Mitglieder der SPD-Moers haben zum Boykott der NRZ aufgerufen. Der Grund: Zu kritische Berichterstattung in einem Bauskandal. NRW-Chefredakteur Rüdiger Oppers sieht darin ein Zeichen für ein problematisches Demokratieverständnis.
Ruhrbarone: Mitglieder der Moerser SPD rufen zum NRZ-Boykott auf. Haben Sie so eine Kampagne schon einmal erlebt?
Rüdiger Oppers: Nein, in dieser Dimension nicht. Kritik von Politikern an Artikeln gab es immer mal wieder, das ist auch menschlich verständlich. Wer ist schon erfreut, wenn er in der Zeitung etwas unangenehmes über sich liest? Aber ein Aufruf zum Boykott ist einzigartig. Hier versucht uns jemand unter Druck zu setzen, indem er versucht uns wirtschaftlich zu schaden. Dazu kommt, dass der Boykott in der Woche ausgerufen wurde, als die Ausgaben bestreikt wurden und wir unter großem Druck mit wenig Personal gearbeitet haben. Mit einem Boykott aus der Mitte der Partei die in Moers regiert, wurde die Arbeit für die Kollegen vor Ort nicht leichter.
War der Boykottaufruf ein Tabubruch?
Zumindest wird eine Grenze überschritten, wenn man massenhaft zu einem Boykott aufruft mit der Begründung, dass kritisch über eine Partei berichtet wird, der man angehört. Das tut die NRZ seitdem es sie gibt und das ist auch die Aufgabe einer Zeitung. Wir haben über einen Skandal berichtet, in dem wichtige Sozialdemokraten aus Moers verwickelt sind. Eine Zeitung zu diskreditieren, weil sie das tut, was sie tun muss, zeigt ein problematisches Demokratieverständnis.
Der ehemalige Duisburger Planungsdezernent Jürgen Dressler hat in einem Kommentar auf diesem Blog geschrieben, dass die NRZ wegen ihrer Berichterstattung in Moers und Duisburg schon massiv Auflage verloren hätte.
Das ist völliger Unfug und die Unwahrheit. Die NRZ steht stabil da. Alle Tageszeitungen haben zu kämpfen, das gilt auch für die NRZ, aber wir sehen der Zukunft optimistisch entgegen. Es ist rufschädigend zu behaupten, dass bei kritischer Berichterstattung die Auflage sinkt. Im Gegenteil, wir bekommen viel Lob von Lesers aus Duisburg für unsere Arbeit im Fall Sauerland. Das gilt auch bei der sogenannten Vauth-Affäre und der Frage, wie in Moers Haushaltspolitik betrieben wird.
Vielleicht ist die SPD in Moers es ja nicht gewohnt, von der NRZ kritisch begleitet zu werden…
Nein, die NRZ war immer eine kritische und unabhängige Zeitung. Aber Sie brauchen Anlässe für Kritik, sie ist kein Selbstzweck und es hat bislang nicht dieses Maß an Fehlverhalten der Politik gegeben. Alle Chefredakteure der NRZ, von Erich Brost über Jens Feddersen, Richard Kiessler bis zu mir, haben Wert darauf gelegt, dass die Zeitung auch in den Lokalteilen kritisch berichtet.
Die SPD hat sich von der Boykottaktion einiger ihrer Mitglieder mittlerweile distanziert – war es das jetzt?
Ich hoffe, dass die SPD daraus lernt, sich von solchen Aktionen nicht erst so spät zu distanzieren. Als der Boykottaufruf auf einem SPD-Sommerfest verteilt wurde, waren viele prominente Sozialdemokraten aus Moers da: Der Landtagsabgeordnete Ibrahim Yetim, Hans-Gerhard Rötters, der erste Beigeordnete der Stadt – sie haben es alle mitbekommen, und keiner von ihnen hat gesagt: Bitte verteilt den Boykottaufruf nicht auf einer SPD-Veranstaltung, so etwas wollen wir nicht. Die Entschuldigung und das Bedauern, das dann nach der Berichterstattung kam, akzeptiere ich, aber es kommt zu spät.
Wo war Herr Oppers Schlagzeile auf der Titelseite *VOR* der Loveparade, die vor der Veranstaltung (medien-)wirksam auf Seite 1 warnte? Nachher im TV den Aufklärer und Warner zu geben ist einfach…
@Jay: Nach der Loveparade waren wir alle schlauer: https://www.ruhrbarone.de/loveparade-das-versagen-der-vielen-und-der-tod-der-21/
Alles nur Sprechblasen von H. Oppers. Es ist schon dreist, den eigenen Namen mit Chefredakteuren wie Feddersen und Brost ins Spiel zu bringen. Selbst bei H. Kiessler ging das Niveau schon langsam in den Keller. Jetzt ist es bei der NRZ schon lange dunkel. Und dazu hat die jetzige Chefredaktion erheblichen Anteil. Kritische Redaktion in den Lokalredaktionen. Das ich nicht lache. Die Räume sind leer und die Schreibtische verwaist. Oder wie war das mit dem Content Desk nach der Schickler-Beratung.
Es ist schon eigenartig, mit welchen Methoden und welcher Wortwahl Journalisten, die bei der Kritik anderer alles andere als zimperlich sind, mit den Menschen umgehen, die wagen, sie, die Journalisten zu kritisieren.
So behauptet Herr Oppers, wir wollten „möglichst viele Leser nötigen, ihr Abonnement zu kündigen“. Wie bitte haben wir andere „rechtswidrig, mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung (ge)nötigt“ (§240 StGB)?
Wahrheitswidrig wird zudem behauptet, wir hätten dies als „Moerser Sozialdemokraten“ getan. Richtig ist vielmehr, was die Vorsitzenden des SPD-OVs Rheinkamp und des SPD-Stadtverbandes Moers der NRZ und wir selbst Herrn Oppers in unserem Schreiben = E-Mail vom 09.08.2011 mitgeteilt haben:
„Unseren Brief vom 7.8.2011 mit der Kündigung des NRZ-Abonnements haben wir am Sonntag, dem 7.8.2011 in Kopie und per E-Mail als Privatpersonen und nicht in irgendeiner SPD-Funktion an Freunde und Bekannte verteilt. Wir haben dieses Schreiben und seine Verteilung auch mit keinem SPD-Funktionsträger abgestimmt. Im Übrigen auch mit keinem Mitglied der Moerser Stadtverwaltung.“
Ist es eine Bedrohung der Pressefreiheit, wenn Abonnenten ihren Unmut über mangelnde journalistische Sorgfalt und Qualität kundtun? Darauf gehen leider weder Herr Oppers noch Herr Passon in ihren Beiträgen ein.
Wir haben nicht die kritische Berichterstattung zu Vorgängen wie „Gutachten Vauth“ oder Rheinkamper Bad gerügt, sondern uns in einer differenzierten und ausführlichen Begründung dagegen verwahrt, dass diese Vorgänge, zu denen man sachlich unterschiedlicher Meinung sein kann, in einen Zusammenhang von Filz und Korruption von der Größenordnung der Amigo-Affäre gebracht wurden und werden, ohne dass hierfür auch nur annähernd hinreichende Fakten benannt wurden. Die damit verbundene ehrverletzende Diskriminierung demokratisch gewählter Amtsträger, mit denen wir übrigens in keiner Weise verwandtschaftlich, beruflich oder sonst verbunden sind, können und wollen wir nicht mehr durch ein Abonnement unterstützen. Wir können es auch als engagierte Moerser Bürger nicht mehr ertragen, wie diese schöne Stadt systematisch geschädigt wird.
@Anja Reutlinger:
Zitat: „Wir können es auch als engagierte Moerser Bürger nicht mehr ertragen, wie diese schöne Stadt systematisch geschädigt wird.“
Schon Hausaufgaben gemacht oder nur Ursache und Wirkung vertauscht?
1946-1999: SPD Alleinherrschaft, dann ab 2004 wieder mit am Ruder.
„Reife“ Leistungen -ähem- „Schädigungen“?:
2 schrottreife Rathäuser
2 schrottreife Bäder
1 schrottreife Eishalle
1 schrottreifes Parkhaus
1 schrottreifes Landratsamt
1 schrottreife Bibliothek
Zig schrottreife Schulen, die jetzt (erst) allerdings nach und saniert werden.
etc. pp.
Und jetzt steht uns noch die Sannierung der schrottreifen Friedhöfe bevor für ca. schlappe 14 Millionen.
Also, wer hat hier wann, wo und wie unser schönes Moers geschädigt?
@ Stefan Laurin (#2): „Nach der Loveparade waren wir alle schlauer“
Nein, Stefan, nicht „alle“. Es waren einige, die es geahnt hatten. Auch innerhalb der WAZ-Gruppe:
https://www.derwesten.de/kultur/musik-und-konzerte/loveparade/Loveparade-wird-zum-Tanz-auf-dem-Drahtseil-id3293086.html
@Anja Reutlinger:
Zitat: “Wir können es auch als engagierte Moerser Bürger nicht mehr ertragen, wie diese schöne Stadt systematisch geschädigt wird.”
Soso. Sie kontakarieren die Pressefreiheit durch Boykottaufrufe auf der Veranstaltung einer Partei, die vor allen anderen für diese Grundwerte steht und behaupten frech, als „Privatperson“ gehandelt zu haben. Aber die NRZ schädigt die Stadt Moers. Wie wäre es denn mal mit einer Überlegung über den Umstand, dass Sie und die geschätzten Genossinnen und Genossen durch diese unklare, durchaus Filz-verdächtige Politik und durch den unsäglichen Versuch, die NRZ durch wirtschaftlichen Druck zu beeinflussen? Viel, viel, viel schädigender für die Stadt. Moers als spezialdemokratischer Selbstbedienungsbetrieb? Demokratische Grundwerte: sehr gerne, aber nur, solange meiner Partei keiner weh tut? Übrigens finde ich die Trennung zwischen Privatperson und SPD-Mitglied auf einer SPD-Veranstaltung gradezu unmöglich und glaube Ihnen kein Stück, so wie viele andere auch. Und eine Erklärung, warum Sie diese Veranstaltung nutzen, warum scheinbar SPD-Verteiler genutzt werden, gibt es ja sicherheitshalber auch nicht. Ist ja auch schwierig zu begründen, wieso eine Privatperson die SPD-Strukturen nutzt, obwohl sich diese Person gar nicht als SPD-Mitglied agiert. EIGENTOR!
Ist das nicht einfach nur ein Rosenkrieg verschiedener SPD-Fraktionen? Oppers, Söhnchen eines ehemaligen Moerser SPD-Oberbürgermeisters, lokaler Juso-Grande, nach der Schule bei der so unglaublich unabhängigen WAZ untergebracht, hat sicherlich allen Grund, sich über Rötters zu echauffieren. Den kennt er aus seinem Biotop von früher noch ganz hervorragend und man mag sich schon lange nicht mehr.
@Ralf K.: Bleibt die Sache mit dem Schwimmbad, die ja nun einmal fest steht. Da wurden Millionen versenkt. Und Oppers hat ja vor allem eines getan: Sich vor die Kollegen in Moers gestellt. Nein, so ein Zusammenhang scheint doch arg konstruiert – und wirkt, wenn man ihn ins Spiel bringt, ziemlich hilflos.
Bleibt nicht nur die Sache mit dem Schwimmbad. Die Moerser SPD in Politik und Verwaltung hat in den letzten Jahrzehnten noch ganz andere Dinge zu verantworten. Zuletzt den Quasi-Verkauf der Stadt an deren ehemaligen Energiedienstleister. Aber bei der medialen Begleitmusik kommt es halt trotzdem immer darauf an, welche Krähe in der SPD welcher anderen ein Auge aushacken möchte oder eben auch nicht.
Die Redaktionen reagieren auf den sich wandelnden Leser….
In „der Westen“ in Duisburg beispielsweise vollziehen sich auf der Internet-Kommentarplattform zu den jeweiligen Artikeln sehr interessante Diskussionen abseits der Journaille.
Klar denkt man, WAZ/NRZ sind SPD-affin, aber wenn der sich [sic] wandelnde Leser sowas spitz kriegt, dann sind die auflagentechnisch so was von schnell weg vom Fenster.
Das wissen selbstverständlich die Chef’s …..deshalb muss auch die rot / rote-Socken Kritik erhalten bleiben.
Dressler war in Duisburg auf hohem Niveau konstant desolat….wen kümmert sein Geschwätz ?
Glückauf