NSU-Ausschuss: V-Mann Stadler wird zwangsvorgeführt

Gebäude des NRW-Landtags in Düsseldorf
Bild: Sebastian Weiermann

Im Februar sollte Toni Stadler erstmals im NSU-Ausschuss aussagen, doch der ehemalige V-Mann des Brandenburger Verfassungsschutz meldete sich krank. Dies erschien den Mitgliedern des parlamentarischen Untersuchungsausschuss wohl nicht unbedingt glaubhaft, weshalb er heute von der Polizei abgeholt und im Landtag zwangsvorgeführt wird (Mitteilung des Ausschusses.). Stadler entstammt der Brandenburger Naziszene und gehörte zu den führenden Rechtsrock-Produzenten. Unter anderem hat er eine CD der Kultband „Landser“ mitproduziert. Später zog Stadler nach Dortmund. Dort will ihn „Heidi“, ein Vertrauensmann der Dortmunder Polizei, kurz vor dem NSU-Anschlag in der Mallinckrodtstraße mit Uwe Mundlos gesehen haben. Wir bloggen live.

10:32 Uhr: Bevor Toni Stadler aussagt, wird Jörg Szemmeitat befragt. Der Kölner Polizist beschäftigte sich mit dem Anschlag in der Keupstraße. Dort bekam er Hinweise von Scotland Yard: die britische Behörde wies auf die Anschlagsserie des britischen Rechtsextremisten David Copeland 1999 in London hin. An den Hinweis von Scotland Yard kann sich der Zeuge nicht erinnern. Dem Zeugen werden Akten vorgehalten, dort erkennt er auch seine Unterschrift. Eine Erinnerung an diesen Ermittlungsansatz hat Szemmeitat trotzdem nicht. Sein Englisch sei auch zu schlecht, um den 80-seitigen Bericht aus Großbritannien zu lesen. Scotland Yard wollte damals wissen, ob beim Anschlag in der Keupstraße möglicherweise ein ähnlicher Tätertyp wie David Copeland in Frage komme. Daran, wie konkret in diese Richtung ermittelt wurde kann sich Szemmeitat nicht erinnern. Der Hinweis von Scotland Yard wurde allerdings in wenigen Tagen abgearbeitet. Heiko Hendriks von der CDU ist der Meinung, dass niemand den Bericht von Scotland Yard gelesen habe. Außerdem bemängelt der Abgeordnete die mangelnde Vorbereitung von Jörg Szemmeitat.

10:52 Uhr: Toni Stadler ist da, von zwei Justizbeamten vorgeführt. Stadler beginnt seine Aussage damit, dass er „nicht freiwillig“ da sei. Lust auf die Vernehmung hat er nicht. Seit 2003 lebt Stadler in Dortmund. Seit einigen Jahren arbeitet er selbstständig als Mediengestalter dort. Den NSU-Mord in Dortmund hat er nach eigener Aussage mitbekommen. Den Kiosk will Stadler nicht gekannt haben und dass die Tat in der Nordstadt stattgefunden hat, will er nicht mitbekommen haben. Zur Neonaziszene in Dortmund will Toni Stadler weder geschäftlich noch privat Kontakt gehaben. „Gottschalk und Oidoxie“ kenne er nicht persönlich. Toni Stadler ist bei seinen Antworten gegenüber dem Ausschussvorsitzenden sehr „schnodderig“.

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Toni Stadler wird von Justizbeamten in den Ausschuss geführt.

11:00 Uhr: Stadler wird nach seinen Geschäften im Bereich Rechtsrock gefragt. „Oidoxie“ habe er nicht vertrieben. Die seien „kein Zugpferd“ gewesen. Für ihn waren sie nicht interessant. Er verkaufte eher Musik aus dem „Untergrund“, denn verbotene Musik sei besser zu verkaufen gewesen. In Kneipen in der Dortmunder Nordstadt, in denen sich Nazis getroffen haben, will Stadler „aus den bekannten Gründen“ nie gewesen sein. Stadler wird zur NSU-Mordserie befragt. Er sagt: „Da hat sich die Polizei nicht gerade mit Ruhm bekleckert.“ Stadler führt die verunreinigten DNA-Stäbchen an. Der Mord in der Mallinckrodtstraße will Toni Stadler nicht sehr interessiert haben. Er wohnte zwar nur einige hundert Meter vom Tatort entfernt, aber so spannend sei das nicht gewesen.

Heiko Hendriks (CDU) fragt, warum Toni Stadler nach Dortmund ziehen wollte nach seinem „Ausstieg“. Dies habe „private Gründe“ gehabt. Außerdem habe er in Dortmund niemanden gekannt, sodass er in der Stadt angenehmer leben könne.

11:17 Uhr: Nach einem Aktenvorhalt gibt Toni Stadler zu, dass er schon einige Rechtsrockbands aus NRW kannte und persönliche Kontakte hatte. Heiko Hendriks fragt nochmal nach Dortmunder Kontakten. Siegfried Borchardt kenne er vom Namen her, so „wie jeder in Dortmund“. Von Sebastian Seemann und Robin Schmiemann hab er erst gehört, als diese aufgeflogen seien. Alles, was er über diese beiden weiß, stamme aus Medienberichten.

Kontakte nach Erfurt will Stadler nicht gehabt haben, allerdings zu einem Rechtsrockhändler mit Ladenlokal in Weimar. Dies seien aber geschäftliche Kontakte gewesen. In Spremberg habe Stadler Kontakte zu einem Motorradclub „Berserker“ gehabt. Dort gab es Konzerte. Diese seien aber nicht „Blood & Honour“ zuzuordnen. Das neonazistische Musiknetzwerk habe es im südlichen Brandenburg nicht gegeben.

11:31 Uhr: Andreas Kossiski (SPD) fragt nochmal, warum Stadler nach Dortmund gezogen ist. Stadler erklärt, er sei in der rechten „Musikszene“ unterwegs gewesen. Politischer Aktivismus habe ihn nicht interessiert. Er sei nie in der NPD oder FAP gewesen. Dortmund sei, wenn überhaupt, ein „Hotspot“ der politischen Szene mit „NWDO“ und „Die Rechte“. Stadler sagt, er wisse nicht, ob es einen Rechtsrockladen in Dortmund gebe oder gegeben habe.

Nach seinem Umzug nach Dortmund habe Stadler keine Kontakte zum Verfassungsschutz oder anderen Diensten gehabt. Andreas Kossiski fragt nochmal nach Kontakten zu Sebastian Seemann. In einer Vernehmung wurden Seemann Bilder vorgelegt. Seemann hatte ausgesagt, dass er Stadler kannte. Stadler soll bei einem Rechtsrockkonzert in Belgien gewesen sein, dieser kann sich diese Aussage nicht erklären. Sebastian Seemann habe ja auch für den Verfassungsschutz gearbeitet, vielleicht wurden ihm dort Bilder vorgelegt, spekuliert Toni Stadler.

Toni Stadler wird nochmal zu seiner Rolle als Rechtsrockhändler gefragt. Er erklärt, natürlich die rechtsextreme Ideologie geteilt zu haben. „Ich habe mich da nicht mit Ruhm bekleckert.“ Wirkliche Einsicht zeigt er allerdings nicht. Auf das „Leeds Pub“ und das „Spirit“ angesprochen, wo auch immer mal wieder Neonazis unterwegs waren, erklärt Stadler, das „Spirit“ sei eine normale Disco, die auch die Ausschussmitglieder besuchen könnten. Mit dieser Aussage sorgt er für Erheiterung.

11:49 Uhr: Verena Schäffer fragt nach der Rechtsrockband „Notwehr“ aus Velbert und dem „Nationalen Forum Niederberg“. Die Organisation wird in einem handschriftlichen Dokument von Stadler als mögliche Gefahrenquelle genannt. Jetzt fällt Stadler dazu nichts ein. Er kann sich aber vorstellen, das aufgeschrieben zu haben da er Kontakte nach Velbert und Wuppertal gehabt habe.

Bei Rechtsrockkonzerten in NRW war Stadler schon öfter. Aber ob er bei einem Konzert von „Oidoxie“ gewesen sei, kann er sich nicht erinnern. Die Band „Frontalkraft“ sei ihm bekannt, mit den Cottbusser Rechtsrockern sei er freundschaftlich verbunden. Auch den Produzenten von „Frontalkraft“ aus Sprockhövel kennt Toni Stadler. Seinen alten Kameraden Nico Schiemann, der zu einer ähnlichen Zeit wie Stadler aus Frankfurt/Oder nach Dortmund gezogen ist, will Toni Stadler in Dortmund nicht mehr gesehen haben.

Verena Schäffer fragt nochmal nach Kontakten nach Sachsen. Toni Stadler bleibt mal wieder nebulös. Jan Werner habe er einmal gesehen, Michael und Antje Probst kenne er vielleicht, Hendrik Lasch habe er auch einmal getroffen. Stadler habe „geschäftliche Kontakte“ zu ihm gehabt. Über untergetauchte Nazis habe er nie mit anderen Neonazis gesprochen. Carsten Sczepanski habe Toni Stadler auch nur zweimal getroffen. Toni Stadler möchte auch niemanden persönlich kennen, der bei „Blood & Honour“ aktiv gewesen ist.

Immer wieder sagt Stadler Sätze wie: „Wenn das so gewesen wäre würde ich ihnen das sagen.“ oder „Ich habe da keinen Grund zu schweigen.“ Toni Stadler stellt sich als kleines Licht in der Naziszene dar. Mit ihm habe man nicht über „konspirative“ Dinge unterhalten. Er habe nur ein bisschen Rechtsrock-CDs verkauft und produziert.

12:06 Uhr: Yvonne Gebauer von der FDP fragt nochmal nach Nico Schiemann, sie möchte wissen, warum Toni Stadler gerade gelächelt hat, als der Name erwähnt wurde. Er sagt, Schiemann sei ein lustiger Typ gewesen, den man durchaus belächeln könne.

Gerade erzählt Toni Stadler aus seiner Zeit bei einer Reservistenkameradschaft in Guben. Diese hat er mitgegründet. In der Vernehmung stellt Stadler das als harmlos dar. In der extremen Rechten soll er dafür geworben haben, dass man dort schießen könne (Artikel dazu und zu Stadler allgemein).

12:35 Uhr: Toni Stadler wird nochmal nach seiner Zeit in Dortmund gefragt. Mit der V-Person „Heidi“, der als Taxifahrer arbeitete, sei er manchmal gefahren. „Heidi“ sei aber eine „suspekte, windige Person“, die versucht habe, Stadler „zu bescheißen“. Deswegen sei Toni Stadler irgendwann nicht mehr mit ihm gefahren. Taxifahrten mit einem Uwe, gemeint ist Mundlos, oder zu NPD-Aktivisten habe es nicht gegeben. Da gehe mit „Heidi“ die Fantasie durch. In der Regel habe „Heidi“ Stadler abgeholt, wenn er „einen schlabbern“ war. Toni Stadler geht davon aus, dass sich „Heidi“ wichtig machen wolle. „Heidi“ halte Polizei und Justiz mit seinen Aussagen zum Narren. Die V-Person „Heidi“ sei in Dortmund ein „stadtbekannter Betrüger und Spinner“, sagt Toni Stadler aus.

13:01 Uhr: Toni Stadler erzählt weiter, welche Personen er nicht kennt. Thomas Starke aus dem „Blood & Honour“-Netzwerk kennt er nicht. Stadler stellt sich weiter als kleines Licht dar. Er habe seine Kontakte und Freunde gehabt. Aber so breit sei er nicht vernetzt gewesen. In der rechtsextremen Szene kenne nicht jeder jeden. Toni Stadler habe sich nicht damit gebrüstet, die Cover von „Landser“-CDs gestaltet zu haben.

Heiko Hendriks fragt, wie sich Stadler heute politisch verortet. Toni Stadler sagt er wolle die Zeit in der rechtsextremen Szene nicht missen. Heute stehe er „auf beiden Beinen“ des Grundgesetzes. Er sei niemand, der „zur anderen Feldpostnummer“ wechselt.

Toni Stadler bleibt „rotzig“ in seinen Antworten auf die Fragen der Abgeordneten. Viel will der ehemalige V-Mann offenbar nicht mehr sagen. Er bestreitet allerdings, Flyer oder Plakate für die NPD in Unna oder Wuppertal hergestellt zu haben. Auch Aussagen in diese Richtung stammen offenbar von der V-Person „Heidi“.

Heiko Hendriks möchte noch etwas über Kontakte zu Thorsten Heise wissen. In einer „Gefährdungsanalyse“ sagte Stadler, dass eine Gefahr von Heise ausginge. In einer früheren Aussage sagte er, er habe nur lose Kontakte gehabt. Toni Stadler sagt die „Gefährdungsanalyse“ würde natürlich auch von der Polizei „spannender“ gemacht. Zu Heise hätten aber nur geschäftliche, telefonische Kontakte bestanden. Tino Brandt, V-Mann und Gründer des „Thüringer Heimatschutz“, möchte Toni Stadler nur vielleicht von einem Konzert kennen.

Die Vernehmung von Toni Stadler ist damit vorbei. Weiter gehts um 13:30 Uhr mit Hartwig Möller vom Verfassungsschutz.

13:42 Uhr: Dr. Hartwig Möller ist 71 Jahre alt und war von 1991 bis 1999 beim Innenministerium Leiter der Polizeiabteilung. Danach leitete er bis 2009 die Abteilung für den Verfassungsschutz. Herr Möller ist Verwaltungsjurist.

13:59 Uhr: Im Zeitraum, in dem Möller den Verfassungsschutz leitete, passierten alle Taten des NSU in Nordrhein-Westfalen. Von dem Anschlag in der Kölner Probsteigasse hat Hartwig Möller in seiner Dienstzeit nichts mitbekommen. Erst nach der Selbstenttarnung des NSU sei der Anschlag als politisch eingeordnet worden. Im Bezug auf die Probsteigasse sei die Polizei nicht auf den Verfassungsschutz zugegangen. Bei der Keupstraße sei dies anders gewesen, da habe er sofort „alle Hebel“ in Bewegung gesetzt, um zur Aufklärung beizutragen. Man habe Akten und auch „Quellen“ abgefragt, ob es Informationen dazu gebe. Möller führt aus, bei dem Anschlag seien in seinem Bereich ein Konflikt zwischen Türken und Kurdenoder ein fremdenfeindlicher Anschlag in Betracht gekommen. Türkische Informationen beriefen sich nur auf Zeitungsmeldungen und im Bereich Rechtsextremismus habe man keine Erkenntnisse gehabt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beschrieb in einem Dossier einen rechtsextremen Tätertyp, der Anschläge begehen könne. Dieses Dossier ist Dr. Möller nicht bekannt, es sei nicht bei ihm angekommen. Da sei bei seinen Mitarbeitern möglicherweise ein Fehler begangen worden. Hartwig Möller erklärt den Aufbau „von unten nach oben“, in dem so Abteilung in einem Ministerium arbeitet. Natürlich könne es vorkommen, dass mitunter eine Information nicht an der Spitze ankomme.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz habe sich bei größeren Fällen eingeschaltet, wenn diese besonders in der Öffentlichkeit stehen oder wenn es um Bundesländer übergreifende Zusammenhänge ginge. Mit dem Bundesamt habe es mehrere Möglichkeiten der Zusammenarbeit gegeben: Konferenzen, Lehrgänge und auch der „kleine Dienstweg“. „Der Phänomenbereich Rechtsextremismus ist einer der wichtigsten Bereiche aller Verfassungsschutzämter“, sagt der Zeuge. Da habe man sich auch eng ausgetauscht.

14:08 Uhr: Die Namen des NSU-Kerntrios habe Dr. Hartwig Möller erstmals nach der Selbstenttarnung gehört. Beim Verfassungsschutz in NRW sei dieser Bereich bei seinem Dienstantritt 1999 auch „bei Weitem“ am besten ausgebaut gewesen. Möller erklärt, dass man sich beim VS gefragt habe, ob es eine „rechte RAF“ gegeben habe. Man sei aber zu dem Schluss gekommen, dass den Rechten die entsprechenden „Köpfe“ gefehlt hätten. Abstrakt sei aber klar gewesen, dass es möglicherweise „Kleinstgruppen“ geben könne, die Anschläge begehen. Beim NSU habe man sich da verschätzt, gesteht der ehemalige Verfassungsschützer ein. Möller sagt, man habe sich halt am Vorbild „RAF“ aufgehangen. Das sei damals auch richtig gewesen.

Ideen und Strukturen wie die „Turner Tagebücher“ oder „Combat 18“ seien im Verfassungsschutz bekannt gewesen. „Combat 18“-Strukturen in NRW seien Möller aber zu seiner Dienstzeit nicht auf den Tisch gekommen.

14:22 Uhr: Heiko Hendriks von der CDU hat genau zugehört. Er fragt, warum der Zeuge zwischen Begriffen wie „Rechtsextremismus“ und „Rechtsterrorismus“ springe. Möller erklärt, es gäbe friedliche Rechtsextreme, als Beispiel nennt er die NPD, aber auch gewalttätige, diese würde er teilweise als Rechtsterroristen bezeichnen. Hartwig Möller zeigt sich angesichts von Dokumenten, die ihm vorgelegt werden, durchaus zerknirscht. Er erklärt, dass es für ihn ein großes Problem sei, dass man die zehn Morde des NSU nicht erkannt habe. Soviel Selbstkritik ist im Ausschuss nicht immer zu hören.

14:32 Uhr: Heiko Hendriks fragt nach der generellen Bewertung des Zeugen von V-Männern in der rechtsextremen Szene. Möller erklärt, nach dem gescheiterten NPD Verbot habe man sich darüber untereinander ausgetauscht, damit nicht zu viele V-Leute in einer Organisation tätig sind. Die bundesweite Neuregelung für die Anwerbung von V-Leuten beruhe maßgeblich auf Regelungen aus NRW. In seiner Dienstzeit habe man „umfassend recherchiert“, bevor neue Spitzel angeworben wurden. Ob jeder V-Mann beim Zeugen genehmigt werden musste, möchte er nicht sagen. Dies betreffe die Arbeitsweise des Verfassungsschutzes und könne öffentlich nicht gesagt werden. Dass Kameradschaften sich durch Spitzeltätigkeiten finanziert hätten, hält der Zeuge für schwer vorstellbar. Die Summen seien dafür zu gering gewesen. Möller rudert ein wenig zurück, dies sei zumindest nicht das Ziel gewesen. Menschen mit einer Affinität zu Waffen seien in Möllers Amtszeit nicht angeworben worden. Solche Leute seien nicht in Frage gekommen. Bestehende V-Leute seien teilweise ausgeschaltet worden, wenn sie mit Waffen zu tun gehabt hätten, erklärt Dr. Möller, schränkt aber ein, er habe auch keine Akten der V-Leute deswegen gewältzt.

14:51 Uhr: Dr. Hartwig Möller spricht über die unterschiedlichen Arbeitsweisen von Polizei und Verfassungsschutz. Von der Polizei würde man immer Klagen hören, dass der Verfassungsschutz mauere. Aber dies sei nicht so, man arbeite schlichtweg verschieden. Andreas Kossiski (SPD) möchte wissen, wie man diese „unterschiedlichen Welten“ zusammen bringen kann. Abstrakt, sagt Herr Möller, müsse man dafür sorgen, dass jeder die Informationen bekomme, die notwendig seien. Konkret brauche es „Trainings“, die zu einem Mentalitätswechsel führten. Es könne nicht sein, dass Menschen auf ihren Akten sitzen bleiben, sondern sie müssten weitergeleitet werden an andere Menschen und Behörden, die diese gebrauchen könnten. Ein weiteres Problem seien die Behörden anderer Bundesländer, mit denen der Austausch von Informationen auch nicht immer optimal sei.

15:22 Uhr: Die Datenbank „Nadis“ konnte laut der Aussage des Zeugen vom Verfassungsschutz abgerufen werden. Der Zeuge habe sie selbst nie benutzt. Eine Abfrage in der Datenbank zum Anschlag wurde durch das Bundesamt durchgeführt. Monika Düker (Grüne) fragt ob der NRW Verfassungsschutz im Zusammenhang mit der Keupstraße auch in Richtung „Combat 18“ ermittelt hat. Das Bundesamt hatte in diese Richtung recherchiert. Der Zeuge sagt, dass er dazu nichts konkretes sagen könne. Er kenne „Combat 18“ habe aber keine Erkenntnisse von Foren oder Internetseiten aus diesem Bereich.

Es ist gerade etwas zäh im Ausschuss. Die Parlamentarier stellen Detailfragen der Zeuge versucht diese zu klären. Die wesentlichen Dinge aus seiner Aussage hat der Zeuge schon 2012 im Untersuchungsausschuss des Bundestags gesagt. ( Protokoll ) Schon dort hatte sich Dr. Hartwig Möller selbstkritisch gegeben. Er hofft das der Verfassungsschutz aus dem NSU gelernt hat. Er habe eine „gesunde Skepsis“ gegenüber dem Einsatz von V-Leuten denkt aber auf der anderen Seite das es Fälle gäbe wo diese notwendig seien.

15:37 Uhr: Anfang der 2000er Jahre hatte sich der Zeuge in einem Schreiben über die Gefahren des Rechtsterrorismus besorgt geäußert. Konkret nannte er die „Skinheads Sächsische Schweiz“. Konkrete Verbindungen dieser Gruppe nach NRW kennt der Angeklagte nicht. In dem Schreiben warnte der Zeuge allerdings auch vor einer möglichen, hohen Dunkelziffer von Waffen bei Neonazis in Nordrhein-Westfalen. Ermittlungen in diesem Bereich seien aber eher Sache der Polizei. Michael Berger, der im Sommer 2000 drei Polizisten ermordete, sei ein beim Verfassungschutz „registrierter“ Rechtsextremist. Über den Waffenbesitz von Michael Berger kann Herr Möller allerdings nichts sagen. Auf Fragen von Birgit Rydlewski spricht der Zeuge von einer Heldenverehrung die es in rechtsextremen Kreisen gegenüber Personen wie Berger gäbe.

Birgit Rydlewski fragt nochmal der Aussage von Hartwig Möller im Bundestag. Dort sagte er, dass es Verfassungsschützern manchmal schwer falle sich an Recht und Gesetz zu halten. Dies müsse man ändern. Es sei gut das z.B. die Führung und Anwerbung von V-Leuten heute ein Gesetz sei und nicht mehr eine Verwaltungsvorschrift.

Kurze Pause

16:00 Uhr: Nach der Pause erzählt der Zeuge weiter grob über Strukturen und Zusammenarbeit im Verfassungsschutz. Zwischen dem Landesamt in Düsseldorf und dem Bundesamt in Köln sei der Kontakt immer eng gewesen. Jedesmal wenn er in Köln war habe Möller eigene Mitarbeiter dort „auf dem Flur“ getroffen. Der Ausschussvorsitzende Sven Wolf erzählt das der Ausschuss vom Bundesamt faktisch keine Akten bekomme. Hartwig Möller rät, man müsse dort politischen Druck ausüben und es über das Bundesinnenministerium versuchen. Wolf sagt nochmal wie unzufrieden er mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz ist. Als der Ausschuss zu arbeiten begann gab es von dort die Ankündigung man könne „alle“ Akten bekommen. Davon sei, so müsse er heute feststellen „nichts“ übrig geblieben. Diesen Ärger wollte Sven Wolf nun auch mal in einer öffentlichen Sitzung äußern.

16:18 Uhr: Beim Anschlag in der Keupstraße habe man beim Verfassungsschutz keine Hinweise mit Substanz auf rechtsextreme Täter gehabt. Es war falsch dort die Deutung der Polizei, dass es sich um „Organisierte Kriminalität“ handelte zu akzeptieren. Beim NSU-Mord in Dortmund habe man rechtsextreme Quellen abgefragt, da ein fremdenfeindlicher Hintergrund möglich war. Diese Quellen hatten aber keine Informationen. Deswegen wurde der Falll der Polizei überlassen. Die Befragung von Quellen findet sich in den Akten nicht dokumentiert. Dies sei so üblich so Herr Möller. V-Mann Führer sprächen in solchen Fällen informell mit ihren Quellen.

Verena Schäffer fragt nach „Combat 18“, Schießübungen und einer Rohrbombe in Dortmund. Sie möchte wissen warum man nicht von rechtem Terror ausgegangen ist. Dr. Hartwig Möller sagt diese Dinge seien nebeneinader hergelaufen, hätten keine gemeinsame Struktur gehabt und deswegen habe man sie nicht als Terrororganisation geführt. Wieder gibt der Zeuge den Verweis auf die „RAF“, dort sei der Aufbau eindeutiger gewesen und nach sowas habe man gesucht. Die Aussagen von Sebastian Seemann, dass es Versuche gab eine „Combat 18“ Zelle aufzubauen. Der Zeuge sagt nach seinem Wissen sei sowas nicht aufgebaut worden. Es könne aber auch sein das er sowas nicht mitbekommen habe. Dem Zeugen, der den Verfassungsschutz NRW leitete, fehlte eine „Satzung“ von einer „Combat 18“ Gruppe oder klare Verlautbarungen diese aufzubauen. Reine Songtexte reichen seiner Meinung nach dafür nicht aus. Über Kontakte von Dortmunder Neonazis nach Belgien und in die Niederlande will der Verfassungsschutz „Quellenmäßig gut aufgestellt“ gewesen sein.

Woher Hartwig Möller weiss das der hessische Verfassungsschützer Andreas Temme in Kassel am Tatort des NSU-Mordes war erinnert er sich nicht genau. Es könne eine Tagung in der damaligen Zeit gewesen sein, vielleicht wisse er das aber auch weil er aufmerksam Zeitung liest.

16:37 Uhr: Yvonne Gebauer (FDP) fragt nochmal nach Dortmund. Die „WE Meldung“ der Polizei sei an den VS weitergeleit worden. Dann gäbe es einen Automatismus, dass der Verfassungsschutz schnell in so einem Zusammenhang Informationen sammele die Relevant sein könnten.

Den Begriff „Ceska Mordserie“ will der Zeuge erst nach der Selbstenttarnung des NSU Kerntrios gekannt haben. Nachdem aus den Akten zitiert wird sagt Möller es sei möglich das der Begriff auf der Arbeitsebene gefallen sei. Auf seinem Tisch sind Anfragen der „BAO Bosporus“ allerdings nicht gelandet.

Birgit Rydlewski fragt nach dem V-Leute Wesen des VS in NRW. Führungspersonen von Parteien seien nach 2003 nicht mehr angeworben worden. Für Kameradschaften gäbe es keine Regelungen darüber. Dort sei es möglich das Führungskader gleichzeitig V-Männer seien.

Der Ausschuss ist für heute vorbei. Weiter geht es erst am 25. Mai.

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[…] Attentäter David Copeland hingewiesen.  Ähnlich wie sein Kollege Szemeitat am 27. April (Unser Bericht.) erklärt der Zeuge das Copeland ja im Gefängnis gesessen habe und der Hinweis deshalb […]

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