Online lernen: Das Karatezentrum Oer-Erkenschwick trotzt der Corona-Krise

Karate online! Sina Soberg (Links im Bild) und Jörg Uretschläger (Rechts im Bild) gehen mit ihrem Dojo in Oer-Erkenschwick neue Wege; Foto: Privat
Karate online! Sina Soberg (Links im Bild) und Jörg Uretschläger (Rechts im Bild) gehen mit ihrem Dojo in Oer-Erkenschwick neue Wege; Foto: Privat

Vor wenigen Tagen haben die Ruhrbarone mit Toni Dietl, Leiter des Kampfkunstkollegiums, gesprochen: Über die neuen Wege, die Kampfsportschulen während der Corona-Krise beschreiten. Ein komplettes Sportbusiness geht online!

Eine Karateschule im Ruhrgebiet hat ebenfalls zeitnah auf die Maßnahmen der Landesregierung reagiert: Und ihren Unterricht vom Dojo (Übungsraum für Kampfkünste) ins Wohnzimmer der Kunden verlagert. Erfolgreich! Das Konzept kommt an.

350 Karatekas üben sich, jetzt online, in Oer-Erkenschwick in der populären Kampfkunst aus Japan.

Jörg Uretschläger, Karatelehrer im Karatezentrum Oer-Erkenschwick, stand den Ruhrbaronen dazu gestern Rede und Antwort:

Wie läuft Karateunterricht in Zeiten vom Corona-Shutdown?

Was die Ruhrbarone auch interessiert: Das Karatezentrum kooperiert mit dem örtlichen Tierschutzverein. Wie ist die aktuelle Situation im Tierheim Oer-Erkenschwick?

Vorab: Die Lage im Tierheim Oer-Erkenschwick ist aktuell, das ist bundesweit in allen Tierheimen so, mehr als nur angespannt.

„Ich komme mit dem Videoschnitt gar nicht mehr hinterher.“

Ruhrbarone: Die Barone haben in dieser Woche mit Toni Dietl telefoniert, Leiter des Kampfkunstkollegiums, dem Du auch angehörst. Toni ist jetzt mit der Kampfkunst online: Du, laut Facebook, seit einigen Tagen auch. Wie läuft es?

Jörg Uretschläger: Wir können das über die Website-Analyse verfolgen, welche Seite wie häufig in welchen Zeitraum angeklickt worden  ist und über den persönlichen Support. Wir bitten alle Mitglieder uns Fotos und Videos vom Karatetraining Zuhause zu schicken. Da kommt einiges an Material rein. Und auf die Seiten wird zugegriffen.

Ruhrbarone: Nehmen die Schüler dieses Format an?

Jörg Uretschläger: Ich komme mit dem Videoschnitt gar nicht mehr hinterher, weil so viele Fotos und Videos bei uns reinkommen. Aber: Es rufen immer noch Leute bei uns an und fragen ob wir geöffnet haben. Dann sagen wir:

Mehr als eine Rundmail rausschicken, das über die Facebook-Elterngruppe und über WhatsApp mitzuteilen, über Instagram zu veröffentlichen und wir haben es an der Schule nochmal rangetackert: Mehr kann ich nicht. Es steht ja auch auf der Homepage.

Individuell zugeschnittene Bootcamp-Videos.

Ruhrbarone: Wenn ich Fragen zu eine Kata oder Übung habe: Was mache ich dann?

Jörg Uretschläger: Ja! Wir bieten persönlichen Support an. Dann machen wir eine Beratungsstunde. Oder vereinbaren ein Gespräch. Das kann telefonisch sein oder über Skype. Zoom z.B. ist ein Konferenzportal, das auch prima funktioniert und von uns genutzt wird.

Sehr gut ist auch WhatsApp, gestern musste ich für jemanden Videos aufnehmen wie ich sein Kind, Du kennst sicher diesen Gunnery Sergeant aus Full Metal Jacket, anschreie und motiviere.

Sein Vater hatte mich darum gebeten, dem Julian nochmal mehrere Videos zu schicken, wo ich Motivationsspüche gebe und mit dem Finger zeige: „Julian gib Gas!“, „Und einer geht noch!“, „Du weißt ja für wen Du es tust!“, „Nur Gewinner stehen auf.“

Ich musste mehrere Boot-Camp-Videos für ihn machen. Fand ich megageil. Wir machen, auf gut Deutsch, alles.

Ruhrbarone: Wie geht es weiter nach dem 19. April?

Jörg Uretschläger: Das wissen wir noch nicht. Wir warten ab was die Experten sagen. Und wir warten die Resonanz der Erwachsenen und Eltern ab.

Wir müssen aber dazu sagen: Es ist ein erheblicher zeitlicher Aufwand.  Videos drehen. Schneiden. Ins Netz stellen. Das ist nicht mal eben so gemacht. Das ist ein Fulltimejob zur Zeit.

Ich habe jetzt, das ist wirklich Tatsache, mehr zu tun, als wenn die Schule im normalen Betrieb wäre. Weil diese Telefonmeetings, die Gespräche, die Emails beantworten, die Konferenzschaltungen, die Videos schneiden, die Videos drehen: Das nimmt wesentlich mehr Zeit in Anspruch als das normale Geschehen, wenn die Schule offen ist.

Ruhrbarone: Wie schnell fiel, nach der Bekanntgabe des Shutdowns, die Entscheidung, den Unterricht online umzusetzen?

Jörg Uretschläger: Innerhalb von drei Stunden haben wir reagiert. Wir haben uns sofort für E-Learning, ein Karate-Online-Portal, abgekürzt KOP, entschieden. Um halt die Beziehung zu unseren Schülern aufrecht zu erhalten. Damit sie auch Zuhause lernen können. Denn wir wussten, das wird gut ankommen. Weil ich das selber auch richtig gut finden würde als Schüler. Das wird auch mehr als dankend angenommen.

Der Schlüsselanhänger des ersten Karatevereins in Deutschland: In den Räumen war später die Sparkasse untergebracht, die 1988 beim Gladbbecker Geiseldrama überfallen wurde...
Der Schlüsselanhänger des ersten Karatevereins in Deutschland: In den Räumen war später die Sparkasse untergebracht, die 1988 beim Gladbbecker Geiseldrama überfallen wurde; Foto: Peter Ansmann

Ruhrbarone: Was gibt es im Online-Bereich aktuell zu sehen?

Jörg Uretschläger: Neben den Lehrvideos, können die Eltern und Mitglieder unsere Dojozeitschrift als PDF runterladen. Außerdem haben sie Zugang zum Prüfungssystem, zu einer Rätselecke und Spielspaß.

Aktuell haben wir einen ToDo-Channel pro Tag, mit Anweisungen wie: Mache 30 mal einen Hampelmann und nenne jedesmal eine andere Farbe.

Karate trotz Shutdown! Grafik: Karatezentrum Der-Erkenschwick

Ruhrbarone: Alles, was ein Karateka in Ausbildung benötigt also.

Jörg Uretschläger: Es sind auch zusätzliche Informationen dabei: Wichtige Telefonnummern, wenn einem Zuhause der Himmel auf den Kopf fällt. Informationen zur jetzigen Situation.

Es gibt wesentlich mehr als nur den Trainingsplan und Videos dazu. Und wesentlich mehr als nur Fitness und Selbstverteidigung. Sondern: Es gibt alles, was zum Leben dazugehört. Wir machen eine ganze Menge möglich, mehr geht nicht.

Was wir bewußt nicht machen ist Online-Training. Das machen wir nicht.

Ruhrbarone: Im Moment nicht?

Jörg Uretschläger: Dieses terminierte Training, machen wir nicht. Weil wir, das ist unsere Philosophie, weil wir nicht möchten, daß die Leute zu einem gewissen Zeitpunkt trainieren und wenn sie nicht können: Pech gehabt.

Wir stellen die Videos bereit. Das hat den Vorteil, daß die Leute es sich immer wieder anschauen können, wann sie wollen. Das alles geht im Live-Betrieb nicht. Deswegen haben wir darauf verzichtet, um die Qualität zu gewährleisten.

„Wir malen z.B. Viren mit Kugelschreibern auf unsere Handflächen, die Kids müssen das auch machen, und am Ende des Tages muss das Virus weg sein.“

Ruhrbarone: Habt Ihr die aktuelle Krise thematisiert und geht Ihr online darauf ein?

Jörg Uretschläger: Wir streuen nur wenige Informationen zu Corona. Weil die Erwachsenen sich selber unter Druck setzen, weil sie überall nur noch Corona, Corona, Corona hören. Wir wollen einen Freiraum geben. Jeder weiß um die Lage zur Zeit. Wir wollten in unserem Online-Portal keine weitere Angst schüren. Das einzige was wir mit auf den Weg geben: Nicht alle Nachrichten zu Corona konsumieren. Dem Kopf selber Auszeiten geben, wie in der Schule auch. Das einzige was wir rausgeben, sind Corona-Kontaktnummern. Also, an wen man sich wenden kann.

Ruhrbarone: Und im Unterricht mit den Kindern und Jugendlichen?

Jörg Uretschläger: Ja. Bei den Kindern bieten wir als Unterrichtsprogramm Samurai Kids an. Sicherheit ist da ja ein fester Bestandteil. Wir besprechen da, wie sich Viren halten. Wir malen z.B. Viren mit Kugelschreibern auf unsere Handflächen, die Kids müssen das auch machen, und am Ende des Tages muss das Virus weg sein.

Um zu verdeutlichen: Einmal Händewaschen reicht nicht. Am Ende des Tages sollte halt keine Kugelschreibertinte mehr sichtbar sein. Nebeneffekt: Alles, was man 21 Tage am Stück übt, wird zur Gewohnheit. Und so lernen die Kinder auch, sich regelmäßig die Hände zu waschen.

Patenschaft für Katzen: Die Karatekas waren, bis zum Shutdown, regelmäßig im Tierheim: Zum Katzenstreicheln. Hier im Bild: Sina Soberg, "die gute Seele" im Karatezentrum Oer-Erkenschwick; Foto: Jörg Uretschläger
Patenschaft für Katzen: Die Karatekas waren, bis zum Shutdown, regelmäßig im Tierheim: Zum Katzenstreicheln. Hier im Bild: Sina Soberg, „die gute Seele“ im Karatezentrum Oer-Erkenschwick; Foto: Jörg Uretschläger

Ruhrbarone: Ihr kooperiert ja mit dem Tierschutzverein in Oer-Erkenschwick. Im letzten Jahr gab es im Blog der Ruhrbarone dazu auch einen Artikel. Man liest aktuell leider viel über ausgesetzte und abgegebene Tiere. Hast Du dazu Informationen?

Jörg Uretschläger: Wir arbeiten ganz viel mit Eichhörnchen in Not zusammen. Da sind wir auch Mitglied und spenden.

Ruhrbarone: Das heißt jetzt wirklich so?

Jörg Uretschläger: Ja. Eichhörnchen in Not.

Ruhrbarone: Da geht es dann, vermutlich, um Eichhörnchen in Not?

Jörg Uretschläger: Ja. Da geht es nur um Eichhörnchen in Not. Und der Tierschutzverein Oer-Erkenschwick, da hast Du ja auch Deine Katzen her, die quellen über. Weil sehr viele Katzen und auch Hunde abgegeben werden. Die Halter denken, so ist der Irrglaube, daß der Virus durch Hunde und Katzen übertragen wird.

Das heißt: Die Kapazitäten dort sind, sehr diplomatisch formuliert, mehr als nur ausgeschöpft.

Das ist keine Moderscheinung in Oer-Erkenschwick, sondern in ganz Deutschland so. Da zeigt, das solltet Ihr jetzt vielleicht nicht so schreiben, der Mensch sein wahres Gesicht.

Das ist eine Sauerei. Der Hund ist Zuhause, genauso wie das Herrchen auch. Mir fehlten die Worte als ich das gehört habe. Aber das wird uns von allen Seiten bestätigt.

Ruhrbarone: Wir werden das Thema angehen, Jörg. Vielen Dank für das Gespräch und bleibt gesund!

Jörg Uretschläger: Ich danke und in Sachen Tierheim sollten wir nochmal skypen oder telefonieren. Dir und den anderen Ruhrbaronen: Gesund bleiben und macht weiter wie bisher!

Website des Tierschutzvereins Oer-Erkenschwick

Floh, geboren 2008/2009; Aktuell ist die Lage im Tierheim Oer-Erkenschwick angespannt; Foto: Peter Ansmann
Floh, geboren 2008/2009; Aktuell ist die Lage im Tierheim Oer-Erkenschwick angespannt; Foto: Peter Ansmann

Information (Rheinische Post) zum Thema Coronaüberatragung durch Katzen und Hunde:

Können Menschen sich bei Hunden oder Katzen anstecken?

Darauf gibt es keine Hinweise. Auch spielen Hunde und Katzen nach aktueller Lage keine Rolle bei der Verbreitung des Virus. Daher müssen Gesunde den Kontakt zu ihnen aus Sicht des FLI nicht einschränken. Das Institut weist aber darauf hin, dass es immer ratsam ist, beim Kontakt mit Tieren grundlegende Prinzipien der Hygiene zu beachten und die Hände gründlich mit Seife zu waschen.

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