Der Ruhrpilot

Loveparade: RTL II dreht Loveparade-Doku in Duisburg…Der Westen

Loveparade II: Möbel-Riese baut auf dem Gelände des Grauens…Bild

NRW: „Maulwurf“ in der CDU enttarnt?…WDR

NRW II: Datteln 4 und die Fernwärme…Dirk Schmidt

NRW III: Rot-Grün in NRW will Stichwahl wieder einführen…Der Westen

NRW IV: Sachsen soll auf Atomtransport verzichten…DNN

Ruhrgebiet: Vom Kohlenpott zum iPott…Hometwown Glory

Kultur: Wie viele Zuschauer hat die Ruhrtriennale?…Dirk Schmidt

Dortmund: Freispruch im Prozess um Unfalltod beim G8-Gipfel…Ruhr Nachrichten

Dortmund II: Ex-Envio-Betriebsleiter auf der Anklagebank…Der Westen

Essen: Volle Rückendeckung für Arbeitsagentur-Chefin…Der Westen

Bochum: VfL – Frank Goosen  gewählt…Pottblog

Bochum II: VfL – Werner Altegoer, Vorsitzender des Aufsichtsrates vom VfL  tritt bei Jahreshauptversammlung zurück…Pottblog

Antifa: LOTTA #40 erschienen…Trueten

Stuttgart 21: Mappus und die Logik der Standhaftigkeit

Schon zwei Wochen vor dem Polizeieinsatz gegen die Demonstranten letzten Donnerstag hat Ministerpräsident Mappus ( in der FAZ) bekräftigt, zu Stuttgart 21 zu stehen, „auch um den Preis des Machtverlustes“ bei der Landtagswahl im März 2011. Das wirkt zunächst einmal – sicher so beabsichtigt – , als handele er konsequent, vertrete seine Überzeugung, sei ohne Wenn und Aber für das Projekt, bliebe auch bei starkem Widerstand standhaft. Interessanterweise ist das Gegenteil der Fall.

Das liegt an der Logik von Großprojekten. Wie eben auch die Bürger heute wissen, werden diese so gut wie nie zu den anfangs genannten Kosten realisiert. Die offiziellen Zahlen vor Beginn sind stets nur die, zu denen das Projekt gerade noch politisch durchsetzbar ist. Einen Vorgeschmack für Stuttgart liefert etwa der Stern. Er hat jetzt darüber berichtet (Geheime Akten: nichts als Chaos), was alles noch gar nicht geplant und also finanziell noch gar nicht durchkalkuliert ist. Nach Baubeginn/der Landtagswahl wäre also die erste halbwegs „realistische“ Kostenschätzung zu erwarten. Weil Projekte dieser Größenordnung bald nicht mehr gestoppt werden können, ist die öffentliche Hand den zahlreichen Nachforderungen ausgeliefert. Hinzu kommen zahlreiche „Unvorhersehbarkeiten“, die zu jedem Bau hinzugehören, erst recht bei einem dieser technischen Komplexität. Wenn also am Ende doch die 20 Milliarden Kosten stehen, wie manche befürchten, wäre der Projektverlauf eigentlich nur so, wie man es erwarten konnte.

Wahre Standhaftigkeit hätte Mappus folglich damit bewiesen, wenn er aus der politischen Machtlogik ausgeschert wäre, indem er folgendes gesagt hätte: Ich stehe zu Stuttgart 21, selbst wenn ich noch zehn Jahre Ministerpräsident bliebe. Er also die Bereitschaft gezeigt hätte, bis zum Ende die politische Verantwortung zu übernehmen, jede zusätzliche Milliarde (die anderswo fehlen wird, auch in NRW) zu verteidigen. So aber kann er sich als aufrechter Politiker abwählen lassen und die nächsten Jahre damit verbringen, immer wieder zu betonen, dass er von all dem ja nichts gewusst hätte.

Der Ruhrpilot

Folkloreindustrie: Bergleute für Kohle-Pakt…Kölner Stadtanzeiger

NRW: Grüne wollen Castor-Transport stoppen…Welt

CDU: Röttgen verteidigt Erkundung von Gorleben…Ruhr Nachrichten

Kultur: Fahrt frei am Tag der Vielheit…Der Westen

Kultur II: Schauspiel Dortmund legt „Woyzeck“ auf Eis…Der Westen

Gelsenkirchen: Ausgeloftet…Gelsenkirchen Blog

S21: Augenzeugenberichte zum 30. September…F!XMBR

Internet: BKA lanciert Vorratsdatenspeicherungspapier…Netzpolitik

Blogs: Barcamp in Stuttgart…Pottblog

Werbung


20 Jahre Deutsche Einheit: Darauf einen Schuß!

Der Einheitstaumel von 1990 will 20 Jahre später nicht mehr so recht aufkommen: Ernüchterung ist gefolgt. Denn viele haben vergessen. Die Erinnerungen verklären. Sonst würde man ja auch am Leben verzweifeln. Doch einer hat den Frieden des bequemen Vergessens gestört – mit einem Computerspiel.

BildVolkes Zone -äh- Zorn kocht:

Dieses widerwärtige DDR-Ballerspiel gehört verboten!

Was? In der Tätarä gab es schon Ballerspiele? Etwa auf dem KC-85? Oder dem AC1? Sensationell! Wir im Westen haben dazu mindestens einen 386er gebraucht!

Aber nein, das Spiel ist nicht aus der DDR. Es ist aus der BRD, aus Karlsruhe. Und es gibt es noch gar nicht. Dafür aber jede Menge Ärger!

Ein Spielefreak hat es programmiert, um jenen die deutsch-deutsche Geschichte zu vermitteln, die lieber ballern als lesen.

Zugegeben, als ich dies las, dachte ich auch erstmal

Das ist aber makaber – und geschmacklos.

Ja, das ist es. Das muß es aber leider sein. So wie es die Mauer eben war!

Nur, daß damals keiner wählen konnte, ob er lieber Grenzsoldat oder Flüchtling ist.

Das Spiel bemüht sich, die Realität von 1976 nachzustellen, Point Alpha ist recht zutreffend getroffen, nur die Panzer gehören halt nicht auf den Kolonnenweg, wie sich ehemalige DDR-Grenzer in ihren Foren empören. Na gut, alles weiß Jens M. Stober, der Programmierer, halt doch nicht: er war damals ja nicht dabei. Das Spiel selbst sehen die Ex-Grenzer aber weder als Affront noch als Verherrlichung.

Wohl aber die DDR-Opfer. Die haben nun ernsthaft Angst, die Jugend könnte nun statt Moorhühnern Flüchtlinge schießen und sich dann die Mauer zurückwünschen.

Ja, über Geschmack kann man sicher streiten. Allerdings hat außer einem (inzwischen gesperrten) Trailer und einen paar Screenshots noch niemand das Spiel tatsächlich gesehen. Insofern ist es definitiv zu früh, darüber zu urteilen.

Am lautesten plärrt das Blatt mit den vier Buchstaben. Es war immer gegen die Mauer, zugegeben. Aber als vermeintlich moralische Instanz, die plakatives Verdeutlichen in BILDern ablehnt und das Umsetzen echter Schießereien in Computerspiel-Bilder verurteilt, ist BILD nun definitiv ungeeignet:

Eine öffentliche Rüge erhält die BILD-Zeitung für ihre mehrseitige Berichterstattung unter den Überschriften „Seid ihr immer noch nicht tot?“ sowie „Wie wurde so ein netter Junge zum Amokschützen?“ wegen Verstößen gegen die Ziffern 11 und 8 des Pressekodex. Ein ganzseitiges Bild zeigt den Amokläufer mit gezogener Waffe in einem Kampfanzug. Diese Fotomontage verbunden mit der Überschrift „Seid ihr immer noch nicht tot?“ ist nach Ansicht des Ausschusses unangemessen sensationell. Sie stellt den Amoktäter in einer Heldenpose dar.

Unangemessen sensationell bewertet der Ausschuss auch die Grafik, die eine Situation in einem Klassenzimmer darstellen soll. Die Redaktion zeichnet hier nach, wie der Amokläufer – wieder als Fotomontage im Kampfanzug – eine Lehrerin erschießt. Diese Darstellung der Tötung, gezeigt durch das Nach-Hinten-Überkippen der Lehrerin, hält der Ausschuss mit Blick auf die Hinterbliebenen der Getöteten für eine unangemessen sensationelle Darstellung.

Mitteilung des Deutschen Presserats vom 20.5.2009

Doch „BILD kämpft für Sie“. Notfalls auch an der gefallenen Mauer: Hochschule und Student sind eingeknickt, das Spiel wird nicht wie geplant heute zum kostenlosen Download freigegeben. Vielleicht auch gar nicht mehr: Es soll wegen Gewaltverherrlichung verboten werden. Na das ist ja wie in der … ja, genau!

YMS2010: Eine Innenstadt

Gestern waren wir in der Innenstadt Kairos. Dabei begegneten wir Menschen, die es in Deutschland kaum noch gibt. Kaufleute, die in ihren eigenen Geschäften ihrer Arbeit nachgehen.

Auch in Kairo gibt es Einkaufszentren, aber es sind nicht allzu viele. Der Einzelhandel ist traditionell organisiert: In kleinen, zumeist inhabergeführten Geschäften, kann man alles kaufen: Vom iPhone über den Anzug bis zu Lebensmitteln. Das führt nicht nur zu einem herrlich unübersichtlichen Angebot, das Lust darauf macht entdeckt zu werden, sondern auch zu einer extrem lebendigen Innenstadt. Ohne die immer gleichen Ketten von Zara bis H&M und ohne die Citykiller von ECE oder mfi ist eine  Stadt lebendig, laut und pulsierend. Die letzten Reste dieser Urbanität, die auch in Europa eine lange Tradition hat, geben wir gerade auf, in dem wir die Reste unsere Innenstädte den Citykillern überlassen.

Der Ruhrpilot:

Dortmund: Nazi-Überfall vom Mai 2009 erst 2011 vor Gericht…Der Westen

Ruhrgebiet: Suche nach neuer Solidarität…Westfälische Nachrichten

Bochum: Life Streaming – Mit nackten Füßen ans andere Ende der Welt…Ruhr Nachrichten

Bochum II: Bermudadreieck als Vorbild…Der Westen

Duisburg: Theater am Marientor wird verkauft…Der  Westen

Wirtschaft: Hochtief erwartet Schützenhilfe vom Bund…Der Westen

S21: Angst vorm Sehen…Exportabel

Internet: Startschuss für Hadopi…Netzpolitik

Werbung: Evoniks neue BvB-Reklame…Pottblog

Werbung


Deutsch-französische Freundschaft: Arte TV wird 20

Es war ausnahmsweise mal eine brauchbare Idee von Helmut Kohl, zusammen mit Francois Mitterand einen gemeinsamen Kultur-TV-Sender zu gründen. Vor 20 Jahren ging Arte TV auf Sendung.

BildWeit bedeutender für Deutschland war 1990 natürlich der Mauerfall, der zum morgigen Feiertag führte, aber auch das fernsehtechnische Einreißen der „Westgrenze“ war gar nicht so einfach: In Deutschland mißtraute man einem von der Politik eingesetzten Sender angesichts des Mißbrauchs des Rundfunks durch die Nazis und in Frankreich mißtraute man einem Sender mit deutscher Mitwirkung erst recht: „Arte spricht Goebbel’s Sprache“, so das Journal de Dimanche erbost zum Sendestart.

BildHeute hat sich Arte jedoch in Frankreich durchgesetzt, wo auch die Studios stehen, genauer gesagt in Straßburg. Moderationen, Nachrichtensendungen und Magazine werden dort produziert und dann oft deutsch synchronisiert. Andere Filme werden teils nur untertitelt, was im deutschen Fernsehen sonst kaum zu finden ist, doch von Cineasten bevorzugt wird. Und natürlich ist die Spielfilmauswahl auf Arte interessanter als anderswo, da mehr französische und andere fremdsprachige Filme laufen und nicht nur Hollywood inclusive des 100. total lustigen Highschool-Film. Noch interessanter sind jedoch die zahlreichen Dokumentationen – und auch deutsche TV-Filme werden oft in Arte zuerst ausgestrahlt, bevor sie im Letzten oder Zweiten landen.

BildIn Deutschland ist Arte TV dagegen bis heute unverdient ein Nischenprogramm: Die hauptberuflichen Kulturpessimisten sehen sich in Selbstgeißelung lieber Dinge an, von denen sie schon wissen, daß sie ihnen garantiert mißfallen werden, vorzugsweise Schlagerconteste oder RTL2, und echauffieren sich dann lang, breit und oft darüber, wie schlecht das Fernsehen und wie dumm der Zuschauer doch ist. Das marxistisch-leninistisch gebliebene Proletariat sieht dagegen lieber Ostalgie auf mdr und weint seiner in der Wolle lila gefärbten eisernen Kultur-Lady nach.

Natürlich hat Arte dieses Wochenende ein Jubiläums-Feierprogramm installiert, doch ist diesen Monat auch noch einiges anderes Interessantes geboten:

Wer also lieber ins Kino geht, als fernzusehen, angesichts des deutsch-französischen Sauwetters dazu jedoch keine Lust hat, könnte hier durchaus fündig werden und muß nachher auch kein schlechtes Gewissen haben, sich Schrott angeguckt zu haben.

YMS2010 – 1: Kairo – ein erster Eindruck

Groß. Richtig groß. Das war mein erster Eindruck als ich über Kairo flog.

Es dauerte bestimmt zwanzig Minuten, die wir über diese Stadt mit ihren 20 Millionen flogen.   Das Wort „Metropolregion“ will ich so schnell im Zusammenhang mit Nestern wie Dortmund, Essen oder auch Düsseldorf nicht wieder hören.

Was faszinierend ist, ist der offensichtlich Mangel an jeder Stadtplanung – und Kairo funktioniert doch. Irgendwie. Kairo war bis zum Nasser-Putsch Anfang der 50er Jahre eine wunderbare historische Stadt mit gerade einmal drei Millionen Einwohnern. Heute leben  hier 20 Millionen. Die Stadt wuchert in ihr Umland hinein, und doch findet man immer wieder charmante Ecken.  Das Ganze ist ein sich selbst organisierendes Stadtwesen – sicher mit vielen Problemen, aber auch sehr faszinierend.