Der Castor-Transport nähert sich Gorleben. Mahnwachen sind geplant. Es gibt neue Blockaden. Für uns vor Ort: Martin.
8.11. 19.03 Uhr Die Polizei ist nervös. Bei Laase wurden 30 Demonstranten die sich der Straße näherten, auf der der Castor-Transport stattfinden wird, näherten von 300 Polizisten gestellt. Wasserwerfer fuhren auf, Schlagstock und Pfefferspray wurden angedroht.
8.11. 12.00 Uhr: 600 Demonstranten haben sich in Spieltau versammelt und werden über die Geschehnisse der vergangenen Nacht informiert. Ab 16.00 Uhr sind Mahnwachen an der Castor-Strecke geplant. In Gorleben gibt es Blockaden. Ein Problem: Im Vergleich zu gestern ist es sehr kalt.
8.11. 8.25 Uhr: Die Blockade in Harlingen wurde von der Polizei geräumt. 1500 Menschen sind unter freiem Himmel gefangen genommen worden. Viele leiden nach der kalten Nacht an Unterkühlung. In Harlingen wartet nun der Reparaturzug darauf, die Schienen kontrollieren zu können. An der Strecke nach Gorleben sind allerdings zahlreiche neue Blockaden entstanden.
7.11. 20.10 Uhr: Die Blockade in Harlingen besteht weiterhin. Mittlerweile ist die Polizei wieder aufgetaucht. Scheinwerfer wurden aufgebaut und beleuchten die nach wie vor ruhige Szene. Es geht das Gerücht, dass die Polizei nicht genug Einsatzkräfte mobilisieren kann. Es gibt wohl zu viele Blockaden im Wendland und zu viele verschiedene Einsatzorte .
7.11. 17.09 Uhr: Bei Harlingen im Wald sind 5000 Leute auf den Schienen. Die Polizei hat sich zurückgezogen. Die Stimmung ist gut. Die Demonstranten rechnen damit, dass erst kurz vor dem Eintreffen der Castoren geräumt wird.
7.11. 15.20 Uhr: Die Schotter-Aktionen sind scheinbar beendet worden. Bei Harlingen blockieren 2000 Menschen die Schienen, Das ganze in Partystimmung: Ein mobiles Soundsystem ist auch dabei.
7.11. 13.20 Uhr: Martin: Der Kessel bei Leithagen wurde von der Polizei mittlerweile wieder aufgelöst. Die Polizei hat Platzverbote ausgesprochen und zum Teil die Personalien festgestellt. Die Polizei fährt einen Doppelstrategie: Im weiteren Umfeld um die Castro-Strecke agiert sie zurückhaltend. Die Strecke selbst wird allerdings mit allen Mitteln gehalten. Wasserwerfer sind im Einsatz. Die Polizei setzt Tränengas ein.
7.11. 12.20 Uhr Meldung von Martin: „Im Wendland ist viel Bewegung mit tausenden Leuten. Unklar ist, wie erfolgreich die Aktionen sind. Westlich von Leithagen wurden 200 Leute von der Polizei eingekesselt.“
6.11. 15.20 Uhr: Die Polizei in Dannenberg ist prügelnd auf eine Gruppe Demonstranten losgegangen. Die hatten versucht eine Straße zu unterhölen.
6.11. 15.04 Uhr. In Dannenberg ist das Netz zusammengebrochen. Der Ort der Demonstration ist „rappelvoll“, Staus gehen bis Lüneburg. Die Polizei hält sich bislang vor Ort zurück. Wenn wir die nächste SMS bekommen, geht es weiter. Ansonsten empfehlen wir den Ticker der Kollegen von der taz.
Wenn ich in Berlin gewesen wäre, dann hätte ich von meinem Loft-Büro im Wedding direkt auf den Gebäudekomplex schauen können, in dem die Berliner Grünen den Nominierungsparteitag für Renate Künast veranstaltet haben. Es sind die ehemaligen BVG Werkstätten die zu Zeit mit dem Geld der Lottostiftung zum Zentrum für zeitgenössischen Tanz ausgebaut werden. 100% Zustimmung für ihre Kandidatur fuhr sie ein und setzte lauthals auf Sieg. Damit ist der Berliner Wahlkampf eröffnet.
Wowereit hat schon viel früher seine erneute Kandidatur verkündet. Seine Ambitionen auf eine mögliche SPD-Kanzlerkandidatenschaft liegen offensichtlich seit längerem auf Eis. Seine darauf zurückgeführte und von den Medien immer wieder behauptete Amtsmüdigkeit hat ihm aber bislang nicht sonderlich geschadet. Mit der nun offiziellen Kandidatur von Renate Künast wird sie jedoch, egal ob real oder nur gefühlt, ab sofort zu Ende sein. Zum ersten Mal hat Wowereit einen ernst zu nehmen Gegner, und wenn er verliert ist es auch mit seinen Bundesambitionen aus.
Renate Künast, obwohl nicht in Berlin geboren und aufgewachsen sondern im Ruhrgebiet, gilt als waschechte „Berliner Schnauze“. Was nicht verwunderlich ist, denn wenn es zwei Menschengruppen in deutschen Landen gibt die sich mental und vom sprachlich Duktus erstaunlich ähnlich sind, dann sind es die Ruhris und die Hauptstädter. Allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass die Berliner sich zur Zeit auf dem auf- und die Revierbürger trotz allem Kulturhauptstadtgeschwurbels immer noch auf dem absteigenden Ast befinden.
Wichtiger aber für den Ausgang der Wahl ist, dass die Berliner mehrheitlich der Überzeugung sind, dass sie ihren Wiederaufstieg eben diesem „Und das ist gut so“ Wowereit verdanken. Er personifiziert das neue Berlin wie Niemand anders, egal ob er sich dabei gerade müde fühlt oder nicht. Er hatte nicht nur den ganz persönlichen Mut sich als schwul zu outen sondern auch den politischen Mut zu einer Koalition die sich in Deutschland bislang aus gutem Grund nur wenige trauen. Die damit verbundene politische und mentale Integrationsleistung im wiedervereinigten Berlin wird ihm jedoch einmal historisch als eine seiner größten politischen Leistungen angerechnet werden.
Deswegen ist, obwohl die Grünen zu Zeit auch in Berlin auf ihrem Allzeithoch schweben, das persönliche politische Risiko für Frau Künast nicht zu unterschätzen. Sie hat es durch ihre Sieg-und-nur-Sieg-Position obendrein ohne Not erheblich erhöht. Die Berliner sind aus ihrer wechselvollen Geschichte besonders misstrauisch gegenüber Leuten, die nur dann für sie aktiv bleiben wollen, wenn sie zu den Gewinnern gehören. Sie wollen dass man ohne Wenn und Aber zu ihnen und ihrer Stadt steht. Und sie haben es verdient.
Inhaltlich, und da hat die CDU in ihren ersten Verlautbarungen recht, hätten die Grünen in der Regierungsverantwortung in Berlin nicht allzu viel anders gemacht, als die jetzige rot-rote Koalition. Wahrscheinlich hätten sie auch die Stadtautobahn weiter gebaut und beim Projekt Media Spree haben sie sich sowieso nicht mit Ruhm bekleckert. Es ist also ein Kampf innerhalb des Lagers links von den Christdemokraten, das in der Hauptstadt sowieso schon seit längerem das kulturelle und politische Sagen hat.
Aber da geht es um nicht weniger als den Führungsanspruch. Und das nicht nur in Berlin sondern im ganzen Land. Berlin ist hier „nur“ der erste Aufschlag und das in einer Zeit in der die Grünen nicht nur die SPD zu überholen beginnen sondern Anstalten machen, auch wieder zur Bewegungspartei zu werden. Nicht umsonst wurde das Parteitreffen im Wedding um einen Tag verschoben, damit die Delegierten und vor allem die Parteiprominenz sich auch mal wieder als Straßenkämpfer präsentieren konnten.
Gegen eine Atompolitik die durch die von purem Lobbyismus getriebene Dummheit und Dreistigkeit dieser Bundesregierung diesen rigorosen Protest geradezu herausfordert. Stuttgart scheint nur der Anfang gewesen zu sein. Deutschland gerät (wieder) in Bewegung und das wird am Berliner Wahlkampf nicht spurlos vorbei gehen. Der nun beginnende, von zwei auch deutschlandweit als prominent, eloquent und beliebt geltenden Politikern geführte Streit über die Zukunft der Hauptstadt wird nicht ohne Wirkung auf die Politik in ganzem Land bleiben und umgekehrt. Egal wie er stimmenmäßig ausgeht.
Die Deutsche Welle Akademie veranstaltete ein deutsch-arabisches Bloggertreffen in Kairo. Es war auch ein Signal an die Regierungen der Region.
Lina Ben Mehnn ist Bloggerin. Die 27jährige Tunesierin schreibt vor allem über Politik und das Bloggen – wie tausende anderer Blogger auf der Welt auch. Was in Deutschland für die meisten nicht mehr als ein harmloses Hobby ist, ist in Tunesien gefährlich. Tunesien wird von Staatspräsident Zine El Abidine Ben Ali mit harter Hand regiert. Es ist eine Scheindemokratie, bei den Wahlen wird die Opposition behindert. Tunesien ist ein Land, in dem die Pressefreiheit keinen hohen Stellenwert hat. Und Blogger, die sich dieses Recht einfach nehmen und schreiben was sie denken, erst recht nicht.
Ich lernte Lina auf dem Young Media Summit in Kairo kennen. Einem deutsch-arabischen Bloggertreffen, organisiert von der Deutsche Welle Akademie, finanziert über das Auswärtige Amt. Zwölf arabische und sechs deutsche Blogger, Markus Beckedahl (Netzpolitik), Hardy Prothmann (Heddesheim-Blog) und Julia Seeliger (Zeitrafferin), Annina Luzie Schmidt (Girls can Blog), Teresa Buecker (Flanell Apparel) und ich trafen sich für fünf Tage in der ägyptischen Hauptstadt.
Und was Lina zu erzählen wusste, klang für uns wie Berichte aus einer anderen Welt: So wurden in Tunesien bei einer Demonstration für Pressefreiheit im Frühjahr alle Teilnehmer außer Lina verhaftet. Sie selbst durfte wenige Tage nach der Konferenz aus Tunesien nicht ausreisen. Etwas mit ihrem Pass sei nicht in Ordnung, wurde ihr gesagt. Was nicht in Ordnung sei, natürlich nicht.
Lina war eine Ausnahme. Die meisten anderen arabischen Blogger, die wir in Kairo kennen lernten, gingen die Regierungen ihrer Staaten – darunter Ägypten, Saudi-Arabien oder die Palästinensergebiete, nicht so offensiv an wie Lina und ihre Freunde. Sie waren, zumindest in unseren Augen, äußerst zurückhaltend und vorsichtig. Nur wenige von ihnen beschäftigten sich direkt mit Politik, griffen eher die Lebensumstände auf und mühten sich um mehr gesellschaftliche Freiheiten. Auch das sorgte schon für genug Ärger: Bloggerinnen aus Alexandria oder dem Gaza-Streifen erzählten zum Teil erschrocken davon, wie es ist, mit dem Vorwurf leben zu müssen, schlecht über den Propheten geschrieben zu haben. Und erklärten, dass sie dies natürlich nie getan hätten. Im von der Hamas regierten Gazah-Streifen ein gefährlicher Vorwurf.
Drei Tage lang diskutierten wir über Meinungsfreiheit und Tabus in unseren Gesellschaften. Zum Teil waren die Gespräche etwas zäh, weil die Konferenzsprachen Deutsch und Arabisch waren, und auch die besten Übersetzer aus jeder Diskussion die Geschwindigkeit herausnehmen, die sie erst spannend macht. Aber auf die Frage, worüber ich mich nicht zu schreiben trauen würde, viel mir nicht viel ein – und erst im Dialog mit Autoren, denen das anders geht wurde mir bewusst, was für ein Privileg das ist. Sicher, es gibt viele Themen über die ich auf dem Blog nicht schreiben würde, weil ich sie für zu privat halte, weil ich finde, dass sie niemanden etwas angehen. Aber zu wissen, ich könnte es tun ohne ein anderes Risiko einzugehen als das, mich lächerlich zu machen, ist ein gutes Gefühl. Und man vergisst schnell, dass es nur wenige Länder auf der Welt gibt, in denen sich Autoren um Themen wie Zensur, Polizeibehörden und Geheimdienste keine Gedanken machen müssen.
Die Tage in Kairo zeigten mir aber auch, dass vieles im persönlichen Umgang deutlich lockerer war, als ich es mit vorgestellt habe. Während einer Diskussionsrunde erklärte ich meinen arabischen Kollegen, dass ich im israelisch -arabischen Konflikt hinter Israel stehen würde. Dass ich wenige Minuten auf dem Balkon des Marriot mit Blick auf den Nil mit dem im Westjordanland lebenden Mohammed Abuallan bei einer Zigarette weiter über das Thema diskutieren würde, hätte ich nicht erwartet. So kontrovers viele Diskussionen auch waren – es waren Diskussionen und keine Kämpfe.
Ein anderes Vorurteil, dass ich revidieren musste: Ob verschleiert, mit Kopftuch, Minirock oder enger Jeans – die arabischen Frauen bestimmten die Gespräche, gingen stärker in die Kontroversen hinein, als die Männer und hatten auch deutlich mehr Selbstvertrauen.
Erschreckend allerdings, dass eine dieser selbstbewussten, jungen Frauen als eines ihrer Vorbilder den ägyptischen Schriftsteller Sayyid Qutb nannte. Er war einer der wichtigsten Vordenker des modernen Islamismus. Ohne Qutb würde es kaum Terrororganisationen wie Al Qaida oder die Hamas geben. Er war der Mann, der die Büchse der Pandora öffnete.
Die Bundesregierung hat dieses Bloggertreffen nicht aus Zufall gefördert. Zum einen soll es der Auftakt einer Reihe von Treffen von Medienmachern aus Deutschland und den arabischen Staaten werden. Vielleicht treffen sich im kommenden Jahr Radioreporter oder Lokalredakteure irgendwo, um sich näher kennen zu lernen. Die Veranstaltung war aber auch ein politisches Signal in die Region hinein. Am Rande des Botschaftsfestes zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung wurde uns erklärt, dass die Bundesregierung mit diesem Treffen zeigen wolle, dass sie die Blogs in der arabischen Welt als Medien ernst nimmt. In der vagen Hoffnung, dass die Staaten der Region dieses Signal gegen die Verfolgung der Blogger wahrnimmt. „Wir nehmen“, sagte ein Diplomat “die Blogs ernst“
Der Fall von Lina Ben Mehnn zeigte, dass dieses ehrenwerte Vorhaben bislang leider wenige Früchte trug.
Aber wir hätten ohne dieses Treffen keinen Gastbeitrag von Ben Mehnn über die Unterdrückung der tunesischen Blogger auf den Ruhrbaronen veröffentlicht. Wir kennen uns jetzt, stehen in Kontakt miteinander und wenn einem der arabischen Kollegen etwas passiert, werden wir darüber berichten. Das ist nicht viel, aber es ist ein Fortschritt.
Ein Artikel von mir zu diesem Thema erschien auch in der Welt am Sonntag.
Am 14. November startet auf dem SWR und wenig später u.a. auf 3SAT und ARTE die SciFi-Thriller-Serie “Alpha 0.7 – Der Feind in dir”. Die erste transmedial erzählte Serie Deutschlands, zeichnet ein düsteres Zukunftsszenario: Deutschland und die gesamte Europäische Union haben sich 2017 in einen gleichgeschalteten Überwachungsstaat verwandelt, der sogar die Köpfe seiner Bürger kontrolliert.
Die Idee und die Drehbücher zu der Serie stammen von Sebastian Büttner und Oliver Hohengarten, die für Alpha 0.7 als Transmedia-Producer auch die gesamte Internet-Welt entwickelt haben. In einem Gastbeitrag schreibt Sebastian Büttner über sein ungutes Gefühl, dass ihr dunkles Nahe-Zukunft-Szenario weitaus weniger Science Fiction ist, als er zu Beginn der Serienentwicklung angenommen hat…
Ist der Freie Wille des Menschen nur eine Illusion? Lassen sich unsere Entscheidungen mithilfe elektrischer Impulse steuern – wie bei einem Computer? Vor zwei Jahren hätte ich diese Frage noch eindeutig mit „Nein“ beantwortet und sie als verschwörungstheoretischen Unfug abgetan. Mittlerweile, nach über zwei Jahren Arbeit an unserem neuen SciFi-Thriller „Alpha 0.7“, tendiere ich eher zum „Jein“. Denn es gibt einige neurowissenschaftliche Versuche, die das Modell des „Freien Willens“ auf den ersten Blick ziemlich alt aussehen lassen. So ist es dem deutsch-britischen Kognitionspsychologen John-Dylan Haynes 2008 beispielsweise gelungen, anhand der Aktivität zweier Hirnregionen exakt vorauszusagen, ob Versuchspersonen einen Knopf mit der rechten oder linken Hand drücken werden. Und dies 10 Sekunden bevor den Probanden ihre Entscheidung selbst bewusst wurde.
Natürlich gibt es auch Wissenschaftler, die die Stichhaltigkeit solcher Versuche (zu Recht) anzweifeln. Doch eine Sache lässt sich trotzdem nicht leugnen: die Neurowissenschaften haben begonnen die Funktionweise unserer Gehirne auszulesen, sie zu verstehen. Sie können anhand unserer Gehirnaktivitäten sehen, welche Handlungen wir ausführen – und einige von ihnen glauben sogar noch weitaus mehr in unseren Köpfen erkennen zu können…
Sind Straftäter in Wirklichkeit nur gehirnkrank?
In der Psychiatrischen Universitätsklinik Rostock wurde 2008 begonnen, die Gehirne von verurteilten Gewalttätern zu untersuchen. Gefängnisinsassen, die zu langjährigen Freiheitsstrafen wegen Mordes oder Totschlag verurteilt worden, sowie Patienten aus forensischen Kliniken wurden unter großem Sicherheitsaufwand an die Ostsee gebracht. Das Ziel des Experiments: Die Neurowissenschaftler wollten herausfinden, ob die Täter für ihr verbrecherisches Handeln wirklich selbst verantwortlich sind – oder ob sie in Wirklichkeit selbst Opfer sind, Opfer falscher Strukturen in ihrem Gehirn. Und tatsächlich kamen die Wissenschaftler zu einem überraschenden Ergebnis: Bestimmte Areals in den Gehirnen von Psychopathen sind schlechter durchblutet, als die der „gesunden“ Kontrollgruppe. Darunter auch jene Bereiche, die uns die Konsequenzen unseres Handelns vermitteln.
Demnach würden Mörder gar nicht amoralisch handeln. Sie wären einfach nur „gehirnkrank“. Das Schuldprinzip, eine der wichtigsten Säulen unseres Rechtssystems, würde demzufolge auf einem Irrtum basieren, dem Irrtum, dass der Mensch in seinem Handeln immer und jederzeit frei ist. Wäre es demnach nicht auch nur konsequent unser Rechtssystem sprichwörtlich auf den „Kopf“ zu stellen? Wäre es dann nicht klüger die Gehirne der Straftäter zu „reparieren“, anstatt sie in ein Gefängnis zu sperren und darauf zu hoffen, dass sie hinter Gittern lernen, wie falsch ihre Taten waren?
Der Brainscanner als natürlicher Nachfolger des Nacktscanners?
Wir fragten uns: Was würde geschehen, wenn ein großer Konzern im Jahr 2017 eine Scan-Technologie entwickeln würde, die in der Lage ist, rechtzeitig vor Fehlentwicklungen im menschlichen Gehirn zu warnen? Eine Technik (wir haben sie „Brainscanner“ getauft), die erkennt, ob ein Mensch die Anlage zum Straftäter hat. Könnte diese Technologie nicht Verbrechen verhindern bevor sie geschehen? Und wie würde die Bevölkerung Europas wohl auf diesen technischen Durchbruch reagieren würde? Würden wir uns freiwillig vom Staat in unsere Köpfe schauen lassen? Auch hier, war meine Antwort erst „Nein“ – doch dann wurden während unserer Arbeit an der Serie die Nacktscanner in Deutschland eingeführt…
Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde uns endgültig klar, dass wir gar nicht ausschließlich an einer SciFi-Story über die wachsenden Möglichkeiten der Neurowissenschaften arbeiteten, sondern dass es in unserem Stoff um weitaus mehr ging. Der „Freie Wille“ war nur der Ausgangspunkt, der Motor für unsere Geschichte. In Wirklichkeit jedoch waren die „Brainscanner“ – genau wie die Nacktscanner 2010 – doch bloß Platzhalter einer viel größeren Frage. Der Frage danach, in welcher Art von Gesellschaft wir heute und in Zukunft miteinander leben wollen. In einer Gesellschaft, in der der Einzelne, analog zum technischen Fortschritt, immer weiter überwacht, vermessen und kontrolliert wird? In einem Staat der in „dubio contra reo“ in jedem Bürger einen potenziellen Straftäter sieht?
Ist Sicherheit die bessere Freiheit?
Keiner von uns hatte sich zuvor näher mit dem Thema „Überwachungsstaat“ beschäftigt. Klar: wir verfolgten den Ausbau der Maßnahmen zur Inneren Sicherheit seit dem 11. September 2001 genauso kritisch wie die meisten anderen in unseren eher linksliberalen Freundeskreisen. Aber lebten wir nicht trotzdem immer noch in einer Demokratie? Waren die zunehmenden Überwachungsmaßnahmen nicht bloß ein vorübergehender Trend, den man nach ein paar Jahren wieder abwählen konnte?
Inzwischen wissen wir, wie naiv wir damals waren: Ob Raumortung, Gesichterkennung, Überwachung von Zahlungsvorgängen… Das Maß an Überwachung, das es 2010 schon im Alltag gibt, ließ uns wirklich frösteln. Vor allem der Blick nach Großbritannien erschrak uns immer wieder. Die Art und Weise, wie auf der Insel in den vergangenen Jahren die Bürgerrechte abgebaut wurden, fanden wir ungeheuerlich. Ungeheuerlich finden wir allerdings auch, das sich zunehmend Politiker in Deutschland das Vereinigte Königreich, das Land der Überwachungskameras, zum Vorbild nehmen – immer unter dem Gesichtspunkt mehr Sicherheit erreichen zu wollen. In Großbritannien wird die sicherheitspolitische Debatte von der angeblichen Sorge vor terroristischen Anschlägen dominiert. In Deutschland ist das anders. Hier ist die Angst vor Kinderpornografie das große Thema, mit dem man die Bürgerrechte aushebeln will. Die Spielräume des Einzelnen, die sich gerade in den vergangenen Jahren durch das Internet vergrößert hatten, sollen wieder massiv eingeschränkt werden.
Doch wäre dies wirklich der richtige Weg? Ist die Angst vor dem „Schlimmstmöglichen“ tatsächlich der beste Ratgeber für unsere politischen Entscheidungen? Opfern wir mit unserem Bestreben nach immer mehr vermeintlicher Sicherheit nicht vor allem eine der wichtigsten Errungenschaften unserer westlichen Zivilisation: die Freiheit?
Die Arbeit an „Alpha 0.7 – Der Feind in dir“, unsere Recherchen und Gespräche mit unschuldigen Opfern staatlicher Überwachungsmaßnahmen, haben unseren Blick auf unsere Gesellschaft nachhaltig verändert – ihn geschärft. Mittlerweile sind wir uns nicht mehr sicher, ob wir nicht wirklich eines Tages in einem Land aufwachen, in dem tatsächlich Brainscanner installiert werden. Zur Sicherheit. Um Verbrechen zu verhindern, bevor sie geschehen. Aber: Wollen wir das wirklich? Es liegt an uns allen, zu entscheiden, ob wir es so weit kommen lassen wollen.
Disclosure: Stefan Laurin betreut die Blogs der Serie und hat einen Großteil der Online-Texte verfasst.
Das Video zeigt die Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols im Sinne der Energiekonzerne und ist aus meiner Sicht eine weiteres Argument für die Kennzeichnung der Polizeibeamten mit einer eindeutigen Nummer.
Ein Erfahrungsbericht über vier Jahre Kontakt zur Stadtverwaltung Waltrop. Von unserem Gastautor Robin Patzwaldt.
Der Kauf einer Eigentumswohnung ist für viele Familien ein echtes Highlight im Leben. So war es auch bei uns, als meine Familie 2005 eine noch zu errichtende Wohnung in einem Mehrfamilienneubau in der ‚Parksiedlung Messingfeld’ in Waltrop erwarb.
Die Vorfreude war groß, doch die Realität entwickelte sich alsbald in eine Art Albtraum, aus dem wir noch immer nicht wirklich erwacht sind.
Aber der Reihe nach: Bei Bezug des Hauses im Sommer 2006 bemerkten wir rasch, dass das Haus vom Bauträger mit einigen ‚Mängeln’ errichtet wurde. Nach einem Gespräch mit einem Fachanwalt trennten wir rasch privatrechtliche Probleme, von öffentlich-rechtlichen Punkten, welche wir laut Tipp unseres Anwalts einfach über die Waltroper Bauaufsicht weiterverfolgen sollten, da diese in den Punkten von öffentlich-rechtlichem Interesse dann kostenlos als unsern‚ Partner’ an seiner Stelle unsere Interessen wahrnehmen würde.
Gesagt, getan.
Ende 2006 informierten wir, zusammen mit einigen Miteigentümern, die lokale Bauaufsicht über die unserer Meinung nach fehlende Kleinkinderspielplatzfläche, die noch Bestandteil der Baugenehmigung war, und einige andere Dinge, die hier offenkundig nicht den baurechtlichen Bestimmungen genügten.
Null Ergebnisse in der Stadtverwaltung
In Erwartung einer baldigen Lösung ließen wir die Dinge bis zum Frühjahr 2007 erst einmal laufen. Als bis März`07 aber noch gar nichts passiert war, fragten wir erstmalig nach.
Erst bei der Bauaufsicht, dann bei der Bürgermeisterin und dem Stadtjuristen Stefan Schlarb.
Ergebnis gleich Null.
Im Herbst 2007, und etliche Nachfragen später, schrieben wir dann der Oberen Bauaufsicht des Kreises, und informierten auch diese über die hiesigen Zustände. Bis zum Erlass der entsprechenden Ordnungsverfügungen hier in Waltrop dauerte es dann trotzdem noch bis Ende Februar 2008. Inzwischen waren also bereits gut 15 Monate relativ ereignislos verstrichen.
Die Anzahl der urlaubs- und krankheitsbedingten Aufschübe, der nicht erfolgten Rückrufe usw. seitens der Stadtverwaltung Waltrop ging in der Zwischenzeit in den deutlich zweistelligen Bereich. Mitarbeiter gingen in Rente, Neue kamen, gingen dann nach kurzer Zeit offenbar auch wieder. Es war mehr als nervig.
Warten auf die Insolvenz
Auch ein Gespräch mit der Bürgermeisterin Anne Heck-Guthe Anfang 2008, das Klärung bringen sollte, wurde erst zweimal verschoben, dann fehlten beim Treffen trotzdem wichtige Mitarbeiter der Stadt, sodass es erneut bei Absichtsbekundungen und Mitleidsbezeugungen seitens der Waltroper Verwaltung blieb. Man musste den Eindruck gewinnen, die Stadt hätte es nun wahrlich nicht eilig. Als die Ordnungsverfügung dann im Frühjahr 2009 endlich in ein inzwischen rechtskräftiges Urteil gegen den Bauträger mündete, ging der Bauträger prompt in die Insolvenz. Klasse! Also, auch heute, im Herbst 2010, inzwischen gut vier Jahre nach Einzug, gibt es noch immer keine Lösung für die monierten Probleme. Die Bauaufsicht hat den Kontakt zu uns vor ein paar Wochen endgültig abgebrochen, will nun nur noch mit dem neuen Hausverwalter direkt sprechen. Auch nicht gerade vertrauensbildend und bürgernah! Da fragt man sich am Ende fast, ob der Bauträger unser ‚Gegner’ im Kampf um unser Recht ist bzw. war oder die örtliche Stadtverwaltung, die ja eigentlich statt eines Anwalts hier unsere (öffentlich-rechtlichen) Interessen wahrnehmen sollte.
Ich bin mal gespannt, ob wir unsere Kleinkinderspielplatzfläche noch irgendwann kriegen. In einer Stadt, in der eine ehemalige Kindergärtnerin an der Spitze der Verwaltung steht, sollte gerade die Anlage der gesetzlich vorgeschriebenen Kleinkinderspielplatzflächen doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, oder?
Bebauungspläne als Papiertiger
Und wenn Sie nun glauben, dies sei ein unglücklicher Einzelfall, dann machen Sie sich doch mal den Spaß und zählen Sie die großen Mehrfamilienhäuser ohne die in den Baugenehmigungen vorgeschriebenen Kleinkinderspielplätze – nicht nur in Waltrop.
Oder zählen Sie mal die Häuser, die nicht das in den Bebauungsplänen größtenteils vorgeschriebene wasserdurchlässige Parkplatzpflaster liegen haben. Sie werden überrascht sein … Für mich steht seit einiger Zeit unumstößlich fest: ‚Bürgernähe’ und ‚Kinderfreundlichkeit’ sind für die Waltroper Stadtverwaltung leider offenbar keine wichtigen Werte, eher hohle Phrasen! Schade drum!
Neulich war ich mal wieder im ICE. Wobei der Triebwagen in der Stadt mit K natürlich prompt krepierte und alles umsteigen mußte.
Doch geärgert hatte ich mich über den betreffenden Wagen schon zuvor:
Ich hatte nämlich mein Motorola Ausflipp-Testgerät noch bei mir und sah das nebenan zu sehende Symbol. Das mir signalisierte:
Dieser Zug ist modern, der hat WLAN, das spart Dir Batteriestrom und Geld. Denn mit einer T-Mobil-Simkarte hast Du auf T-Mobil-WLAN-Hotspots im ICE kostenlosen Zugriff!
Also gab ich im Smartphone den WLAN-Zugriff frei und ließ ihn in das Zug-WLAN einloggen.
Doch das dachte nun gar nicht daran, mir irgendeinen Nutzwert zu bringen:
Es erschien nur eine Informationsseite, daß WLAN in diesem Zug nur zwischen Dortmund und Düsseldorf verfügbar sei.
Super, wenn der betreffende Zug aber dort gar nicht langfährt und ich auch gar nicht extra nach Dortmund fahren will, nur um ins Internet zu gehen!
Und ja, man konnte natürlich trotzdem ins Internet, es ist ja durchaus vorhanden – aber bitte kostenpflichtig, mit Kreditkarte! Nix T-Mobil-Hotspot!!
Auf einem solchen Mini-Bildschirm Kreditkartendaten einzugeben, wäre aussichtslos. Und ich mußte nun WLAN komplett deaktivieren, um überhaupt wieder online gehen zu können – sonst war das Flipout sofort wieder auf der Bahn-Info- und Abzock-Seite.
Schade, daß ich dadurch später im Hotel nicht mitbekam, daß es dort ein wirklich kostenloses WLAN gegeben hätte. Ich wagte es nämlich erst zuhause wieder, WLAN freizugeben, in der Hoffnung, daß niemand einen ICE vor meiner Wohnung parkt.
Mit der überteuerten Kaffeebude „Starbucks“ ist es übrigens genau dasselbe: Die ist für kostenloses WLAN berühmt – in San Franzisco. In Deutschland gibt es dort einen T-Mobil-Hotspot. Und auch dieser geht nur mit Kreditkarte. Wer nur Bargeld dabei hat, hat Pech gehabt. Außer, er geht in ein anderes Kaffeehaus.
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