Das Thema Kreativwirtschaft interessiert niemanden mehr. Es hat seinen Zweck erfüllt. Nun dreht sich alles um das Klima. Aber keine Sorge: Auch das geht vorbei.
Es war vor ein paar Jahren in Bochum. Ich fragte einen Kommunalpolitiker, wieso für Millionen eine alte Zeche in dem Vorort Gerthe nahe der Grenze zu Castrop-Rauxel zu einem Kreativwirtschaftlichen Gründerzentrum umgebaut worden sei. So etwas müsste doch in die Innenstadt. Das wisse er auch, erklärte er mir. Aber der größte Teil des Geldes käme vom Land und der EU, man habe die Immobilie gehabt und nun sei sie fertig. Nach ein paar Jahren wären die Alibi-Kreativen draußen. Dann würden normale Unternehmen einziehen und man hätte ein schönes, renoviertes Gebäude. Für Kreativwirtschaft hat sich der Mann nicht die Bohne interessiert.
Ähnlich in Dortmund. Dort hielten sie sich die Bäuche vor Lachen, als in Bochum und Essen laut über Kreativwirtschaft nachgedacht wurde. Dortmund setzte auf Mikrosystemtechnik, IT und Logistik und das mit Erfolg. Erst als klar wurde, dass man für den U-Turm nur Fördermittel bekommt, wenn man ihn als irgendwas mit Kreativwirtschaft ausgibt, begann man umzudenken. Aus dem U-Turm Museum wurde ein Kreativwirtschaftszentrum. Nun, wo die Millionen geflossen sind, ist es ein Museum- und Ausstellungsgebäude geworden. Nichts anderes wollte die Stadt haben. Das kann man Betrug nennen, aber es war geschickt. Schön, dass sich die EU nun des Themas annimmt.
Nur zwei Beispiele die zeigen, wie es läuft. Ruhrgebietspolitiker sind Meister im Anwerben von Fördergeldern. Wenn es darum geht an das Geld anderer Leute heranzukommen, sind sie listenreich und gewitzt. Tja, liebe Leser aus Süddeutschland. Wenn ihr immer schon mal wissen wolltet, was mit Eurem Geld so gemacht wird, dass ihr hierhin schickt, schaut mal vorbei. Allein die Route der Industriekultur hat über 1000 Gebäude. Und bei den meisten hat niemand eine Idee, was man mit ihnen anfangen soll – außer Euch die Kohle für neue Projekten aus der Tasche zu ziehen, die natürlich wieder gefördert werden müssen.
Es ging nie um das Thema Kreativwirtschaft. Die Politiker und Wirtschaftsförderer im Ruhrgebiet wissen, wo sie wirklich Chancen haben: Logistik, Energie, IT und ein paar andere Branchen laufen nicht schlecht. Da geben sie sich Mühe und da haben sie manchmal auch wirklich Erfolg. Research in Motion entwickelt Blackberrys in Bochum – nicht in Bietigheim. Aber Kreativwirtschaft war eine gute Chance, an etwas Extra-Geld ranzukommen. Mehr war da nicht. Oder hat einer einmal eine Diskussion mitbekommen, wie man in den Städten hier eine offenere Atmosphäre und mehr Toleranz hinbekommt? Oder wie man junge Leute mit vielen Ideen und wenig Geld halten kann? So ganz praktisch? Eben.
Das Elend um das FZW zeigt das Desinteresse an allem, was im Ruhrgebiet Off-Kultur ist. Der Umgang mit den Besetzern in Essen und Dortmund zeigt die tiefe Verachtung der Politiker im Ruhrgebiet gegenüber Menschen, die Eigeninitiative zeigen. Kultur ist im Ruhrgebiet nur etwas zum Repräsentieren. Interessieren tut sich niemand dafür.
Die Erfolge, die andere erzielen, heftet sich die Politik indes gerne ans Revers: In Bochum erzählen sie, dass die Entwicklung im Viertel-Vor-Ehrenfeld durch die Konzerthausplanung „befeuert“ wurde. Eine Lüge: Als die Macher des Quartiers vor ein paar Jahren mit der Wirtschaftsförderung sprechen wollten, bekamen sie noch nicht einmal einen Termin.
Alles, was das Ruhrgebiet noch lebenswert macht ist gegen die Politik und die Ruhr2010-Hansel geschaffen und durchgesetzt worden. Und darauf kann man stolz sein. Man sollte aber auch den Stolz haben, den Politiker im Revier zu sagen, dass sie keine Gesprächspartner sind, wenn sie kooperieren wollen. Wenn sie an den Erfolgen Teil haben wollen. Sie sind keine Partner.
Jetzt kommt das Thema Klima. Nicht dass sich dafür einer wirklich interessiert. Es geht wieder um Fördergelder. Es geht wieder darum, anderen in die Tasche zu greifen. Man sollte nichts ernst nehmen, was in den kommenden Jahren gesagt wird. Kein Projekt der Städte wird es wert sein, ernsthaft diskutiert zu werden. Es wird wie immer sein.