Öko-Landbau: Nicht besser, sondern „anders“

Französische Biobauern im 19. Jahrhundert
Französische Biobauern im 19. Jahrhundert


Seit 17 Jahren wird der Ökolandbau gefördert. Das Ziel ist die Agrarwende. Dennoch kommt die Branche nicht in Schwung: Nur vier Prozent der Lebensmittel stammen von ihr. Hannelore Schmid fragt: Welchen Vorteil hätte der Steuerzahler von der neuen Landwirtschaft? Von unserer Gastautorin Hannelore Schmid

Schon Renate Künast hatte sich das ehrgeizige Ziel gesetzt. Jetzt nimmt Agrarminister Christian Schmidt neuen Anlauf. Zwanzig Prozent Öko-Landbau [1] soll es auf Deutschlands Feldern geben. Das fordert auch die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung. Wann das Ziel erreicht sein soll, sagt Christian Schmidt nicht; die Erfahrungen von Künast, die sich zehn Jahre Zeit dafür nahm, haben ihn vorsichtig gemacht. Denn bis heute, 17 Jahre nach der Künastschen „Agrarwende“, konnte der Flächenanteil des Öko-Landbaus lediglich von drei auf 6,4 Prozent [2] gesteigert werden. Mit den Marktanteilen sieht es noch bescheidener aus. Trotz werblichen Dauerfeuers erreichen Bio-Produkte gerade einmal vier Prozent [3]; und dies nur deshalb, weil die großen Handelsketten mit Bio-Billig-Importen den Markt überschwemmen.

Minister Schmidt findet trotzdem: „Die Öko-Landwirtschaft leistet schon heute einen entscheidenden Beitrag zu unserer Ernährung!“ Gemeinsam mit der Ökologischen Lebensmittelwirtschaft will der CSU-Mann mit einer „Zukunftsstrategie Ökologischer Landbau“  Schwung in die Sache bringen. Dieser Tage fand dazu in Berlin die „Kick-off-Veranstaltung“ [4] statt.

Fast zeitgleich hat der Minister den Bundesagrarbericht vorgelegt. Dort kann man Erklärungen dafür finden, warum der Öko-Landbau nicht in die Gänge kommt. Man erhält auch interessante Daten zu dessen ökonomischer, ökologischer und sozialer Bedeutung, also seinem Beitrag zu dem, was heute gemeinhin als „Nachhaltigkeit“ bezeichnet wird.

„90 Prozent des Gewinns eines Ökobetriebs stammen aus staatlichen Transferleistungen“

Kapitel 2.3.4. des Agrarberichts [5] zeigt zum Beispiel, was in vergleichbaren Bio- und konventionellen Betrieben erwirtschaftet wird. Konventionelle Landwirte kommen auf knapp 40.000 Euro Einkommen im Jahr, ihre Öko-Kollegen liegen 5000 Euro, also 13 Prozent, darunter. Besonders interessant: Der Gewinn der Öko-Bauern beträgt nach der amtlichen Statistik rund 650 Euro pro Hektar. An Subventionen erhalten diese Landwirte 600 Euro pro Hektar. 90 Prozent ihres Gewinns stammen damit aus staatlichen Transferleistungen. Zwar bekommen auch die konventionellen Landwirte durchschnittlich 400 Euro pro Hektar aus öffentlichen Kassen; die Subventionen machen bei ihnen aber nur die Hälfte des Gewinns aus.

Für den Öko-Landbau berappt der Bundesbürger nicht nur als Steuerzahler, sondern auch als Verbraucher. Bio-Bauern bekamen für ihren Weizen deutlich mehr als das Doppelte des Preises für konventionellen Weizen, Bio-Kartoffeln waren dreieinhalb Mal so teuer wie normale Ware, bei Milch machte der Unterschied immerhin 20 Prozent aus. Keine Frage: Die Bio-Bauern brauchen die höheren Preise; auch das kann man im Agrarbericht nachlesen. Bei Weizen ernten sie nur halb so viel wie ihre Berufskollegen, ebenso bei Kartoffeln, und ihre Kühe geben 20 Prozent weniger Milch.[6]

Bio-Ware braucht nur zu kaufen, wer überzeugt ist, damit etwas Gutes zu tun – für seine Gesundheit, für die Umwelt, wofür auch immer, und wen das Geld dafür nicht reut. In Umfragen sind das viele; allerdings klafft eine gewaltige Lücke zwischen verbaler und realer Zahlungsbereitschaft; siehe oben. Vermutlich sind die Verbraucher klüger, als die Trommler für Agrarwenden aller Art ihnen zugestehen. Vielleicht sagt ihnen ihr Bauchgefühl, was viele Studien belegen, die es schwer haben, an die Öffentlichkeit zu gelangen, weil sie nicht dem Mainstream entsprechen: dass Bio-Lebensmittel nicht „gesünder“ als konventionelle Ware sind. Selbst die Öko-Bauern behaupten das nicht mehr.

„Nachhaltig kann nur eine intensive Nutzung sein“

Bio-Lebensmittel werden auch nicht „nachhaltiger“ produziert. Man kann sich an blühenden Unkräutern in Öko-Äckern erfreuen. Aber wenn die doppelte Fläche nötig ist, um gleich viel zu ernten wie im modernen Landbau, dann bleibt weniger Land für naturnahe Zonen. Weltweit ist Ackerland eine sehr knappe Ressource. Nachhaltig kann deshalb nur eine intensive Nutzung sein. Mit den neuesten Anbautechniken ist das ohne Umweltschäden machbar. Und wenn es eine soziale Leistung ist, preiswerte Lebensmittel zu produzieren und dabei den Beschäftigten angenehme Arbeitsbedingungen und angemessene Einkommen zu bieten, dann hat die moderne Landwirtschaft ebenfalls die Nase vorn.

Eigentlich weiß der Minister das alles. Öko bedeute nicht besser, sondern einfach „anders“, wird Christian Schmidt aus der Berliner Kick-Off-Veranstaltung zitiert. [7] Mit dieser Philosophie könnten auch Subventionen für Lastwagen mit Holzvergasermotor politisch gerechtfertigt werden.

Wenn Bio nicht besser, sondern nur anders ist – warum muss es dann auf Biegen und Brechen und vor allem mit Steuergeldern gepusht werden? Dass viele Wähler in Umfragen Bio gut finden, an der Ladenkasse aber anders abstimmen, wäre ein Anlass für Informationskampagnen. Eine Basis für zukunftsorientierte Politik ist es nicht. Der wesentliche Erfolg jahrzehntelanger Bio-Manie ist ohnehin, dass viele Bundesbürger heute in Lebensmitteln vor allem Giftcocktails und Geschmackswüsten vermuten.

Bis zur Okkupation ihres Konzepts durch die Politik haben sich die Bio-Bauern in ihrer Nische wohl und wohl auch ein bisschen besser gefühlt. Sie haben mit ihren Kunden eine eingeschworene Gemeinschaft gebildet, sie hatten keinen Ärger mit Billigimporten und brauchten sich nicht an Zielen zu messen, die ahnungslose Politiker vorgeben. Dieselben Politiker übrigens, die ihnen mit Wohltaten für eine andere Agrariergruppe die Existenz schwer machen: Die völlig überhöhte Förderung von Biotreibstoffen lässt überall die Pachtpreise durch die Decke schießen. Bio-Bauern können sich das teure Land nicht mehr leisten – obwohl auch sie wachsen müssen, wenn ihr Betrieb nicht weichen soll.

Hannelore Schmid hat Agrarwissenschaften studiert, arbeitete als Autorin und Redakteurin für ARD-Anstalten, betreute die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in einem Chemieverband und ist heute freie Autorin.

Crosspost: Der Artikel erschien bereits auf Novo Argumente  

Anmerkungen

1Bundesregierung: Perspektiven für Deutschland – Unsere Strategie für nachhaltige Entwicklung, Bundesregierung online, 2002, S.227.
2Ökologischer Landbau in Deutschland“, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), 2014.
3Zahlen, Daten, Fakten zur Bio-Branche“, Foodwatch, 21.01.2015.
4Eine Zukunftsstrategie für den ökologischen Landbau“, BMEL, 18.05.2015.
5Agrarpolitischer Bericht der Bundesregierung 2015, BMEL, 20.05.2015, S. 58.
6ebd.,  S. 58f.
7Agrarminister Schmidt will Ökolandbau vorantreiben“, Focus online, 19.05.2015.

 

 

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Ernst Gennial
Ernst Gennial
9 Jahre zuvor

Wie geil ist das denn?

DIe ruhrbarone sind sich ja für nichts zu schade. Hier darf ganz offen die ehemalige Pressefrau des <a href="http://www.iva.de/branche/industrieverband%20agrar/mitgliedsunternehmen&quot; title="Agrar-Chemie-Lobby">Industrieverbands Agrar e. V.<a> – einem von Bayer, Dow, DuPont, BASF und Co. getragenen Lobbyverein – gegen ökologische Landwirtschaft hetzen.

Das erinnert mich an einen Witz aus meiner Schulzeit:

"Rauchen ist gesund!

Dr. Marlboro"

Arnold Voss
9 Jahre zuvor

Bio ist teurer, weil Bio mehr Produktionsfläche und mehr Produktionsmittel pro Einheit erfordert. Um einen annähernd ähnlichen Gewinn wie bei der herkömmlichen Landwirtschaft zu erzielen muss also auch die Subvention entsprechend höher sein. Insofern bringt dieser Artikel keine neuen, geschweige denn in irgendeiner Weise erschütternden Erkenntnisse. Es sei denn, dass der Leser noch nicht wusste, dass die deutsche Landwirtschaft, egal ob bio oder nicht, einer der größten Subventionsempfänger dieses Landes ist.

keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
9 Jahre zuvor

@2: Warum muss die Subvention höher sein. Es gibt viele Bereiche, in denen Premium-Produkte auch Premium-Preise erzielen (z.B. T-Shirts).

Wer ein kostenintensives Produkt möchte, soll dafür zahlen. Wenn der Anbieter keinen Markt findet, muss er sich einen neuen Job suchen.

Es gab mal einen Ausländischen Agrar-Sender. Ich wollte meine Fremdsprachenkenntnisse verbessern, habe aber relativ schnell aufgegeben, da in fast jedem Satz von Subventionen die Rede war. Es kam der Eindruck auf, dass der erfolgreiche Landwirt das Abgreifen von Subventionen als Kernkompetenz benötigt.

Achim
9 Jahre zuvor

Aberglauben in der Landwirtschaft

Neben dem rationalen ökologischen Landbau als Gegenmodell zum konventionellen Landbau gibt es auch den von Esospinnern als Religion des Aberglaubens betriebenen biologisch-dynamischen Landbau.
Siehe mal:

https://www.psiram.com/ge/index.php/Biologisch-dynamische_Landwirtschaft

(Brauche ich einen Account bei http://www.bit.ly ?)

Ich spare mir mal aus Gründen des Presserechtes die Bewertung der geistigen Fähigkeiten von Leuten, die Dünger in Kuhhörner stecken und diese im Acker vergraben.

Die gesundheitliche und ökologische Bewertung von Bioprodukten ist in der Praxis nicht einfach, weil…

1.)Ist das Bioprodukt denn wirklich im biologischen Landbau erzeugt, oder gibt es da einen Betrug.

2.)Kann das Produkt wirklich Bio sein? Kann weisser raffinierter Würfelzucker von Demeter wirklich besser als das industrielle Konkurenzprodukt sein?

3.)Natürlich erfordert die Produktion von Himbeeren deutlich weniger Wasser als die Produktion von Erdbeeren. Macht BIO da noch einen Unterschied?

4.)Ist der Hähnchenflügel aus komventioneööer Produktion möglicherweise nicht nachhaltiger als das Hähnchenschnutzel aus ökologischer Produktion.

5.)Was sind die konkreten Ferkeleien der komventionellen Konkurenz?

Der Verbraucher kann nur eine rationale Wahl treffen, wenn er über zutreffende Informationen verfügt.

Achim

Arnold Voss
9 Jahre zuvor

@ 3:
Hochwertige Grundnahrungsmittel kann man nicht mit hochwertigen T-Shirts vergleichen. Grundnahrungsmittelsubvention, nichts anderes ist die Subventionierung der Landwirtschaft, bedeutet in der Folge der Gewinnsicherung der Landwirte die Senkung grundlegenden Lebenshaltungskosten für den Endverbraucher.

Wenn wir zulassen, dass hochwertige Grundnahrungsmittel nur noch denen zugänglich sind, die den realen Marktpreis dafür bezahlen können, dann können wir in diesem Bereich auch gleich den Verbraucherschutz und die Qualitätskotrolle mit abschaffen. Hochwertiges für Wenige, standardlose Sättiger für den Rest. Denen, die sich auch Letzteres nicht leisten könne, bleibt dann immer noch die Variante: Weniger Essen macht erst einmal schlanker.

keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
9 Jahre zuvor

@5:
Wer Rindfleisch von Kobe-Rinder will, soll zahlen. Wer ein Marken-T-Shirt kauft zahlt auch häufig einen extrem hohen Preis.
Beide Artikel sind Luxus und nicht notwendig.

Die Lebensmittelpreise in Deutschland sind dramatisch günstig im Vergleich zu vielen Teilen der Welt. Der Milchpreis ist ein Witz. Eine Verteuerung von Lebensmitteln ist also möglich.

Dass bei einem Wettbewerb gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden müssen, versteht sich. Hier ist der Staat mit seiner Kontrollpflicht gefragt.
Die konventionelle Landwirtschaft mit standardisierten Produkten macht die Bevölkerung zu einem günstigen Preis satt. die Standards bestimmt der Gesetzgeber und der Verbraucher, wenn er denn unterscheiden kann, was im Produkt ist. Aber das ist beim T-Shirt auch schwierig. Teurer Preis bedeutet nicht zwangsläufig andere Fabrik.

Helmut Junge
Helmut Junge
9 Jahre zuvor

@Arnold Voß,
"Hochwertiges für Wenige, standardlose Sättiger für den Rest."
Das wäre dann wohl so etwas wie die Gentrifizierung der Nahrungskette?

WALTER Stach
WALTER Stach
9 Jahre zuvor

Wer die Subventionierung der Landwirschaft durch die OECD, durch die EU, durch die Bundesrepublik zu problematisieren versucht anhand der sog. ÖKO-Landwirtschaft, dem muß ich jeglichen Sachverstand absprechen, denn dabei geht es gemessen an den für einen Laien wie mich unbegreiflichen Größenordnungen der Subventionierung der Landwirtschaft durch OECD, EU und Bundesrepublik nur um Kleinigkeiten.

Also…..
Wer will, soll doch bitte das Riesen- Faß der weltweiten Subventierung der Landwirtschaft mit konkretem Bezug zur EU und zur Bundesrepublik aufmachen -Ziele, Ergebnisse, "Nebenwirkungen"- und dazu eine Diskussion initiieren, auch hier bei den Ruhrbaronen.

Und dabei wird man dann -angesichts der Verhältnismäßigkeit irgendwann und ganz am Rande-auch diskutieren lönnen über das OB, das Wie, das WARUM gezielter Förderung der sog.ÖKO-Landwirtschaft.

Gerd
Gerd
9 Jahre zuvor

Stichwort Bio und Gesundheit:

Wieso denk ich da an EHEC? Null Tote durch Pferdefleisch in der Lasange, 50 Tote durch EHEC in den Bio sprossen. = Der größte Lebensmittelskandal Deutschlands wurde sich Biofraß verursacht.

Da wir wegen null Strahlentoten aus der Atomkraft aussteigen fordere ich einen Bio-Aussteig. *sncr*

Sigrid Herrmann
9 Jahre zuvor

Herr Gennial, zeigen Sie doch mal bitte die "Hetze" auf. So konkret wie es geht. Vielleicht sogar mit Zitat und einer Erläuterung, was falsch dargestellt ist oder gar "hetzerisch". Danke.
Herr Voss, definieren Sie doch bitte mal "Hochwertigkeit" im Spannungsfeld bio – konventionell. Jetzt nicht von der Mühe her, die hineingesteckt wird, sondern vom Produkt her. Der Preis gilt nicht als Beleg. Danke.
Und auch hier: "standardlose Sättiger für den Rest"
Darf man das so verstehen, dass die sehr peniblen deutschen Regelungen im Lebensmittelrecht und Verbraucherschutz KEINE Standards darstellen, die relevant wären? Ihre Lösung für den Flächenverbrauch?

Ernst Gennial
Ernst Gennial
9 Jahre zuvor

Es fängt schon mit der verbrämten Bezeichnung "Chemiverband" für ihren ehemaligen Argrarlobby-Arbeitgeber an.

Alle Risiken und negativen Begleiterscheinungen herkömmlicher Landwirtschaft werden unter den Teppich gekehrt. Ich habe keine Lust das alles aufzuzählen, all die Pestizide, die Landschaftszertörungen, Massentierhaltung etc. pp.

Und wenn ich den Satz lese:

„90 Prozent des Gewinns eines Ökobetriebs stammen aus staatlichen Transferleistungen“

frage ich mich, was soll das? Der Anteil der Transferleistungen am Gewinn ist in diesem Zusammenhang doch eine absolut sinnlose Größe. Klar, 90 Prozent hört sich viel an und soll vielleicht suggerieren, dass der ganze Bio-Bereich übersubventioniert ist. Wer ein wenig Ahnung von Betriebswirtschaft hat, kann mit der Zahl aber überhaupt nichts anfangen.

Theoretisches Beispiel A:

Biobauer A erhält pro Liter Milch 9 Cent Subvention und macht einen Gewinn von 10 Cent pro Liter. Damit sind 90 Prozent seines Gewinns aus Subventionen finanziert.

Theoretisches Beispiel B:

Massentierbauer B erhält pro Liter Milch 9 Cent Subvention und macht einen Gewinn von 36 Cent pro Liter. Damit sind nur 25 Prozent seines Gewinns aus Subventionen finanziert. Er hat den dicken Reibach gemacht und hätte auch ohne Subventionen 3-mal soviel Gewinn gemacht, als der Bio-Bauer. Jetzt streicht er 4-mal so viel ein.

Der Subventionsanteil am Gewinn sagt also gar nichts aus, allenfalls, dass der Biolandbau ohne Subventionen nicht rentabel ist und wohl ganz eingehen würde.

Arnold Voss
9 Jahre zuvor

@ 10

Hochwertig ist ein Lebensmittel dann, wenn es möglichst schadstofffrei, möglichst nährstoffreich, möglichst frisch und möglichst schmackhaft ist.

Ansonsten kann ich mich nur wiederholen: Wenn wir zulassen, dass hochwertige Grundnahrungsmittel nur noch denen zugänglich sind, die den realen Marktpreis dafür bezahlen können, dann können wir in diesem Bereich auch gleich den Verbraucherschutz und die Qualitätskotrolle mit abschaffen. Und erst für diesen Fall gilt der Folgesatz : Hochwertiges für Wenige, standardlose Sättiger für den Rest.

Was den Flächenverbrauch betrifft, gilt: Die Nahrungsmittelproduktion steht aus der Natur der Sache an höchster Stelle der diesebezüglichen Prioritätenliste. Wenn wir davon mehr brauchen müssen stattdessen andere Flächenverbrauche reduziert werden.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
9 Jahre zuvor

Ist "Functional Food", also durch sekundäre Pflanzenrohstoffe und biochemische Reagenzien angereichtere Grundnahrungsmittel, eigentlich "öko" oder "bio" und damit "hochwertig"?
Oder reduzieren die Allergen-Risiken solcher landwirtschaftlichen "Chemiebaukästen" diese industriell gefertigten Lebensmittel-Varianten nur auf "Maggi-Niveau", auf billigstes Notlebensmittelniveau zur "Kraftoptimierung" der untersten Soziallevel unserer Bevölkerung?

Stefan Laurin
Admin
9 Jahre zuvor
Reply to  Ernst Gennial

@Ernst Gennial: Die Agrar- und Chemielobby hat sich mehr um die Ernährung der Menschen verdient gemacht als die Ökolobby, die man verniedlichend NGOs nennt.

Arnold Voss
9 Jahre zuvor

@ 13 Klaus Lohmann

Ich bin kein Lebensmittelexperte. Die Deuschte Gesellschaft für Ernährung sagt laut Wikipedia zu Functional Food: "Functional Food ist grundsätzlich keine Garantie für eine bedarfsgerechte und ausgewogene Ernährung. Ernährungsfehler lassen sich auch durch den Verzehr von funktionellen Lebensmitteln nicht beseitigen."

Ich bin grundsätzliche der Meinung, dass sich der Mensch so ernähren soll wie er möchte, bzw. wie es i h m schmeckt. Ich persönlich brauche dazu nicht unbedingt das Fleisch des Kobe-Rindes. Mir würde schon ausreichen, dass ich mal wieder eine Tomate essen könnte, die nicht nur wie eine aussieht sondern auch wie eine mundet. Egal ob bio oder nicht. Und es wäre prima, wenn ich sie auch bezahlen könnte. 🙂

Arnold Voss
9 Jahre zuvor

@ 14 Stefan Laurin

Um die Ernährung als Sättigung vielleicht, aber nicht um den Geschmack und den Genuss. Den hat sie in vielen Bereichen schlicht zerstört. Ich habe mein erstes Bio-Brot gekauft nicht weil es Bio hieß, sondern weil es auch (wieder) wie Brot schmeckte. Für eine Tomate die wie eine Tomate schmeckte musste ich, nach dem diese dank der holländischen Agrar-Lobby vom deutschen Markt verschwand, bis nach Griechenland oder nach Spanien fahren. Dann verschwand sie dank der europäischen Agrar- und Chemie-Lobby auch dort. Ich habe sie dann durch Zufall wieder irgendwo in den Anden entdeckt, weil diese Abriss-Truppe des guten Geschmacks dort offensichtlich noch keinen Einfluss hat.

Helmut Junge
Helmut Junge
9 Jahre zuvor

Bei der Erzeugung von Getreide sind beim biologischen Anbau mehr als die dreifache Ackerfläche gegenüber dem "traditionellen" Anbau erforderlich. Eine Tabelle dazu findet sich bei
http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96kologische_Landwirtschaft
Dagegen sind die Vorteile dieser Anbaumethode, da wo sie meßbar sind, im 10 Prozentbereich.
Die Erdbevölkerung ließe sich wegen des Flächenbedarfs wohl kaum ernähren, weil jetzt schon Anbauflächen durch Abholzung von Wäldern erzeugt werden. Es ist jetzt schon eine Knappheit an Anbaufläche. Daraus ergibt sich konsequenterweise, daß Bioprodukte von vorneherein Luxusprodukte sind. Über den Preis läßt sich das natürlich auch definieren, was Arnold Voß bereits herausgearbeitet hat. Ich sage jetzt zusätzlich, daß diejenigen, die sich den Luxus erlauben Bioprodukte zu essen, sich darüber im Klaren sein sollten, daß sie einen unverhältnismäßig großen Anteil an verfügbarer Ackerfläche für ihre persönliche Ernährung in Anspruch nehmen.

Arnold Voss
9 Jahre zuvor

@ Helmut Junge # 17

Und was machen wir erst, wenn die Weltbevölkerung weiter so wächst wie bisher, Helmut? Ganz auf die Agro-Chemie setzen? Endgültig Abschied nehmen von einem auch nur irgendwie gearteten natürlichen Geschmack? Der bei vielen sowieso nur noch Erinnerung ist und nicht Realität? Der also mittel- bis langfristig genauso total manipulierbar ist wie die stoffliche Seite unserer Nahrungsmittel? Oder erfinden wir sogar einen menschlichen Körper, der viel weniger Energie/Kalorien verbraucht als der unsrige? Oder verschwinden wir am besten gleich ganz von der Erdoberfläche?

Helmut Junge
Helmut Junge
9 Jahre zuvor

Arnold, gute Fragen. Habe ich dafür eine Antwort? Nein, habe ich nicht.
Ich befürchte, daß Deine letzte Frage eintreffen könnte, weil wir im Falle des Menschen nicht unbedingt mit Vernunft rechnen können, wohl aber mit Denkweisen, die auf kurzfristig angelegter Sicht basieren.
Aber bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt.
Wenn wir so tun, als ob die Vermehrung der Weltbevölkerung nicht verhindert werden darf, müssen wir auch immer mehr Nahrungsmittel produzieren. Das aber gelingt mit ökologischem Anbau ganz sicher nicht.
Darum hat sich ja die Idee vom Kunstdünger, Maschineneinsatz, Neuzüchtungen usw.bis hin zur Gentechnologie in der Vergangenheit durchgesetzt. Manche wollen das umgekehrt sehen, daß nämlich Monsanto uns zwingt, an Kunstdünger und all diese scheußlichen Dinge zu glauben. Meine Antwort ist darum in etwa so, daß wir entweder Stefan mit seinen Wachstumsforderungen folgen, oder daß wir den Gürtel enger schnallen. Meiner Meinung nach gehört dazu aber auch ein ernormer Verzicht an Luxus. Es sei denn, wir redutzieren die Zahl der Menschen durch weltweite Maßnahmen. aber wer glaubt an so etwas?

Arnold Voss
9 Jahre zuvor

Selbst wenn das geschehen würde, hieße die Kernfrage dann immer noch: Wer reduziert wen? Einfacher ist es allerdings, wenn man sich diese Frage erst gar nicht stellt, sondern die Dinge einfach geschehen lässt, sofern sie einen nicht selbst betreffen. Die Reduktion findet ja schon lange statt. Wir wären jetzt schon viel mehr, wenn weltweit in den letzten 30 Jahren nicht jeden Tag Hunderttausende an Wasser- und Nahrungsmangel/vergiftung krepiert wären.

Für diese Menschen wären Billigst-Lebensmittel auf niedrigstem Ernährungsstandard allemal die bessere Alternative gewesen. Im übrigen sorgt die industrielle Landwirtschaft zusammen mit Aldi und Konsorten dafür, dass wird in Deutschland den Kernbereich des Sozialstaates weiter erhalten können: Kein Hunger für Menschen die weder über Vermögen noch über die Möglichkeit zur ausreichend bezahlten Arbeit verfügen.

Oder ist doch noch eine andere Welt auf diesem Planeten möglich? Ansonsten empfehle ich zur Einstimmung auf das gerade beginnende Jahrtausend den Film „The Road“. http://de.wikipedia.org/wiki/The_Road

Julian
Julian
9 Jahre zuvor

Die Landwirtschaft ist mit der Industrialisierung in eine fatale Richtung gestolpert: Weg vom multifunktionalen (Selbst-)Versorgungsbetrieb hin zur spezialisierten Massen-Nahrungsmittelproduktion. Phänomene der heute üblichen Intensiv-Landwirtschaft wie Monokultur, Massentierhaltung, Medikamenteneinsatz etc. müssen mit nachhaltigem Öko-Landbau auf kurz oder lang ausgebadet werden.

Leider werden die Folgen der konventionellen Landwirtschaft immer wieder allzu gerne abgestritten, sei es aus Bequemlichkeit (Verbraucher) oder Interesse (s. Autorin), dabei liegen sie doch klar auf der Hand: Eine Landwirtschaft, die nach und nach die Umwelt zerstört und pestizidbelastete, minderwertige Nahrungsmittel, die dem Menschen schaden.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
9 Jahre zuvor

Chancen für den Öko-Landbau sind da. Lt. dieser Studie: http://www.pnas.org/content/early/2015/05/27/1423674112.abstract wird weltweit (in 14 untersuchten Ländern) wesentlich mehr Rendite mit Bio-Lebensmitteln gemacht, da erhebliche Preisaufschläge für Bio-Produkte verlangt und auch gezahlt werden.

Deutschland fällt mal wieder aus dem Rahmen, weil unsere "Geiz-ist-geil"-Mentalität *NOCH* die industrielle Produktion mit konventionellem Landbau und schieren Margenvorteilen bevorzugt (http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/bio-lebensmittel-koennen-sich-fuer-bauern-lohnen-a-1036580.html). Gewinner wird, wer über längere Zeiträume halt die bessere Rendite in einem Markt macht, in dem man für Bio mehr zu zahlen bereit ist.

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