Oliver Scheytt war Kulturdezernent in Essen und einer der Leiter der Kulturhauptstadt. Nach seiner Laufbahn als Kulturfunktionär zog es ihn in die Wissenschaft und in die freie Wirtschaft. Alte Seilschaften sind dabei natürlich nützlich.
Bis November vergangenen Jahres war Rolf Kuhlmann der Leiter der Kommunikationsabteilung der Stiftung Zollverein. Die sucht nun einen Nachfolger für ihn, was eigentlich eine gut zu bewältigende Aufgabe ist: Man schaltet eine Anzeige in einem der zahlreichen Job-Portale, packt das Stellenangebot auf die eigene Homepage und wartet wer sich meldet. Häufig steht schon vorher fest, wen man haben will und das Stellenangebot ist reine Makulatur. Aber natürlich kann man so etwas auch aufwendiger und teurer machen – zum Beispiel indem man einen Headhunter beauftragt. Der ruft dann diskret mögliche Kandidaten an, trifft sich mit ihnen und offeriert seinem Auftraggeber eine Auswahl an möglichen Mitarbeitern.
Die Stiftung Zollverein entschied sich für einen Mittelweg: Online wurde auf der eigenen Internetseite ein Stellenangebot veröffentlicht, zusätzlich beauftragte man die Weimarer Agentur Kulturpersonal. Adresse: Amalienstraße 15. Interessant ist, wer der Chef der Agentur ist: Oliver Scheytt, Essens ehemaliger Kulturdezernent und ehemaliger Geschäftsführer der Ruhr-2010 GmbH, welche die Kulturhauptstadt im Ruhrgebiet organisierte. Eine Geste der Solidarität gegenüber Scheytt, dem es ja nicht gelang, die Ruhr2010 GmbH und sich selbst zu retten.
Update:
Bei Scheytt muss es zu einem Sinneswandel gekommen sein. Noch vor einem guten Jahr sagte er der NRZ, dass er sich wegen seiner langjährigen Tätigkeit für die Kulturinstitutionen Essens „aus Personalentscheidungen komplett heraushalten“ wolle. Davon scheint nun nicht mehr die Rede zu sein.
Auch in Wuppertal wurde Scheytt als Headhunter Ende vergangenen Jahres aktiv und sucht einen neuen Intendanten für Schauspiel und Oper. Das führte zu Protesten, denn Wuppertal spart gerade sein Theater kaputt. Klaus Pierwoß, 1994-2007 Generalintendant des Bremer Theaters und am Welttheatertag 2010 Mitorganisator des Wuppertaler Theaterprotests, schrieb im Dezember einen offenen Brief an Scheytt:
Lieber Oliver!
Bei den Wuppertaler Theater-Tötern, die sich selbstverständlich als Theaterbewahrer camouflieren (Leserbrief von Mathhias Nocke an die FAZ), gehst Du jetzt als Erfüllungsgehilfe in Dienst. Ich hätte von Dir erwartet, dass Du als Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft die neue Lösung, für die Du einen Schauspielintendanten suchen sollst, durchschaust als Konstruktion, die einen weiteren Verfall nach sich zieht. Das ist nichts anderes als eine verhängnisvolle Fortsetzung des bisherigen Theaterabbaus, der unter und mit Kuck begann.Wie kann eine Stadt so mit ihrem Theater umgehen? Mit einem halbierten Ensemble, einem weiter reduzierten Etat und einer peripheren Spielstätte kann man kein vitales Theater in einer mittleren Großstadt entwickeln. Aber so wie Du als Findungskommissionär werden sich viele verantwortungslose Kollegen als künftige Intendanten andienen: sie versprechen es , besser, billiger und reibungsloser als ihr Vorgänger zu machen. Was sie im Gepäck haben, sind lediglich Sargnägel.Angesichts Deiner Rolle in Wuppertal werde ich sofort aus der Kulturpolitischen Gesellschaft austreten.Klaus Pierwoß
Ich habe mal nachgefragt, was der Scheyttt-Auftrag kostet und warum man nicht auf ganz konventionelle Weise nach einem Kuhlmann-Nachfolger gesucht hat. Wenn die Stiftung-Zollverein antwortet, gibt es ein Update.
Und hier ist das zweite Update, die Antwort der Stiftung Zollverein auf meine Anfrage:
Wir halten für die Besetzung einer so wichtigen Leitungsposition unsere Vorgehensweise für professionell. Zu den anderen Punkten gibt die Stiftung Zollverein keine Auskunft.
Scheytt berät auch die Stadt Wuppertal bei der Suche nach einem neuen Schauspielintendanten…
https://www.wuppertal.de/pressearchiv/meldungen-2012/dezember/102370100000461242.php
Die Agentur von Oliver Scheytt hätte doch prima in eines der Kreativquartiere gepasst, für die sich die von ihm geführte Kulturhauptstadt Ruhr2010 so stark gemacht hat. Oder noch besser ins Dortmunder U. Warum gerade Weimar?
Peinlicher Kerl, der Scheydt.
@2 „Warum gerade Weimar?“ Gab`s da etwa Fördermittel, die man abgreifen konnte?
@2 & @4: Das kann ich: die neue Firma wird gemeinsam mit einem der Betreiber des kulturmanagement Network in Weimar betrieben, daher dieser Standort!
Nur zur Info: Herr Scheytt verlangt für seine „Dienstleistung“ übrigens zwei bis drei Bruttomonatsgehälter der ausgeschriebenen Stelle. Dies hat er in aller Öffentlichkeit zuletzt in Berlin bekundet.