„Lasst 1000 Schiffe nach Gaza fahren“ war heute das Motto einer Demo in Gelsenkirchen. Interessierte das jemanden? Nö. Von Michael Kolb, Frederik Görges (Fotos) und Stefan Laurin
Der Aufruf klang nach Großdemonstration:
„Lasst 1000 Schiffe nach Gaza fahren. Unter diesem Motto findet am 26.Juni 2010 auf dem Neumarkt in Gelsenkirchen ab 12.00 Uhr eine Solidaritätsdemonstration für die Menschen in Gaza statt. (…) Düsseldorf war gut, Duisburg war supergut und Gelsenkirchen sollte da nicht allzuviel zurückstehen. Kommt alle am 26.Juni zum Neumarkt nach Gelsenkirchen.“
Alle, das können ziemlich wenige sein. Vielleicht 50 Leute folgten dem Aufruf und trafen sich bei strahlendem Sommerwetter in der Gelsenkirchener Innenstadt. Sie erlebten drei Redner aus dem Umfeld der stalinistischen MLPD und der Linkspartei, einen eifrigen Klampfisten, Sängerinnen und Rapper-.
Die Redner
Alle die das Podium betraten beschworen, dass sie nichts gegen Juden hätten, auch nicht gegen Israel sonder nur etwas gegen den Blockade Gazas. Im vorletzten Winter war das noch anders. Damals war auf einer Demo in Gelsenkirchen noch vom vergasen die Rede. So etwas kam heute nicht vor. Die Demoleitung hatte die Situation im Griff. Alle betonten sie die besondere Verantwortung, die Deutschland wegen seiner Nazi-Geschichte hat. Und weil die Nazis sechs Millionen Juden ermordet haben, stellt man sich jetzt gegen Unterdrückung. Und Unterdrückt werden die Palästinenser. Natürlich nicht durch die Hamas, sondern durch Israel. Und, klar, hoch die Internationale Solidarität, der Kapitalismus ist böse, der Imperialismus sowieso. Wie grausam der Kapitalismus gerade in Gelsenkirchen gewütet hat, erfuhr ich später auf der Demo: Eine von mir sehr geschätzte Würstchenbude, die früher eine sehr leckere Zwiebelwurst offerierte, war verschwunden.
Die Demo
50 Demonstranten stören auch in Gelsenkirchens Fußgängerzone niemanden. Angemeldet waren bei der Polizei erst 500, dann 250. Die Demo verlief sehr ordentlich. Demoleiter Karl-Heinz Strohmeier hatte alles im Griff: „Öner, geh Du voran…“ dirigierte er. Man wählte die Viererreihe. Ein Demonstrant hatte ein Hamas Stirntuch um den Kopf. Heisse Sache bei diesem Wetter. Immer wieder wurden die Gelsenkirchener über die Gaza-Flotte, Israels Attacke auf dieselbe und die Leiden der Palästinenser informiert. Niemanden hielt das vom Speiseeis-Verzehr ab.
Das Kulturprogramm
Das Kulturprogramm bestand aus drei Komponenten: Zwei singenden Maoistinnen, einem klampfenden Betriebsrat und der Duisburger Band die Bandbreite. Und ja, es ist wahr: Töne elektrisch verstärken zu können ist nicht immer ein Segen. Vor allem das Aserbaidschanische Friedenslied ging mir durch Mark und Bein. Der klampfende Betriebsrat hielt sich ordentlich. Ein Mann und eine Gitarre – da kann nicht viel schief gehen.
Der Höhepunkt war der Auftritt der „weltbekannten Duisburger Jungs“ (O-Ton Demoaufruf) der Band Bandbreite. Bei so viel Prominenz auf der Bühne verlor die Ansagerin prompt die Kontrolle und sagte die Band als „Breitband“ an. Auch ein schöner Name.
Marcel Wojnarowicz, Künstlername Wojna, von der Bandbreite ist so etwas wie der Erich von Däniken des deutschsprachigen Raps. Wo Däniken Ausserirdische sieht, sieht Wojna Verschwörungen: An Anschläge wie dem 11. September sind immer die westliche Staaten schuld. Alles False-Flag Aktionen. Und dann Gaza: Wie schlecht es den Menschen da geht. Auch zu dem Thema gibt es natürlich ein Bandbreite-Stück. Die Texte der Band haben die Qualität von vorgelesenen Flugblättern. Und klar, Wojna und die Bandbreite werden verfolgt. Man beschimpft sie als Antisemiten, weil sie sich für die Palästinenser einsetzen. Dagegen klagt die Band. Zumindest was die Justiz betrifft, scheint es ein Restvertrauen in den Staat zu geben.
Das Ende
Nach dem Auftritt der Bandbreite war Schluss. Was bleibt? Auf jeden Fall die Erkenntnis, dass die Bedienung im Cafe Pabst am Neumarkt ein wenig schneller sein könnte.
[…] Update […]
Es bleibt die Tatsache das auf dieser Seite von den Berichterstattern gelogen wird, das sich die Stühle im besagten Cafe Papst jetzt noch biegen. Über die Anzahl der Demonstranten zu rätseln ist müßig, aber wenn man schon die Polizei mit hineinzieht, dann sollte man die Wahrheit schreiben lieber Stefan Laurin. Auf dem Antwortschreiben der Gelsenkirchener Polizei an den Anmelder, steht nämlich folgender Satz: Der Veranstalter erwartet ca. 300 Teilnehmer/Innen. Die 5000 sind eine böswillige Erfindung oder bewusste Lüge auf dieser Seite. Aber wen wunderts, gab es doch sonst nichts zu berichten, außer das der der am Tisch genossene Kaffee etwas dünn war. Was machen wir also mit den 5000, die angeblich angemeldet waren und dann nicht kamen. Eine Verfügung gegen die Polizei wegen der Verbreitung von Unwahrheiten gegenüber Herrn Laurin? Na ja mal sehen was die Einsatzleitung morgen dazu sagt. Ansonsten lieber Stefan Laurin, bei Marabo haben Sie mir doch besser gefallen, da wurde vorher immer seriös recherchiert.
@Strohmeier: Die 5.000 waren vor allem ein Tippfehler, Nach Auskunft der Polizei ging der Veranstalter ursprünglich von 500 Teilnehmern aus und revidierte die Zahl später auf 250. Es kamen schließlich um die 50.
@Strohmeier:
Ich kann verstehen, daß Sie als Organisator über die niedrige Resonanz enttäuscht sind, aber wenn sie diesen Artikel von Laurin später noch mal lesen sollten, werden Sie merken, daß dieser Bericht insgesamt ein netter Stimmungsbericht war. Ich denke, daß es nicht darauf ankommt, ob es ein Tippfehler war, oder nur schlecht recherchiert.
Es waren einfach nur wenige Teilnehmer da.
Aber, was wollen Sie denn?
Laut Bericht haben Sie erklärt, daß sie nichts gegen Juden, nicht mal was gegen Israel haben.
Da bleiben natürlich schon etliche zu Hause, die sehr wohl was gegen Israel haben.
Dann hat man lt. den Berichterstattern auch keine Rufe gehört, die den Juden ans Leben wollen.
Da bleiben dann noch mehr Leute weg, die immer dann gerne wieder dabei sind, wenn solche Rufe geduldet werden. (Die Linkspartei hat sie leider oft genug geduldet.)
Und nicht zuletzt Sie selber. Haben Sie doch vor ein paar Wochen hier bei den Ruhrbaronen einen Diskussionsbeitrag eingestellt, der vermuten ließ, daß sie für die, von der Hamas verabscheute 2-Staatenlösung sind. Da bleiben auch manche Palästinenser weg, die sonst noch in Frage kämen.
Aber, Sie sind dabei, hier im Pott, für die Linkspartei Neuland zu betreten.
Das aber könnte, auf lange Sicht natürlich, von solchen Personen, die bisher angewidert waren, vom Antisemitismus vieler Linken, als überfällige Korrektur, positiv notiert werden.
Über schlechten Musikgeschmack will ich jetzt erst mal nichts schreiben. Über die Teilnahme der MLPD auch nichts. Sonst schien die Aktion doch einigermaßen gelungen zu sein. Sonst hätte der Laurin doch bestimmt was zu kritisieren gehabt.