Lena-Manie in Düsseldorf

Love -oh-Love bald in Düsseldorf?

Düsseldorf könnte zum nächsten „Satellite“ des Eurovision Song-Contest werden: Die Stadt am Rhein wird als Favoritin für die Ausrichtung des Musikspektakels im kommenden Jahr gehandelt.

Weil Lena Meyer-Landruth den diesjährigen Wettbewerb in Oslo gewann, können nun die deutschen öffentlich-rechtlichen TV-Sender die nächste Bühne für das Mega-Event bestimmen. Berlin brachte sich als Hauptstadt Deutschlands naturgemäß zuerst ins Gespräch, Hannover als Heimatort Lenas sowieso. Und Hamburg hoffte als Sitz des zuständigen Fernsehsenders NDRs ebenfalls auf den Zuschlag. Der ARD-Sender will sich jedoch noch immer nicht offiziell äußern. „Es ist noch keine Entscheidung gefallen“, so eine Sprecherin. Dabei sollte der nächste Austragungsort schon im Sommer verkündet werden.

Die Düsseldorfer Boulevardpresse verkauft den Heimsieg hingegen schon als Fakt und beruft sich auf gut informierte Kreise. Tatsächlich hat die Landeshauptstadt einen großen Vorsprung vor den Konkurrenten: Der Kommune selbst gehört die Arena, in der das Finale des Eurovision Song Contest im kommenden Jahr am 14. Mai und die beiden Semifinals am 10. und 12. Mai statt finden können. Berlin hatte den Flughafen Tempelhof, Hambur und Hannover Messehallen angeboten. Aber kein Ort fasst so viele Fans wie die Düsseldorfer Arena mit ihren 55 000 Plätzen, geschützt vor Regen und Wind durch ein ausfahrbares Dach.

Die Lieder-Show mit ihren obskuren Feuerschlucker-Hymnen und gesäuselten Balladen passt allerdings nicht ganz zur Musikgeschichte von Düsseldorf. Hier entstanden legendäre Band Kraftwerk, Fehlfarben, DAF und die Dauerpunkrocker der „Toten Hosen.“ Niemand dachte an die knapp 600 000 Einwohner große Stadt, als Lena vor wenigen Monaten den Sieg heimtrug.

Aber die europaweite Fernseh-Werbung für die Siegerstadt macht die Entscheidung offenbar so folgenschwer und langwierig. Mehrere hundert Millionen Europäer schauen der Endlos-Sendung zu und stimmen für ihre Favoriten ab. Düsseldorf rechnet mit einem Werbeeffekt von rund 150 Millionen Euro, hinzu kommen noch Einnahmen durch ausgebuchte Hotels und kauflustige Fans. „Das wäre historisch großartig für unsere Stadt“, so ihr Sprecher Michael Frisch. Er garantiert: „In unserem Stadion ist es auch bei tiefsten Temperaturen mindestens 15 Grad warm.“

Die Stadt am Rhein kann sich das Spektakel zumindest leichter leisten als Berlin oder Hannover. Sie ist eine der wenigen schuldenfreien Großstädte Deutschlands. Dafür sorgen wachsende Einwohnerzahlen, zahlreiche Firmensitze von Vodafone bis Henkel und wohlhabende Einwohner, die sich auf der Königsallee Geld und Steuern lassen. Außerdem hat der inzwischen verstorbene Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) Stadtwerke und Sparkassen privatisiert.

Dem streitlustigen Konservativen könnte nun posthum noch ein Triumph zuteil werden: Der 2008 gestorbene CDU-OB hatte jahrelang für den Neubau einer Großarena am Rhein gekämpft. Er ließ das Rheinstadion gegen starke Widerstände abreißen, um eine moderne Sportstätte für die Fußball-WM 2006 und sogar für Olympische Spiele 2012 in Düsseldorf zu errichten. Doch beide Großereignisse fanden und finden ohne Düsseldorfer Beteiligung statt. Im Nachhinein hätte Erwin doch noch recht gehabt mit seiner teuren Schnapsidee für den Steuerzahler, der 80 Millionen Euro zu den Gesamtkosten von 220 Millionen beisteuern musste.

Immerhin haben Stars wie Madonna, Genesis und Depeche Mode hier schon aufgespielt. Und die Fortuna bringt regelmäßig 30 000 Fans ins Stadion. Für einen Verein, der lange Jahre in der dritten Liga dümpelte und in dieser Saison nach vielen Jahren erstmals wieder in der zweiten Liga spielt, ein großer Erfolg.

Nun musste der Fußballclub einer wochenlange Blockade seines Heimatrasens zustimmen. Aber das Euro-Event blockiert die Austragungsstätte für mindestens sechs Wochen – für Proben und auf -und Abbauten. Für die drei letzten Heimspiele der Saison gegen Union Berlin, Bielefeld und Aachen müsste die Fortuna die Arena verlassen. Dabei nennt der Fußball-Zweitligist die Arena mittlerweile sein Zuhause. Nach anfänglicher Skepsis haben die Fortuna-Fans ihre neue Heimat aufgenommen und singen dort auf ihren Stehplätzen erstaunlich laut. Für den Song Contest sollen nun Club und Fans in das kleine Fortuna-Stadion in Flingern umziehen. Und das wird teuer. Denn das Mini-Stadion müsste die Stadt dann von etwa 7000 auf knapp 20 000 Plätze ausbauen. Wo die Plätze in der engen Vorstadt-Arena entstehen sollen ist allerdings schleierhaft. Doch Oberbürgermeister Dirk Elbers promotet fleißig das Event. „Das wird ein tolles Spektakel“, so der gescheitelte Christdemokrat. „Dann ist Party in der Stadt.“

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Stuttgart 21: Mappus und die Logik der Standhaftigkeit

Schon zwei Wochen vor dem Polizeieinsatz gegen die Demonstranten letzten Donnerstag hat Ministerpräsident Mappus ( in der FAZ) bekräftigt, zu Stuttgart 21 zu stehen, „auch um den Preis des Machtverlustes“ bei der Landtagswahl im März 2011. Das wirkt zunächst einmal – sicher so beabsichtigt – , als handele er konsequent, vertrete seine Überzeugung, sei ohne Wenn und Aber für das Projekt, bliebe auch bei starkem Widerstand standhaft. Interessanterweise ist das Gegenteil der Fall.

Das liegt an der Logik von Großprojekten. Wie eben auch die Bürger heute wissen, werden diese so gut wie nie zu den anfangs genannten Kosten realisiert. Die offiziellen Zahlen vor Beginn sind stets nur die, zu denen das Projekt gerade noch politisch durchsetzbar ist. Einen Vorgeschmack für Stuttgart liefert etwa der Stern. Er hat jetzt darüber berichtet (Geheime Akten: nichts als Chaos), was alles noch gar nicht geplant und also finanziell noch gar nicht durchkalkuliert ist. Nach Baubeginn/der Landtagswahl wäre also die erste halbwegs „realistische“ Kostenschätzung zu erwarten. Weil Projekte dieser Größenordnung bald nicht mehr gestoppt werden können, ist die öffentliche Hand den zahlreichen Nachforderungen ausgeliefert. Hinzu kommen zahlreiche „Unvorhersehbarkeiten“, die zu jedem Bau hinzugehören, erst recht bei einem dieser technischen Komplexität. Wenn also am Ende doch die 20 Milliarden Kosten stehen, wie manche befürchten, wäre der Projektverlauf eigentlich nur so, wie man es erwarten konnte.

Wahre Standhaftigkeit hätte Mappus folglich damit bewiesen, wenn er aus der politischen Machtlogik ausgeschert wäre, indem er folgendes gesagt hätte: Ich stehe zu Stuttgart 21, selbst wenn ich noch zehn Jahre Ministerpräsident bliebe. Er also die Bereitschaft gezeigt hätte, bis zum Ende die politische Verantwortung zu übernehmen, jede zusätzliche Milliarde (die anderswo fehlen wird, auch in NRW) zu verteidigen. So aber kann er sich als aufrechter Politiker abwählen lassen und die nächsten Jahre damit verbringen, immer wieder zu betonen, dass er von all dem ja nichts gewusst hätte.

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Der Ruhrpilot

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20 Jahre Deutsche Einheit: Darauf einen Schuß!

Der Einheitstaumel von 1990 will 20 Jahre später nicht mehr so recht aufkommen: Ernüchterung ist gefolgt. Denn viele haben vergessen. Die Erinnerungen verklären. Sonst würde man ja auch am Leben verzweifeln. Doch einer hat den Frieden des bequemen Vergessens gestört – mit einem Computerspiel.

BildVolkes Zone -äh- Zorn kocht:

Dieses widerwärtige DDR-Ballerspiel gehört verboten!

Was? In der Tätarä gab es schon Ballerspiele? Etwa auf dem KC-85? Oder dem AC1? Sensationell! Wir im Westen haben dazu mindestens einen 386er gebraucht!

Aber nein, das Spiel ist nicht aus der DDR. Es ist aus der BRD, aus Karlsruhe. Und es gibt es noch gar nicht. Dafür aber jede Menge Ärger!

Ein Spielefreak hat es programmiert, um jenen die deutsch-deutsche Geschichte zu vermitteln, die lieber ballern als lesen.

Zugegeben, als ich dies las, dachte ich auch erstmal

Das ist aber makaber – und geschmacklos.

Ja, das ist es. Das muß es aber leider sein. So wie es die Mauer eben war!

Nur, daß damals keiner wählen konnte, ob er lieber Grenzsoldat oder Flüchtling ist.

Das Spiel bemüht sich, die Realität von 1976 nachzustellen, Point Alpha ist recht zutreffend getroffen, nur die Panzer gehören halt nicht auf den Kolonnenweg, wie sich ehemalige DDR-Grenzer in ihren Foren empören. Na gut, alles weiß Jens M. Stober, der Programmierer, halt doch nicht: er war damals ja nicht dabei. Das Spiel selbst sehen die Ex-Grenzer aber weder als Affront noch als Verherrlichung.

Wohl aber die DDR-Opfer. Die haben nun ernsthaft Angst, die Jugend könnte nun statt Moorhühnern Flüchtlinge schießen und sich dann die Mauer zurückwünschen.

Ja, über Geschmack kann man sicher streiten. Allerdings hat außer einem (inzwischen gesperrten) Trailer und einen paar Screenshots noch niemand das Spiel tatsächlich gesehen. Insofern ist es definitiv zu früh, darüber zu urteilen.

Am lautesten plärrt das Blatt mit den vier Buchstaben. Es war immer gegen die Mauer, zugegeben. Aber als vermeintlich moralische Instanz, die plakatives Verdeutlichen in BILDern ablehnt und das Umsetzen echter Schießereien in Computerspiel-Bilder verurteilt, ist BILD nun definitiv ungeeignet:

Eine öffentliche Rüge erhält die BILD-Zeitung für ihre mehrseitige Berichterstattung unter den Überschriften „Seid ihr immer noch nicht tot?“ sowie „Wie wurde so ein netter Junge zum Amokschützen?“ wegen Verstößen gegen die Ziffern 11 und 8 des Pressekodex. Ein ganzseitiges Bild zeigt den Amokläufer mit gezogener Waffe in einem Kampfanzug. Diese Fotomontage verbunden mit der Überschrift „Seid ihr immer noch nicht tot?“ ist nach Ansicht des Ausschusses unangemessen sensationell. Sie stellt den Amoktäter in einer Heldenpose dar.

Unangemessen sensationell bewertet der Ausschuss auch die Grafik, die eine Situation in einem Klassenzimmer darstellen soll. Die Redaktion zeichnet hier nach, wie der Amokläufer – wieder als Fotomontage im Kampfanzug – eine Lehrerin erschießt. Diese Darstellung der Tötung, gezeigt durch das Nach-Hinten-Überkippen der Lehrerin, hält der Ausschuss mit Blick auf die Hinterbliebenen der Getöteten für eine unangemessen sensationelle Darstellung.

Mitteilung des Deutschen Presserats vom 20.5.2009

Doch „BILD kämpft für Sie“. Notfalls auch an der gefallenen Mauer: Hochschule und Student sind eingeknickt, das Spiel wird nicht wie geplant heute zum kostenlosen Download freigegeben. Vielleicht auch gar nicht mehr: Es soll wegen Gewaltverherrlichung verboten werden. Na das ist ja wie in der … ja, genau!

YMS2010: Eine Innenstadt

Gestern waren wir in der Innenstadt Kairos. Dabei begegneten wir Menschen, die es in Deutschland kaum noch gibt. Kaufleute, die in ihren eigenen Geschäften ihrer Arbeit nachgehen.

Auch in Kairo gibt es Einkaufszentren, aber es sind nicht allzu viele. Der Einzelhandel ist traditionell organisiert: In kleinen, zumeist inhabergeführten Geschäften, kann man alles kaufen: Vom iPhone über den Anzug bis zu Lebensmitteln. Das führt nicht nur zu einem herrlich unübersichtlichen Angebot, das Lust darauf macht entdeckt zu werden, sondern auch zu einer extrem lebendigen Innenstadt. Ohne die immer gleichen Ketten von Zara bis H&M und ohne die Citykiller von ECE oder mfi ist eine  Stadt lebendig, laut und pulsierend. Die letzten Reste dieser Urbanität, die auch in Europa eine lange Tradition hat, geben wir gerade auf, in dem wir die Reste unsere Innenstädte den Citykillern überlassen.

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Der Ruhrpilot:

Dortmund: Nazi-Überfall vom Mai 2009 erst 2011 vor Gericht…Der Westen

Ruhrgebiet: Suche nach neuer Solidarität…Westfälische Nachrichten

Bochum: Life Streaming – Mit nackten Füßen ans andere Ende der Welt…Ruhr Nachrichten

Bochum II: Bermudadreieck als Vorbild…Der Westen

Duisburg: Theater am Marientor wird verkauft…Der  Westen

Wirtschaft: Hochtief erwartet Schützenhilfe vom Bund…Der Westen

S21: Angst vorm Sehen…Exportabel

Internet: Startschuss für Hadopi…Netzpolitik

Werbung: Evoniks neue BvB-Reklame…Pottblog