Weil es im schläfrigen Berlin …

Aber was kann ein armer Junge machen, außer Fahrrad zu fahren, weil es im schläfrigen Berlin einfach keinen Platz für Straßenkämpfer gibt. Von unserem Gastautor P. Loton.

„Was ist hier los?“

…denke ich zum ersten Mal, als ich der Frau mit dem Fahrrad in die Rosa Luxemburg Straße folge: Ist das noch dieselbe Straße, die ich einmal kannte? Jetzt gibt es dort einen Design-Fashion-Kunst-Laden neben dem anderen:

„Alles, was Sie nicht brauchen – hier!“

Dann lande ich in der Alten Schönhauser – dasselbe Bild – halt!

Jede zweite Schaufensterscheibe ist kaputt –

Was ist hier los? Später schaue ich im internet nach, und finde die BZ:

„Hört die Liebig-14-Randale denn nie auf?

Es waren kleine Läden hart arbeitender Berliner, Lebensträume und Lebenswerke, die in der Nacht zu Sonnabend das Ziel von vermummten Chaoten wurden.

Während in Friedrichshain etwa 150 Menschen friedlich gegen die Räumung der Liebigstraße 14 demonstrierten, zog ein randalierender Mob Steine werfend durch die Alte Schönhauser Straße (Mitte).

(….) Tanja T. (25), Angestellte beim Klamottenladen »Zartbitter«, zeigte sich schockiert über den Vandalismus:

»Es ist einfach nur ungerecht, dass diese Randalierer sich an Unbeteiligten vergreifen. Meine Kunden sind ganz normale Leute.«

(…) Marcella K. (30), Inhaberin des Schuhgeschäftes »Crazy Walk« hat deshalb große Wut auf die Randalierer:

»Wir sind Mittelständler und keine Kapitalisten. Was die hier angerichtet haben, ist einfach nur irre.«

Und Darryl P. (51), Inhaber von »Pro Danse«, einem Geschäft für Tanzartikel, sagt:

»Ich verkaufe hier keinen Luxus. Wir alle hier müssen hart arbeiten, um über die Runden zu kommen.«“

Längst sind die Schäden behoben, die heile BZ-Welt wieder ganz, und der Ausverkauf Berlins geht weiter. Aus dem, Zitat SPIEGEL, Kiez der armen Schlucker ist ein „Szeneviertel“ geworden und das ist nur noch Geschichte:

„Einst sammelte sich hier das Lumpenproletariat der Stadt. Kaschemmen und Kramläden, Nutten und Luden, Trödler und Ganoven bestimmten das Bild. In den Straßen, durch die er später seinen strafentlassenen Transportarbeiter Franz Biberkopf tigern ließ, beobachtete Alfred Döblin ein dauerndes »Hinundherlungern«.“

Berliner Appell: „Lasst Ai Weiwei frei!“

Der chinesische Künstler Ai Weiwei wurde am 2. April in Peking verhaftet und ist seitdem verschwunden. Die Unterzeichner des Berliner Appells fordern seine Freilassung.

Am 29. April soll der chinesische Künstler Ai Weiwei eigentlich nach Berlin kommen und eine Ausstellung besuchen. Eigentlich – denn das chinesische Regime hat den Künstler festgenommen. Grund: „Wirtschaftsvergehen“. Der Berliner Appell fordert die Freilassung von Ai Weiwei:

Am 3. April 2011 wurde Ai Weiwei auf dem Pekinger Flughafen verhaftet. Seitdem wird er an unbekanntem Ort festgehalten, ohne Kontakt zu seiner Familie oder Anwälten. Dieses Vorgehen verstößt nicht nur gegen elementare Menschenrechte sondern auch gegen chinesisches Recht. Ais Familie, Freunde und Mitarbeiter werden durch Hausdurchsuchungen, Festnahmen, die Verhängung von Hausarrest und ähnliche polizeiliche Maßnahmen schikaniert. Die Behörden verweigern jede Auskunft über den Verbleib Ai Weiweis und dreier seiner Mitarbeiter. Sie verbreiten Gerüchte über angebliche Wirtschaftsvergehen. In den chinesischen Medien wird er in einer Sprache, die an die Kulturrevolution erinnert, diskriminiert und diffamiert. Es wird versucht, ihn außerhalb der Gesellschaft zu stellen.

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Der Ruhrpilot

Computer: Mac-Users are more liberal and like to party all Night long…Nerdcore

Debatte: Der grünen Bewegung fehlt es an Ästhetik…Welt

Ruhrgebiet: WP-Blogger-Treffen an Rhein und Ruhr…Pottblog

Bochum: Pinselstrich für die Menschenrechte…Ruhr Nachrichten

Bochum II: Kurzarbeit bei Eickhoff-Tochter wegen Flaute bei Windkraftanlagen…Der Westen

Essen: Beim Schauspiel steigt der Klassiker-Anteil…Der Westen

Dortmund: Veganer Supermarkt…Welt

Umland: Noch mehr Hasenfest-Hampelei…Bundesstadt Blog

Umland II: Datenschutzfreaks…Netzpolitik

Ostern: Ein Akt der Barmherzgkeit…Kochplattenteller

Internet: Brauchen wir sowas wie “Facebook Discussions”?…2.0

Blogs: Wir sind wieder auf Empfang und Sendung…Zoom

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Frohe Ostern! – Gedankensplitter zum Fest

Bild: Wikipedia (LeCornichon)

Ostern. Tja, was soll man dazu sagen?
Kindern wird erzählt, der Osterhase käme und verstecke bunte Ostereier. Das ist freilich absoluter Blödsinn. Erwachsene erzählen sich, vor gut 2000 Jahren sei ein grausam zu Tode gefolterter Sektenführer zwei, drei Tage nach seinem Ableben vom Tode auferstanden, habe danach noch das ein oder andere erledigt, um schließlich in den Himmel aufzufahren – zu Gott, der im übrigen sein Vater gewesen sein soll. Diese Story ist offenkundig dermaßen abstrus, dass einem die Geschichte von dem eierlegenden Hasen plausibler vorkommen muss.
Eine heidnische Fruchtbarkeitsstory. Der Hase, wahrscheinlich ein Karnickel – bestens bekannt für seine Rammelei samt arterhaltender Vermehrungsfreude. Das Ei, zugegebenermaßen bei Vögeln deutlich verbreiteter als bei Säugetieren, aber immerhin ein allgemeines Symbol für werdendes Leben. Heidnisch bedeutet hier wie überall: eine Gepflogenheit aus vorchristlicher Zeit. Komisch nur, dass der Osterhase erst zum Ende des 17. Jahrhunderts, also zu einer Zeit, wie sie christlicher kaum hätte sein können, erstmals gesichtet wurde – in der Literatur. Und dass der lustige Bunny in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, also neulich, erst geschafft hatte, sich weltweit bekannt zu machen.

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letzte Woche / diese Woche (kw17)

Liebe iPhone-Mitläufer,

es war Demo-Woche. Gegen Energieriesen, gegen die Rüstungsindustrie. Für ein Recht auf Zukunft vielleicht, womöglich für ein Leben ohne Konsumterror. Bei solchen Veranstaltungen sind dann viele Fahnen zu sehen, meist von deutschen Parteiorganisationen, aber auch ein Tangoverein zum Beispiel hätte sicherlich mitmachen können – hat er aber nicht, wie die meisten. Im Internet wiederum bekennen sich hin und wieder mal Leute zu diesem und jenem, aber das meist anonym. Auf der Straße hingegen: Nahezu Fehlanzeige. Sind letztlich doch alle Geiseln des Systems und wird der Widerspruch nur demonstriert, aber nicht gelebt? Hätten die Menschen mehr Zeit, wäre es dann anders? Müsste es Freibier geben? Mehr zum Anclicken?

Die Rebellenpose ist schon seit langem nur noch okay, wenn sie ausschließlich als sexy gemeint ist und am besten auch noch zu Macht führt. Deshalb sind seit langem bestehende, offenkundig falsche Verhältnisse so unangenehm und werden symbolisch bestraft, aber eben nicht abgewählt oder so etwas. Denn coole Rebellen scheitern ungern, also gibt es das Problem nicht – oder sie werden so ins beständige Scheitern gepresst, dass sie echt schlecht aussehen, auf Demos zum Beispiel, denn diese Art Menschen ist wenigstens noch dabei. Wer Gewinnertyp sein möchte und das vor allem bleiben will, stänkert nur, setzt aber real immer auf die sicheren Pferde – oder macht aus allem so etwas wie Funpunk und Demosport. Gewinnertypen können natürlich auch coole Konsumismus-Modernisierer sein, die von links nach rechts gehend zuerst Orte, Staaten oder Menschen(gruppen) destabilisieren, damit dann bestimmte Abhängigkeiten von bestimmten „Stabilisatoren“ entstehen, die im Grunde natürlich das klassische Opium fürs Volk sind. Aber das bringt dann Wachstum und deshalb muss es von diesen Waren halt immer neue geben. Wie sagte gestern eine Nachbarin von mir: „Du kennst mich doch! Anders interessiert mich nicht. Neu muss es sein!“

Dabei gibt es klare Forderungen: „Bundeswehr raus aus den Schulen!“ zum Beispiel. Liebe Kinder, für Erwachsene sieht das in Essen so aus: Ihr geht von der Uni aus in Richtung Einkaufsstadt. Da seht Ihr dann rechts den Weg, der zu ThyssenKrupp führt und direkt daneben die Rotlichtstraße. Wenn Ihr dann dazwischen neben dem Parkhaus durch die Büsche springt, kommt Ihr zu einer Straße, an der das Rekrutierungsbüro der Bundeswehr liegt, genau auf der Rückseite der Agentur für Arbeit. Dann doch lieber von der Uni direkt in die Einkaufsstadt und zu all den Firmen, wo Ihr gesittet arbeiten könnt, oder? Wer gar nicht erst zur Universität gehen wird und diese Stadtarchitektur nicht zu sehen bekommt, wird natürlich schon in der Schule mit der Möglichkeit vertraut gemacht, ja auch an die Front gehen zu können. Das ermöglicht dann doch den Weg ins Rotlichtviertel, aber als Kunde, und ebenso auch den zu all den tollen Waren in den glitzernden Kaufhäusern. Nicht für den Konsum arbeiten geht nicht, entweder macht Ihr das hier oder halt mit der Waffe in der Hand in anderen Ländern. Damit die auch so werden. Das, liebe Kinder, will Euch diese Stadt erzählen.

„Kein Land darf Testgebiet für Waffen sein!“ Und natürlich auch kein Testgebiet für Drogen aller Art, inklusive technischer Neuerungen. Bitte die Reihenfolge beachten: Erst kam Facebook, dann die Drohnen. Später Konsumgüter. Anfixen, warten lassen, Überlegenheit demonstrieren, warten lassen. Substitute und Lifestyle rankarren. Warten lassen. Nächste Generation im Anmarsch? Härteren Stoff rankarren. Permanent nur warten lassen. Oder wie ein Bekannter sagte, dem ich eine Mischung aus Junkie- und Co-Abhängigen-Logik vorwarf: „Ey, wir leben nunmal in einer Drogengesellschaft!“ Klang exportfähig. Ich jedenfalls kann in viele Läden in Essen derzeit nicht gehen, weil ich mich nicht einem oder zwei gewissen Drogengebahren anpassen mag. Mangelnde Ignoranzkompetenz bestimmt.

„Möglichst schneller Atomausstieg und Ächtung von Nuklearwaffen!“ Dass seit einiger Zeit manche Menschen ihre Zeitgenossen als Freiwild betrachten, mit denen alles gemacht werden darf, weil diese ja – zumindest ab einem gewissen Alter – aber auch alles immer ganz freiwillig tun, daran scheint sich die jüngste Generation schon fast gewöhnt zu haben. Aber der Spielplatz kennt anscheinend keine Grenzen. Denn auch die Zukunft wird von manchen einfach immer weiter eingeschränkt, Prozesse angestoßen, die dann später mal jemand anders klären soll oder auch nicht. Mehr Laissez-faire-Darwinismus geht kaum, außer bei der Gentechnologie und PID vielleicht noch. Im „Kleinen“ werden ebenso kaltschnäuzig Diktatoren installiert, die spätere Politgenerationen dann beseitigen müssen. Als würden die Väter sagen: „Jungens, ich hab Euch da mal ein bisschen was ins Nest gelegt. Ihr werdet sehen, Ihr müsst Euch auch die Finger schmutzig machen.“ In Atommüll gedacht: „Ach, schießen wir Erdlinge das irgendwann halt auf den Mars, ich seh da seit Jahren nicht, dass da jemand ist.“

Man könnte sich also ganz schön schämen als Erdling. Ach was, besser davon ausgehen, dass der Mensch schon immer so war und überall so ist. Und wer nicht so ist, ist halt krank oder so, ne? Auf gar keinen Fall darf jemand anders sein! Und wenn doch: Sofort infiltrieren, kolonialisieren, gar nicht einmal töten, besser: herabwürdigen. Niemand lache unserer Unkultur ins Gesicht! Alle müssen so sein wie wir, oder Diener, Zulieferer, Neger halt. Dirnen vielleicht noch. Aber es gibt keine andere Würde, erst recht keine höhere als die unsere! Wer das behauptet, widerspricht der Geschichte, der Evolution, der zu uns führenden Vergangenheit und der sich immer wieder selbst bestätigenden Gegenwart. Und die Zukunft belasten wir auch mit unserem Müll, auf dass diese unsere Lebensart federführend bleibt in Ewigkeit. So sieht’s aus, Neger! Jetzt vielleicht das Goldkettchen, den heißen Schlitten, das Crack und die angespitzte Schickse da vorne? Und alle so: Jau, da mag ich mich dann gleich viel besser leiden! And the colored girls go: “Frohes Fest!”

Logo: Friedensbündnis-ka.de
Fotos (feat. ua. die 13th Floor Elevators): Jens Kobler

Was das Ruhrgebiet von Woody Allen lernen könnte

Die Kultur des Trotzdem.

Als ich in der Kultstadt Wanne-Eickel, mitten im tiefsten Ruhrgebiet, in den 60gern das einzige Gymnasium für mehr als 100.000 Menschen besuchte, wurde mir im Geografieunterricht mein Heimatort als „Stadt der 1000 Züge“ präsentiert. Ich war tief beeindruckt, denn es sollten 1000 pro Tag gewesen sein. Mindestens ein ganzer Zug alle 1,5 Minuten und das 24 Stunden lang.

Dass es nicht weniger als der Anzahl von sage und schreibe 3000 Menschen bedurfte nur um den  Bahnhof meiner Stadt in Gang zu halten, war da nicht verwunderlich. Das Problem war nur, dass das keinen interessierte, der nicht in unserer Stadt lebte. Den Grund begriff ich, als ich auf Nachfragen erfuhr, dass sich der allergrößte Teil dieser Züge aus Güterwagen zusammensetzte die mit nichts als Kohle gefüllt waren.

Später hörte ich, dass den Schülern der Nachbargemeinde Gelsenkirchen ihre Heimat als die „Stadt der 1000 Feuer“ vorgestellt wurde, die im harten chemischen Kern aber nichts anderes als ihre 10 Mal Hundertfache Vergiftung bedeuteten. Mein Vater kommentierte solche Zahlen mit dem damals wie heute typischen Ruhrgebietshumor: Wer es hier schafft zu überleben, der schafft es überall. Welch herrlich böse Anspielung auf die Stadt, die schon zu seiner Jugendzeit  weltweit und unbestritten als das galt, was seine und meine Heimat heute endlich auch sein möchte: eine Metropole.

Seine Worte wurde in den frühen Achtzigern auch wissenschaftlich verifiziert, als der erste deutsche Krebsatlas veröffentlich wurde. Die diesbezügliche Sterblichkeitsrate war zu dieser Zeit im Ruhrgebiet über das Doppelte so hoch als der Spitzenwert in allen anderen Gegenden Deutschlands und viel größer als in allen anderen ähnlich großen Ballungsräumen Europas. Zu der Zeit als mein Vater  seinen ersten Metropolenvergleich wagte,  war die relative Sterblichkeit  sicher noch viel bedrohlicher. Was blieb den Menschen im Ruhrgebiet da Anderes übrig als diese Kultur des Trotzdem, die Kultur der großen Zahl, das Ausspielen der Quantität gegenüber der Qualität.

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Der Ruhrpilot

Dortmund: BVB-Meisterfeier wird vertagt…Ruhr Nachrichten

NRW: Land gegen PKW-Maut…RP Online

Ostermarsch: Frieden in Flaschen…Achse des Guten

Wunderforschung: Die Produktion von Heiligen läuft auf Hochtouren…FAZ

Bochum: Propst will Kirche zum Altenheim umbauen…Der Westen

Dortmund II: DEW startet Angriff in fremden Revieren…Der Westen

Essen: Gabi Dauenhauer geht ohne Scheu bis ins Extrem…Der Westen

Duisburg: Werke von Tony Cragg als Geschenk für Lehmbruck-Museum…Der Westen

Essay: Die nackte Existenz der Reichen…FAZ