung der kommunalen Finanzen von 600 Millionen Euro jährlich reduzieren. Denn auch die Steuereinnahmen der Kommunen steigen dank der guten Konjunktur kräftiger als erwartet und verbessern deren Haushalte bereits spürbar. Zudem hat die Landesregierung die Grunderwerbsteuer erhöht, an deren Aufkommen die Kommunen Anteil haben. Ferner könnte etwa das beitragsfreie Kindergartenjahr nur denjenigen Familien gewährt werden, die die Beiträge selbst nicht leisten können, oder die Hochschulabsolventen könnten über entsprechende Modelle an den Kosten ihrer Ausbildung beteiligt werden.
Das RWI sollte sich auf seine Kernkompetenz stützen: Beiträge zur Wissenschaft zu leisten.
Politik sollten sie anderen überlassen.