Olympia: Gauck und Merkel wohl nicht in Sotschi mit dabei – Und das ist auch gut so!

Olympische Ringe. Quelle: Wikipedia; Lizenz: gemeinfrei
Olympische Ringe. Quelle: Wikipedia; Lizenz: gemeinfrei

Eine Diskussion aus dem Umfeld der Sportpolitik, welche in den letzten Tagen durch die Republik gewandert ist, möchte ich hier heute, so kurz vor den Feiertagen, auch hier bei den Ruhrbaronen noch einmal kurz ansprechen.

Nachdem vor wenigen Tagen bereits der Bundespräsident Joachim Gauck einen Besuch bei den Olympischen Winterspielen im Russischen Sotschi (vom 07. Bis 23. Februar 2014) abgesagt hatte, berichtet das Nachrichtenmagazin ‚Focus‘ aktuell davon, dass auch Bundeskanzlerin Angela Merkel von einem Besuch des Sporthighlights des Winters absieht.

Stattdessen soll im kommenden Februar ‚lediglich‘ der für den Sport zuständige Innenminister Thomas de Maiziere in die russische Schwarzmeerstadt reisen.

Die bisherigen Reaktionen auf diese Pläne sind bunt gemischt.

Während ein Teil der Beobachter darin ein konsequentes Signal gegen die Politik des Gastgeberlandes sehen will, gibt es aus dem Lager der Sportler durchaus sehr kritische Stimmen.

So hatte zuletzt u.a. Diskuswerfer Robert Harting ein klares Signal zur Unterstützung der Sportler von der Kanzlerin eigefordert. Ebenfalls enttäuscht gab sich Speerwerferin Christina Obergföll: „Ich finde den Verzicht des Bundespräsidenten auf die Sotschi-Reise sehr schade. Weil er keine politischen Gründe dafür angeführt hat, wirkt das auf mich so, als würde er unserem Sport unnötig Unterstützung versagen.“, wird sie zitiert.

Auch ich persönlich habe durchaus gemischte Gefühle bei dieser Entwicklung. Zum einen kann ich den Wunsch nach Aufmerksamkeit im Sportlerlager gut verstehen. Natürlich wertet es die Auftritte der Aktiven deutlich auf, wenn sich Staats- und Regierungschefs auf den Tribünen sprichwörtlich die Klinke in die Hand geben. Und gerade auch im anstehenden Wintersport, wo das übliche Ausmaß des Zuschauerinteresses und der Öffentlichkeit sonst doch vielfach eher recht bescheiden ausfällt, täte die offen gezeigte Wertschätzung der Politik einigen Aktiven vielleicht tatsächlich auch mal besonders gut. Deren Wunsch nach Aufmerksamkeit bei ihrem Karrierehighlight erscheint mir zumindest erst einmal völlig nachvollziehbar.

Andererseits ist ein professionell durchgestyltes ‚Event‘ wie die Olympische Spiele sicherlich auch ohne den Besuch von Bundespräsident und/oder Kanzlerin für sich betrachtet auch für die Sportler wohl schon attraktiv genug.

Die Blicke der weltweiten Öffentlichkeit werden sich im Februar, so oder so, weitestgehend auf die russische Provinz konzentrieren, wenn dort um Edelmetall gekämpft wird. Ob mit oder ohne ein Stelldichein der Staatsoberhäupter und Regierungschefs.

Und gerade in Anbetracht der durchaus kritikwürdigen Politik Russlands in letzter Zeit erscheint mir ein Fernbleiben, wenn es offiziell auch nicht politisch begründet wird, von Bundespräsident und Kanzlerin so durchaus als die bessere Wahl. Wladimir Putin wird das ganz sicher nicht gefallen, will er sich doch, wie man ihn kennt, sicherlich im Glanze der Spiele in einem positiven Licht darstellen. Ohne den entsprechenden politischen Rahmen, seine prominenten Besucher aus aller Welt, dürfte es ihm zumindest etwas schwerer fallen.

Insgesamt wichtiger wäre es wohl ohnehin, wenn die Aktiven vor Ort das ein oder andere sichtbare Zeichen des Protestes, u.a. auch gegen die zuletzt häufiger bereits diskutierte Schwulen- und Lesbenfeindlichkeit rund um die Olympiawettkampfstätten setzen würden.  

Und der großen Mehrheit der Sportfans quer über den Globus wird es vermutlich eh nur um eine gute ‚Show‘, um möglichst bunte und spektakuläre Spiele des Sports gehen.

Da passt das Fernbleiben von Gauck und Merkel, und damit der Wegfall zusätzlicher politische Werbung, dann ebenfalls ganz gut ins Bild.

Manch einer hierzulande erinnert sich vielleicht auch noch an einen Besuch von Kanzlerin Merkel nach einem Fußballspiel in der Umkleide des deutschen Teams vor wenigen Jahren, als die Politikerin nach einem Match werbewirksam einigen Aktiven vor laufenden Kameras in der Umkleide gratulierte. Solche eher peinlichen Aktionen braucht  ja auch kein Mensch…Auch und gerade nicht in Sotschi 2014!

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Bochumer
Bochumer
11 Jahre zuvor

Gauck und Merkel haben den Gedanken von Olympia nicht verstanden.

Es geht um SPORT und nicht um Politik, das sollte man den Leuten und Fans auch nicht vermiesen…

yohak
yohak
11 Jahre zuvor

Gauck und Merkel haben den Gedanken von Olympia nicht verstanden ?
Gerade wenn es nur um Sport und nicht um Politik geht, ist gar nicht einzusehen,
warum Gauck und Merkel überhaupt nach Sotschi sollten. Schliesslich sind die beiden ja keine Sportler, sondern haben politische Ämter inne.

TuxDerPinguin
TuxDerPinguin
11 Jahre zuvor

Hm. ich dachte, es geht um eine kommerzielle Unterhaltungssendung und nicht um Sport.
Wenns nur um Sport geht, kann man sich auch die Spiele der Mannschaften vor Ort angucken.

Die Sportler, die damit Geld verdienen wollen/müssen, finden es nachvollziehbarerweise schade, dass Politiker zu Hause bleiben. Möglichst viel Aufmerksamkeit ist ja wichtig für Werbe- und Sponsorenverträge. Und dagegen gibts nichts einzuwenden, haben ja alle unsere Brötchen zu verdienen. Und wenn man das durch etwas schafft, was einem Spaß macht, klasse…

Aber mal ehrlich. Was sollen Politiker denn bei den olympischen Spielen? Bei Wetten, dass… wird ihr Auftreten ja auch nicht erwartet. Mir ist das auch völlig egal, was Politiker in ihrer Freizeit machen.

Politisch gesehen, ist die Reaktion eher wirklungslos. Man müsste sich schon mit allen anderen Staatsoberhäuptern absprechen. Bleiben fast alle fern, das würde schon Eindruck hinterlassen. Ansonsten ist das nicht der diplomatisch beste Weg, um die Hetze auf Homosexuelle zu reduzieren und die russische Politik auf Einhaltung der Menschenrechte zu ermahnen. Konfrontation wird innenpolitisch gerne gesehen, außenpolitisch scheinen aber eher freundschaftliche Beziehungen mit stillen Mahnungn viel erfolgreicher… (z.B. von dem, was man mitbekommt, scheint es in Russland sehr verbreitet zu sein, homophobe Vorurteile zu haben. Dementsprechend würde dies eben nicht von Putin ausgehen, und der das Gesetz nur erlassnen haben, um Pluspunkte bei der Bevölkerung zu sammeln. Wenn das so wäre, bräuchte man eh Putins Hilfe, um jahrelange „Aufklärungs“-kampagnen zu fahren)

Gauck oder Merkel hätten bei mir Sympathiepunkte gewonnen, hätten sie gesagt „ich geh da nicht hin. Wenn ich Unterhaltung will, schau ich lieber Katzenvideos im Netz“.

Thorsten Stumm
11 Jahre zuvor

Das Verhalten von Gauck und Merkel ist armselig. Schwule und Lesben zu unterstützen und in Ihren Rechten zu stärken ist aller Ehren wert, aber hier wird symbolisch auf Putin eingeschlagen. Den Rechten von Schwulen und Lesben ist mehr damit gedient wenn sich beide öffentlich mit Ihnen gezeigt hätten.

Ausserdem: Es ist sehr billig den bösen Putin zu verteufeln. Merkel hat über den eklantesten Angriff auf unsere Bürgerrechte inkl. Ihrem Telefon bisher kein Wort verloren. Oder auch nur einen Finger gerührt für Snowden.

Herr Gauck bezeichnete Snowden als Verräter !

Wann setzte sich Merkel und Gauck eigentlich mal für unsere Rechte ein ?

Armselig, verlogen und heuchlerisch.

keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
11 Jahre zuvor

Es ist toll, dass nur der zuständige Minister zu den Spielen fährt.

Was soll der weitere Politiker-Tourismus?

Es reicht ja schon, wenn die gebührenfinanzierten Fernsehmacher regelmäßig mit vielen anderen Prominenten ein paar Wochen Urlaub machen. Dass teilweise mehr Journalisten als Sportler anwesend sind, ist auch nicht nachvollziehbar.

Was soll der Boykott-Gedanke? Wo fängt man an und wo hört man auf?

Die letzten und die nächsten Austragungsorte der Großereignisse haben alle ihre Probleme und erfordern bpsw. große Umgestaltungen. Auch haben die Moskau/L.A.-Boykotts gezeigt, dass der Sport hier nicht als Druckmittel eingesetzt werden soll. Was passiert denn heute bspw. mit den Anlagen in Südafrika?

Wenn die Vergabeverfahren von Großveranstaltungen erhebliche Eingriffe in die Lebenswelt der Ausrichter erzwingen, ist es sowieso fraglich, ob weit entwickelte Demokratien dies noch mitmachen (siehe München). Selbst bei der WM in D wurde ja einiges getan, damit die Sponsoren im richtigen Licht gerückt wurden. Ich erinnere hier an die Namen „WM-Stadion abc“.

Andererseits: Wenn der Bundespräsident schon nicht bei solchen Ereignissen repräsentiert, können wir ihn uns auch schenken. Nur für die Weihnachtsansprache ist er zu gut bezahlt.

Martin Kaysh
11 Jahre zuvor

Es wäre nachhaltig und schön, wenn Gauck nach Sotschi reiste und gleich dort bliebe. Da könnte er bis ans Ende seiner Tage predigen, den Totalitarismus verteufeln und recht haben. Er könnte ein gutes Vorbild sein für alle Sotschier und Sotschierinnen, dass man nicht vergisst, wenn die Olympiafackel abgebrannt ist. Was, ist erst mal egal und später beliebig austauschbar.

Eine win-win-win-Situation. Sotschi stolz wie bolle, Deutschland Demokratielehrmeister und ich muss nicht mehr so oft um- oder abschalten, weil Gauck nicht mehr so oft durch unser Fernsehprogramm geistert.

Stefan Laurin
Admin
11 Jahre zuvor
Reply to  Martin Kaysh

Ich finde eine Bundespräsidenten gut, der so ein Zeichen setzt.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
10 Jahre zuvor

#4 | Thorsten Stumm: Warum sollten sich Gauck und Merkel ausgerechnet gegen globale IT-Unternehmen und -Institutionen, die die einfachsten Sicherheitsregeln nicht beherrschen, für den Kinderschreck Snowden und für deutsche, privatsphärenaufgebende Dummuser einsetzen?

Es scheint uns hier immer noch viel zu gut zu gehen, wenn politische Zeichen gegen *echte* Menschenrechts-Vergehen im Ausland mit deutsch-persönlichen Animositäten aufgerechnet werden.

keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
10 Jahre zuvor

In meiner Jugend fanden wir es unvorstellbar, dass der Geheimdienst im Osten die Telefongespräche der Bürger/“Freunde“ belauscht, und 1984 war eine Horrorvision.

Die freie Kommunikation (Bewegungsprofile etc) ist aus meiner Sicht ein wichtiges Menschenrecht, das auch geschützt werden muss. Hier muss Deutschland noch viel tun, und jeder Bürger ist kein Internet-Security-Experte. Es sind ja keine Einzelfälle.

Wenn ich bspw. an die Abmahnungen im Internet-Bereich denke, sehe ich aber auch, dass die anonyme Kommunikation wohl in Deutschland eher eine schwache Gewichtung hat. Ist sie zu einem Menschenrecht n-ter Klasse geworden?

Dass die Politik mit dem Thema überfordert ist, hat sie gezeigt. Aber Fachkompetenz ist ja eher nebensächlich, was man auch immer wieder schön an der Verteilung der Ministerposten sieht.

Die Aufklärungsarbeit Snowdens ist wichtig. Die inneramerikanische Diskussion zeigt dies ja auch.

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