JMStV: Rot-Grünes Schaulaufen in NRW beendet

Wenn es darauf ankommt, kann man sich auf eines verlassen: SPD und Grünen sind die Bürgerrechte egal. Beide Fraktionen im NRW-Landtag haben heute beschlossen, dem Jugendmedienschutz- staatsvertrag (JMStV) zuzustimmen  meldet gerade der Pottblog.

Das ärgert mich. Nicht nur, weil der JMStV ein übles Machwerk ist: Es markiert den Ausstieg aus dem offenen Web, in dem jeder ohne große Mühe veröffentlichen kann Es bevorzugt die großen Verlage auf Kosten der kleinen Anbieter. Es ist der Einstieg in eine Zensur- und Sperrpolitik, die wir spätestens in der nächsten Fassung erleben werden.

Aber es gibt auch noch andere Gründe. Dieses erbärmliche Schaulaufen der vergangenen Wochen, die peinliche Diskurssimulation, dies so tun, als ob noch was ginge. Klar, SPD und Grüne versuchen so zu tun, als ob sie die lockeren Netzparteien wären. Man lädt Blogger zur Diskussion in die Parteizentrale ein, hat mehr oder weniger lässige Netzpolitiker, betont die eigene Netzaffinität. Aber wenn es darauf ankommt, wenn es gilt aus dem Gelaber Politik zu machen,  versagen beide Parteien. In der Opposition, wo Poltik und Öffentlichkeitsarbeit traditionell kaum zu unterscheiden sind, geben sich beide Parteien liberal.

An der Macht ist davon dann nichts mehr zu spüren: Die SPD 2009 zur Zeit der großen Koalition den Netzsperren zugestimmt. SPD und Grüne werden nun in NRW gemeinsam mit mindestens der CDU dem JMStV zustimmen.

In den nächsten Monaten wird sich für viele von uns langsam einiges ändern. Unsere Besucherzahlen werden sinken, wenn wir uns dem Diktat der Altersfreigaben nicht unterwerfen wollen. Und diejenigen die es nicht tun  (Und dieses Blog wird es nicht tun!), werden schnell zu Opfern von Abmahnanwälten und anderen Abzockern. Danke Rot-Grün.

Duisburg-Homberg: Polizei lässt Serientäter aus den Augen

Heute Nachmittag wurde gemeldet, dass ein letzte Woche aus der Sicherungsverwahrung entlassener Straftäter in Duisburg ein Mädchen überfallen haben soll. Die 10-Jährige habe weglaufen können und sei unverletzt geblieben. Heute werde der Mann dem Haftrichter vorgeführt. Der Mann musste trotz negativer Prognose freigelassen werden, weil bekanntlich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Dezember 2009 die deutsche Praxis, nachträglich Sicherungsverwahrung zu verhängen, für menschenrechtswidrig erklärt hatte.

Seitdem öffentlich bekannt wurde, dass dieser hochgefährliche Serientäter beabsichtigt, sich im linksrheinischen Duisburg-Homberg niederzulassen, hat das Thema die Lokalpresse beschäftigt, jedoch nicht für allzu große Aufregung gesorgt.

Spektakulär wurde ein Fall aus Heinsberg, wo ein 58-Jähriger, der drei Mädchen vergewaltigt hatte, nach 20 Jahren aus der Haft entlassen wurde. Dort warnte der Landrat öffentlich mit der Folge, dass monatelang „besorgte Bürger“ – mit Unterstützung rechtsradikaler Scharfmacher – vor dem Haus des Ex-Häftlings für Aufruhr gesorgt hatten. 

Verglichen damit blieb es in Duisburg bisher erstaunlich ruhig. Das dürfte sich nunmehr deutlich ändern. Es steht zu befürchten, dass jetzt auch in Duisburg Sprüche à la Heinsberg die Runde machen werden. Die Polizei wird sich fragen lassen müssen, warum sie nicht in der Lage war, solch einen Vorfall zu verhindern. Noch in der letzten Woche erklärte Duisburgs neue Polizeipräsidentin Elke Bartels gegenüber der NRZ:
„Wir haben uns auf diese Situation vorbereitet und arbeiten eng mit allen beteiligten Stellen zusammen, wie mit der Führungsaufsicht und dem Bewährungshelfer. Der Entlassene hat Auflagen bekommen und muss sich regelmäßig bei der Polizei melden. Diesen Auflagen kommt er bisher nach“. Der Mann und sein Umfeld würden von Polizisten beobachtet, um bei Bedarf schnell einschreiten zu können. 

Der Hinweis auf die personelle Unterbesetzung dürfte kaum ausreichen, falls sich herausstellen konnte, dass die Polizei in diesem Fall versagt haben sollte. Die Polizei hat die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, und in diesem Fall war sie bestens über die Gefährlichkeit des Haftentlassenen informiert. Das ohnehin schon ramponierte Image der Duisburger Polizei dürfte abermals mehr als nur einen Kratzer abbekommen. 

Der nunmehr erneut inhaftierte, als nicht therapierbar geltende Täter wird auf lange Sicht nicht mehr für Probleme sorgen; denn es ist davon auszugehen, dass bei seiner Verurteilung eine Sicherungsverwahrung sogleich mit angeordnet wird. In diesem Fall völlig rechtmäßig und berechtigt. Das ändert nichts daran, dass in Kürze ein weiterer aus der Sicherungsverwahrung Entlassener sich in Duisburg niederlassen will. Bleibt zu hoffen, dass die örtliche Polizei aus dem aktuellen Fall ihre Schlüsse ziehen wird. 

Was die jetzt vermutlich unvermeidliche Diskussion über die Sicherungsverwahrung betrifft, ist daran zu erinnern, dass von diesem schwersten Eingriff in die Freiheitsrechte in Deutschland keineswegs nur Schwerverbrecher betroffen sind, sondern auch Menschen, die wegen Diebstahls, Betrugs oder Urkundenfälschung verurteilt wurden. Nach Angaben der FTD befanden sich 2009 36 Personen in Sicherungsverwahrung, ohne dass ihnen irgendeine Art von Gewaltanwendung zur Last gelegt wurde. Darunter auch ein Heiratsschwindler aus Bayern, der zu zehn Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden ist – wegen der gleichzeitigen Anordnung also menschenrechtlich nicht zu beanstanden.

Deutsche Journalisten im Iran: Offener Brief an Merkel

Seit sieben Wochen hält der Iran zwei deutsche Journalisten gefangen. Der Vorwurf: Spionage. Wir dokumentieren einen offenen Brief von Kazem Moussavi, dem Deutschland-Sprecher der iranischen Grünen.

Offener Brief von Dr. Kazem Moussavi an Bundeskanzlerin Merkel hinsichtlich der im Iran verhafteten deutschen Journalisten H. und K.

Berlin, den 29.11.10

Die verhafteten deutschen Journalisten H. (Redakteur) und K. (Fotograf) müssen vom islamistischen Regime im Iran sofort und bedingungslos freigelassen werden!

Liebe Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel Die Geiselnahme der deutschen Journalisten der Bildzeitung,  H. und K.  durch die Mullahs und der lächerliche Vorwurf der Spionage gegen sie entsprechen dem menschenverachtenden Charakter und der Praxis des islamistischen Regimes im Iran seit 1979.

Als iranischer Oppositioneller (und auch im Namen von Green Party of Iran und vielen anderen Systemgegnern) sowie auch als eine der Stimmen von Millionen von iranischen Menschen, die seit 31 Jahren von der Unterdrückungs- und Zensurpolitik des iranischen Regimes direkt betroffen sind, verurteilen wir dieses Verbrechen des Regimes. Die durch das Mullah-Regime verhafteten deutschen Journalisten müssen sofort und bedingungslos freigelassen werden!

Seit mehr als 7 Wochen sind zwei deutsche Journalisten, deren Namen bisher nicht genannt wurden, in Geiselhaft der Teheraner Machthaber und darüber sind die Öffentlichkeit und deren Familienangehörige sowie die Kollegen in Deutschland sehr besorgt.

Für die Freilassung der Journalisten haben die bisherige geheime Diplomatie der Bundesregierung sowie die Iran-Reisen von Abgeordneten des Bundestages unter Leitung von Peter Gauweiler/Claudia Roth sowie anschließend von Frau MdB Hoff (FDP) wie auch kürzlich des Gesandten von Herrn Außenminister Guido Westerwelle absolut nichts gebracht.

Der wichtigste Grund dafür ist: Laut zuverlässigen Informationen wird der Fall der beiden deutschen Journalisten direkt durch das Büro des Revolutionsführers Ali Khamenei koordiniert und in dessen Auftrag vom Hohen Nationalen Sicherheitsrat der Islamischen Republik unter der Leitung von Saeed Jalili, dem derzeitigen Atom-Chefunterhändler des Regimes im engen Kontakt mit Ali Reza Sheikh Attar, dem Botschafter des iranischen Regimes in Deutschland umgesetzt.

Der Plan, den Khamenei und die Regierung Ahmadinejads mit der Geiselhaft der deutschen Journalisten verfolgen, ist, auf Zeit zu setzen und die Gefangenen als Druckmittel zu nutzen, um weitere Sanktionen Deutschlands und Europas zu verhindern und dadurch atomare Ziele voranzutreiben und zu realisieren. Die Atombombe ist für das Überleben des Mullah-Regimes im Iran notwenig. Sie ist gleichzeitig ein Gewaltinstrument, das die Umsetzung der Expansionspolitik und der Vernichtungsabsichten des Systems gegen Israel sichert und beschleunigt. Die Intensivierung von Wirtschaftsbeziehungen und Dialogpolitik bereitet dem Regime die Möglichkeit, seine ideologischen Ziele eher zu bewerkstelligen.

Deshalb ist es ein Skandal, dass die deutsche Politik und Wirtschaft das verdeckte Spiel der Islamischen Republik mitspielen. Vor kurzem war im Rahmen einer deutsch-iranischen Wirtschaftstagung des „German Global Trade Forum“ im Marriott-Hotel in Hamburg ausgerechnet Herr Alireza Beyghi eingeladen. Alireza Beyghi ist ein bekannter Revolutionsgardist, Mitglied der terroristischen Ghods-Brigade und derzeitiger Gouverneur der iranischen Provinz Ost-Azerbaidjan, in dessen Hauptstadt Täbriz unter seiner politischen Verantwortung die zwei deutschen Journalisten und die durch Steinigung bedrohte Frau Sakineh Ashtiani inhaftiert sind.

Zudem ist auch zu bedauern, dass die Bundesregierung die Hintergründe der Geiselnahmen anscheinend nicht begreifen oder öffentlich verbreiten will. Sie versucht, die Sanktionierung der in Hamburg ansässigen Europäisch-Iranischen Handelsbank (EIH), die im iranischen Besitz und in das Nuklear- und Rüstungsprogramm des Regimes eingebunden ist, zu verhindern. Die Mullahs wissen, dass Deutschland sich bereits im Vorfeld der am 26. Juli verhängten EU-Sanktionen gegen Iran schützend vor die EIH-Bank gestellt hat und deshalb erpressbar ist. Weitere wirtschaftliche und politische Kooperationen sind vorgesehen.

Liebe Frau Bundeskanzlerin Merkel, Es ist das iranische Regime, dass in einer entwürdigenden medialen Inszenierung die Identität der beiden deutschen Journalisten vor der Weltöffentlichkeit preisgegeben hat. Die Arbeitgeber und Kollegen, Freunde und Nachbarn kennen die Gesichter der beiden selbstverständlich. Wenn die deutsche Politik versucht, die Namen der Journalisten trotzdem geheimzuhalten, so gibt es für dieses Verhalten nur zwei mögliche Interpretationen: Entweder ist dies ein zum Scheitern verurteilter Versuch, das Regime durch Gefälligkeit zu beschwichtigen; oder die Haft der Journalisten wird gar als willkommener Vorwand gesehen, um die Politik der wirtschaftlichen und politischen Kooperation Deutschlands mit dem iranischen Regime weiterzuführen und zu intensivieren (s. Beispiele oben).

Die Namen und die Geschichten der beiden verhafteten deutschen Journalisten, die die Hintergründe des Steinigungsurteils gegen Sakineh Ashtiani recherchierchen wollten, müssen im Interesse ihrer Befreiung, der Pressefreiheit und der Menschenrechte breit publiziert werden.

H. ist seit vielen Jahren ein renommierten Redakteur großer deutscher Zeitungen und mit vielen aktuellen Themen befasst, zu denen schwerpunktmäßig noch nicht einmal der Iran gehört. Als Reporter war er aber schon in vielen Krisengebieten unterwegs, so z.B. in Afghanistan. Ähnliches gilt auch für den Fotograf  K.. Ein Foto von  K. finden Sie unter anderem auf seinem Xing-Profil:

Die Verhaftung der beiden Journalisten und der Versuch, zensierenden Einfluss auf die Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland zu nehmen, muß als Warnung des Mullah-Regimes gegen alle Journalisten verstanden werden, die über die Terrorpolitik des iranischen Regimes nach innen und aussen berichten wollen.

Aufgrund der dargestellten Hintergründe – auch im Interesse der Freiheitsbewegung im Iran – ist es notwendig, die Öffentlichkeit umfassend über diesen Fall staatlicher Entführung zu informieren, um öffentlichen Druck gegen das islamistische Regime zu schaffen und diesen von seiten der Politik für die sofortige Freilassung der Geiseln effektiv zu nutzen. Die Mobilisierung der internationalen Öffentlichkeit hat bereits die Steinigung Frau Sakineh Ashtianis vorläufig verhindert und ist auch der sicherste Weg, um die schnellstmögliche Rückkehr der Journalisten zu erreichen, damit sie Weihnachten mit ihren Familien feiern können.

So wurden 2007 15 vom Iran gekidnappte und namentlich bekannte britische Seeleute innerhalb kürzester Zeit entlassen, nachdem ein Aufschrei der Empörung durch die britische Presse und die Weltöffentlichkeit gegangen war. 1997 nannte ein Berliner Gericht im Mykonos-Prozess gegen den Druck deutscher Politiker die Namen der Regimeverantwortlichen für die Morde an iranischen Oppositionellen. Nur so konnten wenigstens den Mordaktivitäten des Regimes in Deutschland bisher Grenzen gesetzt werden.

Liebe Frau Merkel, Die bedrohliche Situation der deutschen Journalisten im Iran ist ein Resultat des so genannten „kritischen Dialogs“ und der guten Wirtschaftsbeziehungen mit den Teheraner Machthabern. Statt Appeasement(-Reisen) und mehr Dialog mit den Mullahs heißt das Gebot der Stunde dagegen: Konfrontation, Druck und Sanktionen, auch um die beiden deutschen Journalisten in Geiselhaft der Mullahs sofort frei zu bekommen!

Abschließend ist noch zu berücksichtigen: Immer wieder lastet das islamistische Regime seine Verbrechen den Opfern seiner Menschenrechtsverletzungspolitik – auch im Exil – an, um deren politische Aktivitäten zu kriminalisieren und unter Kontrolle zu halten, in diesem Fall Frau Mina Ahadi. Das Regime lädt seine Verbrechen denen auf die Schultern, die sich in Deutschland und Europa gegen die Beschwichtigungspolitik und für die Freilassung aller politischen Gefangenen und Opfer des Regimes wie Sakineh Ashtiani, ihres Sohns Sajjad und ihres Rechtsanwalts Houtan Kian einsetzen.

Deshalb muss die Sicherheit von Frau Mina Ahadi und anderen konsequenten Oppositionellen und von iranischen Flüchtlingen durch die Bundesregierung und die deutschen Behörden gewährleistet werden.

Liebe Frau Merkel, Ich würde mich über eine persönliche Antwort von Ihnen sehr freuen!

Mit herzlichen Grüssen,

Dr. Kazem Moussavi

Sprecher der Green Party of Iran in Deutschland

Die EstNische (7)*: Schneekarte

Der Golfstrom ist auch nicht mehr das, was er mal war. Russische Meteorologen sagen, das atlantische Warmwasser habe seinen Effekt verloren. Mein Bruder in Irland sagt, ihm sei kalt.  Im November habe dort noch nie Schnee gelegen. Er hat sich ein Gewächshaus in den Vorgarten gestellt und lässt künftig die Hände von mediterranen Gartenpflanzen. In Estland, 2.000 Meilen nordöstlich von Irland, schneit es sowieso. Seit einer Woche. Fast immer.

In unserem Tallinner Vorgarten haben sich Kinder eine Höhle in den Schnee gegraben. Damit niemand ums Leben kommt, werden beindicke Eiszapfen von den Dächern geschlagen. Die Esten sagen, so früh, so viel Schnee sei ungewöhnlich. Weil wir vergessen haben, rechtzeitig Winterreifen zu kaufen, lassen wir unser Auto alle paar Tage an, nur um zu sehen, ob der Motor noch läuft. An Fahren ist nicht zu denken. Bis April. Vermutlich. Die Geräusche der Stadt sind in Watte gepackt. Alle haben rote Wangen wie die Kinder und sind ein wenig toll vom Schnee. Und in einem Monat kommt der Euro.

Tatsächlich ist er schon da. Aus Finnland kam nicht nur der Schnee, auch Scheine und Münzen kamen übers Meer mit einer deutschen Spedition namens Schenker. Kein Witz. Andererseits fällt das bisschen Estland in der Eurozone nicht ins Gewicht, genauso das bisschen Euro in Estland. Hier neue Scheine und Münzen einzuführen ist so ähnlich wie im Ruhrgebiet neue Grubenlampen, – Folklore. Selbst Kaugummi, Bier und Zigaretten werden längst mit Plastikkarten bezahlt, die man sich in vielen Motiven aussuchen kann. Ich fand Vanilla Ninja hübsch landestypisch, sehr dünne Frauen mit sehr glatten, sehr blonden Haaren. Manchmal rotten sie sich hinter der Kasse beim Bezahlen zusammen, betrachten meine Bankkarte und schütteln sich vor Lachen. Warum nur?

Vielleicht, weil es Vanilla Ninja nicht mehr gibt. Die Bankangestellte sagte mir, nur eine würde weiterhin als Musikerin auftreten, eine sei in die Politik gegangen und eine arbeite ausgerechnet als Sprecherin im Wirtschaftsministerium. Estland und Euro passen also gut zueinander. Nicht nur wegen dem großen E.

Die alten Kronen sind wenig modern gestaltet. Für Blinde ist es schwer die Scheine zu unterscheiden, weil alle das gleiche Format haben. Der vorgegebene Höchstbetrag am Bankomaten liegt bisher bei lächerlichen 1.000 Kronen, gut 60 Euro. Und die Krone als Pfandmünze verfehlt im Einkaufswagen genauso ihre Wirkung wie als Flaschenpfand – für eine Krone bringt niemand etwas zurück. Zumal die Automaten fürs Glaspfand an unsere für Einwegspritzen erinnern und von einer ähnlichen Klientel angesteuert werden. Und von mir, dem Deutschen.

Weil Estlands Tage mit dem Spielgeld gezählt sind, bekam jeder Haushalt von Regierung und EU auch ein paar Sicherheitshinweise und einen Taschenrechner zum Umrechnen. Und Europa darf sich wirklich auf etwas gefasst machen: Die Esten sind nicht nur kontinentale Spitze im Internet, bei friedlichen Revolutionen und Massenchorgesinge, sondern auch beim Einkaufen. Tallinn hat nur etwas mehr Einwohner als Bochum, aber mehr Shopping Malls als das ganze Ruhrgebiet. Jeder Supermarkt ist so groß wie ein Real. Geöffnet haben die Läden eigentlich immer, täglich von 9 bis 23 Uhr.

Auch im Schneesturm.

* 2010, Ruhrgebiet ist fast vorüber. Das kommende Ding heisst Tallinn 2011, Geschichten von der See. Und ich bin dabei. Mit Geschichten vom Meer, der Stadt und diesem überhaupt ziemlich seltsamen Land am nordöstlichen Rande Europas.

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Gericht: Polizei-Videos illegal

Die Polizeikamera wirke "einschüchternd und überwachend", so die Richter

Das Münsteraner Oberverwaltungsgericht hat ein wegweisendes Urteil gefällt: Die Richter erklärten die Videoüberwachung von einer Anti-Atomkraft-Demonstration in Münster im Juni 2008 für nicht rechtens. Der ständig sichtbare Kamerawagen der Polizei halte Bürger davon ab, ihr Recht auf Demonstrationsfreiheit auszuüben, so die Entscheidung vom 23. November

Eine doppelte Schlappe für das NRW-Innenministerium. Denn schon das Verwaltungsgericht Münster hat die Video-Attacke am 21. August 2009 für illegal erklärt. Denn die Polizei hat wie so häufig unverhältnismäßig auf die DemonstrantInnen reagiert: Nur 60 bis 70 Menschen gingen am 4. Juni 2008 unter dem Motto „Urantransporte stoppen“ auf die Straße. Schließlich wird im münsterländischen Gronau  der Anteil des spaltbaren Materials von Uran erhöht, wie es für die Brennstäbe in AKW benötigt wird. Im wenig entfernten Ahaus lagern Brennstäbe der Atomindustrie ein, regelmäßig finden Transporte des hochgiftigen Materials statt.

Entsprechend regelmäßig sind die Proteste. Das OVG befand: „Das Richten einer aufnahmebereiten Kamera auf Demonstrationsteilnehmer (…) verletzt sie in ihrer Versammlungsfreiheit und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.“ Bürger hätten aus Angst vor staatlicher Überwachung von der Teilnahme an der Veranstaltung abgeschreckt werden können. Die Kameraübertragung sei geeignet, (…) das Gefühl des Überwachtwerdens mit den damit verbundenen Unsicherheiten und Einschüchterungseffekten zu erzeugen. Die Richter geben der Video-Wut der Polizei enge Grenzen vor: „Bild und Tonaufnahmen wären nur zulässig gewesen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte (…) für eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung“ vorgelegen hätten, heißt es in der Begründung. Nur weil der Verlauf der Versammlung laut Polizei „unberechenbar“ war, könne noch nicht von einer konkreten Gefahr ausgegangen werden.

Bleibt zu beobachten, ob sich die Polizei bei den kommenden Uran-und Castortransporten daran halten wird und die Kameras aus bleiben. Gerichtlich haben sie jedenfalls keinen Spielraum mehr: Der Beschluss des OVG ist unanfechtbar.

Der Traum vom NRW-Gas

Bohrturm Foto: ExxonMobil

Der Boden Nordrhein-Westfalens ist voller Gas. Allerdings kann nur ein Bruchteil davon wirtschaftlich gefördert werden.

Neidvoll richtet sich der Blick Nordrhein-Westfalens seit Jahrzehnten gen Holland: Das eigene Erdgas war einer der Gründe der zeitweiligen wirtschaftlichen Stärke des Nachbarlandes. Ohne billiges Gas würde Gemüse aus Holland zum Beispiel nicht die hiesigen Supermärkte dominieren.

Und so waren die Hoffnungen groß, als vor wenigen Wochen bekannt wurde, dass auch NRW über gewaltige Erdgasvorkommen verfügt: 2200 Kubikkilometer Erdgas, so die Schätzungen, warteten in NRW darauf, gefördert zu werden. Zum Vergleich: In den Niederlanden waren die Vorkommen 2850 Kubikkilometer-Gas groß.

Zahlreiche Unternehmen nehmen an dem Rennen um die Gasvorkommen teil, die vor allem im Münsterland und Rheinland liegen: Von den kleinen Stadtwerken Hamm über das australische Unternehmen Queensland Gas Company bis zum Weltkonzern ExxonMobil (Handelsmarke: Esso) haben sie Claims abgesteckt und planen Probebohrungen. Am schnellsten war ExxonMobil: Das Unternehmen will schon bald mit Probebohrungen beginnen. Ganz oben auf der Liste der Bohr-Standorte steht der kleine Ort Nordwalde im nördlichen Münsterland. Dort ist man von der Aussicht ein Gasabbaustandort zu werden nicht begeistert. Kaum wurden die Gasvorkommen bekannt, gründete sich schon eine Bürgerinitiative gegen den Abbau. Sie sorgen sich vor allem um das Grundwasser: „Neben der Stelle, an der gebohrt werden soll, ist ein Trinkwasserreservoir für alle Städte zwischen Münster und Rheine. Wir haben Sorge, dass Chemikalien ins Grundwasser gelangen“, sagt Mathias Elshoff von der Interessengemeinschaft gegen Gasabbau.

Denn der massive Einsatz von Chemikalien ist notwendig, um an die Gasvorräte im Münsterland heranzukommen. Die liegen nicht, wie in Holland, in Sandstein sondern in Kohle- und Schieferschichten. Die müssen mit dem aufwendigen Fracking-Verfahren erst Abbaufähig gemacht werden. Dabei werden Wasser und Chemikalien in die gashaltigen Schichten gepresst um kleine Risse zu erzeugen, in denen sich das  Gas sammeln kann.

Ein Verfahren nicht ohne Risiko. In den USA kam es dabei immer wieder zur Verseuchung des Grundwassers. Im Bundesstaat New York wurde Fracking durch den Senat aus diesem Grund verboten.

Viele Münsterländer sorgen sich indes schlicht um den Erhalt der ländlichen Idylle. Rainer Lagemann, Abgeordneter der Grünen im Steinfurter Kreistag: „ Die Menschen wollen nicht hinter ihrem Garten eine Großindustrieanlage.“

Dabei ist die Interessengemeinschaft nicht generell gegen die Gasförderung im Münsterland. Elshoff: „Wir wollen, dass die Förderung sicher ist und es nicht zu Verseuchungen kommt. Und wir wollen vernünftig informiert werden. Bisher hat ExxonMobil nur PR-Leute vorbei geschickt. Wir wollen mit Experten diskutieren.“

Dieser Forderung nach mehr Offenheit will das Energieunternehmen nachkommen. In einer Pressemitteilung kündigte ExxonMobil an, das gesamte Erprobungs- und Abbauverfahren von einer unabhängigen Expertenkommission begleiten zu lassen. Die Gasabbau-Skeptiker bestehen darauf, dass dort auch Kritiker eingebunden werden und misstrauen der angeblichen Offenheit von ExxonMobil.

Vielleicht nicht ganz zu Unrecht: Trotz mehrfacher Nachfrage fand sich in der Hannoveraner-Niederlassung des Unternehmens, das für die Gasfelder in NRW zuständig ist, niemand, der für ein Gespräch zur Verfügung stand.

Im Wirtschaftsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen nimmt man die Sorgen der Anwohner ernst: „Wir wollen, dass sich die Unternehmen mit den Bürgern an einen Tisch setzen und ihre Pläne offen diskutieren. Die Menschen wollen ernst und mitgenommen werden“, sagt Ministeriumssprecher Stefan Grönebaum. Auch der Vorschlag der Interessengemeinschaft, kritische Experten in eine unabhängige Kommission zu berufen, findet die Unterstützung des Ministeriums. Eine Gefahr für das Trinkwasser sieht man im Ministerium nicht – zu tief seien die Gasfelder, um mit dem oberflächennahe Trinkwasser in Berührung zu kommen. Zudem erwarte man von den Unternehmen technische Lösungen, die auch bei Fehlfunktionen der Förderanlagen eine Umweltverschmutzung verhindern.

Allerdings bremst man in Düsseldorf auch zu hohe Erwartungen an den künftigen Gasreichtum des Landes. Die Förderung der Vorkommen in NRW sein teuer und kompliziert und mit der Situation in den Niederlanden nicht zu vergleichen. Nur ein Teil der Vorkommen sei überhaupt zu fördern – und das lohne sich für die Unternehmen auch nur bei hohen Gaspreisen.

Die Gasvorkommen in NRW seien eher mit dem Ölschiefer in Alaska zu vergleichen: Eine Reserve, die zu heben es sich lohnt, wenn die konventionellen Gasvorkommen erschöpft sind. Was allerdings auf absehbare Zeit geschehen wird.

19 Gasfelder gibt es in NRW. Allein ExxonMobil will in naher Zukunft zehn Probebohrungen durchführen. Beantragt hat das Unternehmen bislang allerdings noch keine einzige.

Wann es zu ersten Probebohrungen kommt ist damit noch vollkommen unklar. Nach dem ersten Antrag beginnt ein aufwendiges Genehmigungsverfahren nach dem Bergrecht, an dem auch die betroffenen Kommunen beteiligt werden Das gefällt den Grünen im Land nicht, die gerne die Verfahrenshoheit im Umweltministerium sehen würden, ist aber nun einmal der rechtliche Rahmen wenn es um Rohstoffförderung geht.

Der Gasreichtum Nordrhein-Westfalens wird das Land nicht radikal verändern. Es wird, wenn es denn einmal gefördert wird, die Abhängigkeit von Importen verringern und Teil des Energiemixes des Landes werden. Ein schöne Option für die Zukunft – und das auch nur, wenn es gelingt, die Bürger von der Sicherheit der Abbauverfahren zu überzeugen.

Der Artikel erschien in ähnlicher Form in der Welt am Sonntag

Protest gegen Nazis am 4. Dezember in Dortmund

Nazi-Demonstration in Dortmund

Am 4. Dezember wollen die Nazis am Hauptbahnhof demonstrieren. Protest ist angekündigt.

Die Nazis wollen damit gegen die verschiedenen Razzien protestieren, die es gegen sie gab. Dagegen regt sich Protest. Für den selben Tag um 12.30 hat Dortmunder Antifa Bündnis (DAB) an der Katharinentreppe am Hauptbahnhof zu Protesten gegen die Nazis aufgerufen.

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Der Ruhrpilot

NRW-Wirtschaftsminister Harry K. Voigtsberger Foto: mbv

NRW: Wirtschaft fremdelt mit Wirtschaftsminister…Der Westen

NRW II: Lösungsmittel in der Ruhr…Ruhr Nachrichten

NRW III: „Rot-Grün in NRW hält bis 2015″…RP Online

Ruhr2010: Taugt Istanbul als Kulturhauptstadt?...Zeit

Ruhrgebiet: Wirtschaft gegen Steag-Kauf…Der Westen

Dortmund: Die neuen Betreiber des FZW…Ruhr Nachrichten

Essen: Protest gegen NPD…Der Westen

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Umland: Grüne wagen den Aufstand der Übermütigen…Spiegel

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Wikileaks: Die US-Embassy-Cables sind online…Netzpolitik

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