Wenn in einer Woche in Paris die Olympischen Spiele eröffnet werden, wird auch wieder an die antiken Olympischen Spiele in Griechenland erinnert. Das Sportereignis ist nur ein Beispiel für griechische Soft Power, die über Jahrtausende Bestand hat.
In einer Woche werden Tausende Athleten in Paris in das Olympiastadion einlaufen. Die Bilder dieses Ereignisses werden in die ganze Welt übertragen. Milliarden Menschen werden sie sehen. Und in den meisten der Berichte wird auch darauf hingewiesen werden, dass die Wurzeln der Spiele in Griechenland liegen, in Olympia auf dem Peloponnes, das damals eines der drei wichtigsten hellenischen Heiligtümer war. Bis heute wird dort die olympische Flamme entzündet.
776 vor Christus, also vor 2800 Jahren, fanden dort die ersten Olympischen Spiele statt: „Für die Dauer der Spiele sowie einige Zeit davor und danach wurde ein ›olympischer Frieden‹ verkündet,“ schreibt der britische Historiker Roderick Beaton in seinem Buch Die Griechen, „so dass die Wettkämpfer und Sponsoren unbehelligt reisen konnten. Alle Staaten, die Wettkämpfer entsandten, waren zur Einhaltung dieses Friedens verpflichtet.“ Eine Tradition, die sich nicht in die Neuzeit retten konnte. „122 Wettkämpfer und Zuschauer kamen auf dem Seeweg von den fernsten Punkten des Mittelmeerraumes und des Schwarzen Meeres sowie auf dem Landweg aus dem gebirgigen Hinterland, sogar aus einem so weit nördlich gelegenen Land wie Makedonien – einer damals in den Augen anderer Griechen exotischen Gegend. Ihre Zahlen waren anfangs vermutlich gering. Aber als das Stadion in Olympia im 5. Jahrhundert v. Chr. erweitert wurde, konnte es 40 000 Zuschauern Platz bieten.“ Über 1000 Jahre, bis Ende des 4. Jahrhunderts, wurden die Spiele begangen. 776 vor Christus war Griechenland die einzige Hochkultur Europas. Selbst Rom gab es noch nicht. Es wurde der Sage nach erst am 21. April 753 v. Chr. von Romulus gegründet.
Die Bewohner der Gegend, die Jahrtausende später einmal Deutschland heißen sollte, lebten schon damals den grünen Traum: Sie hausten in Wäldern und Sümpfen und wahrscheinlich kannten sie sogar schon so etwas wie Lagerfeuerscham. Mischa Meier fasst ihre tristen Lebensverhältnisse in seinem Buch Geschichte der Völkerwanderung knapp zusammen: “Die literarische Überlieferung der frühen Kaiserzeit enthält nur wenige Informationen über die sozialen Strukturen der Barbarengruppen jenseits von Rhein und Donau; diese aber verweisen recht einheitlich auf eher einfache, egalitär aufgebaute bäuerliche Gesellschaften, die sich zumeist am Rande des Existenzminimums bewegten (‹Mangelgesellschaften›) – ein Eindruck, der durch den archäologischen Befund bestätigt wird.” Als die Olympischen Spiele zum ersten Mal stattfanden, war die frühe römische Kaiserzeit noch fast acht Jahrhunderte entfernt.
Bis heute prägt die Antike das Bild Griechenlands in der Welt, das oft von Bewunderung für eine Kultur und Geschichte geprägt ist. Soft Power, die Macht, die aus Ideen, Bildern und Mythen besteht und nicht auf Gewalt, Macht und Geld beruht, wirkt über Jahrtausende. Die Olympischen Spiele sind dafür nur ein Beispiel: Die Griechen brachten Drama und Komödie hervor, die Philosophie, mit Odyssee und Ilias die ersten literarischen Werke Europas, die Idee des Individuums, die Mathematik und schufen die Grundlage der heutigen europäischen Schriften. Zahllose Reiche sind seit den ersten Olympischen Spielen ebenso untergegangen wie ganze Völker. Aber die Taten einer Hochkultur am südöstlichen Rand Europas haben bis heute Bestand. Und natürlich hat auch der Name „Europa“ griechische Wurzeln: Er war der Name einer phönizischen Prinzessin, die Zeus, der griechische Göttervater, nach Kreta entführte, die Insel, auf der er geboren wurde.